www.wikidata.de-de.nina.az
Der Werkkreis Literatur der Arbeitswelt ist eine in der Bundesrepublik Deutschland seit 1970 angesiedelte deutsche Schriftstellervereinigung die sich ausdrucklich nicht nur an professionelle Autoren wendet sondern an Menschen die in Lyrik Prosa Horspiel oder anderen literarischen Formen uber die gesellschaftliche Gegenwart vor allem aber uber die Arbeitswelt ihrer jeweils erlernten oder ausgeubten Berufe schreiben Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Stellung im Literaturbetrieb 3 Politische Orientierung 4 Neuere Entwicklung 5 Erste Sprecher 6 Veroffentlichungen Auswahl 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Einzelnachweise 10 WeblinksEntstehung BearbeitenDer Werkkreis Literatur der Arbeitswelt basiert in Grundzugen auf der Dortmunder Gruppe 61 einem Dortmunder Verbund von Schriftstellern die sich mit der literarischen Darstellung der modernen Industriegesellschaft auseinandersetzten Eine grundsatzliche Kritik an der Dortmunder Gruppe 61 fuhrte zur Bildung des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt Die Gruppe 61 sah eher eine gesellschaftliche Grundubereinstimmung in der Bundesrepublik Deutschland und wollte diese weiterentwickeln Eine Opposition innerhalb des Literatenzirkels zu der u a Gunter Wallraff Erika Runge Angelika Mechtel Max von der Grun Erasmus Schofer und Peter Schutt gehorten wollte Texte schaffen in denen fur die Arbeiterklasse Partei ergriffen wurde und in denen der gesellschaftspolitische Standpunkt der Autoren sichtbar werden sollte Ziel dieser Opposition die schliesslich den Werkkreis grundete war es die Etablierung von Arbeitern als Berufsschriftsteller zu fordern und die Schulung und Forderung angehender Arbeiterschriftsteller aktiv zu unterstutzen Josef Buscher grundete im Fruhjahr 1968 mit Hilfe der Volkshochschule in Gelsenkirchen die erste Werkstatt fur die Literatur der Arbeitswelt Auf der Gegen Universitat in Hamburg initiierte auch Peter Schutt lange Zeit Mitglied des Parteivorstandes der DKP gemeinsam mit dem Bauschlosser Rainer Hirsch im Fruhjahr 1968 eine Werkstatt schreibender Arbeiter Nachdem die Kritiker der Gruppe 61 auf deren Jahrestagung am 10 Januar 1970 mit ihren Anderungsantragen zu Programmatik und Satzung keine Mehrheit fanden grundeten sie am 7 Marz 1970 den Werkkreis Literatur der Arbeitswelt mit neun lokalen Werkstatten die jeweils mit zwei Delegierten vertreten sind Als Sprecher wurden gewahlt Erasmus Schofer Werkstatt Koln Hugo Ernst Kaufer Werkstatt Gelsenkirchen Karl Dietrich Bredthauer Werkstatt Koln Klaus Tscheliesnig Werkstatt Tubingen Peter Schutt Werkstatt Hamburg Horst Kammrad Werkstatt West BerlinStellung im Literaturbetrieb BearbeitenErasmus Schofer ein langjahriges DKP Mitglied wurde Erster Sprecher und legte der 2 Delegiertenversammlung einen Satzungsentwurf zur Grundung eines gemeinnutzigen Vereins mit Sitz in Koln vor Im Januar 1981 ubernahm der parteilose Harry Boseke die Geschaftsfuhrung In der Grundergruppe geriet Gunter Wallraff bald in die Kritik er schreibe so wie auf dem politischen Felde Spontaneisten schrieben Das war fur die Vertreter entschlossener Parteilichkeit unter den Grundern wie Runge Schofer und Schutt nicht akzeptabel Schon bei der ersten Arbeitstagung in Gelsenkirchen am 27 Juni 1970 wurde die verengte Literaturauffassung in den Vortragen der Referenten Wallraff und Friedrich G Kurbisch kritisiert Im Fischer Verlag erschienen bis Januar 1988 im Rahmen einer Taschenbuchreihe 60 Titel des Werkkreises mit einer Gesamt Auflage von uber 1 Million Buchern spater erschienen sie teils im Selbstverlag teils im gewerkschaftsnahen Bund Verlag und bei ASSO Mitte der 1970er Jahre hatte die Organisation etwa 450 Mitglieder in Westdeutschland Osterreich und der Schweiz Der Werkkreis zahlt zu seiner besten Zeit an die 500 schreibende Arbeiter erinnert sich Schutt Kein echter Prolet ist darunter Der Einzige Gerd Sowka wird schon 1972 wegen mangelnder Linientreue ausgeschlossen 1 Horst Hensel