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Der Wiener Schachklub ursprunglich Wiener Schach Club der von 1897 bis 1938 existierte war in seiner Blutezeit vor dem Ersten Weltkrieg einer der fuhrenden Schachvereine der Welt Der Verein war Nachfolger der bereits 1857 gegrundeten Wiener Schachgesellschaft und aus deren Fusion mit dem Neuen Wiener Schach Club entstanden Abzeichen des Wiener Schachklub Inhaltsverzeichnis 1 Die Wiener Schachgesellschaft 2 Fusion mit dem Neuen Wiener Schach Club 3 Entwicklung des Schachklubs bis 1914 4 Die Trebitsch Turniere 5 Niedergang nach dem Ersten Weltkrieg 6 Literatur 7 EinzelnachweiseDie Wiener Schachgesellschaft BearbeitenIn Wien hatte sich das Schachleben in der ersten Halfte des 19 Jahrhunderts in Kaffeehausern abgespielt Erst am 1 Oktober 1857 kam es zur Grundung eines ordentlichen Vereins der Wiener Schachgesellschaft die eine schnelle Aufwartsentwicklung nahm Seit 1858 wurden jahrliche Vereinsturniere ausgetragen Das erste Turnier gewann Ernst Pitschel die folgenden Carl Hamppe schliesslich blieb der junge Wilhelm Steinitz beim Turnier 1861 62 siegreich Nach zunachst wechselnden Spielorten nahm die Schachgesellschaft deren Mitgliederzahl bereits auf uber hundert gestiegen war 1864 ihren Sitz in einem Lokal in der Braunerstr 9 Der Verein war von der aktiven Mitwirkung adeliger Mitglieder und Vertreter der Burokratie und des gehobenen Burgertums gepragt Hohe Mitgliedsbeitrage trugen zur Exklusivitat bei Ein weiterer Aufschwung trat ein als Baron Albert von Rothschild 1872 als Prasident und Schirmherr an die Spitze des Vereins trat Rothschild der seit 1874 die Rothschild Bank fuhrte und als reichster Mann Osterreichs galt forderte viele Meisterspieler darunter Miksa Weiss Berthold Englisch Adolf Schwarz und Bernhard Fleissig Neben Baron Rothschild fungierte Ignatz von Kolisch als weiterer Mazen und Vizeprasident der Schachgesellschaft Kolisch der sich als Weltklassespieler vom Turnierschach zuruckzog hatte es Anfang der 1870er Jahre mit Hilfe Rothschilds in Paris zu grossem Erfolg im Bankgeschaft gebracht Vor diesem Hintergrund Rothschild und Kolisch spendeten grossere Summen standen die Mittel zur Verfugung um wahrend der Weltausstellung in Wien vom 19 Juli bis 29 August 1873 das erste internationale Schachturnier Osterreichs zu veranstalten Sieger war Steinitz vor Joseph Henry Blackburne und Adolf Anderssen Zur Feier ihres 25 jahrigen Bestehens organisierte die Wiener Schachgesellschaft vom 10 Mai bis 26 Juni 1882 ein weiteres gutdotiertes internationales Turnier das hauptsachlich wegen der Unterstutzung durch Baron Kolisch zustande kam Den Sieg unter achtzehn Meistern teilten sich Steinitz der nach mehrjahriger Unterbrechung das aktive Schach wieder aufnahm und Simon Winawer Unter den Preistragern waren ferner James Mason George Henry Mackenzie Johannes Zukertort und Blackburne Mit den grossen Vereinsturnieren und den internationalen Kongressen erwies sich der Verein als treibende Kraft des Wiener Schachlebens Eine erste Initiative zur Grundung eines osterreichischen Schachbundes Anfang der 1870er Jahre fuhrte allerdings nicht zum Erfolg Aufsehen erregte ein Korrespondenzwettkampf der Wiener Schachgesellschaft mit