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Sanktionen der EU XIV gegen Osterreich teils auch EU Sanktionen gegen Osterreich ist die von Vertretern der Regierungsparteien der osterreichischen Bundesregierung Schussel I einer Koalition von Osterreichischer Volkspartei OVP und Freiheitlicher Partei Osterreichs FPO gepragte Bezeichnung fur die Reaktion der Regierungen der damals vierzehn anderen Mitgliedsstaaten der Europaischen Union auf die Regierungsbeteiligung der von Jorg Haider gefuhrten FPO Anfang des Jahres 2000 Die vierzehn Regierungen beschlossen die bilateralen Beziehungen zur osterreichischen Bundesregierung auf Regierungs und diplomatischer Ebene auf das notwendigste Mindestmass zu reduzieren Ausser dieser ausdrucklich auf die Reduzierung der Kontakte mit der OVP FPO Regierung und ihre Vertreter beschrankten Massnahmen gab es keinerlei Vorgehen gegen Osterreich Ausgelost wurden diese Massnahmen durch Befurchtungen dass fremdenfeindliche und rassistische Aussagen fuhrender FPO Funktionare auf die Regierungspolitik abfarben konnten Nach Etablierung eines Weisenrates unter Martti Ahtisaari und dessen Bericht wurden sie im September 2000 beendet Inhaltsverzeichnis 1 Beteiligte Regierungen 2 Der Begriff Sanktionen 3 Hintergrund 4 Weisenbericht 5 Aufhebung der Massnahmen 6 Literatur 7 Weblinks 8 FussnotenBeteiligte Regierungen BearbeitenDie damaligen an den Massnahmen beteiligte europaische Regierungen waren Belgien Regierung Dehaene II unter Jean Luc Dehaene Deutschland Kabinett Schroder I unter Gerhard Schroder SPD Danemark Kabinett Rasmussen IV unter Poul Nyrup Rasmussen Finnland Kabinett Lipponen II unter Paavo Lipponen SDP Frankreich Kabinett Jospin unter Lionel Jospin SP Griechenland Kabinett Konstantinos Simitis II und III unter Konstantinos Simitis PASOK Grossbritannien Kabinett Blair I unter Tony Blair Labour Irland Koalitions Kabinett unter Bertie Ahern Fianna Fail Italien Kabinett D Alema II bis April 2000 und dann Kabinett Amato II Luxemburg Regierung Juncker Polfer unter Jean Claude Juncker CSV Niederlande Kabinett Kok II unter Wim Kok PvdA Portugal Kabinett Guterres II unter Antonio Guterres PS Schweden Koalitionsregierung unter Goran Persson SAP Spanien Kabinette Aznar I und II ab April 2000 unter Jose Maria Aznar PP Der Begriff Sanktionen BearbeitenDie in Osterreich verbreitete Bezeichnung dieser Massnahmen als EU Sanktionen gegen Osterreich ist in mehrfacher Hinsicht umstritten Die Benennung der Massnahmen selbst als Sanktionen entspricht keinem der offiziellen Dokumente und Aussagen dazu Fur die Charakterisierung als Sanktionen hatten diese allenfalls einen Feststellung des Europaischen Rates und des Rates der Europaischen Union gemass Artikel 7 EUV benotigt 1 Die Regierungen der EU 14 wollten die Massnahmen jedoch explizit als bilateral und auf die Regierungsebene beschrankt verstanden wissen nicht als Massnahmen der EU gegen Osterreich Volkerrechtlich stellen die Massnahmen lediglich einen sogenannten unfreundlichen Akt dar 2 Da der Begriff Sanktionen jedoch aus Perspektive der betroffenen damaligen Regierungsparteien in Osterreich politisch von grosserem Vorteil war wurde er in der offiziellen Kommunikation und auch in zahlreichen Medien des Landes genutzt Der Politologe Anton Pelinka bezeichnet es als ersten grossen Erfolg der Regierung Schussel dass sich das Wort Sanktionen als Bezeichnung fur die Massnahmen und als Kampfbegriff durchsetzen konnte 3 Johannes Voggenhuber Die Grunen beschrieb es als Schussels grossten Erfolg dass es ihm gelungen war die fragwurdigen Massnahmen der EU Mitgliedsstaaten gegen seine schwarz blaue Regierung zu