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Die Struma bulgarisch Struma war ein 1880 gebautes zuletzt bulgarisches 469 BRT Motorschiff das im Februar 1942 versenkt wurde Das Schiff hatte uber 760 judische Fluchtlinge in das damals unter britischer Verwaltung stehende Volkerbundsmandat fur Palastina bringen sollen Es wurde von dem sowjetischen U Boot Schtsch 213 Sh 213 das gegen den neutralen Schiffsverkehr im Schwarzen Meer eingesetzt war 1 am 24 Februar 1942 durch einen Torpedo versenkt Fast alle Passagiere starben Struma Die spatere Struma hier im fruheren Aussehen als Yacht Cornelia das Bild stammt vermutlich aus der Zeit um 1890 Die spatere Struma hier im fruheren Aussehen als Yacht Cornelia das Bild stammt vermutlich aus der Zeit um 1890 SchiffsdatenFlagge Bulgarien 1878 Bulgarienandere Schiffsnamen Cornelia ab 1880 Makedonia 1913 1925 Ioannina 1925 1934 Esperos 1934 1940 Schiffstyp MotorschiffHeimathafen Piraus ab 1925 Warna ab 1935 Constanța ab 1941 Eigner Struma AG ab Dezember 1940 Bauwerft Palmers Shipbuilding and Iron Company Newcastle upon TyneStapellauf 1880Verbleib am 24 Februar 1942 von sowjetischem U Boot versenkt 791 Tote Schiffsmasse und BesatzungLange 57 1 m Lua Breite 7 7 mVermessung 469 BRT Besatzung 9MaschinenanlageMaschine 1 DieselmaschineMaschinen leistung 250 PS 184 kW Hochst geschwindigkeit 6 5 kn 12 km h Propeller 1 Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Fluchtlingstransporter fur Juden 3 Uberfahrt und Lage in Istanbul 4 Versenkung 5 Abweichende Dokumentierung 6 Erinnerung 7 Siehe auch 8 Rezeption 9 Literatur 10 Weblinks 11 FussnotenVorgeschichte BearbeitenDie Struma war eine bereits im Jahre 1880 auf der Werft von Palmers Shipbuilding amp Iron Co Ltd im englischen Newcastle upon Tyne gebaute Yacht die unter dem Namen Cornelia vom Stapel gelaufen war Das aus Stahl gebaute Schiff war 57 1 m lang 7 7 m breit und mit 469 BRT vermessen Als Antrieb dienten eine zweizylindrige Expansionsdampfmaschine sowie drei Masten Zustand nach Fertigstellung spater wurde ein Mast komplett entfernt und die beiden anderen gekurzt Zwischen 1880 und 1911 gehorte die Yacht verschiedenen wohlhabenden Privatpersonen in England 1911 wurde das Schiff nach Osterreich Ungarn verkauft und war bis 1913 in Split bei der Firma Papaic amp Novak registriert Wahrend dieser Zeit fuhr das Schiff noch unter dem ursprunglichen Namen Cornelia 1913 wurde die Yacht an ein griechisches Unternehmen weiterveraussert und in Makedonia umgetauft Unter diesem Namen wurde das Schiff vermutlich bis Mitte der 1920er Jahre eingesetzt ehe es um 1925 von der in Piraus ansassigen Firma S A Ionienne de Navigation amp Vap Ioanulato ubernommen und in Ioannina umgetauft wurde 1930 wurde die Yacht von der ebenfalls in Piraus sitzenden Hellenic Coast Lines ubernommen und von dieser ebenfalls noch unter dem Namen Ioannina bis 1934 auf Kustenrouten eingesetzt Im gleichen Jahr erfolgte schliesslich der Weiterverkauf des Schiffes nach Bulgarien Ab diesem Zeitpunkt 1934 ist der Verbleib der Yacht nicht genau bekannt Vermutlich ist sie mit dem als yachtahnlich beschriebenen Schiff Esperos identisch das ab Mitte der 1930er Jahre im bulgarischen Warna gelegen hatte Wann die mogliche Umbenennung von Ioannina in Esperos erfolgt ist ist nicht genau gesichert vermutlich aber geschah dies um 1934 35 Teile des Schiffes darunter einer der Masten und Stucke der Inneneinrichtung wurden ab