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Die Werkleute auf Haus Nyland waren ein 1912 von Josef Winckler Wilhelm Vershofen Jakob Kneip Theo Rody und Severin Kirfel gegrundeter Kunstlerbund der bis 1925 bestand Programmatisch strebte man eine wirklichkeitsnahe Synthese von Kunst Wissenschaft und Wirtschaft Satzung d h Kultur Industrie und Kunst von modernem Wirtschaftsleben und Freiheit kurz gesagt Industriedichtung an Bis zu ihrer Auflosung schlossen sich burgerliche Schriftsteller Arbeiterschriftsteller und expressionistische Autoren aus dem rheinisch westfalischen Raum der Vereinigung an und bildeten so eine Avantgarde der Industriedichtung die die Grundvoraussetzungen fur die spatere Anerkennung und Rezeption der Arbeiterliteratur schuf Das namensgebende Haus Nieland in Hopsten Inhaltsverzeichnis 1 Grundung 2 Werkleute Zeitschriften 3 Programmatik 4 Organisatorisches 5 Auflosung 6 Literatur 7 Weblinks 8 QuellenGrundung BearbeitenDie Werkleute auf Haus Nyland Nichts romantisches nichts geheimnisvolles verbirgt sich unter dieser Bezeichnung Alle die in diesen Blattern das Wort ergreifen werden haben langere oder kurzere Zeit unter den breiten Dachern des Hauses Nyland geweilt dass irgendwo im Reich seine uberaus reale Existenz hat Und wenn ihnen schon im Namen des gastlichen Hauses eine Symbolik zu liegen schien so war dies doch nur ein nachgeordneter Grund weshalb sie ihre Werktatigkeit an deutscher Kultur und Freiheit nach diesem Hause benannten 1 Ostern 1912 trafen sich Josef Winckler 1881 1966 Wilhelm Vershofen 1878 1960 Jakob Kneip 1881 1958 Theo Rody gest 1957 und Severin Kirfel im Blauen Salon von Haus Nieland um einen Schriftstellerbund zu grunden der bis in die Mitte der 1920er Jahre Bestand haben sollte den Bund der Werkleute auf Haus Nyland Der Bund wurde nachweislich am Osterwochenende 1912 gegrundet als Kirfel Kneip Rody Vershofen und Winckler auf Haus Nieland in Hopsten bei Rheine Westf zusammentrafen Haus Nieland war ein altes Toddenhaus das sich seit Generationen im Besitz der Verwandten der mutterlichen Linie Wincklers der Familie Nieland befand 2 Personell aufgestockt wurden die Werkleute durch Mitglieder der ehemaligen Bonner Studentengruppe Akademische Vereinigung zur Pflege von Kunst und Literatur die sich im Dezember 1912 in Dusseldorf versammelten Dies ist auch der Grund weshalb Winckler Vershofen und Kneip das erste Heft der Quadriga noch vollig allein gestalteten Der Mitgliederstamm wurde kontinuierlich erweitert Der Bund war eine lockere Verbindung von Schriftstellern und Malern die sich kunstlerisch mit der Industrie und Arbeitswelt auseinandersetzten Auch literarisch interessierte Burger die sich mit der Programmatik identifizierten schlossen sich der Vereinigung an In dem Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg entwickelten sich Ansatze einer Literatur uber Industrie und Technik die im Aufstieg des Deutschen Werkbundes und der Konstituierung der Werkleute die sich den Zielen des Werkbundes verpflichtet fuhlten ihre Ausformung fanden Was aber bei den Angehorigen des Werkbundes zu innovativen Entwicklungen im Bereich der bildenden Kunst Architektur und Design fuhrte schien bei den Werkleuten innerhalb der scheinbar unreflektierten Idealisierung der Industrielandschaft an der Ruhr stecken zu bleiben Dennoch bei aller programmatischen Verschwommenheit entsprachen die Werkleute den bildungspolitischen Vorstellungen der nichtkommunistischen Arbeiterbewegung und der Gewerkschaften doch weit mehr als der Kulturbolschewismus jener linken Boheme die sich angesichts der Revolten und Aufstande dem Proletkult verschrieben hatte Auch verriet das Ziel ihrer Bemuhungen die kulturelle Forderung und Integration des vierten Standes im Hinblick auf die Bewusstseinslage der deutschen Arbeiterschaft dass sie die gesellschaftlichen Verhaltnisse realistischer einschatzten als beispielsweise die