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Die Zerstorung von Kalisz war ein Ereignis aus der Anfangsphase des Ersten Weltkriegs im August 1914 Die Stadt Kalisz in Russisch Polen wurde dabei von deutschen Truppen zuerst besetzt dann aus heute nicht mehr aufzuklarenden Grunden angegriffen und teilweise zerstort Geschatzt mindestens 100 Einwohner der Stadt wurden von den Deutschen erschossen Die Ereignisse erinnern an das Verhalten deutscher Truppen bei der Invasion Belgiens und der Zerstorung Lowens im August 1914 Kalisz Deutsches Reich KaliszLage von Kalisz an der Grenze zum Deutschen Reich Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Rekonstruktion der Ereignisse 2 1 Besetzung der Stadt am 2 3 August 2 2 Ereignisse vom 3 bis 7 August 2 3 Ereignisse vom 7 bis Ende August 3 Presseberichte propagandistische Verwertung und Untersuchungen wahrend des Krieges 3 1 Russische Untersuchung 3 2 Deutsche Gegendarstellungen und interne Zweifel an der offiziellen Version 4 Untersuchungen durch Alliierte und Polen nach dem Krieg 5 Deutsche Rechtfertigungsversuche in der Zwischenkriegszeit 6 Opferzahlen und Schaden 7 Wiederaufbau 8 Galerie 9 Literatur 10 Weblinks 11 FussnotenHintergrund Bearbeiten nbsp Karte des Gouvernements Kalisz Kalisz russ als Kalish markiert liegt nahe der Westgrenze des Gouvernements Das grosspolnische Kalisz dt Kalisch gelegen am Fluss Prosna gilt als eine der altesten Stadte in Polen und wurde bereits von Claudius Ptolemaus im 2 Jahrhundert n Chr erwahnt siehe Kalisia Im 13 Jahrhundert erhielt es vom grosspolnischen Herzog Boleslaw dem Frommen das Stadtrecht Bei der Dritten Teilung Polens 1795 fiel es an das Konigreich Preussen und gehorte bis 1807 zur Provinz Sudpreussen danach zum Herzogtum Warschau Ab 1815 gehorte es zum in Personalunion mit dem Russischen Kaiserreich verbundenen Konigreich Polen Kongresspolen und war Grenzstadt zu Preussen bzw dem spateren Deutschen Kaiserreich 1 1867 wurde Kalisz Sitz eines russischen Gouvernements und wurde 1902 an das Eisenbahnnetz angeschlossen Danach stieg die Bevolkerungszahl sprunghaft an von etwa 38 000 um 1900 2 auf 65 400 bei der letzten Volkszahlung vor dem Krieg im Jahre 1913 3 Kalisz war 1914 Garnisonsstadt fur das 14 Kleinrussische Dragonerregiment 4 und Sitz des Hauptquartiers einer Brigade der russischen 14 Kavalleriedivision Rekonstruktion der Ereignisse BearbeitenBesetzung der Stadt am 2 3 August Bearbeiten Am 1 August 1914 hatte das Deutsche Reich dem Russischen Kaiserreich nach der Nichtbefolgung eines Ultimatums zur Einstellung von dessen Generalmobilmachung den Krieg erklart In der Nacht vom Sonntag dem 2 August 1914 dem ersten Mobilmachungstag im Deutschen Reich zum 3 August besetzten deutsche Truppen ohne ernstliche Gegenwehr und nach einer chaotisch verlaufenden russischen Evakuierung die polnisch russischen Grenzstadte Kalisz Czestochowa Tschenstochau und Bedzin Bendzin letztere in Schlesien In Kalisz wurden von den Russen vor ihrem Abzug die Hauptbrucke uber die Prosna gesprengt und einige strategische Gebaude in Brand gesetzt 5 Die Bevolkerung von Kalisz empfing die deutschen Truppen mit freundlicher Neugier der polnische Burgermeister Bronislaw Bukowinski leitete ein Begrussungskomitee Major Hans Rudolf Hermann Preusker Kommandeur des II Bataillons 7 Westpreussisches Infanterie Regiment Nr 155 vor dem Krieg in Ostrowo Ostrow stationiert rund 25 Kilometer von Kalisz entfernt zugehorig zur 10 Division des V Armee Korps hatte den Befehl