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Eine simpliziale Menge ist eine Konstruktion in der kategoriellen Homotopietheorie Sie ist ein rein algebraisches Modell fur schone topologische Raume Dieses Modell entstammt der kombinatorischen Topologie insbesondere der Idee der Simplizialkomplexe Inhaltsverzeichnis 1 Motivation 2 Formale Definition 3 Rand und Entartungsabbildungen 4 Das Standard n Simplex und die Simplexkategorie 5 Geometrische Realisierung 6 Singulare Mengen fur einen Raum 7 Homotopietheorie simplizialer Mengen 8 Simpliziale Objekte 9 LiteraturMotivation BearbeitenEine simpliziale Menge ist ein kategorielles d h rein algebraisches Modell das diejenigen topologischen Raume beschreibt die aus Verklebungen von Simplizes entstehen oder homotopieaquivalent zu einem solchen Raum sind Ahnlichkeiten existieren zur Beschreibung bestimmter topologischer Raume mittels CW Komplexen mit dem Hauptunterschied dass simpliziale Mengen als rein algebraisches Konstrukt mit keiner Topologie ausgestattet sind siehe hierzu auch die untenstehende formale Definition Um aus simplizialen Mengen tatsachlich topologische Raume zu erhalten gibt es einen Funktor geometrische Realisierung der in die Kategorie der kompakt erzeugten Hausdorff Raume abbildet Viele klassische homotopietheoretische Resultate fur CW Komplexe besitzen Entsprechungen in der Kategorie der simplizialen Mengen Formale Definition BearbeitenIn der Sprache der Kategorientheorie ist eine simpliziale Menge X displaystyle X nbsp ein kontravarianter Funktor X D S e t displaystyle X colon Delta to Set nbsp wobei D displaystyle Delta nbsp die simpliziale Kategorie sei eine kleine Kategorie deren Objekte gegeben sind durch O b D n 0 1 n n N displaystyle Ob Delta mathbf n 0 1 n mid n in mathbb N nbsp und deren Morphismen die ordnungserhaltenden Abbildungen zwischen diesen Mengen sind Das heisst H o m D m n a m n i j a i a j displaystyle Hom Delta mathbf m mathbf n alpha mathbf m rightarrow mathbf n mid i leq j Rightarrow alpha i leq alpha j nbsp Hierbei ist S e t displaystyle Set nbsp die Kategorie der Mengen Es ist ublich simpliziale Mengen als kovariante Funktoren von der oppositionellen Kategorie X D o p S e t displaystyle X colon Delta op to Set nbsp zu definieren Diese Definition ist aquivalent zu obiger Alternativ kann man sich simpliziale Mengen auch als simpliziale Objekte siehe unten in der Kategorie der Mengen S e t displaystyle Set nbsp vorstellen jedoch ist dies lediglich eine andere Sprache fur dieselbe obige Definition Wenn wir einen kovarianten Funktor X D S e t displaystyle X colon Delta to Set nbsp anstatt eines kontravarianten verwenden erhalten wir die Definition einer kosimplizialen Menge Simpliziale Mengen bilden eine Kategorie die ublicherweise mit s S e t displaystyle sSet nbsp oder einfach S displaystyle S nbsp bezeichnet wird Ihre Objekte sind simpliziale Mengen und ihre Morphismen sind naturliche Transformationen Die entsprechende Kategorie fur kosimpliziale Mengen nennt man meist c S e t displaystyle cSet nbsp Diese Definitionen ruhren von der Beziehung der Bedingungen der Randabbildungen und den Entartungsabbildungen auch Degenerationsabbildungen zu der Kategorie D displaystyle Delta nbsp her Rand und Entartungsabbildungen BearbeitenIn D displaystyle Delta nbsp gibt es zwei wichtige Klassen von Abbildungen die wir Randabbildungen und Entartungsabbildungen nennen Sie beschreiben die kombinatorische Struktur der zugrundeliegenden simplizialen Mengen Die Entartungsabbildung s i n n 1 displaystyle s i colon mathbf n to mathbf n 1 nbsp fur i 0 n 1 displaystyle i 0 ldots n 1 nbsp ist gegeben als der eindeutige surjektive Morphismus in H o m D n n 1 displaystyle Hom Delta mathbf n mathbf n 1 nbsp der die Zahl i n 1 displaystyle i in mathbf n 1 nbsp zweimal trifft Die Randabbildung d i n n 1 displaystyle d i colon mathbf n to mathbf n 1 nbsp fur i 0 n 1 displaystyle i 0 ldots n 1 nbsp ist gegeben als der eindeutige injektive Morphismus in H o m D n n 1 displaystyle Hom Delta mathbf n mathbf n 1 nbsp der die Zahl i n 1 displaystyle i