Aktionisten und Dadaisten 3 Die Intention der Werkleute entsprach keineswegs dem was man heute unter dem Begriff Arbeiterliteratur versteht Anders als z B bei der Dortmunder Gruppe 61 um Fritz Huser und Max von der Grun oder dem Werkkreis Literatur der Arbeitswelt fehlten den Werkleuten jene sozialkritischen oder umweltbewussten Aspekte die z B die Zusammenhange zwischen Industrie und Umweltverschmutzung Arbeitsrealitat und Arbeiterrealitat oder Kapital und Herrschaft aufdeckten Pathos und Affirmation der Technik kennzeichnen die zeitbedingte Sprache der Werkleute die sich nie als Arbeiterdichter sondern als Industriedichter verstanden wissen wollten Retrospektiv bewertete Winckler den Bund uber 30 Jahre nach dessen Grundung wie folgt Erstmals wurden in diesem Bunde auch Dichter Maler Industrielle Kaufleute Philosophen und Arbeiter gemeinsamer schopferischer Arbeit auf nationaler Grundlage vereint gegen Wirtschaftsimperialismus Mammonismus Materialismus aus einem durchaus lebensbejahenden dynamischen Weltgefuhl im Gegensatz zur fin de siecle Stimmung Reichsverdrossenheit politischer Verhetzung gegen die Doktrin der Arbeitsverelendung und aufgerufen jene ungeheuren Lebensmachte die moderne Forschung und Technik dem Menschen erschlossen nicht in selbstzerstorerischer Negation zu missbrauchen sondern zu positiver Lebensgestaltung schopferisch zu steigern im Glauben dass wir erst am Anfang des technischen Zeitalters standen und alle Maschinensturmer Narren seien Wie sehr hat uns die Entwicklung recht gegeben aber die Beschworungen verhallten eine gigantische Vernichtung zog herauf Uns war das Zeitproblem also kein technisches mechanistisches sondern durchaus ein moralisches In diesem Sinn feierten wir auch die Arbeitsfreude den Stolz auf die unerhorte Gewalt den Triumph des Werktatigen und gaben die ersten Industriemappen heraus die keine Kollwitz Gestalten keine Zille Typen zeigten sondern den selbstbewussten Arbeiter wie den verantwortungsbewussten Industriefuhrer die Wurde des Werkmannes die Mission des Industriellen 4 Schriftsteller wie Gerrit Engelke 1890 1918 Carl Maria Weber 1890 1953 Karl Broger 1896 1944 Heinrich Lersch 1889 1936 Max Barthel 1893 1975 oder Otto Wohlgemuth 1884 1965 und Maler wie Ernst Isselmann 1885 1916 Franz M Jansen 1885 1958 oder Carlo Mense 1886 1965 gehorten neben Winckler Vershofen und Kneip dem Bund an bzw waren ihm freundschaftlich verbunden Forder und Ehrenmitgliedern waren der Vorsitzende der Berliner Handelsbank und spatere Reichsaussenminister Walther Rathenau 1867 1922 und der Lyriker Richard Dehmel 1863 1920 dem die Werkleute im Herbst 1913 ein Sonderheft ihrer Zeitschrift Quadriga widmeten Richard Dehmel Alfred Walter von Heymel und Anton Kippenberg der 1914 die Eisernen Sonette Wincklers in die von ihm verlegte Insel Bucherei als Nr 134 aufnahm zahlten zum ehrenamtlich wirkenden kunstlerischen Beirat Zum Leben des Bundes gehorten regelmassige Treffen die sogenannten Werktagungen die mindestens zweimal jahrlich stattfanden Daruber hinaus standen die Mitglieder in engen personlichen wie brieflichen Kontakten Zu der Mehrzahl der Mitglieder pflegte z B Josef Winckler zeitlebens einen freundschaftlichen Kontakt und die Grunder verloren sich nie aus den Augen Dies mag auch an der verwandtschaftlichen Beziehung gelegen haben die ihren Kulminationspunkt in der Person Josef Wincklers fand Da die Mitarbeit an den Organen der Werkleute nicht von einer Mitgliedschaft abhangig war lassen sich die Namen der Mitglieder heute nicht mehr vollstandig recherchieren In der literarischen Forschung werden die Mitarbeiter dennoch haufig auch als Mitglieder bezeichnet Einzig die Protokolle der Werkleute Tagungen verzeichnen die anwesenden Mitglieder Da man 1918 bereits mit der Anlage eines Nyland Archives begann ist zu vermuten dass auch samtliche Protokolle zentral gesammelt wurden Dieses Nyland Archiv ist allerdings heute