uber die deutschen Truppen in der Stadt Er bezog sein Quartier im Hotel Europa nahe dem Stadtzentrum Er liess am 3 August eine Proklamation uber die Ubernahme der preussischen Militarverwaltung uber Kalisz verlautbaren Darin wurde u a die Abgabe aller Waffen im Privatbesitz binnen 24 Stunden gefordert 6 Die ortliche uberwiegend aus Russen bestehende Polizei wurde aufgelost und entwaffnet Ereignisse vom 3 bis 7 August Bearbeiten Am Abend des 3 August ereignete sich der erste Zwischenfall nach angeblichen Schussen auf deutsche Truppen begannen diese mit Schiessereien und Artilleriefeuer auf das Zentrum der Stadt Einwohner wurden aus ihren Hausern gezerrt und auf offener Strasse misshandelt und teilweise erschossen Burgermeister Bukowinski musste die ganze Nacht durch mit dem Gesicht auf dem Boden auf der Strasse liegen und wurde bewusstlos geschlagen einer seiner Mitarbeiter wurde erschossen als er ihn mit einem Mantel zudecken wollte Am Morgen des 4 August wurden Arzte darunter Dr Alfred Dreszer vom Szpital Swietej Trojcy bei ihrer Hilfe fur die Verwundeten behindert die Bergung von Verwundeten und Toten wurde durch deutsche Soldaten verhindert Am gleichen Tag liess Major Preusker eine Proklamation in deutscher und polnischer Sprache verlautbaren in der der Besuch von Restaurants verboten eine nachtliche Ausgangssperre verhangt die Erschiessung jedes 10 mannlichen Erwachsenen als Vergeltung fur Ubergriffe angedroht und eine Kontribution von 50 000 Rubel gefordert wurde Das Erscheinen von Zeitungen wurde verboten 7 Am Nachmittag des 4 August zogen sich die deutschen Truppen aus der Stadt zuruck In den folgenden Tagen bis zum 7 August wurde die Stadt sporadisch mit Artillerie beschossen ohne dass dadurch grossere Schaden entstanden 8 ein Zeuge gab spater an insgesamt 88 Granaten gezahlt zu haben 9 Ereignisse vom 7 bis Ende August Bearbeiten Am 7 August gegen 14 00 zogen zwei Bataillone des Landwehr Infanterie Regiments Nr 7 2 westpreussisches der 3 Landwehr Division 10 bzw zu einem wahrscheinlich spateren Zeitpunkt auch ein Bataillon des Koniglich Sachsischen Landwehr Infanterie Regiments Nr 133 11 in Kalisz ein und losten das Infanterie Regiment 155 ab das nach der Herstellung des mobilen Zustands des V Armee Korps an die Westfront verlegt wurde Der Regimentskommandeur ein Oberstleutnant von Hofmann liess den polnischen Magistrat einbestellen und erreichte dessen Zusage dass sich ahnliche Vorfalle wie in den Vortagen nicht wiederholen wurden 12 Nur wenig spater kam es jedoch zu neuen Schiessereien Mehrere Zeugen erwahnten spater ein scheuendes Pferd als Ausloser fur die Verwirrung Die deutsche Seite behauptete spater man sei nach einem Signal unter gezieltes Feuer genommen worden und habe das Feuer nur erwidert An diesem und dem Folgetag folgte ein weiterer Beschuss von Kalisz mit Artillerie Brande brachen aus die noch zehn weitere Tage wuteten und einen Teil der Stadt zerstorten Es fanden willkurliche Erschiessungen statt unter den Opfern waren Priester Frauen und Kinder Am Abend wurde das Rathaus in Brand gesetzt das Artilleriefeuer dauerte die ganze Nacht uber an Am 8 August wurden rund 700 800 mannliche Einwohner als Geiseln genommen und auf einem Feld ausserhalb der Stadt festgehalten Tausende Einwohner flohen aus Angst um ihr Leben aus der Stadt Die deutschen Truppen plunderten und brandschatzten die verlassene Innenstadt Nur rund 5000 Einwohner blieben Mitte August noch in der Stadt zuruck Die armeren Bewohner flohen in