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Der Begriff Enzymspezifitat oder Substratspezifitat bezeichnet das Phanomen dass Enzyme zumeist nur ein Substrat bzw eine beschrankte Anzahl von Substraten in ihrem aktiven Zentrum aufnehmen konnen was einen Aspekt des Schlussel Schloss Prinzips beschreibt Dieser Sachverhalt ist sowohl fur den Organismus der diese Enzyme besitzt als auch fur die Wissenschaft von fundamentaler Wichtigkeit Piktographische Darstellung einer enzymatischen Umsetzung Die spezifischen aktiven Zentren sind hier vereinfacht durch geometrische Figuren wiedergegeben Inhaltsverzeichnis 1 Faktoren der Spezifitat 2 Arten der Spezifitat 3 Bedeutung fur die Wissenschaft 3 1 Pharmakologie 3 2 Biochemie 3 3 Analytik 4 Siehe auch 5 LiteraturFaktoren der Spezifitat BearbeitenEnzyme sind meistens in der Anzahl der Substrate die sie binden konnen stark eingeschrankt Dies wird durch die notige Komplementaritat zwischen dem Substrat und dem aktiven Zentrum des Enzyms begrundet Dabei unterscheidet man zwei Aspekte Geometrische KomplementaritatHierbei ist der stereochemische Gesichtspunkt gemeint da das aktive Zentrum eines Enzyms nur fur Substrate bestimmter Form und Grosse zuganglich ist zumal es zu keiner Abstossung zwischen den Aminosaureresten im aktiven Zentrum und dem Substrat durch beispielsweise die Unterschreitung der Van der Waals Radien kommen darf sodass nicht lediglich die Form des Substrats sondern in den meisten Fallen auch die funktionellen Gruppen die die Form des Substrats bilden fur die geometrische Komplementaritat von Bedeutung sind Elektronische KomplementaritatAuch die elektrostatischen Wechselwirkungen zwischen aktiven Zentrum und Substrat sind bei dessen Bindung aneinander von grosser Bedeutung Dabei kommen vermehrt Wasserstoffbruckenbindungen Dispersionskrafte und Dipol Dipol Wechselwirkungen zustande All diese intramolekularen Krafte sind sowohl fur die Aufnahme des Substrats im aktiven Zentrum als auch fur die Stabilisierung des Substrats im selbigen verantwortlich Seltener kommt es noch vor dass im Sinne der Stabilisierung kovalente Bindungen zwischen Aminosaureresten des Enzyms und dem Substrat gebildet werden Durch solche Wechselwirkungen wird auch die konformationelle Anpassung des aktiven Zentrums eines Enzyms an das Substrat induziert was als Induced fit bezeichnet wird Dieses Phanomen ist ebenfalls ein Grund fur die meist hohe Spezifitat von Enzymen da das Induced fit die enzymatische Umsetzung initiiert So existieren Substrate die im aktiven Zentrum eines Enzyms aufgenommen werden konnen jedoch aufgrund einer anderen Ausrichtung oder Anordnung von funktionellen Gruppen keine vollstandige elektronische Komplementaritat besitzen sodass eine fur die Umsetzung relevante substratinduzierte Anpassung des aktiven Zentrums ausbleibt Beide Komplementaritaten und somit auch die Enzymspezifitat sind letztendlich von der Tertiar und Quartarstruktur des aktiven Zentrums eines Enzyms abhangig nbsp Argininosuccinat Lyase bindet Argininosuccinat in seinem aktiven ZentrumArten der Spezifitat BearbeitenEine Wirkungsspezifitat beschreibt die durch den Aufbau des Enzyms bedingte Art der durch ein Enzym katalysierten chemischen Reaktionen z B Hydrolasen Hydroxylasen Synthasen Es ist relativ selten dass ein Enzym nur ein Substrat binden kann Viele Enzyme sind in der Lage mehr als nur ein Substrat zu binden Fur dieses Phanomen gibt es mehrere Unterteilungen SubstratspezifitatSelten kommt es vor dass ein aktives Zentrum eines Enzyms tatsachlich nur ein spezifisches Substrat binden kann Eine Substratspezifitat kommt bei Enzymen wie z B der Meerrettichperoxidase HRP der Maltase Glucoamylase samtlichen RNasen und Restriktionsenzymen vor GruppenspezifitatDer wohl grosste Anteil der biologisch aktiven Enzyme gehoren dieser Kategorie an Die meisten Enzyme nehmen nicht die Substrate meistens Molekule und Molekulionen als Ganzes im aktiven Zentrum auf sondern lediglich die Teile der Substrate die umgewandelt werden mussen Daher ist es auch moglich dass Molekulstrukturen der Substrate die ausserhalb der enzymatisch relevanten Bereiche liegen bis zu einem bestimmten Mass stark variieren konnen Diese Begrenzung der Variabilitat ist dadurch begrundet dass auch Substratstrukturen die ausserhalb der aktiven Zentren liegen sterisch und durch elektrostatische Wechselwirkungen die Enzymstruktur verzerren konnen wodurch die Aktivitat des Enzyms geschwacht oder gar aufgehoben wird nbsp Das Enzym bindet nur einen Teil des Substrats Kalottenmodell in seinem aktiven Zentrum Jedoch konnen die Substrate von Enzymen deren aktive Zentren die jeweiligen Substrate komplett aufnehmen ebenfalls mehr oder weniger stark variieren