Sanktionen der Union gegen Osterreich umzudeuten 4 FPO OVP forderten alle anderen Parteien und alle Burger auf sich in einem nationalen Schulterschluss hinter die Regierung zu stellen Hintergrund BearbeitenOsterreich war 1995 der EU beigetreten was insbesondere von Schussel seinerzeit an den Beitrittsverhandlungen beteiligt und uberzeugter Europaer auch als sein personliches Verdienst gesehen wurde Zentrales politisches Anliegen dieser Zeit war es gewesen einerseits die in der osterreichischen Bevolkerung vorhandenen Ressentiments und Bedenken zu zerstreuen und den grossen Wert der Mitgliedschaft im Alltagsleben spurbar zu machen andererseits die Europaische Integration voranzutreiben und Osterreichs Position zu konsolidieren Nach der Nationalratswahl am 3 Oktober 1999 einigten sich nach mehrmonatigen Verhandlungen Anfang 2000 Jorg Haider FPO und Wolfgang Schussel OVP auf die Bildung einer FPO OVP Koalitionsregierung schwarz blaue Koalition die Bundesregierung Schussel I Aufgrund des an Rechtsextremismus erinnernden Auftretens fuhrender FPO Proponenten und etlicher minderheitenfeindlicher und rassistischer Aussagen derselben beschlossen die Regierungen der ubrigen 14 EU Staaten Massnahmen gegenuber der osterreichischen Regierung Diese wurden in einer Erklarung der damaligen portugiesischen EU Ratsprasidentschaft veroffentlicht Die Regierungen der 14 Mitgliedsstaaten werden keinerlei offizielle bilaterale Kontakte auf politischer Ebene mit einer osterreichischen Regierung unter Einbindung der FPO betreiben oder akzeptieren Es wird keine Unterstutzung fur osterreichische Kandidaten geben die Positionen in internationalen Organisationen anstreben Osterreichische Botschafter werden in den EU Hauptstadten nur noch auf technischer Ebene empfangen 5 Die Massnahmen waren somit auf die Reduktion der bilateralen Beziehungen auf Regierungs und diplomatischer Ebene beschrankt Den vierzehn Regierungen von EU Mitgliedslandern schlossen sich dann auch Tschechien Kanada 6 Israel und Norwegen an 7 Weisenbericht BearbeitenVor Beendigung der Massnahmen sollte ein so genannter Weisenbericht erstellt werden in dem die politische Lage in Osterreich beurteilt werden sollte Mit der Erstellung beauftragt wurden der fruhere finnische Staatsprasident Martti Ahtisaari der deutsche Volkerrechtler Jochen Abraham Frowein und der fruhere spanische EU Kommissar Marcelino Oreja Das Mandat zur Berichterstellung erhielten die Autoren am 12 Juli 2000 durch den Prasidenten des Europaischen Gerichtshofs fur Menschenrechte von den anderen 14 EU Staaten im Weisenbericht als die EU XIV bezeichnet Sie sollten in ihrem Bericht folgende Punkte klaren das Eintreten der osterreichischen Regierung fur die europaischen Werte die Rechte von Minderheiten Fluchtlingen und Einwanderern in Osterreich die Entwicklung der politischen Natur der FPOErkenntnisse des Weisenberichts Es gibt in Osterreich einige Probleme bei der Behandlung von Asylwerbern Die rechtliche Situation der Asylwerber ist aber in Osterreich ahnlich wie in anderen EU Staaten In Bezug auf die Rechte von Einwanderern tritt die osterreichische Regierung fur die gemeinsamen europaischen Werte ein Die osterreichische Regierung tritt fur die Bekampfung von Rassismus Diskriminierung Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit ein Daneben wird aber auch auf einen mehrdeutigen Positionen des Rechtsextremismus wiedergebenden Sprachgebrauch von hohen FPO Funktionaren hingewiesen Die FPO hat keine Massnahmen gegen diese Funktionare ergriffen sie hat diese Aussagen weder verurteilt noch unterbunden oder sich entschuldigt Der FPO Wahlkampf von 1999 Slogans wie Wir