die umliegenden Dorfer die Reichen bis nach Warschau oder ins eigentliche Russland Am 10 und 11 August wurden Hauser systematisch geplundert und danach niedergebrannt Mobel und Haushaltsgegenstande wurden mit requirierten Fuhrwerken zum Bahnhof gebracht um nach Deutschland gebracht zu werden Soldaten gingen anschliessend mit Strohballen von Haus zu Haus und legten damit Brande die etwa 10 Tage anhielten 13 Fast der gesamte Zentrumsbereich wurde ein Opfer der Flammen Am 11 August wurden Dr Dreszer und einige seiner Mitarbeiter vom Hospital und etwa 20 weitere Burger von den Deutschen vor die Stadt gebracht und mit Erschiessung bedroht spater aber freigelassen Dreszer wurde trotz seiner deutschen Abstammung beschuldigt ein Spion zu sein Er floh nach seiner Freilassung aus der Stadt Am 13 August wurden rund 500 mannliche Geiseln von ursprunglich mindestens 750 nach Deutschland deportiert wo ein Teil von ihnen in Posen verhort wurde Am 17 August kehrte Burgermeister Bukowinski in die Stadt zuruck und fand eine Szene der Verwustung vor Plunderungen und Brandlegungen gingen noch einige Zeit weiter vermutlich bis zum 22 August als ein deutscher General auf Bitten Bukowinskis intervenierte Bukowinski gelang spater die Flucht nach Russland Presseberichte propagandistische Verwertung und Untersuchungen wahrend des Krieges BearbeitenDurch Berichte von Fluchtlingen aus Kalisz gelangten Nachrichten uber die Ereignisse rasch an die Offentlichkeit Bereits am 8 August brachte die Petrograder Zeitung Nowoje wremja einen Bericht uber deutsches Barbarentum in Polen Am 14 August 1914 brachte die Zeitung Birzhevye vedomosti Borsennachrichten einen Artikel unter der Uberschrift Unerhorte deutsche Grausamkeit in Kalisz Augenzeugenberichte Weitere russisch polnisch und jiddischsprachige Medien folgten in den nachsten Wochen mit teilweise reisserisch aufgemachten Artikeln Im Oktober 1914 wurde Burgermeister Bukowinski fur die auflagenstarke russische Zeitschrift Niva interviewt In einem weiteren Interview das 1915 gefuhrt wurde erwahnte Bukowinski zwei Revolverschusse gegen 23 00 am 3 August als Ausloser der Angriffe Auch deutsche Zeitungen berichteten uber die Vorfalle in Kalisz Einige von ihnen machten trotz Pressezensur einen Franktireurwahn fur die Ereignisse verantwortlich 14 Erheblich umfangreicher war allerdings die Berichterstattung uber russische Graueltaten in Ostpreussen Die russische Seite wiederum versuchte mit den Vorfallen in Kalisz und anderswo ihr hartes Vorgehen gegenuber der Bevolkerung in Ostpreussen zu rechtfertigen Fur die Vorfalle in Kalisz die mit ahnlichen Ereignissen in Belgien und Frankreich verglichen wurden burgerte sich in Polen wahrend des Krieges der Begriff katastrofa kaliska ein Teilweise sprach man auch angeregt durch die Londoner Times und in Umkehrung der Chronologie von einem polnischen Lowen 15 Der Propagandafilm Krwawe dni Kalisza Kalischs blutige Tage aus dem September 1914 wurde fur langere Zeit in Warschauer Kinos gezeigt Das Kabarettprogramm Wilus i spolka Wilhelm amp Co war ebenfalls sehr popular 16 In Russland stellte man insbesondere das Schicksal des russischen Finanzbeamten Sokolow in den Mittelpunkt der von den Deutschen erschossen worden war weil er ihnen kein Geld oder Dokumente ausliefern wollte und somit in treuester Pflichterfullung gestorben war Fur ihn wurde in Petrograd eigens ein Gedenkgottesdienst in Anwesenheit des Finanzministers Pjotr Bark und des Oberprokurors des Heiligen Synod Wladimir