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Arzneimittelwechselwirkungen auch Arzneimittelinteraktionen konnen bei gleichzeitiger Einnahme verschiedener Arzneimittel auftreten Die erwunschte pharmakologische Wirkung kann dadurch verstarkt abgeschwacht oder aufgehoben werden Zusatzlich konnen unerwunschte Arzneimittelwirkungen Nebenwirkungen auftreten Besonders hoch ist das Risiko bei Gebrauch vieler verschiedener Arzneimittel Polypharmazie bzw Multimedikation Inhaltsverzeichnis 1 Abgrenzung 2 Mechanismen 3 Interaktionen zwischen Lebensmitteln und Arzneimitteln 4 Interaktionsprufung 5 Gesellschaftliche Bedeutung 6 Literatur 7 EinzelnachweiseAbgrenzung BearbeitenArzneimittelwechselwirkungen werden getrennt von chemischen oder physikalischen Inkompatibilitaten betrachtet die auftreten konnen wenn mehrere Medikamente gleichzeitig in derselben Injektionsspritze oder Infusionslosung vorhanden sind Bei solchen Inkompatibilitaten kann es zu chemischen Reaktionen mit Ausfallungen Verfarbungen und Bildung neuer Substanzen kommen 1 Mechanismen BearbeitenEs gibt verschiedene mogliche Mechanismen die zu Wechselwirkungen fuhren 2 Pharmakokinetische Interaktion Ein Arzneimittel beeinflusst die Aufnahme Resorption Verteilung oder Elimination Biotransformation oder Ausscheidung uber die Nieren eines anderen Der Wirkungseintritt erfolgt schneller oder langsamer Die Wirkung selber tritt verkurzt oder verlangert auf Eine pharmakokinetische Interaktion ist eine Wechselwirkung die indirekt uber Induktion oder Inhibition am Cytochrom P450 oder direkt intermolekular die Bioverfugbarkeit der Medikamente beeinflusst 3 Pharmakodynamische Interaktion Kombinierte Arzneimittel beeinflussen dasselbe Zielorgan oder denselben Regelkreislauf Die Wirkung ist verstarkt oder abgeschwacht Dies erfolgt meistens pharmakodynamisch kann aber auch kinetisch verursacht sein wenn zum Beispiel ein Stoff dazu fuhrt dass ein zweiter in grosserem Mass resorbiert wird Bei Wirkungsverstarkungen kann noch zwischen additiver und uberadditiver Verstarkung unterschieden werden Es ergeben sich ganzlich unerwartete Wirkungen Die Wahrscheinlichkeit fur Interaktionen wachst mit der Zahl gleichzeitig eingenommener Medikamente 4 und somit vor allem mit zunehmendem Alter betagter Patienten 5 Wird zum Beispiel ein blutdrucksenkendes Mittel in seiner Wirkung durch ein anderes Medikament verstarkt so sinkt der Blutdruck starker Dies fuhrt gerade bei Dauereinnahme dazu dass die Dosis eines oder beider Medikamente reduziert werden muss Fuhrt die Wechselwirkung zwischen mehreren Medikamenten zu einer relevanten Schadigung des Korpers beispielsweise zu Nieren oder Leberschaden dann muss dies zu einer Anderung der Medikation fuhren Wechselwirkungen sind auch bei komplementaren Therapieverfahren nicht selten So konnen Laxantien und Leinsamen die Resorption von oralen Therapeutika verringern und gruner Tee mit Bortezomib chemisch interagieren Klassische Arzneimittelinteraktionen sind Wechselwirkungen Interaktionen von Arzneimitteln die durch hemmende inhibitorische oder aktivierende induktive Effekte auf das Enzym Cytochrom P450 zu toxischen Wirkungen oder zu einer Verminderung des therapeutischen Effekts fuhren konnen 6 Insbesondere Interaktionen Enzym Effekte uber Cytochrom P450 3A4 sind haufig Bei den Zielstrukturen der modernen small molecules in den Signalkaskaden gibt es eine Vielzahl von moglichen Interaktionen deren Relevanz noch gar nicht klar ist Bekannt ist unter anderem die Bedeutung der Inhibition des Enzyms Cytochrom P450 2D6 bei der Tamoxifenbehandlung Nicht nur Serotonin Wiederaufnahmehemmer bestimmte zur Behandlung von Depressionen eingesetzte Substanzen 7 konnen die Wirkung dieser adjuvanten Brustkrebstherapie stark beeintrachtigen Zu den induktiv auf Cytochrom P450 wirkenden Arzneimittel gehoren beispielsweise die Antibiotika Griseofulvin und Rifampicin das Antiepileptikum Carbamazepin das Antirheumatikum Phenylbutazon das Psychopharmakon Hypericum der Protonenpumpenhemmer Omeprazol und das Hypnotikum Phenobarbital 