dem City of London Chess Club dessen Partien der inzwischen dort ansassige Steinitz fuhrte London gewann das Match das von 1872 bis 1874 dauerte mit einem Sieg und einer Remispartie Fusion mit dem Neuen Wiener Schach Club BearbeitenIm Jahr 1888 konstituierte sich mit dem Neuen Wiener Schach Club eine ernsthafte Konkurrenz Der jungere Klub warb mit geringeren Mitgliedsbeitragen und offentlichkeitswirksamen Schachveranstaltungen und Schaukampfen bekannter Meister erfolgreich um Mitglieder Diese Situation bestand indes nur einige Jahre Schliesslich wurden beide Vereine 1897 zum Wiener Schach Club vereinigt womit eine Blutezeit des Wiener Schachlebens einsetzte Neben dem Cafe Central blieb fortan der Wiener Schachklub bis zum Ersten Weltkrieg unangefochtener Mittelpunkt der osterreichischen Schachszene Entwicklung des Schachklubs bis 1914 BearbeitenDer Verein profitierte bis zum Ersten Weltkrieg von der unerhort gunstigen finanziellen Lage Die Jahresberichte des Schachklubs schlossen regelmassig mit der Feststellung dass das entstandene Defizit von Rothschild ausgeglichen wurde 1 Zugleich wahrte der Verein durch einen hohen Mitgliedsbeitrag eine soziale Zutrittsschranke Als Sekretar des Vereins wirkte bis 1923 der Meisterspieler und Schachpublizist Georg Marco Dieser war zugleich Chefredakteur der 1898 gegrundeten Wiener Schachzeitung deren erste vier Jahrgange mit dem Untertitel Organ des Wiener Schach Club erschienen Der Schachklub diente der Ober und Mittelschicht der Kaiserstadt zudem als intellektueller Treffpunkt In seiner Hochzeit um 1910 hatte der Klub sechshundert Mitglieder und war eines der internationalen Zentren des Schachspiels In diesem Jahr bezog der Verein im Palais Herberstein auf zwei Stockwerken ein vornehmes Domizil Hier standen den Mitgliedern mehr als zwanzig Sale zur Verfugung einschliesslich Restaurationsraumen fur Raucher und Nichtraucher Lesezimmer Damen und Billardsalon 2 Hohepunkte der Vereinsgeschichte waren die internationalen Turniere allen voran das Kaiser Jubilaumsturnier das aus Anlass des Goldenen Thronjubilaums von Kaiser Franz Joseph stattfand An dem doppelrundigen Turnier nahmen zwischen dem 31 Mai und 30 Juli 1898 zwanzig Spieler teil Nach einem Stichkampf der beiden punktgleich Bestplatzierten gewann Siegbert Tarrasch vor Harry Nelson Pillsbury Ein ungewohnliches Ereignis war das Gambitturnier des Wiener Schachklubs von 1903 In allen Partien war vorgeschrieben dass die Teilnehmer das angenommene Konigsgambit 1 e2 e4 e7 e5 2 f2 f4 e5xf4 spielen sollten Es siegte Michail Tschigorin vor Frank Marshall und Georg Marco Im Jahr 1908 richtete der Verein wiederum ein internationales Turnier aus Diesmal gewannen punktgleich Oldrich Duras Geza Maroczy und Carl Schlechter auf dem vierten Platz folgte Akiba Rubinstein Der begabteste Meister des Wiener Schachklubs war zweifellos Carl Schlechter Seine Partien galten als Musterbeispiel der Wiener Schachschule eines positionellen auf Verteidigung bedachten Spielstils der massgeblich im Wiener Schachklub entwickelt wurde 3 Der im Jahr 1910 ausgetragene Titelkampf zwischen Schachweltmeister Emanuel Lasker und Schlechter fand zur Halfte in Wien und Berlin statt Dabei wurden drei Partien in den