Sabler abgehalten 17 Zeitungen wie Birzhevye vedomosti berichteten uber verbreitete sexuelle Ubergriffe gegen Frauen und Madchen darunter auch gegen Judinnen Die tatsachliche Zahl solcher Vorfalle kann aber nicht sehr hoch gewesen sein wie Birzhevye vedomosti selbst zugab und vor Ubertreibungen warnte 18 Die Vorgange in Kalisz wurden zu einem Baustein eines intensiven Propagandakrieges zwischen der deutschen und der russischen Seite um die Loyalitat der polnischen Bevolkerung um die mit verschiedenen Proklamationen die eine Reihe von Versprechungen uber die Zukunft Polens enthielten geworben wurde 19 Der polnisch preussische Aristokrat und Politiker Bogdan von Hutten Czapski verglich die Vorfalle in Kalisz 1936 mit einer verlorenen Schlacht in diesem Krieg 20 Russische Untersuchung Bearbeiten Im Januar 1915 forderten Duma Abgeordnete erstmals eine offizielle Untersuchung Das russische Aussenministerium ernannte im Marz des Jahres eine Untersuchungskommission unter dem Senator Alexei Kriwzow Die Vorgange in Kalisz waren nur einer von mehreren untersuchten Fallen ahnliche Vorgange hatte es etwa auch in Tschenstochau gegeben Im Mai 1915 hielt der Kaliszer Lokalhistoriker Jozef Raciborski der die Ereignisse uberlebt hatte und nach Russland geflohen war einen Vortrag vor der Petrograder Polnischen Vereinigung Er verwendete darin deutsche Postkarten zur Illustration der Zerstorungen in Kalisz Ende 1915 lag der Abschlussbericht der offiziellen russischen Untersuchung vor 94 Zeugen aus Kalisz waren befragt worden Deutsche Gegendarstellungen und interne Zweifel an der offiziellen Version Bearbeiten Am 27 Mai 1915 wurde in einem Artikel der polnischsprachigen preussischen Zeitung Dziennik Poznanski behauptet am 3 4 August hatten Einwohner von Kalisz aus ihren Hausern auf die deutschen Truppen geschossen Daraufhin seien elf der Tater standrechtlich erschossen worden Ferner sei etwa ein Dutzend deutscher Soldaten von Einwohnern gefangen genommen und grosstenteils umgebracht worden Daraufhin sei der Artillerieeinsatz befohlen worden Die Mehrzahl der Brande sei von Bewohnern und aus dem Gefangnis entflohenen Kriminellen gelegt worden Diese waren auch fur die Plunderungen verantwortlich die dann von den deutschen Truppen unterbunden worden seien Im November 1916 schrieb der preussische Verwaltungsbeamte Konrad Hahn in einem Bericht an die deutsche Militarverwaltung im nunmehrigen Regentschaftskonigreich Polen es sei hochst unwahrscheinlich dass Einwohner von Kalisz auf die deutschen Truppen geschossen hatten Wahrscheinlich seien die Schusse die er als erwiesen ansah von russischen Polizisten oder von diesen angestiftete Provokateure abgefeuert worden Die Zerstorung der Stadt sei also auf einen Irrtum der deutschen Offiziere die die Repressalien befohlen hatten uber die Urheber der Anschlage zuruckzufuhren 21 Dr Dreszer berichtete allerdings spater er habe einwandfrei festgestellt dass eine aus einem verwundeten Deutschen herausoperierte Kugel deutschen Ursprungs war Es kann also als wahrscheinlich gelten dass die Deutschen zumindest zum Teil Opfer von Eigenbeschuss geworden waren Untersuchungen durch Alliierte und Polen nach dem Krieg BearbeitenAuf der Pariser Friedenskonferenz von 1919 wurde Preusker von den Alliierten in auf die Liste der von Deutschland auszuliefernden Kriegsverbrecher gesetzt 22 Er war jedoch schon im April 1918 in einem Karlsruher Krankenhaus einer wahrend der deutschen Fruhjahrsoffensive erlittenen Kriegsverletzung