8 Interaktionen zwischen Lebensmitteln und Arzneimitteln BearbeitenNeben Medikamenten konnen auch Nahrungs und Genussmittel mit Arzneimitteln interagieren Das Standardbeispiel ist die gegenseitige Wirkungsverstarkung von Alkohol und Beruhigungsmitteln Alkohol 9 Nikotin und Koffein sind als pharmakologisch wirksame Substanzen im Zusammenhang mit eingenommenen Medikamenten zu werten Rauchen fuhrt zum beschleunigten Abbau vieler Arzneistoffe und damit zu kurzerer Wirkung schwarzer Tee verringert die Aufnahme vieler Wirkstoffe in den Korper 9 Bei Einnahme von Monoaminooxidase Hemmern werden Tyramin haltige Lebensmittel vermieden 10 Nicht nur Johanniskraut 11 Ingwer Ginkgo 11 Knoblauch oder Lakritze sind Induktoren eines Cytochrom P450s Enzyms wahrend Grapefruitsaft 12 Baldrian Gelbwurzel Sternfrucht oder Ginseng das Enzym hemmen Der Verzehr von Nahrungsmitteln der ersten Gruppe vermindert die Aufnahme und Wirksamkeit vieler Arzneimittel kann aber bei fettloslichen Wirkstoffen die Aufnahme verbessern Der Verzehr von Nahrungsmitteln der zweiten Gruppe hemmt den Abbau vieler Arzneistoffe und fuhrt damit zu verlangerter Wirkung 13 Interaktionsprufung BearbeitenDas Auffinden potentieller Wechselwirkungen wird durch die Packungsbeilage der Arzneimittel der darin enthaltenen Merkmalszusammenfassung mit Hilfe der dazugehorigen Fachinformationen uber Arzneimittelverzeichnisse wie die Rote Liste oder durch spezielle Datenbanken die heutzutage als sogenannte Arzneimittelinformationssysteme in moderne Klinik und Patientenverwaltungssoftware eingebaut sind ermoglicht Der Arzt kann so direkt bei Benutzung sogenannter elektronischer Akten und automatisiertem Erstellen eines Verordnungs oder Medikamentenplanes was durch das Gesetz fur sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie zur Anderung weiterer Gesetze vom 21 Dezember 2015 BGBl I S 2408 eingefuhrt ist einen kompletten Uberblick uber alle in der Datenbank vermerkten Interaktionen der gewahlten Medikamente verschaffen Kritisch wird die Frage nach nichtverschreibungspflichtigen Medikamenten wie z B Johanniskrautpraparaten gesehen die z T erhebliche Interaktionen mit anderen Praparaten und Medikamenten hervorrufen konnen Dies wird in diesen Informationssystemen nicht immer abgebildet In einer Stellungnahme der DIHK vom 1 Oktober 2015 zu diesem neuen Gesetzesentwurf heisst es Zudem sollten im Verordnungswege Pflichtinformationen des Medikationsplans fur den Patienten definiert werden u a Wirkstoffe Interaktion Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten Lagerungsanweisungen eingeschranktes Reaktionsvermogen Einnahmeempfehlungen etc 14 Dies lasst auch die Frage offen ob diese Informationen nur fur den Arzt bestimmt sind oder im Zuge der Transparenz und der Relevanz fur den Patienten selbst diesem als Teil des Medikamentenplanes auch ausgehandigt werden mussen Viele Apotheken bieten die Uberprufung von Wechselwirkungen an In Deutschland werden unerwunschte Arzneimittel oder Wechselwirkungen seit Ausrufen des Aktionsplanes fur Arzneimitteltherapiesicherheit durch das Bundesministerium fur Gesundheit aufgefuhrt Teilweise werden Wechselwirkungen auch im Laufe von Phase IV Studien erfasst Datenbanken fur Arzneimittelwechselwirkungen sind z B National Library of Medicine DailyMed das Japan Pharmaceutical Information Center JAPIC die DrugBank die KEGG DRUG database die BindingDB die PharmGKB die SIDER database und die WOMBAT World of Molecular Bioactivity database 15 Die ABDA Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbande unterhalt in ihrem Tochterunternehmen Avoxa die ABDA Datenbanken auf die sich auch das DIMDI stutzt PSIAC ist eine Datenbank fur Arzneimittelwechselwirkungen Gesellschaftliche Bedeutung BearbeitenZu den arzneimittelbezogenen Problemen in Deutschland von denen unerwunschte Wechselwirkungen einen Teil darstellen wurde folgende Modellrechnung aufgestellt Anzahl der Rezepte pro Jahr 470 Mio davon 2 mit Arzneimittel Problemen 9 4 Mio davon 30 potenziell gesundheitsgefahrdend 2 82 Mio davon 30 mit