nicht mehr aufzufinden Teilbestande befinden sich im Jakob Kneip Nachlass Rommersdorf und im Archiv der Nyland Stiftung Koln Werkleute Zeitschriften BearbeitenZwischen 1912 und 1914 gaben die Werkleute die Zeitschrift Quadriga heraus die dem Bund als Forum der literarischen Auseinandersetzung diente und in Jena beim Verlag Bernhard Vopelius erschien Sie wurde von Wilhelm Vershofen und Josef Winckler herausgegeben und redaktionell betreut Finanziert wurde die Zeitschrift in erster Linie durch die Herausgeber die nicht nur samtliche anfallenden Honorare zahlen mussten sondern auch an den Druckkosten mit 800 RM pro Jahr beteiligt waren Die Mitglieder des Bundes erhielten die Zeitschrift kostenlos Die Quadriga gilt neben der spateren Werkleute Zeitschrift Nyland als Quelle fur die Programmatik des Bundes und wurde entsprechend haufig ausgewertet Die Zeitschrift Nyland blieb wahrend ihres Erscheinens ein literarisches Sammelsurium das sich gegenuber anderen Literaturzeitschriften nicht durchzusetzen vermochte Gegenuber der Quadriga gelang es den Herausgebern nicht der Publikation ein eigenstandiges Profil zu verleihen Dies lag in erster Linie sicherlich auch an der politischen Situation in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg Winckler und Vershofen teilten sich die Redaktion der Nylandheftweise da die Reisemoglichkeiten durch die Besetzung des Rheinlandes ein haufiges Treffen unmoglich machten Wahrend Vershofen sich in Thuringen aufhielt den Kontakt zu den meisten Werkleuten im Rheinland verlor und sich auch dem wachsenden Einfluss des Verlegers Eugen Diederichs nicht zu entziehen vermochte liess sich Winckler der im Rheinland verblieben war die Redaktionsverantwortung ubertragen auch um die wachsende Einflussnahme Diederichs zuruckzudrangen Nach dem Ausstieg Vershofens und der Weigerung Wincklers sich den Wunschen Diederichs unterzuordnen kundigte der Eugen Diederich Verlag 1920 den auf zwei Jahrgange geschlossenen Vertrag mit den Werkleuten uber die Herausgabe der Nyland mit Heft 8 das ein Jahr nach Heft 7 im Fruhjahr 1921 erschien Zwar kundigten die Werkleute beim Verlag noch eine Flugschriftenreihe an aber die Entfremdung zwischen Diederichs und ihnen war so weit fortgeschritten dass nicht nur die Flugschriften nicht erschienen sondern der Verlag nach und nach alle Werkleute Schriften aus dem Verlagsprogramm nahm und die Zusammenarbeit aufkundigte Als wichtige Quellen fur die Organisation sind die oben genannten Protokolle der Werkleute Sitzungen die Briefwechsel der Mitglieder und internen Werkblatter zu bewerten Hier offenbaren sich die Strukturen des Bundes sowohl Mitglieder und Meinungsbildung als auch die Organisationsstruktur betreffend Nach der konstituierenden Versammlung die im Dezember 1912 im Hauptgebaude der Dusseldorfer Baugesellschaft Rheinhof stattfand erarbeiteten Rody Winckler und Vershofen die sich zukunftig als Motoren des Bundes erweisen sollten Auf der Werktagung in Niederlahnstein am 17 Mai 1913 wurde die Satzung diskutiert verandert verabschiedet und schliesslich in ihrer endgultigen Fassung im funften Heft der Quadriga Sommer 1913 veroffentlicht Dieser Satzung war ein Meinungsbildungsprozess vorausgegangen der die bisherigen Behauptungen vom autoritaren Fuhrungsstil der Werkleute Lugen straft Der Prozess vom ersten Satzungsentwurf bis zur endgultigen Fassung dauerte uber ein Jahr und ist durch Briefe dokumentiert Es wurde gegen den Einspruch Vershofens auch eine Schlichtungsinstanz der kunstlerische Beirat eingefuhrt die das Auswahlverfahren der Beitrage fur die Publikationen des Bundes Quadriga Bucher Sammelmappen demokratisieren sollte Dieser sollte z B in Fallen von Meinungsverschiedenheiten zwischen Autoren oder Werkleitung und Herausgebern der Werkleute Schriften eine endgultige Entscheidung treffen Satzung 16 Sicherlich sind diese demokratischen Ansatze nicht mit unserem heutigen