www.wikidata.de-de.nina.az
Die Tempelbibliothek von Jerusalem war eine Einrichtung des Zweiten Tempels die bei der Zerstorung der Stadt durch die Romer im Jahr 70 n Chr ihr Ende fand In den Archiven des Tempels sammelten die Priester Heilige Schriften Geschichts und Rechtstexte Genealogien Chroniken und liturgische Literatur 1 Ein Sofer schreibt die letzten Buchstaben einer Torarolle Tinte Feder Lineatur und Pergament entsprechen den Regeln die in der Antike festgelegt wurden Inhaltsverzeichnis 1 Literarische Bezeugung 2 Vorgeschichte das Archiv im Ersten Tempel 3 Die Tempelbibliothek und die Hofbibliothek in Jerusalem 3 1 Schulbetrieb 3 2 Bucherproduktion 4 Auslagerung der Tempelbibliothek in Hohlen am Toten Meer 5 Ende der Tempelbibliothek 6 Literatur 7 EinzelnachweiseLiterarische Bezeugung BearbeitenIm 2 Jahrhundert v Chr besass der Jerusalemer Tempel Unikate von Heiligen Schriften die man ausleihen konnte um davon Kopien anzufertigen 2 Makkabaer 2 13 15 2 Inhalt dieser Tempelbibliothek durften neben dem Pentateuch unter anderem die Geschichtsbucher und die Psalmen gewesen sein alle in normativer Textgestalt einer Vorform des spateren masoretischen Textes 3 Josephus erwahnt mehrfach dass Exemplare des Pentateuch im Tempel aufbewahrt wurden 4 Auch will er die Unterlagen fur seinen personlichen Stammbaum im Tempelarchiv von Jerusalem recherchiert haben was dadurch an Glaubwurdigkeit gewinnt dass sein Stammbaum einige Schonheitsfehler hat 5 Die Mischna erinnert dass der Hohepriester in jedem Jahr in der Nacht vor dem Versohnungstag wach bleiben musste und sich aus den Buchern Hiob Esra der Chronik und dem Buch Daniel vorlesen liess Diese nachtliche Lesung fand statt im Haus des Aḇṭinos an der Sudseite des Priestervorhofs 6 Wurde er schlafrig schnippten die jungen Priester vor ihm mit dem Mittelfinger und sagten zu ihm Mein Herr Hoherpriester stehe auf und vertreibe einmal den Schlaf durch einen Spaziergang auf dem Steinpflaster 7 Mehrfach erwahnt die Mischna das Buch der Tempelhalle ein Normexemplar der Heiligen Schrift das dort verwahrt wurde An einem Halbfeiertag durften beschadigte Buchstaben in heiligen Texten nicht neu geschrieben werden selbst im Buche des Tempelhalle nicht 8 Alle heiligen Bucher verunreinigen die Hande ausser dem Gesetzbuche des Tempel Vorhofes 9 Der Mischna Ubersetzer Rabbiner Eduard Baneth weist darauf hin dass hier auch die von Ezra geschriebenen Torarolle gemeint sein konne die als Vorlage fur alle spateren Abschriften diente Dies basiert auf einer anderen Vokalisierung des Wortes עזרא das sowohl als Tempelhalle als auch als Ezra gelesen werden kann 8 Vorgeschichte das Archiv im Ersten Tempel BearbeitenIm Alten Testament findet sich die Uberlieferung dass im Jerusalemer Tempel vor dem Exil Schriften deponiert waren Die Erzahlung von der Auffindung der Tora im Tempel 2 Konige 22 8 setzt voraus dass es eine Art Archiv gab 10 Solche Tempelarchive sind auch aus der Umwelt Israels bekannt sie enthielten nur wenige Schriften 11 allesamt Unikate Die Tempelbibliothek und die Hofbibliothek in Jerusalem BearbeitenSchon fur die Perserzeit ist die Deponierung von Texten im Zweiten Tempel z B Nehemia Denkschrift 12 wahrscheinlich aber der Bibliotheksbetrieb an sich ist ein Phanomen des Hellenismus Die in den Quellen erwahnten Bucher lagen als Schriftrollen vor weil der Codex sich erst spater durchsetzte Offentliche Bibliotheken gehorten zum Erscheinungsbild einer hellenistischen Grossstadt Sie hatten bestimmte bauliche Merkmale hohe Nischen in den Wanden mit Bucherregalen lateinisch armaria und Leseraumen bzw Saulenhallen 13 Daher geht Yizhar Hirschfeld davon aus dass sowohl der Palast des Herodes wie auch der Herodianische Tempel eine so prestigetrachtige Einrichtung besassen 14 Die mehrjahrige Tatigkeit des Universalgelehrten Nikolaos von Damaskus in Jerusalem setzt voraus dass vor Ort umfangreiche griechische Bucherbestande vorhanden waren Deshalb nimmt Martin Hengel die Existenz einer reprasentativen koniglichen Bibliothek des Herodes neben der Tempelbibliothek an 15 Daruber hinaus durfte es auch Privatbibliotheken in der Stadt gegeben haben Schulbetrieb Bearbeiten Im Umkreis des Tempels gab es in hellenistischer Zeit wahrscheinlich auch schon fruher eine Vielzahl von Schulen Hier wurde Schreiben Lesen und die Kenntnis der normativen Texte vermittelt Dafur brauchte es nicht unbedingt eigene Gebaude sondern nur Lehrer die einen Schulerkreis um sich versammelten Unterrichtet wurde auf dem Tempelgelande oder in Privatraumen des Lehrers 16 Bucherproduktion Bearbeiten Ebenfalls im Umkreis des Tempels konnten Bucher erworben werden etwa durch die Pilger die aus