garantieren Stop der Uberfremdung Osterreich zuerst wurde von ortlichen Beobachtern als fremdenfeindlich angesehen Durch diesen Wahlkampfstil wurde offen ausgesprochene Fremdenfeindlichkeit wieder salonfahig gemacht Die osterreichischen Bischofe sehen mit Sorge eine bedrohliche Verschlechterung des gesellschaftlichen Klimas Auch andere Glaubensgemeinschaften gaben Stellungnahmen ab Es gibt Versuche seitens der FPO politische Gegner zum Schweigen zu bringen oder sie sogar zu kriminalisieren Es wird betont dass einige Aussagen und Meinungen des osterreichischen Justizministers Dieter Bohmdorfer nicht mit den Prinzipien der EU vereinbar sind Es wird kritisiert dass der Gebrauch von Beleidigungsklagen durch die FPO zwecks Abschreckung exzessiv in Anspruch genommen wird In diesem Zusammenhang wird auch auf Mangel im osterreichischen Rechtssystem hingewiesen Das Verhalten der FPO Minister in der Regierung seit Februar 2000 kann aber im Wesentlichen nicht kritisiert werden Zusammenfassend stellten die Autoren fest dass die osterreichische Regierung fur die europaischen Werte eintritt und die Rechtslage der der anderen EU Staaten entspricht Die FPO wird zwar als rechtspopulistische Partei mit radikalen Elementen charakterisiert aber es wird gleichzeitig festgestellt dass die FPO Minister seit Antritt ihrer Regierungstatigkeit im Wesentlichen die Verpflichtungen der Regierung beachtet haben Im Weisenbericht empfahlen die Autoren daher Die von den 14 Mitgliedstaaten getroffenen Massnahmen wurden bei weiterem Fortbestehen kontraproduktiv wirken Einfuhrung von Praventiv und Uberwachungsverfahren in Artikel 7 des EU Vertrags Schaffung eines Menschenrechtsburos im Europaischen Rat Aufhebung der Massnahmen BearbeitenDer Weisenbericht wurde im September 2000 im Sinne einer Exit Strategie in Paris angenommen Kurz nach Vorliegen dieses Berichtes wurden die Massnahmen gegenuber der osterreichischen Regierung von den anderen EU Regierungen aufgehoben mit der Einschrankung die Entwicklungen in Osterreich weiter genau zu beobachten Literatur BearbeitenWaldemar Hummer Anton Pelinka Osterreich unter EU Quarantane Die Massnahmen der 14 gegen die osterreichische Bundesregierung aus politikwissenschaftlicher und juristischer Sicht Chronologie Kommentar Dokumentation Linde Wien 2002 ISBN 3 7073 0351 9 Margaretha Kopeinig Christoph Kotanko Eine europaische Affare Der Weisen Bericht und die Sanktionen gegen Osterreich Czernin Wien 2000 ISBN 3 7076 0105 6 Andre Hau Sanktionen und Vorfeldmassnahmen zur Absicherung der europaischen Grundwerte Rechtsfragen zu Art 7 EU Baden Baden 2002 NOMOS Reihe IUS EUROPAEUM Band 19 ISBN 978 3 7890 8310 5 Weblinks BearbeitenBericht von Martti Ahtisaari Jochen Frowein Marcelino Oreja angenommen am 8 September 2000 in Paris deutsche Ubersetzung auf der Website des Standard Memento vom 1 Oktober 2007 im Internet Archive Was uns die Weisen gebracht haben Artikel von Edith Glanzer in Zebratl 4 2000Fussnoten Bearbeiten Art 7 EUV In Rechtsinformationssystem des Bundes RIS Abgerufen am 18 September 2022 Herdegen Volkerrecht 20 Auflage Verlag C H Beck oHG Munchen 2021 ISBN 978 3 406 76763 0 S 127 f Rosa Winkler Hermaden Als Osterreich der Buhmann der EU war In Der Standard 21 Janner 2010 Johannes Voggenhuber Politik Ein veruntreuter Kontinent In Die Zeit Nr 13 19 Marz 2009 Chronologie der Beziehungen Osterreichs mit der EWG EU parlament gv at 26 Kanadisches Kabinett unter Jean Chretien LPC Armin Thurnher in Heimniederlage S 98 Paul Zsolnay Verlag Wien 2000 ISBN 3 552 04975 4 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sanktionen der EU XIV gegen Osterreich amp oldid 233378099