Dies ist moglich wenn die funktionellen Gruppen der verschiedenen Substrate eines aktiven Zentrums ahnliche physikalische Eigenschaften wie Polaritaten und Bindungslangen besitzen Nicht selten haben Enzyme auch eine so genannte Gruppenspezifitat was impliziert dass deren aktive Zentren Substrate mit zum Teil verschiedensten Strukturen binden konnen die lediglich die gleiche Anordnung einzelner funktioneller Gruppen besitzen Dies lasst vermuten dass das aktive Zentrum lediglich die Molekulstrukturen im Bereich der invariablen funktionellen Gruppen bindet Ein Beispiel dafur ist die Alkoholdehydrogenase die sowohl Methanol Ethanol und wenn auch bedeutend schwacher hohere Alkanole binden und umsetzen kann Obwohl ein Enzym mehrere mogliche Substrate fur dasselbe aktive Zentrum besitzen kann ist die jeweilige Aktivitat des Enzyms bei verschiedenen Substraten stets eine andere Denn trotz der Komplementaritat aller Substrate unterscheiden sie sich normalerweise in der Effektivitat ihrer Umsetzung So kann bei Verwendung verschiedener Substrate am gleichen aktiven Zentrum eines Enzyms beispielsweise die Reaktionsgeschwindigkeit variieren Daher gibt es fur Enzyme immer ein Substrat das am effektivsten umgesetzt wird wie dies schon an der Alkoholhydrogenase gezeigt wurde dessen effektivstes Substrat das Methanol ist StereospezifitatDie meisten Enzyme sind so spezifisch dass sie nur ein Enantiomer des Substrats aufnehmen konnen da die Substituenten des Enantiomers eines Substrats nicht an den gleichen Stellen im aktiven Zentrum des entsprechenden Enzyms angreifen wie das primare Substrat woraus eine schwachere Bindung oder eine ganzliche Nichtaufnahme resultiert Die Pfeiffersche Regel beschreibt den Zusammenhang zwischen der Affinitat und der Enantioselektivitat zwischen einem Enzym und einem chiralen Substrat Bedeutung fur die Wissenschaft BearbeitenPharmakologie Bearbeiten Fast samtliche wirksamen Medikamente beruhen in ihrer Funktionalitat auf der Bindung und der daraus folgenden Hemmung oder Aktivierung von Proteinen zu denen auch die Enzyme gehoren Dies stellt auch eine zentrale Aufgabe der Pharmakologie dar da Stoffe meistens synthetisiert werden mussen die in der Lage sind spezifisch an ein ganz bestimmtes Enzym zu binden um dessen Funktionalitat zu beeinflussen Biochemie Bearbeiten Auch in der Biochemie spielt es eine grosse Rolle dass Enzyme nur bestimmte Stoffe umwandeln konnen Dort agieren sie meist als labortechnische Werkzeuge Beispielsweise benotigt man bei der Sequenzierung eines Genoms kleine DNA Sequenzen Um die Zerteilung der biologisch aktiven DNA die aus ungefahr 3 2 Mrd Basenpaaren besteht in kleinere wenige 100 Basenpaare grosse DNA Fragmente zu bewerkstelligen kommen Restriktionsenzyme zum Einsatz die in der Lage sind die DNA an spezifischen Nukleotidabfolgen und auf spezielle Weise zu zerschneiden Durch mangelnde Spezifitat konnen solche Enzyme ihre Hydrolyse an anderen Stellen der DNA durchfuhren als ihre Erkennungssequenz dies ublicherweise eingrenzt Dies kann z B durch suboptimale Umgebungsbedingungen bezuglich der Tonizitat und fehlender Kofaktoren geschehen Die Veranderung der Enzymspezifitat ist ein Ziel des Protein Engineering Analytik Bearbeiten Oft ist der analytischen Chemie die Aufgabe gestellt organische und zum Teil hochmolekulare Stoffe nachzuweisen Da jedoch beispielsweise nachzuweisende Proteine eine grosse Anzahl an chemischen Gruppen beherbergen konnen ist diese Aufgabe durch klassische analytische Verfahren kaum losbar Aufgrund der Spezifitat von Enzymen jedoch ist es moglich einen ganz bestimmten Stoff mit einer hohen Wahrscheinlichkeit nachzuweisen Diese Wahrscheinlichkeit ist von der Anzahl an Substraten an die das gewahlte Enzyme obendrein binden kann abhangig Eine sehr bekannte Verwendung dieser Methode ist der GOD Test mithilfe dessen man Glucose beispielsweise in Urin nachweisen kann Dabei wird das Enzym Glucose Oxidase verwendet das spezifisch Glucose zu Glucono d lacton oxidiert Das entstehende Nebenprodukt Wasserstoffperoxid initiiert durch ein weiteres spezifisch an Peroxide bindendes Enzym Peroxidase eine charakteristische Farbung Siehe auch BearbeitenInhibitor EnzymkinetikLiteratur BearbeitenDonald Voet Judith G Voet und Charlotte W Pratt Lehrbuch der Biochemie Wiley VCH ISBN 978 3 527 32667 9 Rudiger Faust Peter W Atkins und Loretta Jones Chemie einfach alles Wiley VCH ISBN 978 3 527 31579 6 E Buxbaum Fundamentals of Protein Structure and Function englisch Springer New York 2007 ISBN 9780387263526 P Kaumaya Protein Engineering Intech Open 2012 ISBN 978 953 51 0037 9 Online Version in Englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Enzymspezifitat amp oldid 213573977