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Der Unruh Effekt ist eine Vorhersage der Quantenfeldtheorie Ein im Vakuum beschleunigter Beobachter sieht anstelle des Vakuums ein Gas von Elementarteilchen z B Photonen Elektronen oder Positronen Dies ist eine Folge von lokalen Fluktuationen der Vakuums Die Temperatur T displaystyle T dieses Gases ist proportional zur Beschleunigung T ℏ a 2 p k B c displaystyle T frac hbar a 2 pi k mathrm B c Dabei bedeutet ℏ displaystyle hbar die reduzierte Planck Konstante a displaystyle a die Beschleunigung k B displaystyle k mathrm B die Boltzmann Konstante c displaystyle c die Lichtgeschwindigkeit Der Effekt wurde 1976 von William Unruh vorhergesagt Es besteht ein enger Zusammenhang mit der Hawking Strahlung Schwarzer Locher auf den Unruh bereits in seiner Originalarbeit hinwies Ein knapp uber dem Ereignishorizont eines schwarzen Loches fixierter Beobachter ist einem Schwerefeld ausgesetzt Nach dem Aquivalenzprinzip entspricht das Schwerefeld einer Beschleunigung und der Beobachter sieht daher eine Strahlung mit der entsprechenden Unruh Temperatur Diese Strahlung erreicht einen weit vom schwarzen Loch entfernt ruhenden Beobachter nach gravitativer Rotverschiebung als Hawking Strahlung Die Unruh Temperatur T displaystyle T ist ausserordentlich klein Fur eine Beschleunigung die auf einer Strecke von einem Mikrometer relativistische Geschwindigkeit erreicht liegt die Temperatur knapp unter dem Niveau des kosmischen Mikrowellenhintergrunds Um eine Temperaturanderung von einem Grad Celsius oder einem Kelvin zu erleben musste man um 1020 m s2 beschleunigen also in 10 12 s von 0 auf 90 der Lichtgeschwindigkeit Der Unruh Effekt beschreibt physikalische Vorgange aus der Sicht eines beschleunigten Beobachters oder Objekts So kann ein beschleunigter Detektor der an ein quantisiertes Feld gekoppelt wird das sich in einem Vakuumzustand bezuglich eines Inertialsystems befindet die lokalen Fluktuationen des Vakuums registrieren Inhaltsverzeichnis 1 Moglichkeit einer experimentellen Verifikation 2 Schematische Herleitung 3 Literatur 4 WeblinksMoglichkeit einer experimentellen Verifikation BearbeitenEine experimentelle Verifikation mit direkter Messung der Temperatur ist wegen der erforderlichen grossen Beschleunigung aussichtslos Der Unruh Effekt ist aber verwendbar um Rechnungen fur Phanomene im ruhenden oder beschleunigten Koordinatensystem auszufuhren Ein Beispiel ist die Depolarisierung von Elektronen in Speicherringen Bei diesem Analogon zum Unruh Effekt stimmen Theorie und Experiment uberein Hawking Strahlung ein anderes Analogon des Unruh Effekts ware beobachtbar wenn es schwarze Locher gabe mit einer Masse kleiner etwa als die des Zwergplaneten Ceres Schematische Herleitung BearbeitenDer Unruh Effekt wird oft durch Entwickeln von Quantenfeldern in Eigenmoden in verschiedenen Koordinatensystemen hergeleitet Gleichsetzen der Felder und Vergleich der Fourier Moden fuhrt dann uber eine Bogoliubov Transformation zum Ziel Herleitungen dieser Art kaschieren eher die geometrische Natur des Effekts Ausgangspunkt einer allgemeineren Herleitung sind die Matrixelemente des Vakuum