Demokratieverstandnis vergleichbar Aber es darf eben nicht ubersehen werden dass es sich bei den Werkleuten um eine Vereinigung handelte die sich zum Jahrhundertbeginn konstituierte zu einer Zeit also als ein Demokratieverstandnis nach heutigen Vorstellungen in Deutschland noch nicht entwickelt war Programmatik BearbeitenDie Programmatik der Werkleute die als der kleinste gemeinsame Nenner betrachtet werden kann wird aus dem ersten Heft der Quadriga deutlich Ein vorurteilsfreier Standpunkt soll uns fernhalten von der blossen Theorie und dem geisttotenden Schlagwort von einem weltfremden Asthetentum und unfruchtbarer L art pour l art Anmassung Nicht beklagenswert dunkt uns das Dasein wir sehen in ihm kein endlos zweckloses Geschehen Wir wissen dass alles Seiende ein ewiges Fliessen und Werden ist Dass der Mensch in diesem Fluss des Werdens nicht willenlos kreisendes Treibholz ist dass er vielmehr die Kraft ist die in den Fluss der Zeiten die Staudamme des forschenden und schaffenden Geistes baut und diesen Strom hin einleitet in die Sammelbecken und Kraftspender der Kultur Darum erfullt uns der harte Kampf unserer Tage um Brot und Licht nicht mit zagender Furcht er erfullt mit der Zukunftshoffnung des Sieges der kulturellen Interessen Nicht sentimentales Bedauern erweckt in uns der Rauch der Schlote und Hochofen die menschenverschlingende Grossstadt und das landuberzitternde Gestampf der Maschinen Wir grussen die tausend Krafte die an der Arbeit sind um unsere Zeit von sich selbst zu erlosen Wir finden uns kampfend ab mit den dusteren Schatten unserer Tage Schatten an denen zuerst das Licht sich offenbaren wird Schatten ohne die das Bessere nicht werden kann und die eine folgende Zeit wird uberwunden haben in Kultur und Freiheit Kultur erwachst uns nur aus einem kampf und arbeitsreichen Streben zur Schlichtheit Echtheit und Wahrheit Freiheit dem Einzelmenschen und seiner Mission in einer Zeit der Trusts und Sozialisierung der Pramierung der flachen und gespreizten Mittelmassigkeit In diesen Zeilen offenbart sich die Technikglaubigkeit Wincklers und Vershofens die hinter diesen Zeilen stehen Wahre Kunst geboren aus dem Leben von Werktatigen hiess das Credo Zu literarischen Vorbildern proklamierte man Richard Dehmel Emile Verhaeren und Walt Whitman Die Technikvorstellung bildete die einzige Gemeinsamkeit aller Werkleute Zu unterschiedlich waren politische Auffassungen literarische Konzepte und Lebensanschauungen zu unterschiedlich auch die literarische Qualitat der Ausdruckskraft Das politische Spektrum reichte von den sozialistisch orientierten Autoren wie Alfons Petzold uber die spater gemassigten wie Max Barthel die burgerlichen wie Josef Winckler bis hin zu den konservativ klerikalen Autoren wie Jakob Kneip Schon die Ausklammerung der realen Antagonismen innerhalb der industriellen Produktion warf erste Gegensatze innerhalb der Gruppe auf Dies war fur Paul Zech Grund genug sich entgegen Dehmels Aufforderung nicht den Werkleuten anzuschliessen Mag die Uberwindung der Klassengegensatze in der Programmatik intendiert gewesen sein innerhalb der Publikationen der Werkleute kam sie nur selten zum Ausdruck Zu sehr standen Arbeiterklasse und Bourgeoisie in einem ideologisch verbramten Klassenkampf als dass das von den Werkleuten angestrebte Postulat der Freiheit des Einzelnen hatte verwirklicht werden konnen Das Ziel der Werkleute das Erreichen individueller Freiheit und Gleichheit nicht im okonomischen sondern in einem idealistischen Sinne musste in dem vorhandenen politischen Klima scheitern Auch die literarische Qualitat der Werkleute war zu uneinheitlich nur zwei Autoren haben die Zeiten uberdauert Gerrit Engelke und Josef Winckler Ersterer fruh verstorben wurde uber Richard Dehmel an die Werkleute vermittelt Im anlasslich der Werkfuhrertagung in Koln erschienenen achten Heft veroffentlichte die Quadriga Fruhjahr 1914 unter der Uberschrift