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Die Umordnung von Reihen wird in der Mathematik beim Studium der Konvergenz von Reihen untersucht Es geht dabei um die Frage welche Grenzwerte der Reihen sich durch Umordnung der Summanden d h durch Anderung ihrer Reihenfolge ergeben konnen Im Falle reeller Reihen gibt der riemannsche Umordnungssatz Auskunft uber die moglichen Reihensummen die Situation in endlichdimensionalen Vektorraumen wird im steinitzschen Umordnungssatz erschopfend behandelt Viele Aussagen uber konvergente Reihen in endlichdimensionalen Raumen verlieren in unendlichdimensionalen Raumen ihre Gultigkeit Verallgemeinerungen des steinitzschen Umordnungssatzes erhalt man nur unter zusatzlichen Voraussetzungen Der Schwerpunkt dieses Artikels ist die Umordnung von Reihen in unendlichdimensionalen Raumen Daher spielen hier im Gegensatz zum riemannschen und steinitzschen Umordnungssatz die der klassischen Analysis zuzurechnen sind funktionalanalytische Methoden und Begriffsbildungen eine wichtige Rolle Inhaltsverzeichnis 1 Konvergenzbegriffe 2 Problemstellung 3 Der endlichdimensionale Fall 4 Das Problem 106 5 Weitere negative Aussagen 6 Positive Ergebnisse 7 Quellen 8 EinzelnachweiseKonvergenzbegriffe BearbeitenEs sei X displaystyle X cdot nbsp ein Banachraum Eine Reihe n 1 x n displaystyle textstyle sum n 1 infty x n nbsp in X displaystyle X nbsp heisst konvergent wenn die Folge der Partialsummen n 1 N x n N displaystyle textstyle left sum n 1 N x n right N nbsp konvergiert Die Reihe heisst unbedingt konvergent wenn n 1 x s n displaystyle textstyle sum n 1 infty x sigma n nbsp fur jede Permutation s S N displaystyle sigma in S mathbb N nbsp konvergiert das heisst wenn jede Umordnung der Reihe konvergiert Das Symbol S N displaystyle S mathbb N nbsp meint die Permutationsgruppe uber den naturlichen Zahlen Man spricht von perfekter Konvergenz falls n 1 a n x n displaystyle textstyle sum n 1 infty alpha n x n nbsp fur jede Wahl a n 1 1 displaystyle alpha n in 1 1 nbsp konvergiert das heisst die Reihe konvergiert bei jeder Wahl von Vorzeichen der Summanden n 1 x n displaystyle textstyle sum n 1 infty x n nbsp heisst teilreihenkonvergent falls k 1 x n k displaystyle textstyle sum k 1 infty x n k nbsp fur jede aufsteigende Folge n 1 lt n 2 lt n 3 lt displaystyle n 1 lt n 2 lt n 3 lt ldots nbsp konvergiert Die Reihe heisst absolut konvergent falls n 1 x n lt displaystyle textstyle sum n 1 infty x n lt infty nbsp Problemstellung BearbeitenFur eine Folge x n n displaystyle x n n nbsp in X displaystyle X nbsp sei S M x n n s X s S N s n 1 x s n displaystyle SM x n n left s in X exists sigma in S mathbb N s sum n 1 infty x sigma n right nbsp die Menge aller Summen die man durch Umordnung der Reihe n 1 x n displaystyle textstyle sum n 1 infty x n nbsp erhalten kann kurz die Summenmenge der Folge Es stellt sich die Frage was uber die Struktur dieser Menge gesagt werden kann Der endlichdimensionale Fall Bearbeiten Hauptartikel Steinitzscher Umordnungssatz Der endlichdimensionale Fall wird erschopfend durch den steinitzschen Umordnungssatz behandelt Fur eine Folge x n n displaystyle x n n nbsp sei G x n n f X n 1 f x n lt displaystyle textstyle Gamma x n n f in X sum n 1 