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Bei dem Eisenbahnunfall von Langenweddingen am 6 Juli 1967 stiess auf der Bahnstrecke Magdeburg Thale ein Zug der Deutschen Reichsbahn in der Nahe der bei Magdeburg gelegenen Ortschaft Langenweddingen an einem Bahnubergang mit einem Tanklastwagen zusammen der explodierte Mit 94 Todesopfern gilt dieser Unfall als schwerster der DDR einer der schwersten in der Geschichte der deutschen Eisenbahn sowie als einer der folgenschwersten Gefahrgutunfalle in Deutschland uberhaupt Der ausgebrannte UnfallzugInhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 2 Unfallhergang 3 Folgen 3 1 Unmittelbare Folgen 3 2 Aufarbeitung 3 3 Ehrung und Gedenken 3 4 Siehe auch 4 Quellen 4 1 Literatur 4 2 Filme und Reportagen 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseAusgangslage Bearbeiten nbsp Blick auf die UnfallstelleDie Unfallstelle war ein beschrankter Bahnubergang an der damaligen Fernverkehrsstrasse 81 Oberhalb des Ubergangs verliefen mehrere Versorgungsleitungen unter anderem ein frei hangendes Telefonkabel der Deutschen Post Nach einer Beschadigung der alten Schrankenanlage durch einen Autobus im Januar 1966 wurde eine neue Schrankenanlage eingebaut Seitdem kam es ofter zum Kontakt des Telefonkabels mit einem der Schrankenbaume was sowohl Post als auch Bahn bekannt war Am Bahnubergang herrschten ungunstige Sichtverhaltnisse fur die jeweiligen Verkehrsteilnehmer Wahrend dichter Bewuchs die Sicht von der Strasse auf die Bahnstrecke behinderte konnte auch der Ubergang selbst von der Bahnstrecke aus nicht eingesehen werden Diesem Bahnubergang naherte sich der Personenzug P 852 auf der Fahrt von Magdeburg nach Thale mit etwa 85 km h Gezogen wurde er von der Dampflokomotive 22 022 Hinter der Lokomotive befand sich ein Packwagen ihm folgte eine vierteilige Einheit von Doppelstockwagen dann wieder ein Packwagen und nochmals eine vierteilige Einheit von Doppelstockwagen Rund 250 Reisende sassen im Zug Der erste Wagen war fur 50 Kinder reserviert die in ein Ferienlager in der Nahe von Thale unterwegs waren Auf der Strasse naherte sich von Norden dem Bahnubergang ein mit etwa 15 000 Litern Leichtbenzin betankter Minol Tanklastzug Er befand sich auf dem Weg zum Gummiwerk in Ballenstedt Aus der Gegenrichtung naherte sich ein Lastkraftwagen mit Busaufsatz und 34 Reisenden Unfallhergang BearbeitenDa P 852 sich gegen 8 Uhr bei Einfahrsignal Fahrt frei dem Bahnhof Langenweddingen naherte liess der Fahrdienstleiter durch den Schrankenwarter die Schranken schliessen Eine der Schranken verfing sich jedoch in dem herabhangenden Telefonkabel das sich durch die sommerliche Hitze stark ausgedehnt hatte und konnte so nicht ordnungsgemass geschlossen werden Der Schrankenwarter versuchte die Schranke durch mehrfaches Hoch und Niederkurbeln vom Kabel zu befreien was ihm jedoch misslang der Bahnubergang blieb also geoffnet Der Fahrdienstleiter versaumte es seinerseits das Einfahrtsignal zuruckzunehmen Dem Strassenverkehr schien der Ubergang angesichts hochstehender Schranken frei dem Zugpersonal erschien ein Befahren durch das Signal gestattet Als der Fahrdienstleiter den zum Omnibus umfunktionierten Lkw erblickte rannte er mit einer Signalflagge zum Fenster und konnte ihn stoppen Der sich ebenfalls nahernde Tanklaster befand sich fur ihn hingegen in einem toten Winkel und wurde daher nicht wahrgenommen Der Lokfuhrer des Zuges aus der Gegenrichtung der im Bahnhof wartete erkannte die Situation und gab mit dem Makrofon seiner Lokomotive das Notsignal Sh 5 Wegen der Betriebsgerausche auf