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Take or pay Abkurzung ToP Klausel deutsch kaufen oder bezahlen Mindestabnahmeklausel ist im Vertragsrecht der Anglizismus fur eine internationale Vertragsklausel in Liefervertragen bei denen der Kaufer gegenuber dem Verkaufer eine unbedingte Abnahmeverpflichtung fur bestimmte Guter oder Dienstleistungen ubernimmt und auch dann zur Zahlung verpflichtet ist wenn er die Lieferung ganz oder teilweise nicht abnimmt Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Energiewirtschaft 3 Abfallentsorgung 4 Wirtschaftliche Aspekte 5 Abgrenzung 6 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDer Kaufer im Aussenhandel der Importeur ubernimmt gegenuber dem Verkaufer Exporteur eine Zahlungsgarantie 1 unabhangig davon ob die Guter oder Dienstleistungen vom Verkaufer hergestellt oder vom Kaufer abgenommen werden 2 Bei Nichtabnahme der vereinbarten Mindestmenge ist die Zahlung der nicht abgenommenen Menge dennoch fallig 3 Die Klausel erfasst auch produktionsbedingte Lieferausfalle Die Fachliteratur befasst sich ersichtlich seit 1985 mit dieser Klausel 4 Hauptanwendungsgebiete sind die Energiewirtschaft und Abfallentsorgung Energiewirtschaft BearbeitenVertragsinhaltIn der Gaswirtschaft verpflichtet sich der Exporteur Erdgas bis zu einer festgelegten Menge zu liefern und der Importeur diese Menge zu bezahlen unabhangig davon ob er diese Menge auch tatsachlich abgenommen hat Hiermit wird eine Mindestabnahmeverpflichtung vereinbart die bei Nichtabnahme dennoch bezahlt werden muss in der Regel ist der Kaufer berechtigt auch deutlich mehr abzunehmen Der deutsche Erdgasimport erfolgt ganz uberwiegend auf der Grundlage von Take or pay Klauseln 5 Das liegt daran dass Erdgas im Gegensatz zu anderen Energietragern nicht in dem Staat gefordert wird wo es uberwiegend verbraucht wird und deshalb aufwandige Pipelines verlegt werden mussen Die Pipelines stellen ein Angebotsmonopol dar weil Erdgas oder Erdol hierin nur aus dem Ursprungsland bezogen werden kann Die Exporteure nutzen dabei ihre monopolbedingte Verhandlungsmacht um Take or pay Klauseln durchzusetzen Nach dem russischen Uberfall auf die Ukraine sah sich auch Osterreich in der dann unangenehmen Lage die Lieferungen von Gazprom abnehmen und bezahlen zu mussen wegen einer Take or Pay Klausel 6 Solche Take or Pay Vertrage haben bei Grossabnehmern haufig sehr lange Laufzeiten zwischen 25 und 30 Jahren Heute sind im Allgemeinen nur noch Vertrage uber eine Laufzeit von hochstens 4 Jahren kartellrechtlich zulassig Aufgrund der langen Laufzeit werden in der Regel keine Festpreise vereinbart Verbreitet sind stattdessen Preisbindungen an offentlich verfugbare Handelspreise oder Indizes des statistischen Bundesamts beispielsweise HEL Index Rheinschiene 7 PreisgestaltungPreisbindungen an Indizes gehen oftmals mit typischen Preisformeln der Form 6 3 3 einher Die drei Ziffern haben dabei ublicherweise die Werte 1 3 oder 6 Dabei bedeutet die letzte Ziffer im Beispiel eine 3 wie lange der Preis gultig ist hier fur 3 Monate beispielsweise vom 1 7 bis zum 30 09 Die zweite Ziffer im Beispiel wieder eine 3 bedeutet dass vom 1 7 3 Monate ruckwarts gegangen wird um zur Preisbildungsperiode zu gelangen Diese endet somit am 30 03 Die erste Zahl bestimmt die Lange der Preisbildungsperiode Somit beginnt die Preisbildungsperiode am 01 10 des Vorjahres Um den gultigen Preis zu erhalten mussen also die Monatspreise von Oktober bis Marz gemittelt werden der resultierende Preis gilt dann fur die Monate Juli bis September Alle 3 Monate gilt ein neuer Preis der durch die 3 Monate vorher liegende 6 Monatsperiode gebildet wird Es ist auch moglich dass Preisanpassungen vorgenommen oder Bedingungen fur Nachverhandlungen spezifiziert werden Die Bestimmung des Preises kann weiterhin durch eine sogenannte Netback Rechnung erfolgen Der Netback Marktwert fur eine spezifische Kundengruppe errechnet sich am Importpunkt durch den niedrigsten Preis eines konkurrierenden Energietragers z B den Preisen fur Rohol Heizol Kohle abzuglich der Kosten fur Transport Speicherung Messung Steuern etc Der Entwicklung des gewichteten durchschnittlichen Netback Wertes aller Gaskundengruppen ergibt die Preisgleitklausel des Gasimportvertrages Durch diese Art der Preisgestaltung die sich an den Preisen konkurrierender Energietrager orientiert ist eine moglichst hohe Auslastung der Pipelineinfrastruktur sichergestellt Zudem fuhrt diese Preisgestaltung zu einer speziellen Risikoallokation zwischen Produzenten und Importeuren Dabei liegen die Risiken