www.wikidata.de-de.nina.az
Der Soziale Friedensdienst SoFd war ein von evangelischen Christen in der DDR geforderter Ersatzdienst der eine zivile Moglichkeit der Wehrdienstverweigerung in der DDR schaffen sollte Inhaltsverzeichnis 1 Die Entwicklung der SoFd Initiative 2 Die Entwicklung der Friedensgebete in der DDR 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseDie Entwicklung der SoFd Initiative BearbeitenAb Mai 1981 verbreitete sich als Kettenbrief die Forderung einer Initiativgruppe aus der evangelischen Weinbergsgemeinde Dresden nach einem Sozialen Friedensdienst Die Volkskammer moge beschliessen Als gleichberechtigte Alternative zum Wehrdienst und Wehrersatzdienst wird ein Sozialer Friedensdienst SoFd eingerichtet Die Erfassung Musterung und Einberufung dazu erfolgt dem Wehrdienst entsprechend Das Gesetz uber die allgemeine Wehrpflicht vom 24 1 1962 ist dahingehend zu andern 1 Die Gruppe von etwa 20 jungen Leuten um den Dresdner Pfarrer Christoph Wonneberger entstand aus der offenen sozialdiakonischen Jugendarbeit in der Gemeinde Der Aufruf war von Christian Burckhardt Christoph Wonneberger sowie dem Superintendenten Christoph Wetzel unterzeichnet In der Form eines kirchlichen Rundschreibens wurde auf diese Weise das Verbot von Unterschriftensammlungen umgangen Mangels Vervielfaltigungsmoglichkeiten wurde der Brief hundertfach per Hand oder Schreibmaschine abgeschrieben Das Anliegen Eingaben an die Landessynoden der evangelischen Kirchen in der DDR zu senden verbunden mit der Bitte sich bei Gesprachen mit dem Staat fur den waffenlosen Sozialen Friedensdienst einzusetzen kam nicht nur bei den betroffenen Jugendlichen gut an Unerwartet uberfluteten bis Ende 1981 mehr als 12 000 Eingaben die Landessynoden Allein zur sachsischen Herbstsynode waren es etwa 800 Eingaben mit mehr als 2 000 Unterschriften Erich Honecker schatzte diese Initiative in einem Fernschreiben an die SED Bezirksleitungen als staats verfassungs und friedensfeindlich ein Mit einer vernichtenden Stellungnahme des Cottbuser SED Chefs Werner Walde Ende 1981 im Neuen Deutschland wurde diese Position auch offentlich klar zum Ausdruck gebracht 2 Dort proklamierte das Zentralkomitee der SED ausdrucklich dass bereits unsere gesamte Republik ein Sozialer Friedensdienst sei Gegen Christoph Wonneberger und funf seiner engsten Mitarbeiter darunter den spateren Greifswalder Bischof Eduard Berger wurde deshalb 1981 vom Ministerium fur Staatssicherheit der Operative Vorgang OV Provokateur eroffnet Bis 1986 wurden funf Bande Spitzelberichte und Massnahmeplane angelegt Das Ziel des Geheimdienstes war die Zuruckdrangung dieser unabhangigen Friedensbestrebungen mittels Verunsicherungen im personlichen und beruflichen Leben der Initiatoren Wahrend die Jugendlichen noch an vertrauensbildenden Massnahmen bastelten plante der Staat bereits die unliebsamen Kritiker der staats offiziellen Friedenspolitik mit rigiden administrativen Mitteln aus dem Weg zu schaffen Dazu wurden Inoffizielle Mitarbeiter IM in der Gruppe eingeschleust Einer dieser Spitzel bot sich der Gruppe als Kontaktadresse an Der aus Pulsnitz stammende Pfarrerssohn Soren Naumann alias Egon wurde dafur als IMB Michael Muller vom Geheimdienst mit monatlich 400 Mark bezahlt Ein IMB Werner Lehmann ubernahm als Beauftragter der Gruppe die Kontakte zur Evangelischen Studierendengemeinde so dass auch diese Verbindung unter Kontrolle des MfS stand Ostern 1982 plante die SoFd Gruppe eine DDR weite Friedenssternfahrt aller Petenten zur Dresdner Kreuzkirche 2000 junge Fahrradfahrer wurden erwartet Einzelgesprache staatlicher Funktionare mit evangelischen Bischofen zur Zuruckdrangung der Initiative hatten nicht den gewunschten Erfolg gebracht Auch Bischof Albrecht Schonherr erklarte im Mai 1982 auf einer Tagung der Heinemann Initiative in Rastatt dass wir Christen in der DDR gut daran tun dass unser Friedenszeugnis rein bleibt Wir Christen erinnern uns mit Scham daran wie wenige von uns im verbrecherischen 2 Weltkrieg den Kriegsdienst verweigerten und dafur mit dem Leben bezahlten Nicht zuletzt ist der Gedanke furchtbar dass in einem nachsten Krieg Deutsche auf Deutsche schiessen werden