Dampforgel und Singstimme eine Anzahl von Gedichten des erst 22 jahrigen Hannoveraners Gerrit Engelke die den Beginn seiner kurzen literarischen Karriere markierten Auch er zeigte sich als leidenschaftlicher Verehrer Walt Whitmans und Apologet der Technik Die Werkleute selbst feierten Engelke als den wohl starksten Lyriker der aus ihrem Kreis hervorgegangen war eine Haltung die Anita Overwien Neuhaus Otto Wohlgemuth 1986 zutreffend als symptomatisch fur die Entwicklung des gesellschaftlichen Denkens der Werkleute interpretierte Die Bemuhungen des Nylandkreises um die Integration des vierten Standes um die kulturelle Aufwertung der Arbeiterschaft mussten sich zwangslaufig mit den Bestrebungen derjenigen dichtenden Arbeiter treffen die mit ihren Werken den Anschluss an die burgerliche Kultur suchten Wincklers Verdienst ist es das Motiv der Industrie und Arbeitswelt in der burgerlichen Literaturrezeption etabliert zu haben allerdings ohne sozialkritischen Anspruch wie ihn beispielsweise Paul Zech vertrat In der strengen Stilform des Sonetts uberhohte Winckler die Wunder einer wild anmutenden sich ungebardig zeigenden Gegenwart und Zukunft der Technik und Kunste der Industrie Die Eisernen Sonette gelten als die erste geschlossene Industriedichtung des 20 Jahrhunderts und ermoglichten den Werkleuten einen grosseren Rezipientenkreis Sie machten Winckler zum literarischen Exponenten der Gruppe und bildeten den Grundstein seiner literarischen Karriere Richard Dehmel einer der anerkanntesten und erfolgreichsten Lyriker des ausgehenden 19 Jahrhunderts begrusste diese Dichtung begeistert und wurde in den kommenden Jahren zum massgeblichen Forderer der Werkleute Inhaltlich ein Konglomerat aus Idealisierungen der Arbeitsprozesse Uberhohung des selbstbewussten Tatmenschens Gigantomanie und Huldigungen an die Industrie bildete das Verswerk immer wieder pars pro toto den Ausgangspunkt fur Angriffe gegen die Werkleute Wurden die Eisernen Sonette bis in die 1940er Jahre als Ausdruck der Hinwendung zur Industrie und Technik als den Bereichen von denen das Zeitgenossische seine bestimmende Pragung erhalt gefeiert vollzog die Literaturgeschichtsschreibung nach 1945 eine Umdeutung Rainer Stollmann Asthetisierung der Politik Stuttgart 1978 bezeichnete die Zeitschrift Nyland als ein normales Verlagsunternehmen in dem die konterrevolutionaren protofaschistischen Zuge des Nyland Kreises mit expressionistischer Asthetik assimiliert wurden und blieb damit in einem vereinfachenden ideologisch vorgepragten Schwarz Weiss Denken stecken Das protofaschistische nationalkonservative Burgertum im Antagonismus zu den sozialistischen und internationalistischen Arbeitern die sich klassenkampferisch und selbstbewusst ihrer gesellschaftlichen Situation stellen eine solche ideologische Interpretation steht unter dem Eindruck des Klassenkampfgedankens Sicherlich gehorten zu den Autoren der Zeitschrift Nyland dem Burgertum entstammende spater sich zum Nationalsozialismus bekennende Verfasser wie Hans Friedrich Blunck der spatere Prasident der Reichsschrifttumskammer Hanns Johst Erwin Guido Kolbenheyer oder Richard Euringer es darf aber nicht ubersehen werden dass diese Autoren des Diederichs Verlags waren und nie Mitglieder der Werkleute Stollmann ging aber noch einen Schritt weiter indem er eine direkte Entwicklungslinie von den Werkleute uber die Weimarer Republik zum Dritten Reich und zu den Gasofen von Auschwitz zog Nach der Textwiedergabe eines Sonetts stellt er rhetorisch fragend fest Ist das nicht ein asthetisches Vorspiel der nationalsozialistischen Judenverfolgung So wie hier der Vorgang genossen wird aus Menschenmaterial ein Monument zu produzieren gingen die Nazis tatsachlich daran aus Menschenhaut Lampenschirme herzustellen Wie man sieht bedarf es zu dieser Barbarei keines damonischen Hitlers sondern sie entspringt der konsequenten Verteidigung des Kapitalverhaltnisses