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Im Jahr 1940 kam es in der deutschen Kriegsmarine zur sogenannten Torpedokrise als vor allem wahrend der Invasionsoperationen in Norwegen Unternehmen Weserubung viele U Bootangriffe auf Schiffe misslangen weil die G7 Torpedos versagten Torpedoubernahme auf einem deutschen U Boot in Wilhelmshaven Dezember 1939Die erst nach langeren Untersuchungen aufgefundenen und spater abgestellten Fehler in den Torpedos waren hauptsachlich auf unzureichende Erprobungen widersprechende Wirtschaftsinteressen sowie auf die Konkurrenz zwischen Torpedoerprobungskommando TEK und Torpedoversuchsanstalt TVA zuruckzufuhren Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Hintergrund 1 2 Reaktionen 1 3 Ursachen 1 4 Gerichtsverfahren 1 5 Losungen 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Deutscher G7 TorpedoDer wichtigste Torpedo der deutschen Kriegsmarine war der seit 1934 serienmassig hergestellte Typ G7 Diesen gab es als dampfgasbetriebene und elektrisch angetriebene Version die entweder mit Aufschlagzunder oder einem neu entwickelten Magnetzunder versehen war Die Variante mit Magnetzundung war wirkungsvoller da diese unter dem Rumpf eines gegnerischen Schiffes explodierte und die dabei entstehende Gasblase den Kiel des Schiffes brach wodurch dieses meistens unrettbar verloren war Hintergrund Bearbeiten Schon kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hauften sich die Meldungen deutscher U Bootkommandanten uber Versager bei Schussen bei Torpedos mit Magnetzundung Die Torpedos liefen entweder unter den gegnerischen Schiffen einfach hindurch oder explodierten weit vor oder nach dem Ziel oder aber gar nicht Drei fruhe Vorfalle sind dabei besonders erwahnenswert Beim ersten deutschen Angriff auf ein gegnerisches Kriegsschiff attackierte U 14 am 3 September 1939 das polnische U Boot Sep Der hierbei abgeschossene Torpedo detonierte mutmasslich vor dem Ziel 1 Zwolf Tage nach Kriegsausbruch schoss U 39 zwei Torpedos aus einer Entfernung von nur 800 m auf den britischen Flugzeugtrager Ark Royal die aber vorzeitig detonierten Ende Oktober konnte sich U 56 einem Flottenverband mit den damals grossten Schlachtschiffen der Royal Navy Hood Nelson und Rodney nahern und einen Dreier Facher auf die Nelson schiessen wobei die Torpedos auf den Rumpf aufschlugen aber nicht explodierten 2 Unter diesen Eindrucken notierte der BdU Karl Donitz am 30 Oktober 1939 Das Vertrauen der Kommandanten in ihre Torpedowaffe muss im Schwinden begriffen sein Ihre Angriffs und Einsatzfreudigkeit wird auf Dauer leiden Zu einer erneuten Haufung gemeldeter Torpedoversager kam es Ende Januar 1940 als innerhalb von zehn Tagen 13 Fehlschusse gemeldet wurden die laut Aussage der U Bootkommandanten auf ein Versagen des Magnetzunders zuruckzufuhren waren 1 Angesichts der Vielzahl der Torpedoversager wahrend der Invasion in Norwegen wurde aus der Kulmination von Einzelfallen im Rahmen individueller Unternehmungen einzelner Boote ein systemisches Versagen die Torpedokrise Nachtraglich kam man zu der Schatzung dass bei funktionierenden Torpedos mindestens Treffer auf einem Schlachtschiff sieben Kreuzern sieben Zerstorern und mehreren Transportschiffen erzielt worden waren 3 Die Hauptaufgabe der vor der norwegischen Kuste patrouillierenden U Boote bestand darin ein Anlanden alliierter Truppen zu verhindern 4 Trotz Massierung gegnerischer Schiffe und guter Schusspositionen konnten in norwegischen Gewassern jedoch mit einer Ausnahme keine wirksamen Torpedotreffer erzielt werden Hierbei versagten sowohl Magnet als auch Aufschlagszunder 4 Die Wirkungslosigkeit der U Boote in diesem Seegebiet war jedoch nicht auf die Effizienz der U Bootwaffe als Ganzes ubertragbar Eine Analyse des BdU kam zu dem Ergebnis dass im Marz 1940 von insgesamt 52 verschossenen Torpedos 10 versagt 13 fehlgegangen und 28 getroffen hatten 1 Reaktionen Bearbeiten Ein