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Dieser Artikel behandelt die Sterberate in menschlichen Populationen Zur Sterberate bei Tierarten siehe Populationsdynamik Mortalitat lateinisch mortalitas Sterblichkeit Mortalitatsrate Sterblichkeit oder Sterberate sind Begriffe aus der Demografie Sie bezeichnen jeweils die Anzahl der Todesfalle bezogen auf die Gesamtanzahl der Individuen oder bei der spezifischen Sterberate bezogen auf die Anzahl in der betreffenden Population und zwar immer in einem bestimmten Zeitraum im Gegensatz zur Quote die sich nicht auf einen Zeitraum bezieht Die Mortalitat im Sinne von Sterbewahrscheinlichkeit findet sich in der ersten Spalte jeder Sterbetafel Sterberate je 1000 Einwohner der Landkreise und kreisfreien Stadte Deutschlands 2021 Die Sterbeziffer oder Mortalitatsziffer bezeichnet das Verhaltnis der Anzahl der Sterbefalle zum Durchschnittsbestand einer Population 1 Die rohe Mortalitat ist die Anzahl der Todesfalle pro Gesamtbevolkerung pro Zeit beispielsweise pro 1000 Personen und ein Jahr Die altersspezifische Mortalitat zum Beispiel Kindersterblichkeit gibt die Todesfalle pro Altersklasse pro Zeit an Letalitat Todlichkeit ist die Mortalitat bezogen auf die Gesamtzahl der an einer Krankheit Erkrankten Bei der Sauglings oder der Muttersterblichkeit bildet die Zahl der Ereignisse Geburten die Bezugsgrosse nicht die Bevolkerungsgrosse In der Epidemiologie ist die krankheitsspezifische Mortalitat das Verhaltnis der Anzahl der in einer Population in einem Zeitraum an einer Krankheit gestorbenen Individuen zur Anzahl der Individuen in der Population in der Regel auf 100 000 Einwohner bezogen Die Letalitat ist dagegen das Verhaltnis der Anzahl der an einer bestimmten Krankheit gestorbenen Individuen zur Anzahl der an dieser Krankheit erkrankten Individuen 2 Inhaltsverzeichnis 1 Mortalitatskurve 2 Modellierung nach Gompertz 3 Beispiele fur Mortalitat 4 Einflussgrossen 5 Standardisierte Mortalitatsrate 6 Verwendung 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseMortalitatskurve Bearbeiten nbsp Altersspezifische Sterberaten in Deutschland der Jahre 1990 und 2010 log Skala 3 Nach dem Geburtsrisiko sinkt die Sterberate auf ihren Minimalwert fur Acht bis Zehnjahrige mit ca 20 Todesfallen pro 100 000 Personen der Altersklasse pro Jahr tpj Todesfalle pro Jahr pro 100 000 Personen siehe Diagramm Mit fast 50 sind Unfalle die haufigste Todesursache dieser Altersklasse 4 Fur 15 bis 20 Jahrige bilden ebenfalls Unfalle das Hauptrisiko 40 tpj gefolgt von Mord ca 18 tpj fur USA 40 tpj fur Sudafrika 5 tpj fur Deutschland und Suizid 12 tpj Mit zunehmendem Alter bleiben die Suizidrate und die Unfallhaufigkeit nahezu unverandert wahrend Krankheiten den Hauptanteil an der Sterberate von 800 tpj bei den 50 bis 60 Jahrigen darstellen Abraham de Moivre 1725 approximierte die altersabhangige Sterblichkeit durch eine hyperbolische Zunahme des Sterberisikos begrenzt durch ein maximales Lebensalter Benjamin Gompertz 1824 schlug eine exponentielle Zunahme der Mortalitat vor was die beobachteten Daten ab dem 30 Lebensjahr gut wiedergibt Verfeinerte Modelle fuhren weitere Parameter ein Modellierung nach Gompertz BearbeitenIm Gompertz Diagramm siehe Mortalitatskurve oben wird der Logarithmus der Sterberate uber dem Lebensalter aufgetragen In der logarithmischen Darstellung ist zu sehen dass ab einem Alter von ca 30 Jahren der Anstieg annahernd linear verlauft Die Sterberate verdoppelt sich in etwa in konstanten Zeitintervallen Diese Zeitspanne kurzt man auch als MRDT von mortality rate doubling time ab oder MRD Der lineare Anstieg in der logarithmischen Darstellung entspricht einer exponentiellen Zunahme der Sterberate mit dem Lebensalter Bei der mathematischen Modellierung wird ublicherweise der naturliche Logarithmus verwendet sodass die Sterberate wie folgt beschrieben wird S t e r b e r a t e A l t e r S 30 e G A l t e r 30 J a h r e displaystyle Sterberate Alter S 30 cdot e G cdot Alter 30 mathrm Jahre nbsp Dabei bezeichnet S 30 displaystyle textstyle S 30 nbsp die Sterblichkeit im Alter von 30 Jahren Eine Anpassung fur den Parameter G