Dichteoperators r W displaystyle rho Omega nbsp einer Quantenfeldtheorie mit Feldern ϕ displaystyle phi nbsp ϕ 1 r W ϕ 0 ϕ 1 W W ϕ 0 N lim b x e b H ϕ 0 ϕ 1 e b H x displaystyle left langle phi 1 right rho Omega left phi 0 right rangle left langle phi 1 left Omega right right rangle left langle Omega left phi 0 right right rangle mathcal N lim beta rightarrow infty left langle chi right mathrm e beta H left phi 0 right rangle left langle phi 1 right mathrm e beta H left chi right rangle nbsp Hierbei ist W displaystyle left Omega right rangle nbsp der quantenmechanische Grundzustand mit Energie 0 displaystyle 0 nbsp die Symbole ϕ 0 displaystyle left phi 0 right rangle nbsp ϕ 1 displaystyle left phi 1 right rangle nbsp bzw x displaystyle left chi right rangle nbsp bezeichnen quantenmechanische Zustande mit vorgegebener Konfiguration der Felder In ϕ displaystyle phi nbsp Darstellung ist schematisch z B ϕ ϕ 0 ps 0 ϕ P x d ϕ x ϕ 0 x displaystyle left langle phi left phi 0 right right rangle psi 0 left phi right Pi mathbf x delta left phi left mathbf x right phi 0 left mathbf x right right nbsp Der Zustand x displaystyle left chi right rangle nbsp ist beliebig die einzige Forderung ist W x 0 displaystyle left langle Omega left chi right right rangle neq 0 nbsp Das Symbol H displaystyle H nbsp steht fur den Hamiltonoperator des Systems so dass e b H displaystyle e beta H nbsp bei grossem b displaystyle beta nbsp auf den Grundzustand W displaystyle left Omega right rangle nbsp projiziert Das Symbol N displaystyle mathcal N nbsp ist ein Normierungsfaktor Auf der rechten Seite der Gleichung fur r W displaystyle rho Omega nbsp erkennt man die Entwicklung eines generischen Zustands x displaystyle left chi right rangle nbsp in imaginarer Zeit t displaystyle tau nbsp von t displaystyle tau infty nbsp zu einem Zustand ϕ 1 displaystyle left phi 1 right rangle nbsp bei t 0 displaystyle tau 0 nbsp Bei t 0 displaystyle tau 0 nbsp andert sich die Wellenfunktion unstetig zu ϕ 0 displaystyle left phi 0 right rangle nbsp und entwickelt sich dann weiter zu x displaystyle left chi right rangle nbsp bei t displaystyle tau infty nbsp nbsp Randbedingungen fur die ϕ displaystyle phi nbsp Felder in der x 1 displaystyle x 1 nbsp t displaystyle tau nbsp Ebene fur eine Berechnung der Vakuum Dichtematrix Die Wirkung der Transfer Matrizen H displaystyle H nbsp und H 8 displaystyle H theta nbsp ist mit gestrichelten Linien angedeutet Es werde jetzt zwischen den Feldern ϕ ϕ R displaystyle phi phi R nbsp bei x 1 gt 0 displaystyle x 1 gt 0 nbsp und den Feldern ϕ ϕ L displaystyle phi phi L nbsp bei x 1 lt 0 displaystyle x 1 lt 0 nbsp unterschieden es reicht sich auf ein System mit nur einer Raumdimension zu beschranken Der Vakuum Dichteoperator ist dann ϕ 1 R ϕ 1 L r W ϕ 0 R ϕ 0 L N lim b x e b H ϕ 0 R ϕ 0 L ϕ 1 R ϕ 1 L e b H x displaystyle left langle phi 1 R phi 1 L right rho Omega left phi 0 R phi 0 L right rangle mathcal N lim beta rightarrow infty left langle chi right mathrm e beta H left phi 0 R phi 0 L right rangle left langle phi 1 R phi 1 L right mathrm e beta H left chi right rangle nbsp Es werde angenommen dass nur die Felder ϕ R