der Dampflok wurden die Warnsignale vom Lokpersonal des P 852 jedoch nicht gehort Erst 30 Meter vor dem Bahnubergang nahm man wahr dass die Schranken nicht geschlossen waren Trotz sofort eingeleiteter Schnellbremsung kam es zur Kollision mit dem Tanklaster Die Lokomotive erfasste den Lkw mit ihrem rechten Puffer und riss das Fahrzeug mit Der Laster wurde gegen den Zug geschleudert wobei zahlreiche Fensterscheiben zu Bruch gingen Der Tank platzte und der Inhalt spritzte in die ersten beiden Doppelstockwagen sowie auf das Bahnhofsgelande Es kam sofort zu einer Explosion die einen grossflachigen Brand ausloste Das Feuer entwickelte im Innern der Wagen Temperaturen bis zu 800 Grad Celsius Folgen BearbeitenUnmittelbare Folgen Bearbeiten nbsp Versorgung verletzter Kinder in MagdeburgDie Zahl der Todesopfer wurde von den Behorden mit 94 angegeben davon 44 Schulkinder die sich am Ferienbeginn auf dem Weg von Magdeburg in ein Ferienlager im Harz befanden 77 Opfer starben bereits am Unfallort Ihre Zahl erhohte sich in den Tagen nach dem Unfall weil 17 weitere der zunachst 54 Schwerverletzten ihren Verletzungen erlagen Der Lkw Fahrer erlitt nur leichte Verbrennungen Er wurde beim Zusammenstoss aus dem Fahrzeug geschleudert und starb an den Folgen des Aufpralls Der Lokomotivfuhrer wurde schwer verletzt der Heizer erlitt mittlere Verletzungen Zu den Opfern zahlte auch der Lehrer Werner Moritz Direktor einer Polytechnischen Oberschule POS in Rogatz nahe der Stadt Wolmirstedt Bei der Rettung von zwolf Schulern zog er sich schwere Verbrennungen zu denen er spater im Krankenhaus erlag Bei dem der Explosion folgenden Brand wurden auch das Haupt und einige Nebengebaude des Bahnhofs Langenweddingen zerstort Die Bahnhofsuhr blieb auf 08 06 Uhr stehen Das zerstorte Bahnhofs Gebaude wurde spater abgerissen und durch einen Neubau ersetzt das beschadigte Stellwerk wieder instand gesetzt Die Freiwillige Feuerwehr Langenweddingen traf kurz darauf ein die Feuerwehr Magdeburg um 08 32 Uhr Da keine Hydranten in der Nahe waren musste erst eine Loschwasserversorgung zum Dorfteich aufgebaut werden Als das Loschwasser endlich eintraf verdampfte es mit lautem Knall als es auf die gluhend heissen Wracks der Wagen traf Die Hitze des Brandes verhinderte zunachst das Vordringen der Rettungskrafte zu einem erheblichen Teil der in dem Zug eingeschlossenen Opfer Die Waggons konnten nur mit Schutzkleidung betreten werden Gegen 10 Uhr war das Feuer geloscht Aufarbeitung Bearbeiten nbsp Trauerfeier und Beerdigung der Opfer 11 Juli 1967Die Ermittlungen ergaben dass es wegen des durchhangenden Telefonkabels seit mehreren Tagen Probleme bei dem Schliessen der Schranken gegeben hatte Dem Schrankenwarter wurde daher vorgeworfen keine anderweitige Absicherung des Bahnubergangs veranlasst zu haben dem Dienstvorsteher sich nicht ausreichend um die Beseitigung der Storung gekummert zu haben Der Schrankenwarter und der Fahrdienstleiter wurden zu Freiheitsstrafen von je funf Jahren verurteilt Sechs Monate nach dem Unfall wurde am 28 Dezember 1967 eine neue Transportordnung fur gefahrliche Guter TOG verkundet die am 1 Marz 1968 in Kraft trat Die Schliesszeiten fur Bahnschranken wurden in der gesamten DDR deutlich ausgedehnt Zugfahrten durfen seitdem auch heute noch erst zugelassen werden wenn die Schranken geschlossen sind Externe Schrankenwarter haben dem zustandigen Fahrdienstleiter den geschlossenen Zustand der Schranken zu bestatigen bevor dieser die Hauptsignale auf Fahrt frei stellen darf Busse und Gefahrguttransporter mussten daruber hinaus von da an auch bei