Beispiel fur den Vertrauensverlust den die Torpedoversager zur Folge hatten ist der Entschluss Gunther Priens der sich trotz gunstiger Schussposition angesichts mehrerer durch Zerstorer gedeckte Truppentransporter gegen einen Angriff entschied Spater sagte Prien zu Donitz man konne kaum von ihm erwarten dass er mit einem Holzschwert kampfe Trotz Hitlers Anweisung auf keinen Fall Krafte aus Narvik abzuziehen verlangte Donitz angesichts der vielen wirkungslos gebliebenen Torpedoangriffe dass die verbliebenen U Boote sich aus dem Kampfgebiet zuruckziehen durfen Wahrend die Kampfe zwischen deutschen und britischen Streitkraften an Land noch im vollen Gange waren zogen sich die deutschen U Boote am 26 April aus den norwegischen Gewassern zuruck Insgesamt hatten 42 U Boote am Unternehmen Weserubung teilgenommen davon waren vier versenkt worden Insgesamt wurden acht gegnerische Schiffe versenkt drei davon durch Werner Hartmann der mit U 37 weit entfernt von Invasionsgebiet operiert hatte 4 Angesichts der Vielzahl an verpassten Gelegenheiten zur Versenkung gegnerischer Schiffe wurde ein Grossteil der Verantwortung fur die gelungene Besetzung Narviks durch britische Einheiten der Kriegsmarine und insbesondere der U Boot Waffe zugeschrieben Die Torpedokrise veranlasste Grossadmiral Erich Raeder eine Untersuchungskommission einzusetzen Unterdessen stellte Donitz den Antrag zu ermitteln ob die Torpedozundung die man aus den Torpedos eines erbeuteten britischen U Bootes entnommen hatte nachgebaut und auf deutschen U Booten eingesetzt werden konne 1 Nicht nur fur die militarische Fuhrung auch fur die Besatzungen der U Boote war die Torpedokrise eine deprimierende Erfahrung die neben den technischen Fahigkeiten die Kampfmoral erheblich schwachte Mehrmals waren Angriffe auf uberlegene Kriegsschiffe trotz hervorragender Schusspositionen und umsichtigen Vorgehens gescheitert Dadurch sahen sich zunachst die Befurworter einer deutschen Uberwasser Strategie mit Grosskampfschiffen bestatigt Admiral Donitz verwies jedoch auf die potentiellen Moglichkeiten die die U Boot Waffe bei funktionierender Torpedotechnik bote Ende 1939 hatte sich in Berlin Konteradmiral Theodor Riedel Abteilungschef im Marinewaffenamt und gleichzeitig standiger Vertreter des Amtschefs im Zuge der Krise erschossen 5 Ursachen Bearbeiten Noch im Laufe des Norwegenfeldzugs wurde von Donitz darum die Weisung gegeben nur noch Torpedos mit Aufschlagzunder zu benutzen Die Torpedos wurden mit einem Umschaltmechanismus versehen so dass nun manuell von Magnetzundung auf Aufschlagzundung gewechselt werden konnte Allerdings kam es auch mit Aufschlagzundern bei Schussen durch U Boote vermehrt zu Versagern Fur das Versagen der Torpedos waren hauptsachlich zwei Bauteile verantwortlich die Tiefensteuerung und die Gefechtspistole mit der Zundeinrichtung Bei den regelmassig zu tief und damit unter den Zielen hindurch laufenden Torpedos stellte sich heraus dass die maximale Abweichung der voreingestellten Tiefe nicht wie vorgesehen einen halben Meter sondern bis zu drei Meter betrug 2 Dies wurde durch einen zu hohen Luftdruck im Inneren der Torpedos verursacht Dadurch steuerte das Ventil das aus der Differenz zwischen Innendruck des Torpedos und dem umgebenden Wasserdruck die Tiefe feststellte den Torpedo tiefer als beabsichtigt Der hohe Druck in den Lagekontrollkammern der Torpedos entstand da diese nicht luftdicht waren und der Druck im Torpedoinnern anstieg wenn das U Boot wahrend seiner Tauchfahrten Druckluft ins Bootsinnere ausstiess Dass die U Boote durch die britischen Abwehrstreitkrafte haufig und lange unter Wasser gedruckt wurden verscharfte dieses Problem zusatzlich Die Fehler bei der Tiefensteuerung konnten allerdings nicht die Fehlzundungen erklaren Hier lag die Ursache beim Zundmechanismus dessen empfindliches Relais sich wegen der Antriebsvibrationen bewegte und dabei den Zundkontakt ausloste 2 Als