der Gaswirtschaft zum einen in der Entwicklung der Preise von Konkurrenzenergietragern und zum anderen in einem allgemeinen Marktrisiko das durch unvorhergesehene Konjunkturschwankungen Veranderungen der Praferenzen sowie durch technische Entwicklungen und durch die Konkurrenzsituation zwischen den Unternehmen der Gaswirtschaft entsteht Durch die Weitergabe von Preisschwankungen der konkurrierenden Energietrager an die Produzenten tragen diese das Preisrisiko wahrend die Importeure das Mengenrisiko durch veranderte Marktbedingungen tragen Dieses Mengenrisiko konnte in der Vergangenheit noch zusatzlich reduziert werden indem der Zugang zu den Transport und Verteilungsnetzen in einem bestimmten Versorgungsgebiet immer nur einem bestimmten Unternehmen offenstand und Dritten vollig verwehrt werden konnte Marktschranke Die Importeure konnten so die langfristig anfallende Nachfrage relativ sicher prognostizieren und ihr Mengenrisiko reduzieren Durch die Einfuhrung eines Gas zu Gas Wettbewerbs oder eines sog Third Party Access d h der Offnung des Zugangs zu den Transportnetzen fur Dritte entfallt diese Moglichkeit jedoch zumindest teilweise da dann Dritten der Zugang zu einem Versorgungsgebiet offensteht Die Existenz von ToP Vertragen im Gassektor scheint dadurch in Frage gestellt Zur aktuellen Situation siehe Gasmarkt SonstigesAhnliche Vereinbarungen sind auch bei Fernwarmelieferungen ublich Abfallentsorgung BearbeitenBei der Abfallentsorgung geht die Lieferung vom Kunden aus er liefert dem Entsorgungsunternehmen den Abfall Deshalb heisst die Klausel hier Bring or pay deutsch bringen oder bezahlen Die Klausel verpflichtet den Kunden das Entgelt fur die quartalsmassig festgelegte Abfallmenge auch in dem Fall zu entrichten dass der Kunde weniger als die vereinbarte Quartalsmenge anliefert und kein Ausgleich uber entsprechende spatere Mehrlieferungen erfolgt 8 Im zitierten Urteil stellte der BGH fest dass Mindermengen dann nicht bezahlt werden mussen wenn dem Entsorgungsunternehmen hierdurch nachweisbar kein Schaden entstanden ist Deshalb benachteiligt diese Klausel den Kunden unangemessen weil sie dazu fuhrt dass das Entsorgungsunternehmen erbrachte und nicht erbrachte Leistungen des Kunden in gleicher Weise abrechnen wurde Wirtschaftliche Aspekte BearbeitenDie Klausel verringert einseitig das Absatzrisiko des Verkaufers wahrend der Kaufer einem Erfullungsrisiko ausgesetzt ist Diesem kann nur mit einer Vertragsstrafe begegnet werden fur den Fall dass der Verkaufer nicht liefern kann Betriebsstorung oder will Vertragsbruch Das Preisrisiko liegt beim Verkaufer das Mengenrisiko beim Kaufer Damit fuhrt die Klausel zu einer ungleichen Risikoverteilung Das Zahlungsrisiko wird meist durch eine Zahlungsgarantie eines Kreditinstituts zu Gunsten des Verkaufers abgesichert Ob eine solche Klausel uberhaupt bei Vertragsverhandlungen vereinbart wird ist vor allem eine Frage der Verhandlungsmacht Sind im Falle der Erdgaslieferungen die Pipelines bereits fertiggestellt bevor der Liefervertrag geschlossen wird sinkt die Verhandlungsmacht des Kaufers Moral Hazard Akzeptiert der Kaufer in dieser Situation die Klausel nicht und es kommt nicht zur Gaslieferung wird die Pipeline fur ihn zu einer Fehlinvestition Kommt es zu einem Abnahmestopp des Kaufers so muss er klauselbedingt die Mindestabnahmemenge bezahlen ohne dass diese geliefert wird Diese Problematik tritt nur dann nicht ein wenn die Regierung einen Boykott ausspricht der als hohere Gewalt gilt und sowohl die Lieferverpflichtung des Verkaufers als auch die Zahlungsverpflichtung des Kaufers schadensersatzlos aufhebt 9 Das Take or pay Risiko des Importeurs beispielsweise eines Energieversorgungsunternehmens lasst sich nicht in den Allgemeinen Geschaftsbedingungen auf die Energieverbraucher uberwalzen 10 wohl aber einzelvertraglich durch Individualabrede vereinbaren Wirtschaftlich erfullt auch der Mindestumsatz die Take or Pay Klausel Abgrenzung BearbeitenBei der Take and Pay Klausel bietet der Kaufer dem Verkaufer eine Kaufgarantie bei gleichzeitiger Zahlungsverpflichtung an 11 der Vertrag verpflichtet zur Zahlung und zur Abnahme Eine Zahlungspflicht besteht nur dann wenn der Kaufer die Lieferung auch tatsachlich erhalt bedingte Verpflichtung Einzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Breuer Thilo Schweizer Claudia Breuer Hrsg Gabler Lexikon Corporate Finance 2003 S 507 Springer Fachmedien Wiesbaden Hrsg Kompakt Lexikon Marketingpraxis 2013 S 297 Springer Fachmedien Hrsg Kompakt Lexikon 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