selbst Stollmanns Ausserungen entsprechen denen verschiedener anderer Autoren die eine antisozialistische und proimperialistische Haltung der Werkleute festzustellen suchten Weitaus umsichtiger und differenzierter gehen da die Verantwortlichen der Marbacher Ausstellung und des Kataloges Literatur im Industriezeitalter 1987 vor wenn sie feststellen In der Mischung dieser Ziele aus Heiligung der Arbeit als siegreichem Kampf gegen die Natur protestantistische Werkmoral arbeitsstandischen Darstellungen und antizivilisatorischem Affekt sind Elemente der faschistischen Arbeiterideologie vorgepragt So liessen sich denn auch manche Dichtungen der Werkleute ohne weiteres von den Nationalsozialisten vereinnahmen z T wider den Willen der Autoren Es ware jedoch verfehlt einen gradlinigen Weg der Industriedichter hin zur NS Literatur zu sehen Nur wenige aus dem Bund der Werkleute vor allem der ehemalige Trotzkist Max Barthel und auch Heinrich Lersch bekannten sich offen zum neuen System und wirkten in offiziellen Funktionen Andere verhielten sich indifferent oder schwiegen Autoren wie Wilhelm Vershofen und Karl Broger distanzierten sich Paul Zech der dem Nylandkreis nahestand emigrierte 1933 und rief engagiert zum Widerstand gegen Hitler auf 5 Was bei all diesen Interpretationsansatzen mit Ausnahme des Marbacher Kataloges ubersehen wurde Die Werkleute auf Haus Nyland waren keine Arbeiterschriftsteller und sie verstanden sich auch nicht so Selbst Gerrit Engelke als Arbeiterdichter gefeiert legte Wert auf seine Berufsbezeichnung Tuncher um sich von der unterprivilegierten Klasse der Arbeiter abzugrenzen Ihrem Selbstverstandnis nach waren sie eine Gewerkschaft die uber den Klassengegensatzen der sinkenden Gesellschaftsordnung steht in ihr steht der ungelernte Arbeiter menschlich und bruderlich neben dem Akademiker neben dem Leiter grossindustrieller Werke In ihren Vorstellungen idealistisch lehnten sie gewaltsame Veranderungen ab und versuchten als Verkunder einer neuen Welt die positiven Erscheinungen der Technik zu bejahen Was Millionen taglich Brot und Notwendigkeit ist daran kann die Kunst nicht in romantischer Schwarmerei vorubergehen Organisatorisches BearbeitenDie Satzung der Werkleute legte die vielfaltigen Aufgaben fest die sich der Bund vorgenommen hatte und die den Grund fur den Zusammenschluss bargen denn man bildete einen Interessenverband der die finanzielle Rucklage fur die Publikationen der Mitglieder schaffen sollte 2 Zweck des Vereins ist Leistungen auf allen Gebieten der Kunst Wissenschaft und Wirtschaft unter dem Gesichtspunkt ihres inneren Wertes zu fordern Parteipolitischen und konfessionellen Bestrebungen steht der Verein fern 3 Der Zweck soll erreicht werden a durch die Herausgabe der Zeitschrift Quadriga b durch Sonderveroffentlichungen c durch Vortrage und Ausstellungen d durch wirtschaftliche Unterstutzung dd Die Umsetzung dieser Satzungsvorgaben wurde konsequent durchgefuhrt Schon vor der Verabschiedung der Satzung durch die Werktagung 1913 waren drei Hefte der Quadriga erschienen Hiermit schuf sich die Vereinigung ein Standbein fur die mogliche Breitenwirkung In den kommenden Jahren erschienen zahlreiche Sonderveroffentlichungen die die Werkleute einem grosseren Publikum bekannt machte Die erste Sonderveroffentlichung der Werkleute die Kunstmappe Industrie mit Lithographien von Ernst Isselmann aus Rees und Radierungen von Franz M Jansen sowie Gedichten Wincklers die im Quadriga Verlag erschien war im Fruhjahr 1914 bereits vergriffen Die Zeichnungen und Radierungen dieser Mappe bildeten auch die Grundlage der ersten Werkleute Ausstellung die im Dezember 1920 in der Galerie Reuss und Pollack Kurfurstendamm Berlin stattfand Uberdies organisierte man weitere Ausstellungen mit literarischen und graphischen Arbeiten des Bundes in Buchhandlungen und Galerien Munchens und Breslaus die von Lesungen und Vortragen begleitet