in mathbf n 1 nbsp nicht trifft Per definitionem erfullen diese Abbildungen die folgenden simplizialen Identitaten d j d i d i d j 1 displaystyle d j d i d i d j 1 nbsp falls i lt j displaystyle i lt j nbsp s j d i d i s j 1 displaystyle s j d i d i s j 1 nbsp falls i lt j displaystyle i lt j nbsp s j d j i d s j d j 1 displaystyle s j d j id s j d j 1 nbsp s j d i d i 1 s j displaystyle s j d i d i 1 s j nbsp falls i gt j 1 displaystyle i gt j 1 nbsp s j s i s i s j 1 displaystyle s j s i s i s j 1 nbsp falls i j displaystyle i leq j nbsp Die simpliziale Kategorie D displaystyle Delta nbsp besitzt als Morphismen monotone nichtfallende Funktionen Da die Morphismen von denen erzeugt werden die ein einzelnes Element weglassen oder hinzufugen liegen die obigen expliziten Relationen den topologischen Anwendungen zugrunde Man kann zeigen dass diese Relationen hinreichend sind Das Standard n Simplex und die Simplexkategorie BearbeitenKategoriell ist das Standard n displaystyle n nbsp Simplex bezeichnet mit D n displaystyle Delta n nbsp der Funktor h o m n displaystyle hom mathbf n nbsp wobei n displaystyle mathbf n nbsp die Kette 0 1 n displaystyle 0 to 1 to ldots to n nbsp der ersten n 1 displaystyle n 1 nbsp nichtnegativen naturlichen Zahlen sei Die geometrische Realisierung D n displaystyle mid Delta n mid nbsp ist gerade das topologische Standard n displaystyle n nbsp Simplex in allgemeiner Lage gegeben durch D n x 0 x n R n 1 0 x i 1 x i 1 displaystyle Delta n x 0 dots x n in mathbb R n 1 mid 0 leq x i leq 1 sum x i 1 nbsp Via Yoneda Lemma sind die n displaystyle n nbsp Simplizes einer simplizialen Menge X displaystyle X nbsp klassifiziert durch naturliche Transformationen in h o m D n X displaystyle hom Delta n X nbsp Die Menge der n displaystyle n nbsp Simplizes von X displaystyle X nbsp wird dann mit X n displaystyle X n nbsp bezeichnet Ferner gibt es eine Simplexkategorie bezeichnet mit D X displaystyle Delta downarrow X nbsp deren Objekte Abbildungen D n X displaystyle Delta n to X nbsp und deren Morphismen naturliche Transformationen D m D n displaystyle Delta m to Delta n nbsp uber X displaystyle X nbsp induziert durch Abbildungen n m displaystyle mathbf n to mathbf m nbsp in D displaystyle Delta nbsp sind Die folgenden Isomorphismen zeigen dass eine simpliziale Menge X displaystyle X nbsp ein Kolimes ihrer Simplizes ist X lim D N X D n displaystyle X simeq lim Delta N to X Delta n nbsp Wobei der Kolimes uber die Simplexkategorie von X displaystyle X nbsp genommen wird Geometrische Realisierung BearbeitenEs gibt einen Funktor S C G H a u s displaystyle colon S to CGHaus nbsp genannt die geometrische Realisierung die eine simpliziale Menge X displaystyle X nbsp in ihre entsprechende Realisierung in die Kategorie der kompakt erzeugten Hausdorff Raume uberfuhrt Diese grossere Kategorie wird als Funktorziel verwendet weil insbesondere ein Produkt simplizialer Mengen X Y displaystyle X times Y nbsp als Produkt X K e Y displaystyle X times Ke Y nbsp der entsprechenden topologischen Raume realisiert wird wobei K e displaystyle times Ke nbsp das Kelley Raumprodukt sei Um den Realisierungsfunktor zu definieren definieren wir ihn zuerst auf n Simplizes D n displaystyle Delta n nbsp als das entsprechende topologische n Simplex D n displaystyle Delta n nbsp Diese Definition setzt sich auf naturliche Weise auf jede beliebige simpliziale Menge X displaystyle X nbsp fort indem man X lim D n X D n displaystyle X lim Delta n to X Delta n nbsp setzt wobei der Kolimes uber die n displaystyle n nbsp Simplex Kategorie von X displaystyle X nbsp genommen wird Die geometrische Realisierung ist funktoriell auf S displaystyle S nbsp Konkret realisieren kann man die geometrische Realisierung X displaystyle X nbsp wie folgt Man nimmt eine Kopie des Standard n displaystyle n nbsp Simplex fur jedes Element aus X n displaystyle X n nbsp fur jedes n und identifiziert verklebt zu jedem x X n displaystyle x in X n nbsp anschliessend jeweils d i x displaystyle d i x nbsp mit der i displaystyle i nbsp ten Seitenflache von x displaystyle x