Die Schönenbergkirche, auch als Wallfahrtskirche „Zu Unserer Lieben Frau“ bezeichnet, liegt auf dem 530 Meter hoch gelegenen Schönenberg nahe Ellwangen (Jagst) und ist ein bedeutender Kirchenbau in der Region Ostwürttemberg.
Geschichte Bearbeiten
Die erste Kirche auf dem Schönenberg Bearbeiten
Im Jahr 1682 wurde der Grundstein für die Kirche durch Johann Christoph von Freyberg (Bischof von Augsburg) gelegt. Anlass war die Verschonung der Stadt Ellwangen von einem verheerenden Brand im Jahr 1681. Das Bauwerk wurde nach Plänen des Architekten Michael Thumb nach dem Vorarlberger Münsterschema erstellt und 1685 geweiht. Es diente als Vorlage für viele weitere bedeutende Kirchenbauten des Barocks, vor allem in Oberschwaben. 1709 brannte die Kirche nach einem Blitzschlag vollständig aus.
Die zweite Kirche auf dem Schönenberg Bearbeiten
Noch im selben Jahr begannen die Arbeiten zur Erneuerung des Bauwerks, das schließlich 1729 fertiggestellt und am 15. Mai 1729 von Weihbischof Johann Jakob von Mayr aus Augsburg geweiht wurde. Bis 1817 befand sich hinter dem Gotteshaus die katholisch theologische Fakultät der Universität Tübingen. Heute werden diese Räumlichkeiten als Tagungshaus der Diözese Rottenburg-Stuttgart genutzt.
Architektur des Innenraums Bearbeiten
Die Kirche Zu Unserer Lieben Frau auf dem Schönenberg besitzt eine lichte Länge von 49 m und eine lichte Breite von 23 m. Der Grundriss zeigt eine in ein Rechteck eingeschriebene Folge von vier Jochen für den Gemeindesaal sowie drei Jochen für den Chor, wobei der östliche der vier Raumabschnitte des Gemeindesaals breiter ist und Kirchenschiff#Querhaus#querhausartig aus der Mauerflucht vorragt. Der Chor ist eingezogen, das Altarhaus schließt halbrund.
Bei dem in Weiß gehaltenen Innenraum handelt es sich um eine mittelgroße Emporen-Wandpfeilerhalle. Die Stirnen der Wandpfeiler sind mit kannelierten korinthischen Doppelpilastern besetzt. Zwischen den Wandpfeilern sind unten Kapellen und oben Emporen eingezogen. Sowohl Kapellen wie auch Emporen werden von Quertonnen überwölbt. Dabei liegt die Oberkante der Pilaster auf gleicher Höhe wie die Oberkante der Emporenbrüstungen. Über dem vorkragenden Gebälk erhebt sich eine Attika. Die Attika wird aus gestaffelten Pfeilern gebildet und nimmt mittig jeweils eine Nischenfigur eines Apostels auf. Der gesamte Saalraum wird von einer gurtgegliederten Stichkappentonne abgeschlossen. Kapellen und Emporen besitzen etwa die gleiche Höhe. Die Emporen nehmen vor ihrer Ostwand Altäre auf. Nur die Emporen sind durch Fenster belichtet. In der östlichen Abseite wird die Empore zu einem Laufgang oder Emporensteg, was ebenfalls zu dem Eindruck eines regulären Querhauses beiträgt.
Ein als Arkade ausgebildeter Triumphbogen leitet als raumbestimmende Würdeformel zum Chor. Der Chor selbst besitzt keine Emporen. Deshalb sind die Pfeiler über der Gestühlzone als Freipfeiler ausgebildet. Die eigentümliche Choranlage der Kirche ist der Tatsache geschuldet, dass eine 1639 erbaute Lorettokapelle in das Gotteshaus einbezogen wurde.
Die Kirche auf dem Schönenberg gilt zusammen mit der Abteikirche Obermarchtal als Musterbeispiel des „Vorarlberger Münsterschemas“, des besonders von Vorarlberger Architekten gepflegten Wandpfeilersaals. Andererseits bezieht sich der Bau aber sowohl bei der Vergrößerung des vierten Raumkompartiments als auch bei der Einschaltung einer Attika zwischen Emporenzone und Tonnengewölbe auf St. Michael in München, und die Freipfeiler im Chor waren in der Studienkirche in Dillingen vorgebildet.
