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Als Stygobionta auch Stygobionte Stygobite bezeichnet man Lebewesen die bevorzugt oder ausschliesslich im Grundwasser leben die sich also auf den Biotop Lebensraum des Stygal spezialisiert und daran angepasst haben Inhaltsverzeichnis 1 Terminologie 2 Besiedlungsspektrum 2 1 Grundwassertiere 2 2 Gruppen stygobionter Tiere 3 Bedrohung 4 Quellen 5 EinzelnachweiseTerminologie BearbeitenDer Lebensraum Grundwasser wird mit dem Fachausdruck Stygal bezeichnet seine Lebensgemeinschaft als Stygon Die dort lebenden Organismen bezeichnet man nach dem Grad ihrer Spezialisierung als Stygobionte auf diesen Lebensraum spezialisiert nur ausnahmsweise andernorts vorkommend Stygophile bevorzugt im Grundwasser aber auch in anderen aquatischen Lebensraumen vorkommend und Stygoxene auf andere Gewassertypen spezialisiert nur ausnahmsweise im Grundwasser Davon abgegrenzt werden Organismen die spezifisch in Hohlen Gewassern leben Troglobios genannt vgl Artikel Hohlentier sie werden entsprechend in Troglobionte Troglophile und Trogloxene eingeteilt 1 Im Luckensystem unter der Gewassersohle von Oberflachengewassern insbesondere Fliessgewassern wird eine eigene Zone genannt Hyporheisches Interstitial abgetrennt Deren Fauna ist vollig verschieden von der des Grundwassers und steht eher im Zusammenhang mit dem Oberflachengewasser Besiedlungsspektrum BearbeitenWichtige Eigenschaften des Grundwassers als Lebensraum sind Nahrstoffarmut Oligotrophie Sauerstoffknappheit bis zur Anaerobie hohe Konstanz und Gleichformigkeit der Umweltbedingungen zum Beispiel kaum schwankende Temperaturen auch im Jahresgang kein Unterschied zwischen Sommer und Winter Ausserdem ist das Porenvolumen und damit der besiedelbare Raum meist stark beschrankt Wichtigste Organismengruppe des Grundwassers sind die Prokaryoten Ihre Nahrungsbasis sind uberwiegend mit dem Sickerwasser eingetragene organische Stoffe ein nicht unwesentlicher Anteil sind aber lithotrophe und chemotrophe Arten in tieferen Schichten zum Beispiel Methanogene und Acetogene die mit geogen z B vulkanisch produziertem Kohlendioxid und Wasserstoff auskommen diese konnen Tiefen von uber funf Kilometern in der Erdkruste erreichen 2 Aufgrund der verbreiteten Sauerstoffarmut spielen anaerobe Wege wie Nitratatmung Schwefelatmung und Eisenatmung Reduktion von dreiwertigen zu zweiwertigen Eisen Ionen eine wichtige Rolle Die Prokaryoten des Grundwassers leben weit uberwiegend nicht frei schwimmend sondern sind an Oberflachen angeheftet Die Artendiversitat des Grundwassers gilt als hoch ist aber kaum erforscht weil sich weniger als ein Prozent der Arten auf konventionellen Nahrmedien vermehren lassen Die Zelldichte liegt zwischen 1 000 und 100 Millionen Zellen pro Kubikzentimeter Wichtige Besiedler sind Proteobacteria Acidobacteria Bacteroidetes Chloroflexi Firmicutes Nitrospira Planctomycetes Spirochaetes Verrucomicrobia 2 Ob es allerdings spezialisierte stygobionte Bakterienarten gibt ist derzeit noch unklar Pilze spielen im Grundwasser eine vergleichsweise geringe Rolle 3 Typische Vertreter sind Ascomycota Zygomycota Oomycota einige Basidiomycota wie Rhizomorpha subterranea Auch Protozoen 4 sind vor allem in belastetem Grundwasser haufiger ihre Dichte uberschreitet normalerweise nicht 100 Zellen pro Gramm Aquifer Material Die Protozoen des Grundwassers sind bisher kaum erforscht Es uberwiegen Flagellaten haufiger sind nach den bisherigen Untersuchungen Bodonida Cercomonadida Chrysomonaden Cryptomonaden Mastigamoebaea Grundwassertiere Bearbeiten siehe auch GrundwassertiereIn Europa kommen mehr als 1220 Arten stygobionter und stygophiler Tierarten vor unter Einschluss der aquatischen Hohlenfauna 5 Stygobionta zeigen bemerkenswerte morphologische und physiologische Eigenarten verglichen mit Lebewesen im Oberflachenwasser die eine Anpassung an das spezielle Biotop darstellen Besonders auffallig dabei ist die fehlende Pigmentierung das Fehlen von Augen und Reduktion von langeren Korperanhangen Typische Stygobionte sind klein oft weniger als ein Millimeter Korperlange und mehr oder weniger wurmformig Stemmschlangler Die meisten konnen verminderten Sauerstoffgehalt tolerieren allerdings keine Anaerobie Viele zeigen dauernde Ventilationsbewegungen um mit der Wasserstromung Sauerstoff zuzufuhren Ihre Ortsveranderung z B durch Schwimmbewegungen ist allerdings gering