displaystyle G nbsp liefert einen Wert von G 0 08 J a h r displaystyle G approx tfrac 0 08 mathrm Jahr nbsp das entspricht einer MRDT von ln 2 G 8 7 displaystyle tfrac ln 2 G 8 7 nbsp Jahren Der Faktor G displaystyle G nbsp heisst Gompertz Sterbekoeffizient Studien haben ergeben dass die MRDT seit der Mitte des 18 Jahrhunderts bis heute typischerweise in Australien den USA Japan und Nordeuropa zwischen 7 und 9 Jahren liegt 5 6 Daher wird der Wert oft mit 8 abgeschatzt Werte des MRDT fur andere Tierarten sind zum Vergleich Labormaus 0 27 Jahre Laborhamster 0 5 Rhesusaffe 15 Pferd 4 Haushund 3 Heringsmowe 5 Konigsfasan 1 6 Jahre 5 Beispiele fur Mortalitat BearbeitenDie 10 haufigsten Ursachen fur Mortalitaten in Deutschland 7 Chronische ischamische Herzkrankheit 93 Gestorbene je 100 000 Einwohner ICD I25 Akuter Myokardinfarkt 57 Gestorbene je 100 000 Einwohner ICD I21 Bosartige Neubildung der Bronchien und der Lunge 55 Gestorbene je 100 000 Einwohner ICD C34 Nicht naher bezeichnete Demenz 48 Gestorbene je 100 000 Einwohner ICD F03 Herzinsuffizienz 46 Gestorbene je 100 000 Einwohner ICD I50 Sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit 39 Gestorbene je 100 000 Einwohner ICD J44 Hypertensive Herzkrankheit 30 Gestorbene je 100 000 Einwohner ICD I11 Vorhofflattern und Vorhofflimmern 25 Gestorbene je 100 000 Einwohner ICD I48 Pneumonie Erreger nicht naher bezeichnet 23 Gestorbene je 100 000 Einwohner ICD J18 Bosartige Neubildung der Brustdruse Mamma 23 Gestorbene je 100 000 Einwohner ICD C50 Vergleich von Mortalitaten Sauglingssterblichkeit um 2013 in Deutschland Mortalitatsrate 22 8 Muttersterblichkeit bei Geburt 2003 in Deutschland 12 pro 100 000 Gebarende bei Geburt 2003 in Kenia 1300 pro 100 000 Verkehrssterblichkeit 2004 Todesfalle pro 100 000 Einwohner pro Jahr in Deutschland 8 in den Niederlanden 5 9 Todesfalle durch Blitzschlag in Deutschland heutzutage durchschnittlich drei bis sieben Todesopfer pro Jahr in Deutschland also unter 0 01 pro 100 000 Einwohner pro Jahr 10 Im 19 Jahrhundert wurden in Deutschland noch an die 300 Personen jahrlich vom Blitz getotet da wesentlich mehr Menschen auf freiem Feld in der Landwirtschaft arbeiteten und sich nicht in schutzende Objekte wie Autos Traktoren oder Mahdrescher zuruckziehen konnten Besser als die allgemeine oder rohe Mortalitat eignet sich die mittlere Lebenserwartung fur den Vergleich unterschiedlicher Regionen da diese die moglicherweise unterschiedliche altersstrukturelle Zusammensetzung der Bevolkerung ausgleicht Bezogen auf die Altersstruktur weisen stark unterschiedliche Bevolkerungen auch sehr unterschiedliche Mortalitatsraten auf Oft wird aus der Mortalitat Jahr fur eine Risikobewertung eine allgemeine Sterbewahrscheinlichkeit abgeleitet Beispielsweise sterben in Deutschland mit 80 Millionen Einwohnern etwa funf Personen pro Jahr an Blitzschlag Wird ein Lebensalter von 80 Jahren angenommen betragt das Risiko innerhalb der 80 Jahre am Blitzschlag zu sterben 1 200 000 Entsprechend liegt das Verkehrsunfallrisiko in Deutschland bei 1 150 Schliesslich ist das allgemeine Risiko innerhalb von 80 Lebensjahren zu sterben 1 1 25 80 Die Mortalitatsrate in der Tierproduktion gibt an wie viel Prozent der Nutztiere wahrend der Aufzucht verenden In der Schweizer Geflugelproduktion mit BTS Standard liegt dieser Wert bei rund 4 11 Einflussgrossen BearbeitenEinflussgrossen fur die Mortalitat sind vor allem Okologische Determinanten insbesondere Umwelt Vorsorge vor Naturkatastrophen Soziookonomische politische und kulturelle Determinanten korperliche Arbeit Arbeitsschutz Einkommen Ernahrung Lebensstil Krieg Verkehr Medizinische Determinanten zum Beispiel genetische Faktoren Qualitat der medizinischen Versorgung Schutzimpfungen gesundheitliche Aufklarung Hygienevorschriften etc Wahrend er sich statistisch herausmittelt verbleibt der Zufall als Schicksal fur den Einzelnen Gluck und Ungluck Standardisierte Mortalitatsrate BearbeitenDie Standardisierte Mortalitatsrate befasst sich mit den Angaben der Sterbefalle von Personengruppen und macht diese bzgl Alter Geschlecht etc mathematisch vergleichbar Verwendung