displaystyle phi R nbsp bei x 1 gt 0 displaystyle x 1 gt 0 nbsp von Interesse sind Technisch lauft dies auf die Spur des Dichteoperators hinaus D h bei x 1 lt 0 displaystyle x 1 lt 0 nbsp ist ϕ 0 L ϕ 1 L displaystyle phi 0 L phi 1 L nbsp zu setzen und uber die ϕ 0 L displaystyle phi 0 L nbsp ist zu integrieren Das Ergebnis ist die reduzierte Dichtematrix fur den Bereich x 1 gt 0 displaystyle x 1 gt 0 nbsp ϕ 1 R r W R ϕ 0 R N lim b x e b H ϕ 0 R ϕ 1 R e b H x displaystyle left langle phi 1 R right rho Omega R left phi 0 R right rangle mathcal N lim beta rightarrow infty left langle chi right mathrm e beta H left phi 0 R right rangle left langle phi 1 R right mathrm e beta H left chi right rangle nbsp Der Rest der Herleitung ist reine Geometrie und Interpretation Der Ausdruck rechts ist interpretierbar als die Entwicklung eines generischen Zustands x displaystyle left chi right rangle nbsp in imaginarer Zeit von t displaystyle tau infty nbsp bis t 0 displaystyle tau 0 nbsp Bei t 0 displaystyle tau 0 nbsp und x 1 gt 0 displaystyle x 1 gt 0 nbsp ist die Feldkonfiguration ϕ 1 R displaystyle left phi 1 R right rangle nbsp vorgegeben bei t 0 displaystyle tau 0 nbsp und x 1 gt 0 displaystyle x 1 gt 0 nbsp ist die Feldkonfiguration ϕ 0 R displaystyle left phi 0 R right rangle nbsp vorgegeben Bei t 0 displaystyle tau 0 nbsp und x 1 lt 0 displaystyle x 1 lt 0 nbsp gibt es keine Unstetigkeit mehr Ab t gt 0 displaystyle tau gt 0 nbsp entwickelt sich die Wellenfunktion zu x displaystyle left chi right rangle nbsp Man kann jetzt folgendermassen argumentieren Quantenfeldtheorien mit imaginarer Zeitvariable sind Feldtheorien der klassischen statistischen Physik Die imaginare Zeitvariable t displaystyle tau nbsp ist dabei nur eine weitere Raumdimension die Aquivalenz ist in der Pfadintegraldarstellung der Quantenfeldtheorie explizit realisiert Der Hamilton Operator H displaystyle H nbsp der Quantenfeldtheorie entspricht der Transfer Matrix der klassischen Feldtheorie H displaystyle H nbsp ist ein Generator die Transfer Matrix ist eine kleine Transformation e ϵ H displaystyle mathrm e epsilon H nbsp Der Erwartungswert ϕ 1 R r W R ϕ 0 R displaystyle left langle phi 1 R right rho Omega R left phi 0 R right rangle nbsp mit einer Unstetigkeit bei t 0 displaystyle tau 0 nbsp x 1 gt 0 displaystyle x 1 gt 0 nbsp lasst sich anstatt von t displaystyle tau infty nbsp bis t displaystyle tau infty nbsp auch in Polarkoordinaten x 1 r cos 8 displaystyle x 1 rho cos theta nbsp t r sin 8 displaystyle tau rho sin theta nbsp auswerten Die Unstetigkeit tritt dann bei 8 2 p displaystyle theta 2 pi nbsp auf Die klassische Feldtheorie zu einer relativistisch invarianten Quantenfeldtheorie ist raumlich isotrop es gibt daher uberall eine Transfer Matrix in beliebige Richtung insbesondere auch in 8 displaystyle theta nbsp Richtung Die Vakuum Dichtematrix des Halbraums x 1 gt 0 displaystyle x 1 gt 0 nbsp lasst sich daher schreiben ϕ 1 R r W R ϕ 0 R N ϕ 1 R e 2 p H 8 ϕ 0 R displaystyle left langle phi 1 R right rho Omega R left phi 0 R right rangle mathcal N left langle phi 1 R right mathrm e 2 pi H theta left phi 0 R right rangle nbsp Ausgedruckt durch