wurden Im Anschluss an die Werktagung in Sonneberg am 13 Mai 1920 fand ein Treffen des neugebildeten Ausschusses fur das Vortragswesen des Bundes der Werkleute darin u a Kneip Jansen Lersch Vershofen Winckler Albert Talhoff statt auf der eine erste Vortragsreihe beginnend am 15 Juni 1920 das heisst ausdrucklich nach den Reichstagswahlen beschlossen wurde Mit den geschaftlichen Vorarbeiten betraute man Carl Maria Weber Generell sollten die Vortrage dem Zweck dienen den Wert der schopferischen Arbeit resp des Fuhrertums in volkstumlicher Weise in kleineren und mittleren Stadten und Orten Thuringens und Frankens zu propagieren Zu den ersten Vortragenden zahlten Kneip Lersch Talhoff und Winckler Eine zweite Vortragsreihe im November Dezember des Jahres gestalteten F M Jansen und Christoph Wieprecht Mit von Kneip und Vershofen verfassten Broschuren suchte man daruber hinaus das Gedankengut des Bundes zu verbreiten Finanziert wurden diese kleineren Publikationen und die Lesereisen sie dauerten vier Wochen und wurden mit 1000 Mark je Teilnehmer entlohnt durch thuringische und frankische Industrielle die mit Vershofen bekannt waren Schliesslich nahm man auch die finanzielle Unterstutzung ernst So hat Wilhelm Vershofen mehrfach mittellose Schriftsteller und Kunstler im Namen der Werkleute unterstutzt Daneben hatten Mitglieder der Werkleute die Moglichkeit langere Zeit im Haus Nieland zu leben und zu arbeiten Auflosung BearbeitenEin konkretes Auflosungsdatum oder ein offizieller Auflosungsbeschluss der Werkleute existiert nicht Das Ende der Zeitschrift Nyland markierte den beginnenden Zerfall des Bundes denn man verlor sein Sprachrohr und seinen Verlag Die fehlende Homogenitat der Gruppe und personliche Eitelkeiten mogen eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben dass die gemeinsame Arbeit eingestellt wurde Davon zeugt z B der gemeinsame Austritt von Kneip und Lersch aus dem Bund Ende 1920 Das individuelle Schaffen der einzelnen Mitglieder uberlagerte zudem ihr Interesse an der Entwicklung der Arbeitsgemeinschaft so war Winckler 1921 23 mit der Vorbereitung von drei Buchern und mit seiner auch literarischen Neuorientierung und Selbstfindung vollauf beschaftigt und Vershofen hatte seit seiner Hochschultatigkeit in Jena immer weniger Zeit sich bei den Werkleuten zu engagieren Die Ubernahme der Nyland Redaktion durch Winckler Talhoff und Kneip verschlechterte das ohnehin zeitweise angespannte Verhaltnis zwischen den Herausgebern seit Herbst 1919 Vershofen hatte die Werkleute Zeitschriften immer als sein ureigenstes Projekt betrachtet und konnte die Ausbootung nicht verkraften Mit dem Ausfall der Hauptaktiven war auch die Auflosung des Bundes absehbar zumal die politischen Verhaltnisse im Rheinland die Kommunikation innerhalb der Fuhrung erschwerte Bis 1924 wurde der Bund nominell zwar noch durch Winckler und Vershofen vertreten aber abgesehen von dem Versuch Vershofens beim Keramos Verlag Bamberg eine Zeitschrift zu etablieren die im Untertitel den Vermerk herausgegeben von dem Bund der Werkleute auf Haus Nyland tragen sollte konnen keinerlei Aktivitaten Sitzungen oder Vortrage der Werkleute nach 1922 mehr festgestellt werden Auch die ernuchterte Abwendung der Autoren vom Sujet Industrie und Arbeitswelt mag die Auflosung des Bundes beschleunigt haben Die meisten Werkleute wandten sich in realistischer Erzahlweise dem sogenannten Heimatroman zu Jakob Kneip konzentrierte sich auf einen katholischen Mystizismus der sich bereits in seinen Verswerken Bekenntnis und Der lebendige Gott angedeutet hatte Wilhelm Vershofen verlegte sich auf okonomische Studien und machte sich einen Namen als Begrunder der sozialen Marktforschung Max Barthel naherte sich mit Gedichten und Romanen der volkischen Ideologie und Josef Winckler besann sich mit seinem Schelmenroman Der tolle Bomberg 1923 und seinen Erinnerungen Pumpernickel Menschen und Geschichten