wiederum kritisierte im Werkkreis Rundbrief vom Marz 1981 dass Gruppen von menschheitsbegluckenden Germanistik StudentInnen und VHS Muttis die eigentliche Arbeit behindern und forderte vergebens die Umwandlung in einen Autorenverband Im Rundbrief Nr 144 vom Dezember 1983 erklarte Heinrich Peuckmann Literatur zu machen ist gefahrlich Besonders im Werkkreis Politische Orientierung BearbeitenDie fuhrende Rolle von Mitgliedern der Deutschen Kommunistischen Partei DKP im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt war langfristig angelegt 1971 unterlag der Mannheimer Autor Reinhard Welz mit dem Versuch durch Satzungsanderung den Mitgliedern zu untersagen sich in der Werkkreis Arbeit fur politische Organisationen auszusprechen man einigte sich mehrheitlich auf ein Selbstverstandnis als parteiunabhangige Organisation auf gewerkschaftsprogrammatischer Grundlage in der sozialdemokratische kommunistische und parteilose Kollegen zusammenarbeiten Im gleichen Jahr wurde ein Boykott der Verlage Springer und Bertelsmann beschlossen 2 Auf der Sprecherratssitzung vom 10 11 Juni 1972 wurde Welz ausgeschlossen 3 Auch der Hamburger Werkstatt Mitgrunder Rainer Hirsch der von Oktober 1973 bis Sommer 1977 eine Halbtagsstelle als hauptamtlicher Geschaftsfuhrer des Werkkreises bekleidet hatte wurde bei einer Sprecherratssitzung 3 4 Juni 1978 wegen werkkreisschadigenden Verhaltens ausgeschlossen 4 In einer Kleinen Anfrage bezeichnete die CDU CSU Bundestagsfraktion am 10 Februar 1978 die Autorengruppe als kommunistisch unterwandert was der Sprecherrat unter Hinweis auf die Gewerkschaftsorientierung dementierte Seine anfangliche Unterstutzung des 3 Internationalen Russell Tribunals zur Situation der Menschenrechte in der Bundesrepublik Deutschland zog der Werkkreis im April 1978 zuruck weil das Tribunal sich auch mit den Unvereinbarkeitsbeschlussen der IG Metall und anderer Gewerkschaften auseinandersetzte In den folgenden Jahren bot der Werkkreis Bildungsseminare in der Schulungsstatte der IG Druck und Papier in Lage Horste an und kooperierte teils in Personalunion von Funktionstragern mit dem Verband deutscher Schriftsteller VS heute in ver di Im Mai 1978 tauchte der Werkkreis Literatur der Arbeitswelt als Nr 236 auf einer geheimen Liste mit dem Titel Linksextremistisch beeinflusste Druckwerke und Organisationen auf die zur Ausspahung an Grenzubergangen diente Proteste gegen diese Liste trugen mit zum Rucktritt des damaligen Innenministers Werner Maihofer bei 5 Kontroversen im Sprecherrat verursachte Ende 1976 die Unterschrift des Werkkreis Sprechers Jurgen Alberts unter einem Protesttelegramm gegen die Ausburgerung Wolf Biermanns aus der DDR Neuere Entwicklung BearbeitenBei der 10 Delegiertenversammlung 1981 in Kamp Lintfort wurde der Friedensaktivist Klaus D Bufe zum Ersten Sprecher gewahlt Auf der 11 Versammlung vom 16 bis 19 Juni 1983 in Duisburg loste ihn Harry Boseke ab dem 1985 Heinrich Droege nachfolgte Dieser trat im Dezember 1986 zuruck nachdem der S Fischer Verlag die Vertrage mit dem Werkkreis wegen schlechter Absatzzahlen gekundigt hatte Auch der BUND Verlag beendete im Januar 1991 die Zusammenarbeit Es folgte eine jahrelang anhaltende Finanz und Fuhrungskrise Nach dem Ende der DDR bemuhte man sich um die Integration der Zirkel schreibender Arbeiter Dieses Vorhaben schlug trotz einer gemeinsamen Veroffentlichung jedoch fehl 2008 bestanden noch Werkstatten des Werkkreises in den Stadten Augsburg Berlin Darmstadt Hamburg Kassel Koln Leipzig Munchen Nurnberg und Wien Im Fritz Huser Institut werden 2020 im Rahmen des Projektes Works amp Circles Werke amp Kreise anlasslich 50 Jahre Werkkreis Literatur der Arbeitswelt zwei geforderte kunstlerische Performances stattfinden 2 500 Werkkreis Bucher sollen verteilt werden und an das Schaffen des Werkkreises erinnern 6 Die historische Uberlieferung des Werkkreises befindet sich im Archiv des Fritz Huser Instituts und wird laufend erganzt 7 Erste Sprecher BearbeitenErasmus Schofer