dieser Zeit von Bord gegeben um das Schiff besser fur den Frachttransport nutzen zu konnen 1939 wurde schliesslich auch der vom Zusammenbruch bedrohte Motor ausgebaut Zwischen 1939 und 1940 lag die Esperos infolgedessen antriebslos in Warna und diente lediglich als Leichter fur den Frachttransport Im Dezember 1940 wurde das heruntergewirtschaftete Schiff von der bulgarischen Struma AG aufgekauft die die ehemalige Yacht in Struma umbenannte und im Rahmen einer Grunduberholung auch einen neuen Motor einbauen liess Fluchtlingstransporter fur Juden BearbeitenZu dieser Zeit wurde der in Warna ansassige und fur verschiedene zionistische Organisationen tatige judische Augenarzt Baruch Konfino der bereits 1939 die Ausfahrten der kleinen und altersschwachen Fluchtlingsschiffe Rudnitchar und Bopha mit insgesamt 368 Menschen an Bord nach Palastina mitinitiiert hatte auf die Struma aufmerksam Konfino erwarb das Schiff am 15 Dezember 1940 von der Struma AG behielt dessen Namen bei und liess es fur den Transport einer grosseren Anzahl von Fluchtlingen herrichten So wurden in den Laderaumen mehrstockige Holzpritschen eingebaut und im Rumpf Wassertanks und Latrinen installiert Der Umbau zog sich uber mehrere Monate hin Bulgarien trat am 1 Marz 1941 dem Dreimachtepakt bei was einen Tag spater zum verabredeten Einrucken deutscher Truppen in Bulgarien fuhrte Vor diesem Hintergrund mussten Konfino und die in den Transport involvierten zionistischen Gruppen unter anderem Betar und Irgun grosse Vorsicht walten lassen Das noch unzureichend ausgerustete Schiff wurde von Warna nach dem rumanischen Constanța verlegt Aufgrund von Verzogerungen konnte die Struma Constanța erst am 12 Dezember 1941 verlassen An Bord des Schiffes das unter dem Befehl des bulgarischen Kapitans G T Gorbatenko stand und unter panamaischer Flagge fuhr befanden sich 791 judische Fluchtlinge die zumeist aus der Bukowina und Bessarabien stammten Es befanden sich keine grossen Vorrate an Bord da man fur die Uberfahrt nach Istanbul nur 14 Stunden eingeplant hatte Auch Rettungsmittel waren nicht vorhanden Uberfahrt und Lage in Istanbul BearbeitenBereits kurz nach dem Auslaufen aus Constanța setzte der Motor der Struma immer wieder aus Istanbul wurde deswegen erst nach vier Tagen am 16 Dezember 1941 erreicht Kurz vor der Ankunft versagte die Maschine komplett den Dienst und das Schiff musste von einem Schlepper in den Hafen gezogen werden Die britische und die turkische Regierung fuhrten in den folgenden zehn Wochen Geheimverhandlungen mit der Jewish Agency for Israel in Jerusalem uber das Schicksal der Passagiere Die britische Regierung wollte diese wegen der fehlenden Visa nicht in Palastina einreisen lassen die turkische Regierung einen Landgang und den Verbleib in der Turkei verhindern Wahrenddessen verschlechterten sich die Versorgungslage und die hygienischen Verhaltnisse auf dem ohnehin uberfullten Schiff Bereits am 24 Dezember 1941 hatte Kapitan Gorbatenko die turkischen Hafenbehorden uber die katastrophalen Zustande an Bord unterrichtet und zudem darauf hingewiesen dass er die Verantwortung im Falle einer Weiterreise des Schiffes wegen der als mangelhaft einzustufenden Seetuchtigkeit nicht ubernehmen konne Am 10 Januar 1942 wurde Gorbatenko erneut bei den turkischen Hafenbehorden vorstellig und wies wiederum auf die menschenunwurdigen Zustande an Bord hin inzwischen hatte es auf der Struma die ersten Falle von