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Die Sulzeunruhen auch als Hamburger Sulzeaufstand bekannt ereigneten sich im spaten Juni 1919 in Hamburg Ausloser war die Annahme der Bevolkerung dass verfaulte Kadaver zu Sulze verarbeitet und verkauft wurden Infolge der Unruhen marschierten Reichswehr und Freikorps in die Hansestadt ein Wandbild zu den Sulzeunruhen an der Hamburger Verbraucherzentrale Kunstlerin H Schuster Finanzierung Heinrich Stegemann Kunststiftung Inhaltsverzeichnis 1 Ablauf 2 Wirkung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseAblauf BearbeitenIn Hamburg war die politische Stimmung im Juni 1919 gespannt Die Ereignisse und Spannungen der Novemberrevolution wirkten noch nach die Bayerische Raterepublik war kurz zuvor blutig zerschlagen worden Wahrend die Arbeiter um die Errungenschaften der Revolution furchteten und sich einer bewaffneten Konterrevolution ausgesetzt fuhlten sorgten sich Burgertum und Handel um die offentliche Sicherheit und furchteten Aufstand und Anomie Der Konflikt brach in Hamburg aus als am 23 Juni 1919 ein Fass mit verfaulten Kadavern vor der Fleischwarenfabrik Heil in der Kleinen Reichenstrasse zerbrach Das Unternehmen war eigentlich eine Gerberei deren Besitzer von der herrschenden Not zu profitieren suchte Dem diente auch die Umbenennung Die zusammengelaufene Menge mutmasste die Kadaver wurden in der Fabrik zu Sulze verarbeitet und sturmte das Gelande wo sie weitere Kadaver von Ratten Hunden und Katzen fand Dass in der Fabrik auch Abfalle fur Leimfabriken gesammelt wurden war der aufgebrachten Menge unbekannt diese hatten aber auch damals schon betrieblich sauber getrennt werden mussen Klaren liess sich dies jedoch nicht Der Fabrikbesitzer wurde daraufhin in die Kleine Alster geworfen und entging nur knapp dem Tod In den folgenden Tagen durchsuchten Menschenmengen verschiedene andere Fleischfabriken und fanden viele Anzeichen fur Fleischpanschereien Am Morgen des 24 Juni 1919 wurden bei Starck amp Co stinkende Kadaverabfalle gefunden gleiches galt fur Rosskamp amp Staack in Hohenfelde 1 Die Unruhen breiteten sich uber die Stadt aus und griffen auch auf das benachbarte Altona uber Nicht nur die Fabrikbesitzer sondern auch staatliche Stellen der Komplizenschaft beschuldigt wurden Ziel gewalttatiger Angriffe Am Rathausmarkt kam es zu einer ersten Eskalation Nachdem dort ein Pranger fur verschiedene Beschuldigte aufgestellt worden war versuchte die Rathauswache einzugreifen Schusse fielen eine in der Arbeiterschaft verhasste Zeitfreiwilligenabteilung marschierte auf eine Handgranate explodierte das Rathaus wurde belagert In den folgenden Tagen erklarte Reichswehrminister Gustav Noske die Reichsexekution und beauftragte den spateren Teilnehmer des Kapp Putsches Generalmajor Paul von Lettow Vorbeck die Unruhen niederzuschlagen Als Reichswehr Truppen am 27 Juni in die mittlerweile wieder weitgehend ruhige Stadt einmarschierten konnten die Soldaten zur Umkehr uberredet werden als ihnen die tatsachliche Lage in Hamburg geschildert wurde Am 1 Juli 1919 jedoch marschierten Reichswehr und Freikorps Truppen darunter auch Freiwilligenverbande aus Altona des Freikorps Bahrenfeld in die Stadt ein Sie besetzten die Arbeiterwohnviertel vielerorts hissten sie die schwarz weiss rote Flagge des Kaiserreichs Arbeiter und Funktionare wurden unter oft willkurlichen Anschuldigungen verhaftet und misshandelt Die Freikorps machten grosszugigen Gebrauch von ihren Schusswaffen um Plunderer und Heckenschutzen niederzustrecken Zudem galt in den Vierteln eine Schnelljustiz durch die Truppen Wirkung BearbeitenLangfristig fuhrte der Aufstand zu einer Neuverteilung der militarischen Machtverhaltnisse in der Stadt Wahrend einerseits die noch aus Revolutionszeiten stammende Volkswehr aufgelost wurde wurden die burgerlichen und oft republikfeindlichen Zeitfreiwilligenverbande und Einwohnerwehren gestarkt Zusatzlich wurde eine militarisch ausgestattete und teilweise kasernierte Sicherheitspolizei geschaffen deren Mitglieder sich zu einem grossen Teil aus ehemaligen Berufssoldaten und Freikorpsangehorigen zusammensetzten Es waren 80 Todesopfer zu beklagen Der Fleischfabrikant Heil wurde vom Gericht fur schuldig befunden dass er aus Kalbskopfhauten in zweifelhaftem Zustand matschig schimmelig und mit Maden durchsetzt Sulze herstellte und sein Betrieb offensichtlich den hygienischen Anforderungen nicht genugte Am 25 Oktober 1919 wurde er zu drei Monaten Gefangnis und einer Geldstrafe von 1000 Reichsmark verurteilt 2 Heute erinnern eine Plakette im Hamburger Rathaus und ein Wandgemalde an der Fassade des Gebaudes der Verbraucherzentrale Hamburg 3 an die Unruhen und die Folgen dieses fruhen Lebensmittelskandals Literatur BearbeitenJorg Berlin Staatshuter und Revolutionsverfechter Arbeiterparteien in der Nachkriegszeit In Ulrich Bauche u a Hrsg Wir sind die Kraft Arbeiterbewegung in Hamburg von den Anfangen bis 1945 Katalogbuch zu Ausstellungen des Museums fur Hamburgische Geschichte VSA Hamburg 1983 ISBN 3 87975 355 5 S 103 131 Sven Philipski Ernahrungsnot und sozialer Protest Die Hamburger Sulzeunruhen 1919 PDF 2 9 MB Magisterarbeit Hamburg 2002 Herausgegeben von der Heinrich Kaufmann Stiftung Hamburg 2010 ISBN 978 3 8 3918 100 3 Uwe Schulte Varendorff Die Hungerunruhen in Hamburg im Juni 1919 eine zweite Revolution Verein fur Hamburgische Geschichte Hrsg Beitrage zur Geschichte Hamburgs Bd 65 PDF 8 7 MB Hamburg University Press Hamburg 2010 ISBN 978 3 937816 63 0 Michael Joho Die Sulzeunruhen nach der Novemberrevolution In Rene Senenko Hrsg Mit revolutionaren Grussen Postkarten der Hamburger Arbeiterbewegung 1919 1945 fur eine Welt ohne Ausbeutung Faschismus und Krieg VSA Verlag Hamburg 2022 ISBN 978 3 96488 108 3 S 61 67Weblinks BearbeitenJohanna Lutteroth Lebensmittelskandal 1919 Schuld und Sulze Spiegel Online abgerufen 6 Februar 2018 Hamburg Bildarchiv Bilder zu den SulzeunruhenEinzelnachweise Bearbeiten Sven Philipski Ernahrungsnot und sozialer Protest S 57 Johanna Lutteroth 1919 Schuld und Sulze einestages auf Spiegel Online abgerufen am 6 Februar 2018 Hamburger Abendblatt vom 24 Juni 2015 Erster Weltkrieg in Hamburg Wie der Hund in die Sulze kam Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sulzeunruhen amp oldid 236278657