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Rudolf Kustermeier geboren 9 Februar 1903 in Bielefeld gestorben 4 Dezember 1977 in Tel Aviv war ein deutscher Widerstandskampfer gegen den Nationalsozialismus und Journalist Er war 1933 einer der Grunder der Widerstandsgruppe Roter Stosstrupp Nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Bergen Belsen 1945 wurde er 1946 erster Chefredakteur der Zeitung Die Welt Ab 1957 war er der erste deutsche Korrespondent fur die DPA in Israel Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Fruhe Jahre 1 2 Sozialdemokratischer Publizist 1 3 Zeit des Nationalsozialismus 1 4 Nachkriegszeit 2 Literatur 3 EinzelnachweiseLeben BearbeitenFruhe Jahre Bearbeiten Kustermeier besuchte zunachst ein Lehrerseminar Anschliessend studierte er Geschichte Volkswirtschaft Philosophie und Zeitungswissenschaft in Munster Freiburg im Breisgau und an der Hochschule fur Politik in Berlin Er war Assistent des Okonomieprofessors Gerhart von Schulze Gaevernitz und daneben war er bereits als Werkstudent journalistisch fur renommierte Zeitungen tatig Ausserdem beteiligte er sich an sozialistisch orientierten Studentenorganisationen Sozialdemokratischer Publizist Bearbeiten Er war Sozialdemokrat und stand den jungen Rechten in der Partei nahe 1 Er schrieb unter anderem fur die Neuen Blatter fur den Sozialismus und das gewerkschaftliche Theorieorgan Die Arbeit Er beschaftigte sich ahnlich wie Walter Pahl 2 insbesondere mit der politischen und sozialen Rolle des Mittelstandes Er gehorte zu denjenigen die innerhalb der SPD fur eine Annaherung an die Mittelschichten warben Im Jahr 1931 veroffentlichte er in Die Arbeit den Aufsatz Die Proletarisiserung des Mittelstandes und die Verwirklichung des Sozialismus Auch wenn es lange dauere mussten diese Gruppen zur Einsicht in ihre in Wirklichkeit proletarische Existenz gebracht werden Wie der Historiker Michael Prinz urteilt war dieses Rezept wenig geeignet die Angestellten fur die Sozialdemokratie zu gewinnen 3 In den Neuen Blattern veroffentlichte er Anfang 1933 eine Untersuchung Die Mittelschichten und ihr politischer Weg uber die Affinitat des Mittelstands zum Nationalsozialismus Die Nahe weiter Teile des Mittelstandes zur NSDAP seit 1930 war fur ihn unbestreitbar er warnte aber davor von einer politischen Homogenitat dieser Gruppe auszugehen Selbst in der SPD gabe es Angehorige dieser sozialen Schichten 4 Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten Weil er mit der Haltung der SPD gegenuber dem Nationalsozialismus nicht einverstanden war entstand um ihn Ende 1932 ein Diskussionszirkel aus dem sich bereits kurz vor Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft die Widerstandsgruppe Roter Stosstrupp entwickelte Unter diesem Titel verbreitete die Gruppe ab April 1933 in verschiedenen deutschen Stadten und im angrenzenden Ausland auch eine illegale Zeitschrift die bis Ende 1933 in 27 Ausgaben erschien und zuletzt eine Auflage von ca 1500 Exemplaren hatte Kustermeier und seine bis zu 500 Mitstreiter traten fur einen Neubeginn der Linken jenseits von SPD und KPD ein Die Gruppe war offen fur Gegner des NS Regimes aus unterschiedlichen politischen Lagern 5 Kustermeier betatigte sich ausserdem als Redakteur bei der regimekritischen Wochenzeitung Blick in die Zeit Er war zustandig fur Wirtschaft Sport und Vermischtes 6 Kustermeier wurde Ende November 1933 verhaftet und Ende August 1934 mit einigen weiteren Fuhrungsmitgliedern des Roten Stosstrupps vom Volksgerichtshof zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt Das Verfahren gegen Zinn und Genossen war der zweite Prozess vor dem Sondergericht Hermann Goring personlich soll die Verlegung vom Reichsgericht Leipzig angeordnet haben 7 Kustermeier sass in der Folge im Zuchthaus Brandenburg Die von ihm mitgegrundete Widerstandsgruppe bestand ohne sein Zutun noch bis 1944 in zwei Gliederungen weiter Kustermeier und andere inhaftierte Mitglieder der Widerstandsgruppe sowie deren Familien wurden wahrend ihrer Haftzeit von einem Hilfsfonds der Widerstandsgruppe mit Kleidung Nahrung Geld und Buchern unterstutzt Dieser Hilfsfonds wurde unter anderem von Kustermeiers damaliger Frau Elisabeth spatere Eberhard getragen 8 Nach der Verbussung seiner Strafe kam er 1943 frei nahm seine illegale Tatigkeit wieder auf und wurde nur einige Wochen spater erneut verhaftet 9 Es folgten Inhaftierungen im KZ Sonnenburg und im KZ Sachsenhausen Anfang Februar 1945 kam er mit einem der Krankentransporte ins KZ Bergen Belsen Er war einer der wenigen die die Krankentransporte uberlebten Im KZ arbeitete er als Schreiber im Krankenblock 10 Uber seine Zeit in Bergen Belsen veroffentlichte er spater einen Bericht 11 Nachkriegszeit Bearbeiten Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus war Kustermeier von 1945 bis 1946 Chefredakteur der von den britischen Besatzungsbehorden massgeblich mitgegrundeten Zeitung Die Welt Empfohlen