erschwerende Ursache kam hinzu dass die naturlichen Schwankungen und Unregelmassigkeiten des Erdmagnetfeldes in den nordlichen Breiten ebenfalls Auswirkungen auf die Magnetzunder hatten Die Aufschlagzunder konnten durch zu geringe Vorschnelllose des Schlagbolzens ein Verpuffen der Initialladung bewirken sowie bei Auftreffwinkeln unter 50 durch Verklemmung versagen 6 Gerichtsverfahren Bearbeiten 1941 wurde von Donitz das Reichskriegsgericht eingeschaltet um die verantwortlichen technischen Offiziere und Beamten zur Rechenschaft zu ziehen Aufgrund einer gewissenhaften Vorbereitung und Vielzahl technischer Fragen vergingen fast sieben Monate zwischen der Anklage im Mai und der Verurteilung im Dezember 1941 Das Gericht stellte fest dass die Torpedos nicht den notwendigen Erprobungen unterworfen wurden eine mangelhafte Kommunikation zwischen den Dienststellen TVA und TEK aber auch zur Industrie herrschte und es eine zu hohe Zahl von Anderungswunschen einer bereits eingefuhrten Waffe gab Der Leiter der TVA und der Inspekteur der Torpedo Inspektion vorgesetzte Dienststelle der TEK sowie zwei technische Beamte der TVA wurden zu Haftstrafen verurteilt kamen aber nach sechs Monaten wieder frei und waren danach wieder im Rustungsbereich tatig 2 Im Prozess wurde weiterhin als grundlegende Schwachstelle aufgezeigt dass es falsch war die Entwicklung Fertigungsvorbereitung und Erprobung einer behordlichen Einrichtung zu uberlassen woraufhin die Marine eine Aufteilung zwischen staatlichen Dienststellen und der Industrie forcierte Losungen Bearbeiten nbsp Deutsche Torpedowerkstatt Mai 1942Schon im Herbst 1939 wurde unter dem Vorsitz des einstigen Chefkonstrukteurs des Torpedos Ernst August Cornelius eine Arbeitsgemeinschaft gegrundet die die Probleme relativ schnell beseitigen konnte Durch eine Vielzahl von kleinen Anderungen wurde die Tiefensteuerung verbessert und das Problem des empfindlichen Relais der Gefechtspistole durch eine verbesserte Aufhangung behoben Ab Sommer 1940 galt der G7 Torpedo als kriegsbrauchbar und wurde ab 1941 wieder vollstandig eingesetzt Im weiteren Verlauf des Krieges wurden dann von deutscher Seite Torpedos entwickelt die druckunabhangig nach Programm oder Horchpeilung liefen wie beispielsweise der Zaunkonig FAT oder LUT Die US Marine hatte im Zweiten Weltkrieg vergleichbare Probleme die unter dem Begriff Torpedoskandal bekannt wurden Literatur BearbeitenCajus Bekker Verdammte See Ein Kriegstagebuch der deutschen Marine Frankfurt a M Berlin Wien Ullstein 1975 ISBN 3 548 03057 2 S 111 130 Paul Herbert Freyer Der Tod auf allen Meeren Ein Tatsachenbericht zur Geschichte des faschistischen U Boot Krieges Berlin Militarverlag der Deutschen Demokratischen Republik 1983 S 67 71 Eberhard Rossler Die Torpedos der deutschen U Boote Mittler Verlag ISBN 3 8132 0842 7 S 83 88 Weblinks BearbeitenDie Boote ohne Waffe Rustung und Rustungserprobung in der deutschen Marinegeschichte unter besonderer Berucksichtigung der Torpedoversuchsanstalt TVA Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Michael Salewski Die deutsche Seekriegsleitung 1935 1945 Band I 1935 1941 Bernard amp Graefe Verlag fur Wehrwesen Frankfurt am Main 1970 Seite 188 190 a b c d Militargeschichte Zeitschrift fur historische Bildung Die Torpedokrise im Zweiten Weltkrieg PDF 3 79 MB Bagnasco Erminio U Boote im 2 Weltkrieg Motorbuch Verlag S 57 ISBN 3 613 01252 9 a b c Clay Blair Der U Boot Krieg Die Jager 1939 1942 Wilhelm Heyne Verlag Munchen 1996 ISBN 3 453 12345 X Seite 186 200 Walter Gorlitz Karl Donitz der Grossadmiral Musterschmidt 1972 ISBN 978 3 7881 0069 8 S 44 google com abgerufen am 13 April 2022 Eberhard Rossler Die Torpedos der deutschen U Boote Mittler Verlag Hamburg Berlin Bonn 2005 ISBN 3 8132 0842 7 Kapitel 7 3 Die Torpedoversager und die Bemuhungen um ihre Beseitigung S 83 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Torpedokrise amp oldid 237399113