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Ein Sekundant im Schach ist ein Helfer eines Spielers wahrend eines Turniers oder Wettkampfes Er leistet Unterstutzung bei der Vorbereitung analysiert bereits gespielte Partien und macht Verbesserungsvorschlage Wahrend der Partien darf er jedoch nicht eingreifen Inhaltsverzeichnis 1 Historische Entwicklung 2 Sowjetunion 3 Zeit der Schachdatenbanken 4 Literatur 5 QuellenHistorische Entwicklung BearbeitenSekundanten waren bereits im 19 Jahrhundert ublich jedoch beschrankte sich ihre Tatigkeit meist auf administrative Aufgaben Sie agierten als Mittelsmanner bei Verhandlungen uber Spielbedingungen als Treuhander fur Wetteinsatze und als Sekretare die sich um die Aufzeichnung der Partien kummerten Eine systematische Vorbereitung auf einen Gegner war damals noch nicht ublich zumal meist nur ein Bruchteil der von ihm gespielten Partien bekannt war Ausserdem galt es als unsportlich unterbrochene Partien zu analysieren oder Ratschlage Dritter in Anspruch zu nehmen Dies anderte sich im 20 Jahrhundert Emanuel Lasker engagierte vor seinem Wettkampf gegen Siegbert Tarrasch 1908 die Meister Simon Alapin und Heinrich Wolf als Sekundanten die ihn insbesondere im Bereich der Eroffnungen unterstutzten 1935 wurde Max Euwe bei seinem WM Kampf gegen Alexander Aljechin von Reuben Fine und Salo Flohr beraten die beide selbst zur Weltspitze zahlten Diese Entwicklung rief auch Kritiker auf den Plan So bezeichnete Milan Vidmar 1960 das Sekundantenwesen als eine Entartung die aus dem idealen ritterlichen Kampf zweier Kopfe zweier Willen zweier Fahigkeiten und zweierlei Kenntnissen ein sonderbares Ringen zweier Societes anonymes machen will 1 Sowjetunion BearbeitenIn der Sowjetunion welche die Eroberung des Weltmeistertitels als Prestigeangelegenheit ansah wurden Sekundanten vom Staat fur ihre Tatigkeit bezahlt Beim Turnier um die Weltmeisterschaft 1948 hatte jeder der drei sowjetischen Teilnehmer zwei Sekundanten Auch in den folgenden Jahrzehnten erwiesen sich hoch qualifizierte Helfer als Wettbewerbsvorteil insbesondere bei der Analyse von Hangepartien aber auch durch die luckenlose Auswertung von Schachzeitschriften hinsichtlich Eroffnungsneuerungen Im Gegensatz zu ihren westlichen Kontrahenten konnten sowjetische Spieler vor einem Wettkampf in der Regel ein mehrwochiges Trainingslager auf Staatskosten absolvieren Da die vorbereiteten Varianten den spateren Gegnern nicht bekannt werden durften arbeiteten die meisten Weltklassespieler dauerhaft nur mit wenigen Sekundanten zusammen denen sie vollig vertrauen konnten Bekannte Zweierteams waren zum Beispiel jeweils Michail Botwinnik und Wjatscheslaw Ragosin Wassili Smyslow und Wladimir Simagin Tigran Petrosjan und Alexei Suetin sowie Michail Tal und Alexander Koblenz Fur einzelne Analysen wurden zusatzlich Spezialisten konsultiert die aber keinen Einblick in das Gesamtkonzept der Vorbereitungen erhielten Gelegentlich wurden sowjetische Grossmeister sogar gegen ihren Willen verpflichtet einem Landsmann zu helfen Dies geschah insbesondere als sich der Amerikaner Bobby Fischer zu einem ernsthaften Anwarter auf den Weltmeistertitel entwickelte Allerdings hatte diese massive Unterstutzung nicht immer den gewunschten Effekt so verlor Mark Taimanow 1972 eine Hangepartie gegen Fischer weil er durch die zahlreichen ihm vorgelegten Analysen verwirrt war