um Haus Nyland 1925 seiner westfalischen Herkunft Einzig Heinrich Lersch blieb dem Thema Arbeitswelt bis zu seinem Tod 1936 treu Daher sollte das Jahr 1925 als endgultiges Auflosungsdatum der Werkleute angesehen werden Das Wirken der Werkleute fur die Ausbildung einer Arbeiterliteratur darf nicht unterschatzt werden denn sie erfullten durchaus eine Vermittlerposition zwischen dem Anliegen der Arbeiterschriftsteller die sie in ihren Reihen aufnahmen und ein erstes offentliches Forum ermoglichten und dem burgerlichen Lesepublikum das sich erst durch die Schriften Wincklers Vershofens und Kneips langsam an den neuen literarischen Gegenstand vertraut machte Die Werkleute bereiteten gewollt oder ungewollt das Terrain fur das kommende Selbstbewusstsein der Arbeiterschriftsteller vor Erst in Anlehnung an sie oder in Abgrenzung von ihnen entwickelte sich eine engagierte Arbeiterliteratur die beim Lesepublikum zur Kenntnis genommen und rezipiert wurde Gerade die nach dem Krieg gegrundeten literarischen Gruppen im Ruhrgebiet die sich mit Literatur in der Arbeitswelt auseinandersetzten haben die literarische Tradition der Werkleute aufgenommen freilich um sich im eigenen Anspruch von ihnen abzusetzen Literatur BearbeitenBreuer Ulrich Weimar in Hopsten Die Werkleute auf Haus Nyland als literarische Vereinigung In Westfalische Forschungen 4 1997 S 117 136 Wolfgang Delseit Richard Dehmel als Forderer von Josef Winckler Der Schriftsteller als Forderer junger Talente In Dieter Breuer Hrsg Die Moderne im Rhein land Ihre Forderung und Durchsetzung in Literatur Theater Musik Architektur angewandter und bildender Kunst 1900 1933 Vortrage des Interdisziplinaren Arbeitskreises zur Erforschung der Moderne im Rheinland Koln 1994 S 59 73 Ders Die Mappe wird schon werden Als Mitglied der Werkleute auf Haus Nyland In Peter Kerschgens Wolfgang Delseit Hrsg Ernst Isselmann 1885 1916 Rees 1994 S 29 42 Ders Also feste an die Arbeit Technik Literatur und Kunst die Industrie Mappe 1913 In Verein August Macke Haus e V Hrsg Franz M Jansen Fruhe Zyklen 1912 1914 Bonn 1994 S 140 156 Ders Avantgarde der Industriedichtung Die Werkleute auf Haus Nyland In Konrad Ehlich Wilhelm Ehler und Rainer Noltenius Hrsg Sprache und Literatur an der Ruhr Essen 1995 und 2 Auflage 1997 S 149 165 Hallenberger Dirk Industrie und Heimat Eine Literaturgeschichte des Ruhrgebiets Essen 2000 Hoyer Franz Alfons Die Werkleute auf Haus Nyland Diss Freiburg 1939 Menne Franz Rudolf Der Industriedichter Literarische Anfange mit den Werkleuten In Wolfgang Delseit Franz Rudolf Menne Hrsg Josef Winckler 1881 1966 Leben und Werk Arbeitsbuch zur Ausstellung Hg i A der Nyland Stiftung Koln 1991 S 22 41 Ott Ulrich Hrsg Literatur im Industriezeitalter Marbach N 1987 Marbacher Kataloge 42 2 S 640 663 Kap Haus Nyland Overwien Neuhaus Anita Mythos Arbeit Wirklichkeit Leben und Werk des Bergarbeiterdichters Otto Wohlgemuth Koln 1986 Diss Koln S 53 55 80 81 90 117 123 125 128 155 213 Rody Theo Werkleute In Georg Bergler Hrsg Kultur und Wirtschaft Eine Festgabe zum 70 Geburtstag von Wilhelm Vershofen Nurnberg 1949 S 23 28 Weblinks BearbeitenAufsatz uber Haus Nieland und die Werkleute Rezension zu Dirk Hallenberg im Literaturarchiv NRW uber Werkleute Quellen Bearbeiten Quadriga Heft 1 S 3 vgl Alfons Tepe Haus Nieland in Hopsten mit wechselvoller Geschichte In Unser Kreis 1990 Jahrbuch fur den Kreis Steinfurt Steinfurt 1989 S 15 20 Frank Trommler Sozialistische Literatur in Deutschland Ein historischer Uberblick Kroners Taschenausgabe Band 434 Kroner Stuttgart 1976 ISBN 3 520 43401 6 Josef Winckler Der Dichter In Kultur und Wirtschaft Eine Festgabe zum 70 Geburtstag von Wilhelm Vershofen Hg v Georg Bergler Nurnberg 1949 S 13 Katalog 42 2 S 640 und 642Normdaten Korperschaft GND 4714878 0 lobid OGND AKS VIAF 246974923 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Werkleute auf Haus Nyland amp oldid 239365646