eine lokale Transfer Matrix schreibt sich die Exponentialfunktion e 2 p r h 8 displaystyle mathrm e 2 pi rho h theta nbsp wobei h 8 displaystyle h theta nbsp um eine r displaystyle rho nbsp unabhangige Lange transferiert Dies entspricht lokal einer thermischen Zustandsdichte mit reziproker Temperatur 2 p r b 1 k B T displaystyle 2 pi rho beta 1 k mathrm B T nbsp und Energie h 8 displaystyle h theta nbsp Das zu dieser thermischen Zustandsdichte gehorende physikalische Bezugssystem ergibt sich wenn man die formal imaginare Zeit 8 displaystyle theta nbsp reell macht d h 8 i h displaystyle theta mathrm i eta nbsp Die Polarkoordinaten werden dann zu Rindler Koordinaten fur den Keil x 1 gt 0 displaystyle x 1 gt 0 nbsp t lt x 1 displaystyle left tau right lt left x 1 right nbsp Ein Beobachter bei konstanter Rindler Koordinate r displaystyle rho nbsp ist einer konstanten Beschleunigung a 1 r displaystyle a 1 rho nbsp ausgesetzt und die Vakuum Dichtematrix wird zu einer thermischen Dichtematrix mit der Unruh Temperatur Dass sich der Vakuum Dichteoperator der Rindler Raumzeit in der Form exp H m o d displaystyle exp left H mathrm mod right nbsp schreiben lasst ist trivial Dies ist fur alle Dichteoperatoren moglich Ungewohnlich an der Rindler Raumzeit ist dass der modulare Hamiltonoperator H m o d displaystyle H mathrm mod nbsp Translationen in der Eigenzeit konstant beschleunigter Beobachter generiert Im allgemeinen Fall hat der modulare Hamiltonoperator keine anschauliche physikalische Bedeutung Die Elimination der Freiheitsgrade bei x 1 lt 0 displaystyle x 1 lt 0 nbsp ist ein essentieller Schritt der Herleitung und man kann zeigen dass dabei die Verschrankung der Feldfreiheitsgrade bei x 1 lt 0 displaystyle x 1 lt 0 nbsp und x 1 gt 0 displaystyle x 1 gt 0 nbsp eine Rolle spielt Literatur BearbeitenViatcheslav F Mukhanov et al Introduction to quantum effects in gravity Cambridge Univ Press Cambridge 2009 ISBN 0 521 86834 3 Kap 8 Unruh effect eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Luis C B Crispino et al The Unruh effect and its applications Reviews of Modern Physics 80 2008 S 787 838 doi 10 1103 RevModPhys 80 787 arxiv 0710 5373 John Earman The Unruh effect for philosophers Studies in History and Philosophy of Modern Physics 42 2011 S 81 97 doi 10 1016 j shpsb 2011 04 001 Stephen A Fulling und George E A Matsas Unruh effect Scholarpedia doi 10 4249 scholarpedia 31789 Daniel Harlow Jerusalem Lectures on Black Holes and Quantum Information arxiv 1409 1231v4 James Q Quach Timothy C Ralph William J Munro The Berry phase from the entanglement of future and past light cones detecting the timelike Unruh effect Phys Rev Lett 129 160401 2022 Manon Bischoff Teilchen aus dem Nichts Spektrum der Wissenschaft April 2023 S 12 21 Weblinks BearbeitenDer Unruh Effekt wird messbar auf orf at vom 10 Dezember 2020 Vorschlag einer Quantensimulation mit Hilfe eines Bose Einstein Kondensats BEC Unruh Effekt Hawkingstrahlung Bremsstrahlung Rindler Raumzeit Vortrag von Josef M Gassner in der Reihe Von Aristoteles zur Stringtheorie Folge 63 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Unruh Effekt amp oldid 233514986