Trotz der fehlenden Augen besitzen die meisten einen Lichtsinn wobei sie Licht aktiv meiden photophob Der Metabolismus der Stygobionten arbeitet vor allem aufgrund der Nahrungsarmut des Grundwassers und der oft niedrigen Temperaturen auf einem im Vergleich zu verwandten Oberflachenbewohnern niedrigen Niveau Typisch sind langsames Wachstum verzogerte Entwicklungsstadien aber dabei Langlebigkeit Obwohl die Reproduktionsrate geringer ist als die von im Oberflachenwasser lebenden Organismen ist aufgrund der langen Lebens und damit auch Reproduktionsspanne die Nachkommenzahl pro Individuum fast identisch Es wird angenommen dass die recht ungunstigen dabei aber vollkommen gleichformigen und vorhersagbaren Umweltbedingungen einen Selektionsdruck in Richtung Langlebigkeit bei geringer Stoffwechselrate erzeugt dies wurde als A Strategie engl adversity selection umschrieben 6 Grundwassertiere sind sehr oft phylogenetisch alte Entwicklungslinien Dabei ist ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit gering Nordeuropa und Nordamerika sind aufgrund der Artenverluste durch die Eiszeiten bis heute recht artenarm besiedelt Es gibt aquatische Arten von denen sowohl stygobionte wie Oberflachengewasser besiedelnde Populationen bekannt sind beispielsweise Asellus aquaticus und Gammarus pulex Gruppen stygobionter Tiere Bearbeiten Unter den Stygobionten sind Krebstiere die bedeutendsten Vertreter Mehr als die Halfte der beschriebenen Arten gehort zu diesem Unterstamm Zahlenmassig ragen die Copepoda und die Amphipoda mit vielen Stygobionten heraus Bei den stygobionten Amphipoda fallt die grosse Artenvielfalt auf mit mehr als hundert Stygobionten in manchen Gattungen wie Stygobromus und Niphargus 7 Typische europaische Stygobionte sind auch die Gattungen Bathynella Bathynellacea und Thermosbaena Thermosbaenacea ausserhalb Europas gibt es zahlreiche weitere wie die nur auf der Sudhalbkugel lebenden Spelaeogriphacea Bei diesen Gruppen wird direkte Einwanderung aus dem Meer angenommen Weitere taxonomische Gruppen mit Stygobionten sind die Planarien Schnecken 7 Nematoden Wassermilben Hydracarina Echte stygobionte Wirbeltiere wie Fische und Amphibien gibt es nicht sie finden sich ausschliesslich in Hohlengewassern oder den ahnlichen und meist mit ihnen im Zusammenhang stehenden Karstgewassern Bedrohung BearbeitenStygobionte Arten werden heute durch anthropogene Eingriffe in ihren Lebensraum beeintrachtigt Wesentliche Beeintrachtigunggspfade sind etwa Grundwassernutzung Abpumpen und Grundwasserverschmutzung Eine wichtige Rolle spielen Verminderung des Sauerstoffgehalts durch erhohte Biomasse Einschwemmung und Verstopfung Kolmation des Luckensystems durch eingeschwemmtes feinkorniges Material Die Auswirkungen sind im Einzelnen kaum bekannt und werden bei der Nutzung oft noch ignoriert 8 Aufgrund ihrer Lebensweise sind Stygobionte besonders empfindlich gegenuber Lebensraumveranderungen aller Art und sind nach Storungen kaum imstande die fruhere Besiedlung wiederherzustellen Quellen BearbeitenWilfried Schonborn Ute Risse Buhl Lehrbuch der Limnologie Schweizerbarth Verlag Stuttgart 2 Auflage 2013 ISBN 978 3 510 65275 4Einzelnachweise Bearbeiten Wilfried Schonborn Ute Risse Buhl Lehrbuch der Limnologie Schweizerbarth Verlag Stuttgart 2 Auflage 2013 ISBN 978 3 510 65275 4 p 25 a b D M Akob amp K Kusel 2011 Where microorganisms meet rocks in the Earth s Critical Zone Biogeosciences 8 3531 3543 doi 10 5194 bgd 8 2523 2011 Ubersicht in G M Gadd amp J A Raven 2010 Geomicrobiology of eukaryotic microorganisms Geomicrobiology Journal 27 491 519 doi 10 1080 01490451003703006 Novarino G Warren A Butler H Lambourne G Boxshall A Bateman J Kinner N E Harvey R W Mosse R A and Teltsch B 1997 Protistan communities in aquifers a review FEMS Microbiology Reviews 20 261 275 doi 10 1111 j 1574 6976 1997 tb00313 x open access Wilfried Schonborn Ute Risse Buhl Lehrbuch der Limnologie Schweizerbarth Verlag Stuttgart 2 Auflage 2013 ISBN 978 3 510 65275 4 S 27 P J M Greenslade 1983 Adversity Selection and the Habitat Templet The American Naturalist Vol 122 No 3 352 365 a b David C Culver Tanja Pipan Subterranean Ecosystems S 53 W F Humphreys 22009 Hydrogeology and groundwater ecology Does each inform the other Hydrogeology Journal 17 5 21 doi 10 1007 s10040 008 0349 3 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stygobionta amp oldid 226411208