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Beim offentlichen Glauben handelt es sich um eine widerlegbare Vermutung eines Rechtssubjekts uber die tatsachlich bestehende Rechtslage Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Grundbuch 2 1 Gesetzliche Vermutung 2 2 Gutglaubiger Erwerb vom Nichtberechtigten 3 Ausnahmen 3 1 Personelle Ausnahmen 3 2 Sachliche Ausnahmen 4 Rechtswirkung 5 Sonstiges 6 Siehe auch 7 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDie Sicherheit im Rechtsverkehr gebietet es dass die in Registern eingetragenen Rechtsverhaltnisse und Tatsachen als widerlegbar richtig gelten und dem Beweis des ersten Anscheins unterliegen Damit handelt es sich beim offentlichen Glauben um einen Unterfall des Rechtsscheins Der offentliche Glaube ist Bestandteil des im deutschen Sachenrecht vorherrschenden Publizitatsprinzips Er schutzt das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Richtigkeit offentlich gefuhrter Register beispielsweise das Handelsregister oder das Grundbuch und offentlicher Urkunden wie des Erbscheins Die Offentlichkeit darf beispielsweise davon ausgehen dass das im Grundbuch als Grundstuckseigentumer eingetragene Rechtssubjekt auch tatsachlich der Grundstuckseigentumer ist Am starksten ausgepragt ist der in den 891 892 BGB geregelte offentliche Glaube des Grundbuchs Hierbei wird aber nicht jeder in das Grundbuch Einsichtnehmende geschutzt sondern nur derjenige der ein Recht an einem Grundstuck durch Rechtsgeschaft erwirbt Auf den offentlichen Glauben kann sich daher nicht berufen wer ein Recht an einem Grundstuck etwa durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung erwirbt Das Grundbuch als amtliches Verzeichnis aller mit Grundstucken zusammenhangenden Rechte beruht auf dem Antragsprinzip wonach Eintragungen durch die Beteiligten beantragt und vom Betroffenen bewilligt werden mussen das gilt auch fur Loschungen Eher selten sind beim Grundbuch Eintragungen oder Loschungen von Amts wegen Fur Interessenten die ins Grundbuch Einsicht nehmen wollen stellt sich nun die Frage ob und inwieweit sie den dortigen Eintragungen und Loschungen vertrauen konnen diese also richtig sind Der Begriff Richtigkeit bedeutet grundbuchrechtlich die Ubereinstimmung der wahren dinglichen Rechtslage mit der eingetragenen Grundbuch BearbeitenZunachst ist zu beachten dass das Grundbuch nicht wie andere offentliche Register etwa Handelsregister von jedermann eingesehen werden kann Erforderlich ist der Nachweis eines berechtigten Interesses formelle Publizitat 12 GBO Erst wenn dieses berechtigte Interesse nachgewiesen wurde werden die Regeln uber den offentlichen Glauben die so genannte materielle Publizitat wirksam Gesetzliche Vermutung Bearbeiten In 891 BGB wendet der Gesetzgeber im Hinblick auf den offentlichen Glauben das haufig genutzte Mittel der widerlegbaren Rechtsvermutung an Danach wird vermutet dass eingetragene Rechte richtigerweise eingetragen sind und geloschte Rechte richtigerweise geloscht wurden Diese Vorschrift ist mit der Eigentumsvermutung des 1006 BGB bei beweglichen Sachen vergleichbar Gutglaubiger Erwerb vom Nichtberechtigten Bearbeiten Die in 891 BGB genannte Eintragung eines Rechts im Grundbuch bildet so wie beim gutglaubigen Erwerb von beweglichen Sachen der Besitz bzw die Besitzverschaffungsmacht den objektiven