Ausstattung Bearbeiten
Die prachtvollen Stuckierungen prägen den Innenraum. Entwürfe für die Stuckieren des Tonnengewölbes stammen von Carlo Maria Pozzi. Geschaffen wird die Stuckdecke jedoch um 1711 von Melchior Paulus. Der von Maximilian von Welsch entworfene Hochaltar zeigt eine im Farbton Schwarz-Gold gehaltene Pfeiler-Säulen-Gliederung mit gesprengtem Giebel. Das Altarblatt stammt von Johannes Classen und zeigt die Himmelfahrt Mariens. Hinter dem Hochaltar wurde bereits 1911 eine ca. 100 m2 große Weihnachtskrippe eingerichtet, die das ganze Jahr über zu besichtigen ist und von Sieger Köder im Jahre 2000 neu gestaltet wurde. In der Attikazone in Nischen stehende Stuckfiguren der zwölf Apostel von Melchior Paulus fügen sich harmonisch in den Kirchenraum ein. Die 22 Deckenfresken stammen von dem in Innsbruck geborenen Maler Melchior Steidl (um 1665–1727). Über der Orgel stellte Steidl den Tempelgang Mariens dar, dann folgt ihre Himmelfahrt. Vor dem Chor finden wir die Verkündigung an Maria und im Chor die Kombination von Sündenfall und Erlösungsverheißung mit der Darstellung der apokalyptischen Jungfrau. Bemerkenswert sind die symbolischen und allegorischen Darstellungen Mariens (nach dem Text der Lauretanischen Litanei – Marientitel) im Langhaus und im Chor:
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Orgel Bearbeiten
Die Orgel wurde im Jahr 1975 von dem Orgelbauer Paul Peter Köberle (Schwäbisch Gmünd) erbaut. Das 1711 von Allgaier erbaute Gehäuse (Figuren von M. Paulus) wurde dabei wiederverwendet.
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- Koppeln: II/I, I/P, II/P, Suboktavkoppel II/II, Superoktavkoppel II/II
- Spielhilfen: 64-fache Setzeranlage, Schwelltritt für Kronwerk
Bedeutung des Gotteshauses für die Region Bearbeiten
Heute gilt die Kirche als eines der Schmuckstücke barocker Baukunst, das nicht nur durch die hervorgehobene Lage auf dem Schönenberg für die Region prägend ist. Für den bedeutenden katholischen und orthodoxen Marienwallfahrtsort hat die Wallfahrt eine lange Tradition. Der Weg zur Schönenbergkirche führt – von Ellwangen kommend – eine steile Lindenallee hinauf an 15 Rosenkranzkapellen vorbei.
Besonders die jährlich stattfindende Vertriebenenwallfahrt zieht jeweils Tausende an. Prominente Wallfahrer und Festredner zu diesem Anlass waren unter anderem die Bundeskanzler Konrad Adenauer und Helmut Kohl.
Die Pfarrgemeinde Schönenberg setzt sich aus mehreren Teilorten zusammen und wird seit 1919 vom Redemptoristenorden betreut.
Literatur Bearbeiten
- Yvonne Northemann: Die Santa Casa auf dem Schönenberg bei Ellwangen. Gnadenerfahrung und Katechese. In: INSITU 2023/1, S. 85–98.
- Hugo Schnell: Wallfahrtskirche Unsere Liebe Frau auf dem Schönenberg, Ellwangen. Schnell & Steiner, Regensburg 2002, ISBN 978-3-7954-4144-9.
- Bernhard Schütz: Die kirchliche Barockarchitektur in Bayern und Oberschwaben 1580 - 1780. Hirmerverlag, München 2000. ISBN 978-3777482903, S. 43.
- Alfred Sirch: Bildsymbole in der Marienkirche auf dem Schönenberg. Schwabenverlag, Ellwangen 1997.
Weblinks Bearbeiten
Koordinaten: 48° 58′ 19″ N, 10° 8′ 42″ O
- Bernhard Schütz: Die kirchliche Barockarchitektur in Bayern und Oberschwaben 1580 - 1780. 1. Auflage. Hirmerverlag, München 2000, ISBN 978-3-7774-8290-3, S. 43.