und damit das Gericht des zweiten Weltkrieges vollendet werden wurde Der sachsische Bischof Johannes Hempel verbot Wonneberger weitere Planungen fur dieses Grosstreffen in Dresden aber versicherte gleichzeitig das Anliegen SoFd als gesamtkirchliches Anliegen weiter vorzubringen Fur die inzwischen 40 jungen Leute der Initiative gelte aber nachdem Kirchenstaatssekretar Klaus Gysi dem Bischof Tonbander der uberregionalen Arbeitstreffen vorgespielt habe Wir konnen Euch nicht mehr schutzen Als vertrauensbildende Massnahme gegenuber dem Staat beschloss deshalb das 3 uberregionale SoFd Arbeitstreffen in Dresden am 28 30 Dezember 1981 zum Beispiel Arbeitseinsatze in staatlichen Alters und Pflegeheimen Der Lohn sollte so viel Provokation musste gegenuber dem Staat und in Bewunderung fur die mutigen Polen sein fur ein Warschauer Kinderkrankenhaus gespendet werden Fur den Gedenktag der Zerstorung Dresdens zum 13 Februar 19982 hatte eine andere Dresdner Initiativgruppe nach dem Vorbild der SoFd Initiative Ende September 1981 ein Flugblatt als Kettenbrief gestartet und illegal zu einer Versammlung an die Ruine der Frauenkirche aufgerufen 3 Im Zusammenwirken der Initiativgruppe mit der Evangelisch Lutherischen Landeskirche Sachsens wurde die Veranstaltung im Januar 1982 legalisiert und zum Friedensforum in die Dresdner Kreuzkirche kanalisiert der grossten Veranstaltung der staatskritischen Friedensbewegung der DDR 4 An der DDR weiten Verbreitung dieses illegalen Aufrufes hatten sich auch Mitwirkende aus der SoFd Initiative beteiligt so z B Heike Mobius Susanne Moller Thomas Mai und Tobias Schmidt Am 16 Mai 1982 fand das Friedensseminar Konigswalde statt am 27 Juni eine Friedenswerkstatt in der Berliner Erloserkirche In Jena bildete sich um Roland Jahn Dorothea Rost und Andreas Friedrich eine Friedensgemeinschaft 5 Am 10 Februar 1982 wurde der Schriftsetzer Roland Brauckmann der die Verbindung zwischen den Initiativen aufrechterhielt verhaftet und im Juni 1982 in einem nicht offentlichen Verfahren zu 20 Monaten Haft verurteilt Sogar der Berliner Konsistorialprasident Manfred Stolpe dessen differenzierte Haltung vom Staatssekretar fur Kirchenfragen Klaus Gysi ansonsten gelobt wurde charakterisierte dieses staatliche Vorgehen als mit Haubitzen auf Schmetterlinge zu schiessen Ab 1984 bereitete Heiko Lietz das DDR weite jahrliche Treffen Frieden konkret vor und koordinierte es In dessen DDR weitem Arbeits und Koordinierungskreis zum Wehrdienstproblem den er bis 1990 organisierte und moderierte wurde der SoFd Impuls weiter bearbeitet und verbreitet Ab 1987 wirkte auch die Arbeitsgruppe Menschenrechte aus Leipzig in diesem Gremium mit 6 1988 richteten kirchliche Institutionen in Sachsen Anhalt inoffiziell einen Diakonischen Friedensdienst als symbolischen Wehrersatzdienst in einer kirchlichen Einrichtung ein Doch erst nach der Friedlichen Revolution 1989 wurde mit der ab Marz 1990 geltenden Zivildienstverordnung das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung auch in der Noch DDR die nun nicht mehr der kommunistische Teil Deutschlands war errungen Die Entwicklung der Friedensgebete in der DDR BearbeitenTrotz der geheimdienstlichen Verfolgung der SoFd Initiatoren funktionierte uber personliche Kontakte der Austausch von Informationen zwischen den verschiedenen regionalen nicht staatlichen Initiativkreisen wie dem Leipziger Sonnabendskreis weiter Burgerrechtler und Bausoldaten wirkten massgeblich an der systematischen Vernetzung mit Da eine zentrale Koordinierung der nicht staatlichen Friedenskreise aufgrund heftiger staatlicher und kirchlicher Reglementierung unmoglich schien wurde von Pfarrer Christoph Wonneberger Ende 1981 7 nach dem Vorbild der Politischen Nachtgebete von Dorothee Solle 8 ein Konzept dezentraler Friedensgebete angeregt Die Dresdner Gruppe hatte beschlossen weitere SoFd Initiativen in Form von Friedensgebeten durchzufuhren In Grossstadten der DDR sollten zeitgleich wochentlich am Samstagabend spater am Sonntag bzw am Montag Friedensgebete in zentral gelegenen Kirchen angeboten werden Die Rechnung ging auf In Vorbereitung der Revolution 1989 wurden Orte der Friedensgebete als