erlegen Im Januar 1919 nach der Eroberung des Gebiets um Posen im Posener Aufstand wurde eine offizielle polnische Untersuchung eingeleitet Ihr 100 seitiger Abschlussbericht betitelt Wynik dochodzen urzedowych w sprawie zburzenia miasta Kalisza przez Niemcow w roku 1914 und erschienen 1919 enthalt 104 unterschriebene Augenzeugenaussagen Deutsche Rechtfertigungsversuche in der Zwischenkriegszeit BearbeitenIm Jahre 1925 erschien als offizielle deutsche Darstellung der Reichsarchiv Band uber den Kriegsbeginn im Osten Darin wurde die Legende wiederholt die Bevolkerung hatte moglicherweise angestiftet durch russische Agenten Uberfalle auf deutsche Truppen ausgefuhrt Strenge Massnahmen seien die Folge gewesen 23 Das Nehmen von Geiseln Auferlegung von Kontributionen und Hauszerstorungen entsprachen durchaus den damals im deutschen Heer gultigen Regularien wie sie im Handbuch Kriegsbrauch im Landkriege 24 niedergelegt waren 25 Im Jahre 1931 erschien die offizielle Regimentsgeschichte des IR 155 Darin wurde ebenfalls die Zerstorung Kaliszs zu rechtfertigen versucht Beim Einzug in die Stadt habe man 500 800 uniformierte Reservisten vorgefunden die allerdings unbewaffnet waren Russische Kavalleriepatrouillen am Bahnhof wurden erwahnt die aber nichts mit den folgenden Ereignissen zu tun hatten Gegen 22 00 am 3 August seien am Marktplatz stationierte Truppen plotzlich von allen Seiten beschossen worden und hatten daraufhin zuruckgeschossen Es seien Razzien durchgefuhrt worden bei denen Zivilisten im Besitz von Feuerwaffen festgestellt wurden Diese habe man summarisch erschossen Bei Tagesbeginn am 4 August seien weitere Razzien durchgefuhrt worden die wiederum bewaffnete Zivilisten festgestellt hatten die ebenfalls erschossen wurden Die Zahl der Exekutierten liege bei etwa 50 Die deutschen Verluste hatten bei 6 Toten sowie 2 verwundeten Offizieren und 22 verwundeten Mannschaften gelegen Am 7 August sei auf ein Signal hin plotzlich das Feuer eroffnet worden von Dachern Kellern und Fenstern Am nachsten Morgen seien neun ergriffene Freischutzen standrechtlich erschossen worden Im ersten Band seines Werkes Die Geschichte des Landwehrkorps im Weltkriege 1914 1918 Das Landwehrkorps im Kriegsjahr 1914 erschienen 1935 vertrat der fruhere Stabschef des Landwehrkorps General Wilhelm Heye die Ansicht russische Agenten seien die Anstifter fur die Schusse gewesen Es bestand kein Zweifel dass die Uberfalle seitens der Russen durch aus Gefangnissen und Zuchthausern freigelassenes Gesindel in Szene gesetzt worden waren um dadurch die Deutschen zu Vergeltungsmassnahmen gegen die polnischen Stadte zu veranlassen Wilhelm Heye Die Geschichte des Landwehrkorps im Weltkriege 1914 1918 Bd 1 S 62 26 Ziel sei es gewesen damit die Polen gegen die deutschen Besatzer aufzubringen Damit seien die Russen leider erfolgreich gewesen 27 Opferzahlen und Schaden BearbeitenDie Opferzahlen unter der Bevolkerung Kaliszs sind vermutlich nicht mehr genau zu bestimmen Die folgenden Angaben basieren hauptsachlich auf Zeugenaussagen der offiziellen polnischen Untersuchung von 1919 wie sie von Flockerzie 1983 wiedergegeben wurden Laut der Aussage von Karol Szpecht Verwalter des Dreifaltigkeitshospitals 28 uberstieg die Zahl der Opfer 100 Auch Leonard Wagrowski ein Justizbeamter erwahnt die Zahl von 100 Toten wobei aus dem bei Flockerzie abgedruckten Ausschnitt seiner Aussage nicht klar hervorgeht um welchen Zeitraum es sich dabei handelt Wagrowski erwahnte ausserdem eine grosse Anzahl