Fischer bevorzugte es dagegen allein zu arbeiten Beim Match des Jahrhunderts 1972 hatte er zwar offiziell William Lombardy als Sekundanten nahm dessen Hilfe aber nicht in Anspruch Beim WM Kampf Anatoli Karpows gegen den kurz zuvor in den Westen geflohenen Viktor Kortschnoi 1978 bot die Sowjetunion zahlreiche hochkaratige Sekundanten auf die unter anderem eine spektakulare Neuerung in der Spanischen Partie vorbereiteten 11 Sg5 in Partie 10 Notation 2 Garri Kasparow wurde anfangs seiner Karriere von Alexander Nikitin betreut dessen Spielstarke jedoch spater nicht mehr ausreichte um Kasparow schachlich weiterzuhelfen 1986 kam es zu einem Eklat als Kasparow seinem Sekundanten Jewgeni Wladimirow vorwarf Eroffnungsvarianten an Karpow verraten zu haben Neben den Sekundanten die fur die schachliche Unterstutzung zustandig waren gab es oft auch einen Delegationsleiter Dieser achtete darauf dass der von ihm betreute Spieler in keiner Weise gegenuber dem Kontrahenten benachteiligt wurde und ubernahm die Kommunikation mit Turnierorganisatoren und Schiedsgericht Zeit der Schachdatenbanken BearbeitenMit dem Aufkommen von Schachdatenbanken ab Mitte der 1980er Jahre gab es immer bessere Moglichkeiten sich auf kunftige Gegner vorzubereiten da die Partien aller wichtigen Turniere schnell erfasst wurden Ebenso konnten geplante Eroffnungszuge durch Schachprogramme effizient auf taktische Fehler untersucht werden Hangepartien wurden dagegen abgeschafft um Computeranalysen zu verhindern Das Anforderungsprofil an Sekundanten anderte sich Wahrend fruher altere moglichst erfahrene Spieler verpflichtet wurden waren nun junge Spieler mit guten Computerkenntnissen gefragt Ein Beispiel ist der spatere Weltmeister Wladimir Kramnik der 1995 als Sekundant von Garri Kasparow bei dessen Wettkampf gegen Viswanathan Anand fungierte Sergei Karjakin wurde 2002 im Alter von nur 12 Jahren Sekundant von Ruslan Ponomarjow Von einer solchen Zusammenarbeit profitieren meist beide Seiten Die jungen Spieler bringen neue kreative Ideen ein gleichzeitig machen sie Erfahrungen hinsichtlich professioneller Vorbereitung die fur ihre eigene Karriere nutzlich sind Nach Ende der Zusammenarbeit kann es aber zu Problemen kommen weil die ehemaligen Sekundanten das Repertoire ihrer fruheren Arbeitgeber sehr gut kennen und diese Erkenntnisse in spateren Begegnungen mit ihnen zum eigenen Vorteil verwenden konnen Daher bevorzugen manche Spieler Sekundanten die keine eigenen Titelambitionen haben So arbeitete Nigel Short bei seinem Wettkampf gegen Kasparow 1993 mit Lubomir Kavalek zusammen mit dem er sich allerdings spater wegen finanzieller Differenzen uberwarf Der ungarische Weltklassespieler Peter Leko hat als Sekundanten seinen Schwiegervater Arschak Petrosjan Literatur BearbeitenAlexander Nikitin Mit Kasparow zum Schachgipfel Sportverlag Berlin 1991 ISBN 3 328 00394 0 Dimitri Plisetsky und Sergei Woronkow Russians versus Fischer Everyman Chess London 2005 ISBN 1 85744 380 2 Alexej Suetin Stunde der Sekundanten Bock amp Kubler Berlin 1995 ISBN 3 86155 050 4 Quellen Bearbeiten Milan Vidmar Goldene Schachzeiten 2 Auflage De Gruyter Berlin 1981 ISBN 3 11 002095 5 S 243 Anatoly Karpov vs Viktor Korchnoi chessgames com abgerufen am 26 Oktober 2019 englisch Normdaten Sachbegriff GND 4398865 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sekundant Schach amp oldid 227087521