Kulminationspunkte des Protestes etabliert Durch die das Regime offentlich delegitimierenden Montagsdemonstrationen gelang die Uberwindung der SED Diktatur Literatur BearbeitenWolfgang Buscher Peter Wensierski amp Klaus Wolschner Hrsg Friedensbewegung in der DDR Scandica Verlag Hattingen 1982 ISBN 3 88473 019 3 Klaus Ehring Pseudonym fur Hubertus Knabe amp Martin Dallwitz Pseudonym fur Ulrich Mickan Schwerter zu Pflugscharen Rowohlt Reinbek 1982 ISBN 3 499 15019 0 Manfred Richter amp Elsbeth Zylla Hrsg Mit Pflugscharen gegen Schwerter Erfahrungen in der evangelischen Kirche in der DDR 1949 1990 Protokolle Edition Temmen Bremen 1991 ISBN 3 926958 73 1 Martin Hohmann Schwerter zu Pflugscharen Die Friedensarbeit der evangelischen Kirchen in der DDR 1981 1982 dargestellt an Beispielen aus der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen Berlin Verlag Spitz Berlin 1998 ISBN 3 87061 776 4 Anke Silomon Schwerter zu Pflugscharen und die DDR Die Friedensarbeit der evangelischen Kirchen in der DDR im Rahmen der Friedensdekaden 1980 1982 Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 1999 ISBN 3 525 55733 7 Ehrhart Neubert Geschichte der Opposition in der DDR 1949 1989 Ch Links Verlag Berlin 1997 2 Auflage Bundeszentrale fur politische Bildung 2000 ISBN 3 86153 163 1 Eberhard Kuhrt Hannsjorg F Buck amp Gunter Holzweissig Opposition in der DDR Bestandsaufnahme der DDR Wirklichkeit in den 80er Jahren VS Verlag Wiesbaden 2008 ISBN 3 8100 3618 8 Thomas Mayer Der nicht aufgibt Christoph Wonneberger eine Biographie Evangelische Verlagsanstalt Leipzig 2014 ISBN 978 3 374 03733 9 Ilko Sascha Kowalczuk amp Tom Sello Hrsg Fur ein freies Land mit freien Menschen Opposition und Widerstand in Biographien und Fotos Robert Havemann Gesellschaft in Verbindung mit der Stiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur Berlin 2006 ISBN 3 938857 02 1 Thomas Rudolph Oliver Kloss Rainer Muller Christoph Wonneberger Hrsg im Auftrage des IFM Archivs e V Weg in den Aufstand Chronik zu Opposition und Widerstand in der DDR vom August 1987 bis zum Dezember 1989 Bd 1 Leipzig Araki 2014 ISBN 978 3 941848 17 7 Vorwort als Leseprobe Weblinks BearbeitenChristoph Wonneberger Superintendent Dr Christoph Wetzel Christian Burkhart Initiative Sozialer Friedensdienst vom 9 Mai 1981 Roland Brauckmann Heike Mobius Die Dresdner Initiative fur einen Sozialen Friedensdienst Ein Zeitzeugenbericht in Horch und Guck Heft 46 2004 S 42 44 Fasten fur den Frieden in Berlin 1983 Friedensgebete und Montagsdemonstrationen Soren Naumann alias Egon IMB Michael Muller Protokoll der SoFd Initiative vom 30 Januar 1982 Der Pfarrer der die DDR zu Fall brachte uber Rainer Eppelmann Einzelnachweise Bearbeiten Christoph Wonneberger Christian Burkhart und Superintendent Dr Christoph Wetzel Kettenbrief zum Sozialen Friedensdienst aus der Weinbergskirche Dresden vom 9 Mai 1981 Neues Deutschland vom 21 22 November 1981 S 3 Diskussionsbeitrag des Genossen Walde auf der 3 Tagung des ZK der SED Annett Ebischbach alias Johanna Oliver Kloss und Torsten Schenk Aufruf zum 13 Februar 1982 zur illegalen Versammlung an der Ruine der Frauenkirche in Dresden Text in der Druckfassung von Elke Schanz und Heike Kerstan Oliver Kloss Der Dresdner Aufruf zum 13 Februar 1982 in Forum Politikunterricht Heft 1 2013 Hrsg von der Deutschen Vereinigung fur Politische Bildung Landesverband Bayern ISSN 0941 5874 S 41 f Seitens des MfS wurde die Aktion bearbeitet im OV Ruine der Bezirksverwaltung Dresden des Ministeriums fur Staatssicherheit der DDR Friedensgemeinschaft Jena DDR weiter Arbeits und Koordinierungskreis zum Wehrdienstproblem von Frieden konkret Vorschlag zur Einrichtung eines sozialen Wehrersatzdienstes Digitalisat des Flugblattes Vgl Soren Naumann alias Egon IMB Michael Muller Protokoll der SoFd Initiative vom 30 Januar 1982 S 5 Vgl Anselm Weyer Liturgie von links Dorothee Solle und das Politische Nachtgebet in der Antoniterkirche Herausgegeben fur die Evangelische Gemeinde Koln von Markus Herzberg und Annette Scholl Greven Verlag Koln 2016 ISBN 978 3 7743 0670 7 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sozialer Friedensdienst amp oldid 235628305