der Leichen sei vollig verstummelt gewesen darunter auch Kinderleichen 29 Eine abweichende Aussage kam von Gemeindepriester Michal Majewski der angab allein am 5 und 6 August an der Beerdigung von etwa 500 Mannern Frauen und Kindern beteiligt gewesen zu sein 30 Flockerzie halt anhand der von ihm ausgewerteten Zeugenaussagen die Zahl von mindestens 100 Todesopfern fur wahrscheinlich Engelstein 2009 gibt an nach dem zweiten Zwischenfall vom 7 August seien allein in einer Strasse 18 Leichen gefunden worden darunter die von zwei kleinen Madchen 31 In Carole Finks Buch Defending the Rights of Others 32 ist die Rede davon dass in Kalisz im August 1914 33 Juden getotet und 150 Hauser des Judenviertels zerstort worden seien Auch Engelstein gibt an die Opfer spiegelten die Zusammensetzung der Kaliszer Bevolkerung reprasentativ wider 31 In der International Encyclopedia of World War I spricht der Historiker der Universitat Warschau Piotr Szlanta unter dem Eintrag zu Polen von mehreren hundert Toten in Kalisz 33 Als unrealistisch kann die Zahl von 4000 Toten gelten die unmittelbar nach dem Krieg in einer Aufstellung der deutschen Kriegsverbrechen erschien und dort Burgermeister Bukowinski zugeschrieben wird 34 Weniger kontrovers ist der Umfang der Zerstorungen in Kalisz Laut Keya Thakur Smolarek mussten nach dem Krieg drei Viertel der historischen Stadt wiederaufgebaut werden 35 Zerstort wurden laut Mieczyslaw Arkadiusz Wozniak 426 Wohnhauser neun Fabriken funf offentliche Gebaude das Rathaus das Theater die evangelische Kirche ein Hotel sowie das Post und Telegrafenburo Die angerichteten Schaden wurden mit 22 Millionen bis uber 33 Millionen Rubel beziffert 36 Wiederaufbau BearbeitenIn den 1920er und 1930er Jahren wurde das zu grossen Teilen zerstorte Kalisz wiederaufgebaut Mit Erlaubnis der Behorden wurden die meisten Hauser um ein Stockwerk hoher errichtet Laut Andrzej Banert einem evangelischen Pastor in Kalisz und Betreiber eines kleinen Museums hatten die Kaliszer Juden die im Stadtzentrum ihre Geschafte hatten einen grossen Teil des Wiederaufbaus geleistet was heute kaum noch gewurdigt werde 37 Galerie Bearbeiten nbsp Stadttheater um 1900 nbsp Brucke uber die Prosna vor dem Krieg nbsp Polnische Postkarte Kalisz in der Kriegszeit 1914 Grosse Synagoge nbsp Deutsche Postkarte Kalisch in der Kriegszeit Josephplatz plac sw Jozefa Palais Leopold Weiss nbsp Plakette am Rathaus neuerbaut 1920 1925 nbsp Plakat an Hauserfassade 2014 Hauptmarkt nbsp Josefplatz nbsp Stanislaw StrasseLiteratur Bearbeitenpolnisch Bronislaw Szczepankiewicz Kalisz wsrod bomb granatow i ognia w dniach sierpniowych 1914 roku Warschau 1939 Ryszard Bieniecki Bogumila Celer Katastrofa kaliska 1914 Kaliskie Towarzystwo Przyjaciol Nauk 2014 499 Seiten Maciej Drewicz Wypadki kaliskie 1914 reinterpretacja obrazu zdarzen Kaliskie Towarzystwo Przyjaciol Nauk 2014 Mieczyslaw Arkadiusz Wozniak Kalisz 1914 Pogrom miasta Kaliskie Towarzystwo Przyjaciol Nauk 1995 190 Seiten englisch Laura Engelstein A Belgium of Our Own The Sack of Russian Kalisz August 1914 in Kritika Explorations in Russian and Eurasian History Band 10 Nr 3 Sommer 2009 New Series S 441 473 Lawrence J Flockerzie Poland s Louvain Documents on the Destruction of Kalisz August 1914 in The Polish Review Band 28 Nr 4 1983 S 73 87 Joshua A Sanborn Imperial Apocalypse The Great War and the Destruction of the Russian Empire Oxford University Press 2014 S 55 57 deutsch Keya Thakur Smolarek Der Erste Weltkrieg und die