Ruhr gegeben Fur nur neun Passagiere wurden im Januar und Februar 1942 Ausnahmeregelungen erreicht sodass Mitte Februar 1942 noch 782 judische Fluchtlinge an Bord waren 2 Noch wahrend der Verhandlungen die uber die Weiterreise wenigstens der unter 11 jahrigen Kinder nach Palastina im Gange waren liessen die turkischen Behorden auf Intervention der englischen Regierung das Schiff am 23 Februar 1942 schliesslich aufs offene Meer Schwarzes Meer hinausschleppen ausserhalb der turkischen Hoheitsgewasser drehte der Schlepper schliesslich ab und uberliess die Struma ihrem Schicksal 3 Versenkung Bearbeiten nbsp Struma Turkei nbsp StrumaOrt der Versenkung im Schwarzen Meer nbsp Karte des Bosporus Position 1 zeigt die Liegeposition der Struma im Hafen von Istanbul Position 2 zeigt den Ort der Versenkung im Schwarzen Meer nicht im Bosporus Die fahrunfahige Struma wurde zwischen 3 und 4 Uhr am Morgen des 24 Februar 1942 etwa 14 Seemeilen nordnordostlich des Bosporus vom sowjetischen U Boot Schtsch 213 unter dem Kommando von Oberleutnant D M Deneschko gesichtet und aus einer Distanz von rund 1 200 m durch einen Torpedo versenkt 4 Der Treffer brachte das uber 60 Jahre alte Schiff innerhalb weniger Minuten zum Sinken Beim Untergang starben 781 Fluchtlinge sowie 10 Besatzungsmitglieder 5 Nur der 19 jahrige rumanische Jude David Stoliar wurde am nachsten Tag von eintreffenden turkischen Rettungskraften lebend geborgen Er hatte sich mit drei Besatzungsmitgliedern beim Untergang des Schiffes an ein Wrackteil klammern konnen Wahrend diese nach und nach wegen Unterkuhlung ertranken uberlebte Stoliar im eiskalten Wasser aus Verzweiflung unternahm er jedoch im Wasser einen Selbstmordversuch Er wurde in einem turkischen Militarkrankenhaus isoliert und anschliessend gefangen gehalten Judische Vertreter durften ihn nicht kontaktieren und nach zwei Monaten erhielt er die Erlaubnis nach Palastina einzureisen 6 Stoliar lebte zuletzt in den USA wo er im Alter von 91 Jahren am 1 Mai 2014 starb 4 Im Juli 2004 fand ein turkisches Taucherteam etwa an der Stelle an der die Struma gesunken war ein Schiffswrack Die Identitat des Schiffes konnte jedoch nicht abschliessend geklart werden Am 3 September 2004 trafen sich Angehorige der Struma Passagiere Vertreter der turkischen judischen Gemeinde Delegierte aus Grossbritannien und den USA sowie der israelische Botschafter zu einer Gedenkveranstaltung am Ort des Geschehens Abweichende Dokumentierung BearbeitenIn dem 1987 von Gotz Aly herausgegebenen Buch Biedermann und Schreibtischtater wird die Geschichte der Versenkung der Struma anders dargestellt Dort heisst es das Schiff sei von einem deutschen Schnellboot am 25 Februar 1942 versenkt worden 7 Aly stutzt sich dabei auf eine Behauptung aus der ostdeutschen Publikation Aus dem Tagebuch eines Judenmorders von 1956 8 Einige Chronisten geben mitunter widerspruchliche Passagier und Opferzahlen an die aber einer Uberprufung nicht standhalten wurden So wurde neben Holon auch in Aschdod ein Denkmal fur die Opfer der Struma Katastrophe errichtet dessen Inschrift mit den mittlerweile bekannten Fakten nicht ubereinstimmt und damit Opferzahl Ursachen und Verlauf der Geschichte falsch darstellt Erinnerung BearbeitenIn Israel gibt es mehrere Denkmaler und in Be er Scheva ein Museum nbsp Plakat nbsp Denkmal in Aschdod nbsp Denkmal in Holon nbsp Eingang zum MuseumAuf der Internetplattform von Yad Vashem steht eine