BearbeitenGeburtenrate und Sterberate bilden wichtige Parameter zur Bestimmung der Altersverteilung einer Gesellschaft und Populationsdynamik im Allgemeinen Die Mortalitat wird auch in manchen Kriterien der Risikoanalyse verwendet siehe Minimale endogene Mortalitat In der Technik werden Ausfallwahrscheinlichkeiten im Rahmen der Ereigniszeitanalysen untersucht Die Sterberate spielt eine Rolle bei der Einschatzung der saisonalen Grippe und von Pandemien Dabei wird die Sterblichkeit mit den Mittelwerten vergangener Jahre ohne die Epidemie verglichen Auf diese Weise werden Ubersterblichkeiten festgestellt die der Epidemie zugeordnet werden konnen Ab 2008 unterstutzte die GD Sante den Aufbau des Projektes Euromomo 12 zum europaweiten Monitoring der Mortalitat Es sammelt Daten aus 18 europaischen Staaten den vier Landesteilen des Vereinigten Konigreiches sowie zwei deutschen Bundeslandern fortlaufend und zeitnah um auf die saisonale Influenza oder auf eine Pandemie zuruckgehende Einflusse auf die Sterberaten landerubergreifend sichtbar zu machen Unterstutzung erfahrt das Projekt inzwischen auch vom Europaischen Zentrum fur die Pravention und die Kontrolle von Krankheiten ECDC und der Weltgesundheitsorganisation WHO Siehe auch BearbeitenMorbiditat Erkrankungshaufigkeiten Relative und absolute Risikoreduktion Anzahl der notwendigen Behandlungen Mikromort Masseinheit fur Sterberisiko Liste der Lander nach Todesrate Geburtenziffer das Gegenstuck zur SterberateLiteratur BearbeitenLadislaus von Bortkewitsch Die mittlere Lebensdauer Die Methoden ihrer Bestimmung und ihr Verhaltnis zur Sterblichkeitsmessung Gustav Fischer Jena 1893 Digitalisat Rainer Wehrhahn Verena Sandner Le Gall Bevolkerungsgeographie WBG Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2011 ISBN 978 3 534 15628 3 S 36 45 I Z In Wilhelm Kirch Hrsg Encyclopedia of Public Health 1 Auflage Band 2 Springer Berlin 2008 ISBN 978 1 4020 5615 4 Mortality Mortality Rate Definition S 966 f englisch 1601 S Leseprobe abgerufen am 26 Januar 2022 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Mortalitat Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Lebensspanne und Todesursachen fruher und heute Memento vom 25 November 2012 im Internet Archive In Online Handbuch des Berlin Instituts fur Bevolkerung und Entwicklung Sterbefalle Sterbeziffern je 100 000 Einwohner in Deutschland Statistisches Bundesamt Deutschland Sterblichkeit und Todesursachen in der Schweiz Bundesamt fur Statistik Mortalitatsatlas von Berlin Mortalitat und Todesursachen in den USA 1996 disastercenter com englisch Landerstatistiken der CIA englisch Memento vom 5 Januar 2010 im Internet Archive Mortalitatskurven Memento vom 6 Januar 2010 im Internet Archive bei der University of Idaho englisch Bundesinstitut fur Bevolkerungsforschung BiB Rauchen ist ein wesentlicher Faktor fur regionale Unterschiede in der Sterblichkeit Originalstudie Einzelnachweise Bearbeiten Pschyrembel Klinisches Worterbuch 258 Auflage De Gruyter 1998 Infektionsschutz und Infektionsepidemiologie Fachworter Definitionen Interpretationen Robert Koch Institut 2015 The Human Mortality Database University of California Berkeley und Max Planck Institut fur demografische Forschung Stand 5 Mai 2013 Sterberate in den USA a b Finch u a Slow mortality rate accelerations during aging in some animals approximate that of humans Science 249 1990 902 905 doi 10 1126 science 2392680 JSTOR 2877958 Finch The Biology of human longevity Academic Press 2007 S 12 Die Daten stammen aus dem Statistik Tool der BinDoc GmbH das auf Datengrundlage der Gesundheitsberichterstattung des Bundes abgerufen am 28 April 2020 erstellt wurde prb org Abgerufen am 14 April 2021 Unfalle Bei gbe bund de 1 2 Vorlage Toter Link www gbe bund de Sterbefalle nach ausseren Ursachen und ihren Folgen ab 1998 Seite nicht mehr abrufbar Suche in Webarchiven Gesundheitsberichterstattung des Bundes Deutschland Keine Manipulation beim Huhnerbericht SRG SSR 8 Mai 2018 abgerufen am 23 November 2020 euromomo euNormdaten Sachbegriff GND 4057312 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mortalitat amp oldid 234376661