Rechtsscheintatbestand eines gutglaubigen Erwerbs Bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen fuhrt dies zum gutglaubigen Erwerb des eingetragenen Rechts vom Nichtberechtigten 892 893 BGB Ausnahmen BearbeitenFallt eine Grundbucheinsicht unter die folgenden Ausnahmen so kann der offentliche Glaube nicht in Anspruch genommen werden Das gesetzlich geschutzte Vertrauen in die Richtigkeit der Grundbucheintragungen gilt dann nicht Personelle Ausnahmen Bearbeiten Der offentliche Glaube gilt nur fur diejenigen die ein Recht an einem Grundstuck oder ein Recht an einem solchen Recht durch Rechtsgeschaft erwerben wollen Zu den Rechtsgeschaften gehoren der Erwerb des Eigentums oder sonstiger Grundstucksrechte insbesondere Grundpfandrechte sonstige Rechtsgeschafte im Zusammenhang mit Grundstucksrechten wie Aufhebung Inhaltsanderung Ranganderung 875 877 880 BGB sowie die Bewilligung einer Vormerkung 883 BGB Ist dem rechtsgeschaftlichen Erwerber jedoch die Unrichtigkeit von Eintragungen oder Loschungen bekannt oder ein Widerspruch ins Grundbuch eingetragen gilt der offentliche Glaube ebenso wenig Der Widerspruch weist auf eine mogliche Unrichtigkeit des Grundbuchs hin und zerstort allerdings den offentlichen Glauben nur hinsichtlich der Eintragung auf die er sich bezieht 892 Abs 1 Satz 1 BGB Ein Widerspruch gegen das Eigentum zerstort den offentlichen Glauben des gesamten Grundbuchs Geschutzt ist wiederum nur ein Verkehrsgeschaft an dem mindestens eine Person beteiligt ist Verausserer und Erwerber also verschiedene Personen sind 1 Der offentliche Glaube gilt mithin nicht zu Gunsten von Personen die lediglich Einsicht nehmen wollen und auch nicht zu Gunsten von Personen die etwa ein Grundstuck in der Zwangsversteigerung erwerben weil die Zwangsversteigerung keinen rechtsgeschaftlichen Erwerbsvorgang darstellt Zuschlag durch Gesetz Deshalb ist auch der Grundstuckserwerb durch Erbschaft nicht durch den offentlichen Glauben geschutzt Liegt kein Verkehrsgeschaft zugrunde gilt der offentliche Glaube ebenso wenig Sachliche Ausnahmen Bearbeiten Der offentliche Glaube erstreckt sich auf das Grundbuch und auf Teile des Bestandsverzeichnisses auf dem das betreffende Grundstuck gebucht ist Erfasst werden insbesondere die Abteilungen I bis III des Grundbuchs aber auch einige im Bestandsverzeichnis enthaltene Katasterangaben Ein richtungweisendes und noch heute geltendes Urteil des Reichsgerichts vom 12 Februar 1910 hat sich mit der bis dahin umstrittenen Frage befasst ob Bestandsangaben des Katasters am offentlichen Glauben teilnehmen konnen 2 Demgemass ist aber in der Tat alles unbeachtlich was das Grundbuch uber das Flachenmass oder uber die ortliche Lage des Grundstucks wie endlich uber die auf der Grundflache vorhandenen Baulichkeiten die Bestandteile im Sinne der 93 94 BGB enthalt Anders verhalt es sich dagegen mit demjenigen Eintrage der eine bestimmte Grundflache als zum Grundstucke gehorig nachweist weil durch ihn zugleich zum offentlichen Glauben festgestellt wird auf welchen Gegenstand sich die eingetragenen Rechte erstrecken und insonderheit welche Grundflache das Eigentumsrecht des als Eigentumer Eingetragenen zum Gegenstande hat und umfasst Der 892 BGB besagt allgemein dass der Inhalt des Grundbuchs als richtig gilt und bezieht sich damit also unterschiedslos auf alle aus dem Inhalte des