infty f x n lt infty nbsp der Unterraum der sogenannten Konvergenzfunktionale Ist die Reihe S x n displaystyle Sigma x n nbsp konvergent so ist S M x n n n 1 x n G x n n 0 displaystyle textstyle SM x n n sum n 1 infty x n Gamma x n n 0 nbsp wobei G x n n 0 displaystyle Gamma x n n 0 nbsp die Menge aller x X displaystyle x in X nbsp sei fur die f x 0 displaystyle f x 0 nbsp fur alle f G x n n displaystyle f in Gamma x n n nbsp gilt Insbesondere ist S M x n n displaystyle SM x n n nbsp stets ein affiner Unterraum Ferner sind fur eine Reihe n 1 x n displaystyle textstyle sum n 1 infty x n nbsp in einem endlichdimensionalen Raum folgende Aussagen aquivalent Die Reihe konvergiert absolut Die Reihe konvergiert unbedingt Die Reihe konvergiert perfekt Die Reihe ist teilreihenkonvergent S M x n n displaystyle SM x n n nbsp ist einelementig In Bezug auf obige Problemstellung stellt sich die Frage ob diese Aussagen auch in unendlichdimensionalen Raumen Gultigkeit behalten Das Problem 106 BearbeitenDie Frage nach der Struktur der Summenmenge in unendlichdimensionalen Raumen wurde erstmals 1935 von Stefan Banach als Problem 106 im sogenannten schottischen Buch gestellt Dabei handelt es sich um eine im Schottischen Cafe zu Lemberg aufbewahrte Kladde in der die Lemberger Funktionalanalytiker und ihre Gaste mathematische Probleme festhielten Stefan Banach trug dort die Vermutung ein dass die Summenmenge stets affin sei und versprach fur die Klarung der Frage eine Flasche Wein derartige Preise waren fur hier gestellte Probleme durchaus ublich Im schottischen Buch findet sich ohne Angabe eines Autors bereits ein Gegenbeispiel zu dieser Vermutung Jozef Marcinkiewicz gilt nach einer Handschriftenanalyse als wahrscheinlicher Urheber 1 Mit diesem Gegenbeispiel war klar dass eine zum steinitzschen Umordnungssatz analoge Aussage im unendlichdimensionalen Fall nicht zutrifft Die damals bekannten Beispiele waren so konstruiert dass die Summenmenge immerhin noch eine um einen konstanten Vektor verschobene Untergruppe der additiven Gruppe des Banachraums war Erst 1989 konnten M I Kadets und Krzysztof Wozniakowski und unabhangig davon P A Kornilow Beispiele von Reihen angeben fur die die Summenmenge keine verschobene Untergruppe ist Es hat sich herausgestellt dass es in jedem unendlichdimensionalen Banachraum Reihen mit zweielementiger Summenmenge gibt Damit hat sich die im Problem 106 des schottischen Buches geausserte Vermutung als dramatisch falsch erwiesen 2 Weitere negative Aussagen BearbeitenIn endlichdimensionalen Raumen sind Summenmengen als affine Unterraume stets abgeschlossen Auch diese Eigenschaft gilt in unendlichdimensionalen Raumen im Allgemeinen nicht mehr wie M I Ostrowskii 1986 zeigen konnte Auch die Aquivalenz zwischen absoluter Konvergenz und unbedingter Konvergenz geht in unendlichdimensionalen Raumen verloren denn es gilt folgender Satz von Dvoretzky Rogers Sei X displaystyle X nbsp ein unendlichdimensionaler Banachraum Weiter seien a n gt 0 displaystyle alpha n gt 0 nbsp mit n 1 a n 2 lt displaystyle textstyle sum n 1 infty alpha n 2 lt infty nbsp Dann gibt es eine unbedingt konvergente Reihe n 1 x n displaystyle textstyle sum n 1 infty x n nbsp mit x n a n displaystyle x n alpha n