geoffneten Schranken vor dem Uberqueren der Gleise anhalten Ausserdem durften seitdem Bahnubergange nur dann befahren werden wenn die Schrankenbaume senkrecht standen Zudem wurden neue Vorschriften zur Schliessung von Schranken erlassen und jeder Fall einer offen gebliebenen Schranke als Zuggefahrdung betrachtet und geahndet auch wenn es dabei nicht zum Unfall kam Weiter begann die DDR ein grosses Programm Bahnubergange mit automatischen Schrankenanlagen auszurusten oder Bahnschranken signalabhangig zu machen Das beim Ungluck ausgebrannte Bahnhofsgebaude in Langenweddingen wurde abgerissen und durch einen Flachbau ersetzt Ehrung und Gedenken Bearbeiten Die Polytechnische Oberschule POS in Rogatz gegenwartig eine Grundschule erhielt ebenso wie der Ortsverein Rogatz des Deutschen Roten Kreuzes den Namen des Lehrers Werner Moritz der ebenso wie ein weiterer Helfer bei den Rettungsarbeiten ums Leben gekommen war Die Helfer erhielten postum den Vaterlandischen Verdienstorden in Silber Zwolf Opfer des Unfalls die nicht identifiziert werden konnten liegen in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Magdeburger Westfriedhof einer Gedenkstatte fur die Opfer des Unfalls Hier fand am 11 Juli 1967 eine Trauerfeier statt Fur den Tag der Trauerfeier war Staatstrauer angeordnet Wahrend der Trauerfeier ruhte in Magdeburg der offentliche Verkehr Der stellvertretende Gesundheitsminister der DDR Ludwig Mecklinger besuchte im Juli 1967 Verletzte des Eisenbahnunglucks im Kreiskrankenhaus Bahrendorf unter Begleitung der Presse 1 Siehe auch Bearbeiten Liste schwerer Unfalle im SchienenverkehrQuellen BearbeitenLiteratur Bearbeiten Rainer Erices Der Eisenbahnunfall von Langenweddingen Die Stasi Ermittlungen zur schwersten Zugkatastrophe in der DDR In Gerbergasse 18 Thuringer Vierteljahresschrift fur Zeitgeschichte und Politik Bd 27 2022 Heft 102 S 54 60 Heinz Eckhardt Das Eisenbahnungluck in Langenweddingen In Borde Bode und Lappwald Heimatschrift des Landkreises Bordekreis Ausgabe 1998 S 61 64 Dirk Endisch Das Problem mit den Schranken In Eisenbahn Unfalle Bahn Extra 6 2003 GeraNova Munchen S 80 83 Dirk Endisch Das Problem mit den Schranken In Bahn Katastrophen Schwere Zugunfalle und ihre Ursachen GeraMond Munchen 2008 ISBN 978 3 7654 7096 7 S 64 67 Klaus Ridder Der grosste Gefahrgutunfall in Deutschland In Der Gefahrgut Beauftragte Bd 16 2005 Heft 7 S 7 Hans Joachim Ritzau Jurgen Horstel Eisenbahnunfalle in Deutschland Bd 2 Die Katastrophenszenen der Gegenwart Verlag Zeit und Eisenbahn Purgen 1983 ISBN 3 921304 50 4 S 180 Filme und Reportagen Bearbeiten Die Todesschranke von Langenweddingen Eine Dokumentation des Mitteldeutschen Rundfunks MDR von Gunther Scholz und Sieglinde Scholz Amoulong aus der Reihe Vergessene Katastrophen 45 Minuten Erstausstrahlung am 23 November 1998 Beitrag in Die schwersten Unglucke der DDR 1 ZDFinfo youtube com 25 Dezember 2016 abgerufen 13 April 2019 Video 22 08 30 50 59 08 Beitrag in der MDR Sendereihe Lebensretter Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Eisenbahnunfall von Langenweddingen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Langenweddingen Die private Heimat Homepage Memento vom 6 Mai 2021 im Internet Archive Bilder vom Unfallort Einzelnachweise Bearbeiten Florian Bruns Kranksein im Sozialismus Das DDR Gesundheitswesen aus Patientensicht 1971 1989 1 Auflage Berlin 2022 ISBN 978 3 96289 167 1 S 53 52 045555555556 11 532777777778 Koordinaten 52 2 44 N 11 31 58 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eisenbahnunfall von Langenweddingen amp oldid 238858848