kleine Online Ausstellung zur Verfugung von der aus zu einer ausfuhrlicheren Dokumentation verlinkt werden kann 9 Siehe auch BearbeitenMefkure 1944 versenktes Fluchtlingsschiff Rudnitchar Fluchtlingsschiff 1939 40 Exodus Immigrantenschiff 1947 St Louis Fluchtlingsschiff Alija Bet Liste der Alija Bet FluchtlingsschiffeRezeption BearbeitenDogan Akhanli Madonna nin Son Hayali Roman Kanat Kitap Istanbul 2005 ISBN 975 8859 25 0 Das Buch wurde von turkischen Kritikern und Schriftstellern zu den zehn besten Romanen des Jahres 2005 gerwahlt Madonnas letzter Traum Ubersetzung Recai Hallac Bremen Sujet Verlag 2019 Douglas Frantz Catherine Collins Death on the Black Sea The Untold Story of the Struma and World War II s Holocaust at Sea Ecco New York 2004 ISBN 0 06 093685 1 Zulfu Livaneli Serenad Roman Dogan Kitapcilik Istanbul 2010 ISBN 605 09 0028 0 deutsch Serenada fur Nadja Klett Cotta Stuttgart 2013 ISBN 978 3 608 93963 7 Lisa Schwarz Schiff ohne Anker Verlag der Nation Berlin 1961 Andreas Pittler Das Totenschiff Mandelbaum Wien 2016 ISBN 3 85476 494 4 Literatur BearbeitenRalf Balke Struma In Dan Diner Hrsg Enzyklopadie judischer Geschichte und Kultur EJGK Band 5 Pr Sy Metzler Stuttgart Weimar 2014 ISBN 978 3 476 02505 0 S 601 604 Dalia Ofer Escaping the Holocaust Illegal Immigration to the Land of Israel 1939 1945 Oxford University Press 1990 ISBN 0 19 506340 6 Jurgen Rohwer Die Versenkung der judischen Fluchtlingstransporter Struma und Mefkure im Schwarzen Meer Februar 1942 August 1944 Historische Untersuchung Bernard amp Graefe Frankfurt am Main 1965Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Struma Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien jewishgen org Memento vom 6 Juli 2007 im Internet Archive Vorlage Webarchiv Wartung Linktext fehlt Linktext fehlt Die letzte Fahrt der Struma ein Film des rumanischen Autors und Regisseurs Radu Gabrea aus dem Jahr 2001 https www welt de geschichte zweiter weltkrieg article173911336 Flucht nach Palaestina Stalins U Boot torpedierte dieses Fluechtlingsschiff html Foto der Struma Fussnoten Bearbeiten https www spiegel de fotostrecke david stoliar der einzige ueberlebender des untergangs der struma fotostrecke 110325 html Struma list table 1 Composite list of drowned passengers auf jewishgen org Jurgen Rohwer Judische Fluchtlingsschiffe im Schwarzen Meer 1934 1944 a b Marc Pitzke Warum starben die anderen und ich nicht In einestages spiegel de 16 Mai 2013 Struma list table 1 Composite list of drowned passengers auf jewishgen org Dalia Ofer Escaping the Holocaust Illegal Immigration to the Land of Israel 1939 1945 Oxford University Press 1990 ISBN 0 19 506340 6 S 153 H D Heilmann Aus dem Kriegstagebuch des Diplomaten Otto Brautigam In Gotz Aly u a Hrsg Biedermann und Schreibtischtater Materialien zur deutschen Tater Biographie Institut fur Sozialforschung in Hamburg Beitrage zur nationalsozialistischen Gesundheits und Sozialpolitik 4 Berlin 1987 ISBN 3 88022 953 8 S 165 Anm 9 Ausschuss fur deutsche Einheit Hrsg Aus dem Tagebuch eines Judenmorders Berlin Ost 1956 online S 35 Die ganze Behauptung kommt ohne Quellenbelege aus und berichtet nebulos von Einblicknahme eines Gewahrsmannes in turkische Akten Disaster on the Black Sea The Sinking of the Struma amp The Story of the Struma A Refugee Ship Fleeing Romania Sunk at Sea in 1942 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Struma Schiff amp oldid 235912327