nbsp fur alle n Wahlt man speziell a n 1 n displaystyle alpha n tfrac 1 n nbsp so liefert dieser Satz die Existenz einer unbedingt konvergenten Reihe deren Summanden die Norm 1 n displaystyle tfrac 1 n nbsp haben Diese Reihe ist daher nicht absolut konvergent Positive Ergebnisse BearbeitenTrotz der obigen Liste negativer Resultate konnen auch einige positive Ergebnisse vermerkt werden Aus der absoluten Konvergenz folgt auch in unendlichdimensionalen Raumen die unbedingte Konvergenz und diese ist sowohl zur perfekten Konvergenz als auch zur Teilreihenkonvergenz aquivalent Ferner ist die Summenmenge einer unbedingt konvergenten Reihe stets einelementig Stellt man zusatzliche Voraussetzungen an die Reihe oder betrachtet man spezielle Raume so kann man Verallgemeinerungen des steinitzschen Umordnungssatz beweisen Sei s n 1 x n displaystyle textstyle s sum n 1 infty x n nbsp eine konvergente Reihe in Lp 0 1 1 lt p lt displaystyle 1 lt p lt infty nbsp und es sei n 1 x n min 2 p lt displaystyle textstyle sum n 1 infty x n min 2 p lt infty nbsp Dann ist S M x n n s G x n n 0 displaystyle SM x n n s Gamma x n n 0 nbsp D V Pecherskii 1988 Sei s n 1 x n displaystyle textstyle s sum n 1 infty x n nbsp eine konvergente Reihe in einem Banachraum Zu jeder Umordnung s S N displaystyle sigma in S mathbb N nbsp gebe es a n 1 1 displaystyle alpha n in 1 1 nbsp so dass n 1 a n x s n displaystyle textstyle sum n 1 infty alpha n x sigma n nbsp konvergiert Dann ist S M x n n s G x n n 0 displaystyle SM x n n s Gamma x n n 0 nbsp In eine ganz andere Richtung zielt ein Ergebnis von Wojciech Banaszczyk Man kann Klassen lokalkonvexer Raume definieren die sehr viel mehr Eigenschaften mit endlichdimensionalen Raumen gemeinsam haben als Banachraume das gilt insbesondere fur Kompaktheitseigenschaften Daher kann man hoffen in solchen Raumklassen Verallgemeinerungen des steinitzschen Umordnungssatzes zu erhalten und in der Tat gilt folgender Satz Sei s n 1 x n displaystyle textstyle s sum n 1 infty x n nbsp eine konvergente Reihe in einem metrisierbaren nuklearen Raum Dann ist S M x n n s G x n n 0 displaystyle SM x n n s Gamma x n n 0 nbsp Quellen BearbeitenW Banaszczyk The Steinitz theorem on rearrangement of series for nuclear spaces Journal fur die reine und angewandte Mathematik 403 1990 187 200 M I Kadets V M Kadets Series in Banach Spaces Operator Theory Advances and Applications Bd 94 Birkhauser 1997 ISBN 978 3 7643 5401 5 M I Kadets K Wozniakowski On Series Whose Permutations Have Only Two Sums Bull Polish Acad Sciences Mathematics 37 1989 15 21 P A Kornilow On the Set of Sums of a Conditionally Convergent Series of Functions Math USSR Sbornik 65 No 1 1990 119 131 M I Ostrowskii Domains of Sums of Conditionally Convergent Series in Banach Spaces Teor Funktsii Funktional Anal i Prilozhen 46 1986 77 85 Einzelnachweise Bearbeiten Volodymyr Kadets Series in Banach Spaces Conditional and Unconditional Convergence 1 Auflage Birkhauser Basel 1997 ISBN 978 3 7643 5401 5 S 30 Volodymyr Kadets Series in Banach Spaces Conditional and Unconditional Convergence 1 Auflage Birkhauser Basel 1997 ISBN 978 3 7643 5401 5 S 32 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Umordnung von Reihen amp oldid 230816529