Krankenhausaufenthalt 0 846 Mio davon 30 durch Arzneimitteldokumentation vermeidbar 253 800 je Fall 7 Tage Krankenhausaufenthalt 1 78 Mio Tage 291 Euro Kosten pro Tag Mithin 518 Mio Euro Kosten die vermeidbar gewesen waren 16 Bis zu 7 der Krankenhausaufenthalte erfolgen aufgrund von Arzneimittelwechselwirkungen 2 Literatur BearbeitenIngolf Cascorbi Arzneimittelinteraktionen Prinzipien Beispiele und klinische Folgen In Dtsch Arztebl Int Nr 109 33 34 2012 S 546 556 Ubersichtsarbeit Torsten Kratz Albert Diefenbacher Psychopharmakotherapie im Alter Vermeidung von Arzneimittelinteraktionen und Polypharmazie In Deutsches Arzteblatt Band 116 Heft 29 f 22 Juli 2019 S 508 517 Einzelnachweise Bearbeiten Heiner Berthold Klinikleitfaden Arzneimitteltherapie 2 Auflage Urban und Fischer Munchen Jena 2003 ISBN 3 437 41151 9 S 106 f eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b I Cascorbi Drug interactions principles examples and clinical consequences In Deutsches Arzteblatt international Band 109 Nummer 33 34 August 2012 S 546 555 doi 10 3238 arztebl 2012 0546 PMID 23152742 PMC 3444856 freier Volltext Torsten Kratz Albert Diefenbacher Psychopharmakotherapie im Alter Vermeidung von Arzneimittelinteraktionen und Polypharmazie In Deutsches Arzteblatt Band 116 Heft 29 f 22 Juli 2019 S 508 517 S 509 Pharmazeutische Zeitung online Vgl etwa Torsten Kratz Albert Diefenbacher Psychopharmakotherapie im Alter Vermeidung von Arzneimittelinteraktionen und Polypharmazie In Deutsches Arzteblatt Band 116 Heft 29 f 22 Juli 2019 S 508 517 Torsten Kratz Albert Diefenbacher Psychopharmakotherapie im Alter Vermeidung von Arzneimittelinteraktionen und Polypharmazie In Deutsches Arzteblatt Band 116 Heft 29 f 22 Juli 2019 S 508 517 hier S 508 H Petri CYP450 Wechselwirkungen Interaktionen der SSRI Antidepressiva In Deutsches Arzteblatt Band 115 2015 Supplement Perspektiven in der Neurologie S 33 f Torsten Kratz Albert Diefenbacher Psychopharmakotherapie im Alter Vermeidung von Arzneimittelinteraktionen und Polypharmazie 2019 S 510 f a b C S Won N H Oberlies M F Paine Mechanisms underlying food drug interactions inhibition of intestinal metabolism and transport In Pharmacology amp therapeutics Band 136 Nummer 2 November 2012 S 186 201 doi 10 1016 j pharmthera 2012 08 001 PMID 22884524 PMC 3466398 freier Volltext D A Flockhart Dietary restrictions and drug interactions with monoamine oxidase inhibitors an update In The Journal of clinical psychiatry Band 73 Suppl 1 2012 S 17 24 doi 10 4088 JCP 11096su1c 03 PMID 22951238 a b H H Tsai H W Lin A Simon Pickard H Y Tsai G B Mahady Evaluation of documented drug interactions and contraindications associated with herbs and dietary supplements a systematic literature review In International journal of clinical practice Band 66 Nummer 11 November 2012 S 1056 1078 doi 10 1111 j 1742 1241 2012 03008 x PMID 23067030 M J Dolton B D Roufogalis A J McLachlan Fruit juices as perpetrators of drug interactions the role of organic anion transporting polypeptides In Clinical pharmacology and therapeutics Band 92 Nummer 5 November 2012 S 622 630 doi 10 1038 clpt 2012 159 PMID 23033114 Thomas Effert Molekulare Pharmakologie und Toxikologie Biologische Grundlagen von Arzneimitteln und Giften Springer Berlin 2006 ISBN 978 3 540 21223 2 S 24 Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes fur sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen E Health Gesetz Gesetzentwurf vom 22 Juni 2015 PDF Nicht mehr online verfugbar DIHK 1 Oktober 2015 archiviert vom Original am 22 Dezember 2015 abgerufen am 27 September 2019 B Percha R B Altman Informatics confronts drug drug interactions In Trends in pharmacological sciences Band 34 Nummer 3 Marz 2013 S 178 184 doi 10 1016 j tips 2013 01 006 PMID 23414686 PMC 3808975 freier Volltext Elektronischer Arzneimittel Sicherheits Check spart Kosten In Der Hausarzt 20 06 S 34 nach Kommunikationsplattform im Gesundheitswesen Mai 2001 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Arzneimittelwechselwirkung amp oldid 223691171