Januar bis November 1970 Karl Dietrich Bredthauser November 1970 Erasmus Schofer 1972 1973 Jurgen Alberts 1973 1977 Horst Hensel 1977 1979 Peter Fischbach 1979 1981 Klaus D Bufe 1981 1983 Harry Boseke 1983 1985 Heinrich Droege 1985 1986 Michael Tonfeld 1987 Gunter Heiden 1987 1988 Jochen Grunwaldt 1988 1989 Hermann Heister 1989 1990 Fritz Markl 1991 1995 Gabi Anders Hanfstingl 1995 Fritz Markl 2010 Veroffentlichungen Auswahl BearbeitenIhr aber tragt das Risiko Reportagen aus der Arbeitswelt Hrsg im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt Peter Fischer Gunter Hinz Gerd Hergen Lubben und Heinrich Pachl Reinbek 1971 ISBN 3 499 11447 X Mach Dich grosser Geschichten die Mut machen Fischer Verlag Frankfurt Mai Februar 1986 880 ISBN 3 596 25289 X Wir lassen uns nicht verschaukeln Burgerinitiativen Kurzroman und Reportagen Fischer Verlag Frankfurt Main April 1978 580 ISBN 3 596 21988 4 Jochen Zillig Gelegenheit macht Liebe Bauernroman Fischer Verlag Frankfurt Main Marz 1979 580 ISBN 3 596 22152 8 Wir behaupten das Gegenteil Texte aus der Arbeitswelt von 1970 1986 Fischer Verlag Frankfurt Mai November 1986 980 ISBN 3 596 25292 X Martin Johnscher Der kurze Tausch Frankfurt Main Dezember 1979 680 ISBN 3 596 22201 X Arbeiterlesebuch nicht nur fur Arbeiter Frankfurt Mai August 1981 780 ISBN 3 596 25026 9 Dieser Betrieb wird bestreikt Berichte uber die Arbeitskampfe in der BRD Fischer Verlag Frankfurt Main Dezember 1974 ISBN 3 436 02034 6 Vor Ort Betriebsreportagen Fischer Verlag Frankfurt Main Februar 1987 ISBN 3 596 25293 8 Hrsg Erasmus Schofer Die Kinder des roten Grossvaters erzahlen Berichte zur Vor und Fruhgeschichte der Bundesrepublik Deutschland Fischer Verlag Frankfurt Main 1976 ISBN 978 3596216819 Der Prolet lacht Fischer Verlag Frankfurt Main Marz 1978 ISBN 9783596220175 Mit 15 hat man noch Traume Arbeiterjugend in der BRD Fischer Verlag Frankfurt Main 1975 ISBN 9783436020088 Vertrauensleute berichten Fischer Verlag Frankfurt Main September 1979 ISBN 978 3596221790 Hrsg Ulrich Birkner Heinrich Droege Peter Fischbach Leben gegen die Uhr Die Schichtarbeitergesellschaft kommt Fischer Verlag Frankfurt am Main 1975 ISBN 9783596252879Siehe auch BearbeitenWerkstatt schreibender Arbeiter ZurichLiteratur Bearbeiten25 Jahre Widerstand Wahrheit Kritik Hrsg v Werkkreis Literatur der Arbeitswelt Munchen 1995 Peter Fischbach Horst Hensel Uwe Naumann Hrsg Zehn Jahre Werkkreis Literatur der Arbeitswelt Dokumente Analysen Hintergrunde Fischer Frankfurt am Main 1979 Fischer Taschenbuch 2195 ISBN 3 596 22195 1 Horst Hensel Werkkreis oder Die Organisierung politischer Literaturarbeit Die Entstehung des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt als Modell kultureller Emanzipation von Arbeitern Pahl Rugenstein Koln 1980 Betrage zur Arbeiterliteratur 3 ISBN 3 7609 0536 6 Wilhelm Mensing Maulwurfe im Kulturbeet DKP Einfluss in Presse Literatur und Kunst edition interfrom Zurich 1983 Texte Thesen Sachgebiet Kultur und Bildung Bd 156 ISBN 3 7201 5156 5 Volker Zaib Werner Jung Erasmus Schofer Schriftsteller im Kollektiv Texte und Briefe zum Werkkreis Literatur der Arbeitswelt Essen 2014 ISBN 9783837511314Einzelnachweise Bearbeiten Peter Schutt Schlagt die blaue Blume tot In Die Welt v 13 Mai 2000 25 Jahre Widerstand Wahrheit Kritik Hrsg v Werkkreis Literatur der Arbeitswelt Munchen 1995 S 7 f 25 Jahre Widerstand Wahrheit Kritik Hrsg v Werkkreis Literatur der Arbeitswelt Munchen 1995 S 9 25 Jahre Widerstand Wahrheit Kritik Hrsg v Werkkreis Literatur der Arbeitswelt Munchen 1995 S 14 25 Jahre Widerstand Wahrheit Kritik Hrsg v Werkkreis Literatur der Arbeitswelt Munchen 1995 S 13 Mitteilungen der Fritz Huser Gesellschaft Dortmund 2019 2 Mitteilungen der Fritz Huser Gesellschaft Dortmund 2020 1Weblinks BearbeitenWerkkreis Literatur der ArbeitsweltNormdaten Korperschaft GND 2026477 X lobid OGND AKS LCCN n50004998 VIAF 151237455 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Werkkreis Literatur der Arbeitswelt amp oldid 236950992