nbsp mittels des kanonischen Homoomorphismus zwischen dem Standard n 1 displaystyle n 1 nbsp Simplex und der Seitenflache des Standard n displaystyle n nbsp Simplex sowie jeweils s i x displaystyle s i x nbsp mit x displaystyle x nbsp mittels der kanonischen Projektion des Standard n 1 displaystyle n 1 nbsp Simplex auf den Standard n displaystyle n nbsp Simplex die die i displaystyle i nbsp te und i 1 displaystyle i 1 nbsp te Ecke des n 1 displaystyle n 1 nbsp Simplex beide auf die i displaystyle i nbsp te Ecke des n displaystyle n nbsp Simplex abbildet fur alle i displaystyle i nbsp Singulare Mengen fur einen Raum BearbeitenDie singulare Menge eines topologischen Raumes Y displaystyle Y nbsp ist die simpliziale Menge definiert durch S Y n h o m D n Y displaystyle S Y colon mathbf n to hom Delta n Y nbsp fur jedes Objekt n D displaystyle mathbf n in Delta nbsp mit der offensichtlichen Funktorialitat auf den Morphismen Diese Definition ist analog zu der Standardidee in singularer Homologie einen topologischen Raum mit Standard n displaystyle n nbsp Simplizes als Ziel auszutesten Ausserdem ist der singulare Funktor S displaystyle S nbsp rechtsadjungiert zu obiger geometrischen Realisierung d h h o m T o p X Y h o m S X S Y displaystyle hom Top X Y simeq hom S X SY nbsp fur jede simpliziale Menge X displaystyle X nbsp und jeden topologischen Raum Y displaystyle Y nbsp Homotopietheorie simplizialer Mengen BearbeitenIn der Kategorie der simplizialen Mengen seien Faserungen Kan Faserungen Eine Abbildung zwischen simplizialen Mengen sei definiert als eine schwache Aquivalenz falls die geometrische Realisierung eine schwache Aquivalenz von Raumen ist Eine Abbildung sei eine Kofaserung falls sie ein Monomorphismus simplizialer Mengen ist Es ist ein kniffliger Satz von Quillen dass die Kategorie der simplizialen Mengen zusammen mit diesen Morphismenklassen die Axiome einer echten proper geschlossenen Modellkategorie erfullt Der Knackpunkt dieser Theorie ist dass die Realisierung einer Kan Faserung eine Serre Faserung von Raumen ist Mit obiger Modellstruktur kann eine Homotopietheorie simplizialer Mengen entwickelt werden Weiterhin induzieren die Funktoren geometrische Realisierung und singulare Mengen eine Aquivalenz von Homotopiekategorien H o S H o T o p S displaystyle colon Ho S leftrightarrow Ho Top colon S nbsp zwischen der Homotopiekategorie simplizialer Mengen und der gewohnlichen Homotopiekategorie der CW Komplexe mit zugehorigen Homotopieklassen der Abbildungen Simpliziale Objekte BearbeitenEin simpliziales Objekt X displaystyle X nbsp in einer Kategorie C displaystyle C nbsp ist ein kontravarianter Funktor X D C displaystyle X colon Delta to C nbsp oder ein kovarianter Funktor X D o p C displaystyle X colon Delta op to C nbsp Ist C displaystyle C nbsp die Kategorie der Mengen sprechen wir von simplizialen Mengen Ist C displaystyle C nbsp die Kategorie der Gruppen oder der abelschen Gruppen so erhalten wir die Kategorien s G r p displaystyle sGrp nbsp simpliziale Gruppen bzw s A b displaystyle sAb nbsp simpliziale abelsche Gruppen Simpliziale Gruppen und simpliziale abelsche Gruppen haben weiterhin die Struktur einer geschlossenen Modellkategorie induziert durch die zugrundeliegenden simplizialen Mengen Die Homotopiegruppen fasernder simplizialer abelscher Gruppen erhalt man durch Anwenden der Dold Kan Korrespondenz die eine Aquivalenz von Kategorien zwischen simplizialen abelschen Gruppen und beschrankten Kettenkomplexen via die Funktoren N s A b C h displaystyle N colon sAb to Ch nbsp und G C h s A b displaystyle Gamma to Ch to sAb nbsp liefert Literatur BearbeitenPaul G Goerss John F Jardine Simplicial Homotopy Theory Birkhauser Basel u a 1999 ISBN 3 7643 6064 X Progress in Mathematics 174 Peter May Simplicial Objects in Algebraic Topology eine konkrete und elementare Einfuhrung Greg Friedman An elementary illustrated introduction to simplicial sets PDF Datei 3 1 MB Rocky Mountain Journal of Mathematics 42 2012 353 424 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Simpliziale Menge amp oldid 238934877