Raumlichkeiten des Wiener Schachklubs absolviert Der Kampf endete unentschieden 1 1 8 was Lasker zur Titelverteidigung genugte Die Trebitsch Turniere BearbeitenEin besonderes Kapitel sind die sogenannten Trebitsch Turniere Leopold Trebitsch der neben Baron Rothschild massgebliche Mazen des Vereins starb 1906 Ihm zu Ehren stiftete sein Sohn Oskar Trebitsch einen Fonds aus dem ein regelmassiges Schachturnier des Wiener Schachklubs finanziert wurde Als der Klub 1916 das hinterlegte Kapital uberwiegend in Kriegsanleihen belegte ging ein Grossteil des Geldes verloren Spater stellte Oskar Trebitsch erneut Beitrage zur Verfugung und machte damit die Weiterfuhrung des Serienturniers moglich Insgesamt sind zwanzig Trebitsch Turniere bis 1937 38 nachweisbar 4 Die letzten Trebitsch Turniere wurden dann seit Anfang der 1930er Jahre vom Schachklub Hietzing durchgefuhrt Niedergang nach dem Ersten Weltkrieg BearbeitenNach dem Weltkrieg konnte der Wiener Schachklub nicht mehr an seinen fruheren Glanz anknupfen Der Verein hatte in dieser von wirtschaftlicher Not belasteten Zeit mit seinem grossburgerlichen Image zu kampfen Das Schachleben in Wien wurde zudem von neu gegrundeten Vereinen bestimmt die unterschiedlichen politischen Lagern nahestanden An der Spitze stand der Deutsche Schachverein Wien den Anfang der 1930er Jahre der erwahnte Schachklub Hietzing in der Fuhrungsstellung abloste 5 Viele judische Schachspieler gehorten ferner der Schachsektion des SC Hakoah Wien an Das letzte gedruckte Mitgliederverzeichnis des Wiener Schachklubs umfasste 1927 noch dreihundert Namen darunter die Schriftsteller Alfred Polgar und Felix Salten Zuletzt hatte der Verein seinen Sitz in einer grossburgerlichen Wohnung in der Zedlitzgasse 8 In den letzten Jahren war er zunehmend inaktiv Schliesslich wurde der Wiener Schachklub 1938 im Jahr des Anschlusses aufgelost weil er uberwiegend aus judischen Spielern bestand Dem traurigen Ende fiel auch die grosse Vereinsbibliothek zum Opfer Dabei ging umfangreiches Archivmaterial zur Schachgeschichte Wiens verloren 6 Literatur BearbeitenMichael Ehn Ernst Strouhal Luftmenschen die Schachspieler von Wien Materialien und Topographien zu einer stadtischen Randfigur 1700 1938 Sonderzahl Wien 1998 ISBN 9783854491415 Einzelnachweise Bearbeiten Ehn Strouhal Luftmenschen Die Schachspieler von Wien Materialien und Topographien zu einer stadtischen Randfigur 1700 1938 Wien 1998 S 38 Georg Marco Wiener Schach Klub in Wiener Schachzeitung 1910 S 153 Ehn Strouhal Luftmenschen Die Schachspieler von Wien Materialien und Topographien zu einer stadtischen Randfigur 1700 1938 Wien 1998 S 40 P Feenstra Kuiper Hundert Jahre Schachturniere Die bedeutendsten Schachturniere 1851 1950 Amsterdam 1964 S 242 Jan van Reek Leopold Trebitsch Memorial 1909 1938 Memento des Originals vom 6 Dezember 2008 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www endgame nl Wilfried Dorazil Schach in Osterreich in Jerzy Gizycki Schach zu allen Zeiten Zurich 1967 S 72 Ehn Strouhal Luftmenschen Die Schachspieler von Wien Materialien und Topographien zu einer stadtischen Randfigur 1700 1938 Wien 1998 S 7 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wiener Schachklub amp oldid 238485046