der ganzen Diaspora hierher kamen Ob in Qumran diese Pergamentherstellung und Schreibtatigkeit in grossem Stil betrieben wurde wie Hartmut Stegemann meinte oder doch in Jerusalem bleibt unentschieden Auslagerung der Tempelbibliothek in Hohlen am Toten Meer BearbeitenHierbei handelt es sich um eine Minderheitsmeinung in der Qumranforschung Schon Karl Heinrich Rengstorf hatte 1960 die These aufgestellt dass die Tempelbibliothek von Jerusalem vor Beginn der romischen Belagerung evakuiert worden sei Die Textfunde aus den Hohlen vom Toten Meer seien der erhaltene Rest aus diesem Bucherbestand In modifizierter Form wurde diese These in den 1990er Jahren von Norman Golb vertreten erst im Zuge der Evakuierung aus verschiedenen Jerusalemer Bibliotheken sei der Bucherbestand von Qumran zusammengekommen Dagegen wird eingewandt dass der Transport der Schriftrollen von Jerusalem in die Hohlen eine ganze Karawane erfordert hatte was weder in den Quellen berichtet wird noch in der Burgerkriegssituation die vor Eintreffen der Romer in Jerusalem bestand wahrscheinlich sei Ende der Tempelbibliothek BearbeitenJosephus zufolge verbrannten die Zeloten gleich zu Beginn des Aufstandes das Tempelarchiv weil die darin dokumentierte Landverteilung ihren sozialen und religiosen Zielen widersprach 17 Archivgut und Literatur wurden aber wahrscheinlich an verschiedenen Orten aufbewahrt Die auf dem Tempelgelande noch vorhandenen Schriftrollen sind wohl beim Brand des Tempels zerstort worden jedoch nicht alle Josephus schreibt dass das Gesetz auf dem Triumphzug des Titus als letztes Schauobjekt herumgetragen und anschliessend mit den erbeuteten judischen Tempelgeraten im Tempel der Friedensgottin deponiert wurde Bellum VII 150 162 In seiner Lebensbeschreibung erwahnt Josephus unter anderen Gnadenerweisen die Titus ihm direkt nach der Eroberung von Jerusalem gewahrte dass er heilige Bucher aus dem Beutegut erhalten habe Vita 418 Literatur BearbeitenMartin Hengel Schriftauslegung und Schriftwerdung in der Zeit des Zweiten Tempels In Martin Hengel Hermut Lohr Hrsg Schriftauslegung im antiken Judentum und im Urchristentum WUNT 73 Mohr Siebeck Tubingen 1994 S 1 71 Martin Hengel Jerusalem als judische und hellenistische Stadt In Bernd Funck Hrsg Hellenismus Beitrage zur Erforschung von Akkulturation und politischer Ordnung in den Staaten des hellenistischen Zeitalters Mohr Siebeck Tubingen 1996 S 269 306 Hermann Michael Niemann Kein Ende des Buchermachens in Israel und Juda Koh 12 12 Wann begann es In Bibel und Kirche 3 1998 S 127 134 Karl Heinrich Rengstorf Ḫirbet Qumran und die Bibliothek vom Toten Meer Stuttgart 1960 Norman Golb Wer schrieb die Schriftrollen vom Toten Meer Hamburg 1994 ISBN 3 455 11024 X Meir Bar Ilan Schribes and Books in the Late Second Commonwealth and the Rabbinic Period In Martin Mulder Hrsg Mikra Text Translation Reading and Interpretation of the Hebrew Bible in Ancient Judaism and Early Christianity Assen 1988 S 21 38 nicht ausgewertet Einzelnachweise Bearbeiten Oliver Gussmann Das Priesterverstandnis des Flavius Josephus Tubingen 2008 S 213 Hermann Michael Niemann Kein Ende des Buchermachens in Israel und Juda S 133 Martin Hengel Schriftauslegung und Schriftwerdung S 6 7 Oliver Gussmann Das Priesterverstandnis des Flavius Josephus S 213 Oliver Gussmann Das Priesterverstandnis des Flavius Josephus S 211 213 Mischna Joma I 5 6 In Dietrich Correns Hrsg Die Mischna Wiesbaden 2005 S 221 Mischna Joma I 7 In Dietrich Correns Hrsg Die Mischna S 221 a b Eduard Baneth Moed Katan Mischnajot mit deutscher Ubersetzung und Erklarung Berlin 1887 1933 In Sefaria Sefaria org abgerufen am 12 Juli 2022 David Hoffmann John Cohn und Moses Auerbach Kelim Mishnah Kelim 15 Mischnajot mit deutscher Ubersetzung und Erklarung Berlin 1887 1933 In Sefaria Sefaria org abgerufen am 12 Juli 2022 Hermann Michael Niemann Kein Ende des Buchermachens S 127 Konrad Schmid Schriftgelehrte Traditionsliteratur Tubingen 2011 Die meisten Bibliotheken im Alten Orient waren Auswahlbibliotheken mit einer bescheidenen Sammlung von Texten Fur die Tempelbibliothek von Edfu etwa sind 35 Titel belegt Diese Bibliotheken waren nicht offentlich sondern dem Tempel und Schulbetrieb vorbehalten Jan Christian Gertz Grundinformation Altes Testament Gottingen 2006 S 520 Yizhar Hirschfeld Qumran Die ganze Wahrheit Munchen 2006 S 85 Yizhar Hirschfeld Qumran S 85 86 Martin Hengel Jerusalem als judische und hellenistische Stadt S 295 Konrad Schmid Schriftgelehrte Traditionsliteratur S 48 Martin Hengel Die Zeloten 3 Auflage Tubingen 2011 S 138 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tempelbibliothek von Jerusalem amp oldid 236769708