polnische Frage Die Interpretationen des Kriegsgeschehens durch die zeitgenossischen polnischen Wortfuhrer Band 48 von Osteuropa Geschichte Wirtschaft Politik zugleich Diss Universitat Heidelberg Lit Verlag Berlin 2014 ISBN 978 3 643 12777 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Hundertjahriges Gedenken an die Zerstorung von Kalisz 2014 Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Mieczyslaw Arkadiusz Wozniak Zniszczenie Kalisza info kalisz pl Burzenie Kalisza w 1914 roku Webseite Dawny Kalisz kalisz info Webseite Kalisz 1914 2014 1914 fotonamiare pl Foto der Gedenkstatte in Kalisz engl Fussnoten Bearbeiten George J Lerski Historical Dictionary of Poland 966 1945 ABC CLIO 1996 S 238 f Geschichte von Kalisz Kalisch auf regionwielkopolska pl Von den 65 400 Einwohnern waren 5600 oder 8 7 russisch orthodox 31 372 oder 48 romisch katholisch 7026 oder 10 7 evangelisch 21 287 oder 32 5 judisch siehe Kalisz jego dzieje i zniszczenie przez Prusakow 1914 S 10 russisch 14 j dragunskij Malorossijskij Naslednogo princa Germanskogo i Prusskogo polk vgl 1 Engelstein S 467 Proklamation An die Einwohner von Kalisch Dokument 1 in Flockerzie S 78 Proklamation An den Magistrat Kalisch Dokument 2 in Flockerzie S 78 79 Bild Darin ist die Rede von 6 Geiseln die uber Nacht genommen worden seien und bei der kleinsten Zuwiderhandlung erschossen wurden Aussage Unteroffizier Stanislaw Bieganski Dokument 3 in Flockerzie S 79 80 Aussage Karol Szpecht Dokument 4 in Flockerzie S 80 81 Flockerzie S 74 Fn 4 Artikel in Dziennik Poznanski vom 27 Mai 1915 Dokument 8 in Flockerzie S 84 86 Friedrich Max Kircheisen Das Volkerringen 1914 S 295 Aussage Michal Majewski Dokument 5 in Flockerzie S 82 83 Engelstein S 462 Keya Thakur Smolarek Der Erste Weltkrieg und die polnische Frage S 106 f Harold B Segel uber Polen in European Culture in the Great War The Arts Entertainment and Propaganda 1914 1918 S 69 Engelstein S 451 ff Engelstein S 453 ff Engelstein S 456 ff Flockerzie S 77 Bericht Konrad Hahn Dokument 9 in Flockerzie S 86 87 Vgl Liste des personnes designees par les Puissances alliees pour etre livrees par l Allemagne en execution des articles 228 a 230 du traite de Versailles et du protocole du 28 juin 1919 Ohne Jahr S 179 Reichsarchiv Hrsg Der Weltkrieg 1914 bis 1918 Die militarischen Operationen zu Lande Bd 2 Die Befreiung Ostpreussens 1925 S 49 Hrsg vom Grossen Generalstab E S Mittler amp Sohn Berlin 1902 Onlinefassung Flockerzie S 75 Zitiert nach Flockerzie S 74 Engelstein S 463 Dokument 4 in Flockerzie S 80 81 Dokument 6 in Flockerzie S 83 Dokument 5 in Flockerzie S 82 83 a b Engelstein S 448 Carole Fink Defending the Rights of Others The Great Powers the Jews and International Minority Protection 1878 1938 Cambridge University Press 2004 S 71 Piotr Szlanta Poland in encyclopedia 1914 1918 online net Aussage des Burgermeisters Bukowinski in The crimes of Germany being an illustrated synopsis of the violations of international law and of humanity by the armed forces of the German empire Based on the official enquiries of Great Britain France Russia and Belgium The Field amp Queen London o J S 92 Keya Thakur Smolarek Der Erste Weltkrieg und die polnische Frage S 105 Mieczyslaw Arkadiusz Wozniak Zniszczenie Kalisza Jan Opielka Erster Weltkrieg Der vergessene Osten in Frankfurter Rundschau 6 August 2014 51 76252 18 09029 Koordinaten 51 45 45 N 18 5 25 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zerstorung von Kalisz amp oldid 231034086