Grundbuchs ersichtlichen Rechtsverhaltnisse Denn jedwedes eingetragenes Recht haftet an dem gegebenen Grundstucke Welche Flache aber das Grundstuck ausmacht das ist von entscheidender Bedeutung Eigentum an einem Grundstucke kann man sich nicht anders vorstellen als in Beziehung auf eine bestimmte Grundflache Soll daher das Rechtsverhaltnis des Eigentums an einem Grundstucke Gegenstand des offentlichen Glaubens des Grundbuchs sein so muss aus diesem ersehen werden konnen auf welchen abgegrenzten Teil der Erdoberflache sich das Eigentum bezieht und das Ersichtliche muss massgebend sein weil sonst der offentliche Glaube gegenstandslos sein wurde Seitdem steht fest dass mit den Parzellenangaben eine bestimmte Bodenflache als Eigentum umschrieben wird diese Angaben werden von der Vermutung des 891 BGB erfasst 3 und nehmen am offentlichen Glauben teil Auch vom offentlichen Glauben erfasst wird die Flurstucksbezeichnung Gemarkung Flur Flurstucksnummer Der offentliche Glaube erstreckt sich hingegen nicht auf Lagebezeichnung Flachengrosse Nutzungsart Bebauungs und Bewirtschaftungsart und Aktivvermerke 4 Rechtswirkung BearbeitenKann ein gutglaubiger rechtsgeschaftlicher Erwerber den offentlichen Glauben fur sich in Anspruch nehmen so darf er von der Richtigkeit der Grundbucheintragungen und loschungen ausgehen Im Vertrauen auf das unrichtige Grundbuch kann ein rechtsgeschaftlicher Erwerber ein Grundstuck oder Grundstucksrecht dann auch vom Nichtberechtigten erwerben Entstehen durch Fehler des Grundbuchamtes unwidersprochen falsche Rangverhaltnisse so ist diese Rechtslage endgultig 5 Der Rechtserwerber soll nicht prufen mussen ob bei der Eintragung gegen 45 GBO verstossen wurde Stellt sich dann z B nach einer Grundschuldeintragung heraus dass die Rangfolge fehlerhaft ist so gilt kraft offentlichen Glaubens dieses fehlerhafte Rangverhaltnis Der offentliche Glaube des Grundbuchs ist mithin so stark dass bei gutglaubigem Erwerb eines Dritten ein unrichtiges Recht geheilt wird Fehler des Grundbuchamtes gegen die 17 und 45 GBO machen das Grundbuch namlich nicht unrichtig 6 so dass kein Berichtigungsanspruch und keine Moglichkeit zum Amtswiderspruch besteht 53 Abs 1 71 Abs 2 GBO Der Benachteiligte aus der fehlerhaften Rangfolge hat gegenuber dem Begunstigten keinen Bereicherungsanspruch 7 es verbleibt ihm nur der Ersatzanspruch aus 839 BGB Amtspflichtverletzung Grundbuchrichter gelten wie alle Registerrichter als vorsichtig weil das so genannte Spruchrichterprivileg des 839 Abs 2 BGB fur sie nicht gilt Sie sind also nicht bei strafbaren Fehlern wie Spruchrichter und Beamte bei Amtspflichtsverletzung durch den Staat geschutzt Sonstiges BearbeitenIm Beitrittsgebiet galt bis zum 31 Dezember 1999 eine Teilaussetzung des offentlichen Glaubens des Grundbuchs fur Gebaudeeigentum Mitbenutzungsrechte und Anspruche aus dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz Siehe auch BearbeitenGuter GlaubeEinzelnachweise Bearbeiten Kurt Schellhammer Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen 2009 S 448 RGZ 73 125 BGH Urteil vom 1 Marz 1973 III ZR 69 70 Wolfgang Brehm Christian Berger Sachenrecht 2006 S 193 Rn 6 BGHZ 21 98 RGZ 57 280 BGHZ 21 98Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4301855 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Offentlicher Glaube amp oldid 218279395