hatte ihn Derrick Sington der als britischer Kontrolloffizier bei der Welt tatig war Er folgte dem von seiner Vergangenheit im Dritten Reich belasteten Hans Zehrer der kurz vor Erscheinen der ersten Ausgabe seinen Posten aufgeben musste Die Leitartikel von Kustermeier spiegelten seine hohen moralischen Anspruche wider 1949 schrieb er Die Welt ist mit einer politischen Aufgabe gegrundet worden nicht um eines Geschaftes willen Sie hat nur Sinn als die grosse ubergeordnete Zeitung die im wesentlichen Zweitzeitung ist und es sein kann weil sie umfassender und zuverlassiger informiert als andere Zeitungen weil ihr die Sache uber dem Effekt steht weil sie serios ist bis in die Aufmachung hinein 12 1950 trat der unter den Folgen der Haft leidende Kustermeier zuruck nachdem die Zeitung erhebliche Auflagenruckgange hinnehmen musste und es zu internen Unstimmigkeiten gekommen war 13 1951 grundete er zusammen mit Erich Luth und anderen die Friedensinitiative Aktion Frieden mit Israel 14 In Presseartikeln wurde Israel um Verzeihung und Frieden gebeten Er schrieb in der Welt am 1 September 1951 dazu Bevor wir von Israel einen entsprechenden Schritt erwarten konnen mussen wir etwas tun was diesen Schritt erleichtert Der Ruf bei solchem Tun mitzuhelfen geht nicht nur an unsere Regierung sondern an jeden der sich verantwortlich fuhlt fur die Aufgabe auch zwischen Deutschen und Judentum wieder zu Frieden und Zusammenarbeit zu kommen Er war damit eine der ersten Personlichkeiten die sich fur eine Annaherung zwischen Deutschland und Israel einsetzten 15 Diese Aktion hatte eine beachtliche Resonanz in der Offentlichkeit und wurde von zahlreichen Politikern unterstutzt Die Aktion hat moglicherweise dazu beigetragen dass Israel die Regierungserklarung von Konrad Adenauer vom September 1951 zur Wiedergutmachung als Voraussetzung zu weiteren Verhandlungen akzeptiert hat 16 Kustermeier war seit 1957 als erster deutscher Journalist dauerhaft in Israel tatig Er war bis 1968 Korrespondent der DPA Dort berichtete er unter anderem uber den Prozess gegen Adolf Eichmann und war Zeuge von dessen Hinrichtung 17 In Israel wurde er 1963 mit der Carl von Ossietzky Medaille geehrt Im selben Jahr erhielt er den Theodor Wolff Preis des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger Die israelisch deutsche Gesellschaft verleiht einen Rudolf Kustermeier Preis Literatur BearbeitenDennis Egginger Gonzalez Der Rote Stosstrupp Eine fruhe linkssozialistische Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus Schriften der Gedenkstatte Deutscher Widerstand Analysen und Darstellungen Band 11 Lukas Berlin 2018 ISBN 978 3 86732 274 4 Siegfried Mielke Hrsg unter Mitarbeit von Marion Goers Stefan Heinz Matthias Oden Sebastian Bodecker Einzigartig Dozenten Studierende und Reprasentanten der Deutschen Hochschule fur Politik 1920 1933 im Widerstand gegen den Nationalsozialismus Lukas Verlag Berlin 2008 ISBN 978 3 86732 032 0 S 144 151 Kurzbiographie Hans Rainer Sandvoss Die andere Reichshauptstadt Widerstand aus der Arbeiterbewegung in Berlin von 1933 bis 1945 Lukas Verlag Berlin 2007 S 76 84 ISBN 3 936872 94 5 ISBN 978 3 936872 94 1 Peter Steinbach Johannes Tuchel Hrsg Lexikon des Widerstandes 1933 1945 Munchen 1998 S 123 f Einzelnachweise Bearbeiten Franz Osterroth Der Hofgeismarkreis der Jungsozialisten In Archiv fur Sozialgeschichte 4 1964 S 565 Peter Losche Franz Walter Auf dem Weg zur Volkspartei Die Weimarer Sozialdemokratie In Archiv fur Sozialgeschichte 29 1989 S 118 Michael Prinz Wandel durch Beharrung Sozialdemokratie und neue Mittelschichten in historischer Perspektive In Archiv fur Sozialgeschichte 29 1989 S 69 70 Friedrich Lenger Mittelstand und Nationalsozialismus Zur politischen Orientierung von Handwerkern und Angestellten in der Endphase der Weimarer Republik In Archiv fur Sozialgeschichte 29 1989 S 179 Rudolf Kustermeier Der Rote Stosstrupp Berlin 1972 PdF Datei Christoph Hemker Vor 60 Jahren verboten Die Wochenzeitschrift Blick in die Zeit S 17 PdF Datei Dennis Egginger Gonzalez Der Rote Stosstrupp Eine fruhe linkssozialistische Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus Lukas Verlag Berlin 2018 ISBN 978 3 86732 274 4 S 153 163 ff Dennis Egginger Gonzalez Der Rote Stosstrupp Eine fruhe linkssozialistische Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus Lukas Verlag Berlin 2018 ISBN 978 3 86732 274 4 S 179 205 Christoph Hemker Vor 60 Jahren verboten Die Wochenzeitschrift Blick in die Zeit PdF Datei S 19 Eberhard Kolb Bergen Belsen 1943 1945 Gottingen 2002 S 120 Derrick Sington Die Tore offnen sich authentischer Bericht uber das englische Hilfswerk fur Belsen mit amtlichen Photos und einem Ruckblick von Rudolf Kustermeier Nachdruck Berlin 1995 Chritian Sonntag Britische Lehrmeister In Berliner Zeitung 1 April 2006 Der Spiegel 2 1950 Zeitleiste Deutsch Israelische Beziehungen bei DIG Berlin Fritz Sanger Dem Glauben an eine bessere Welt gedient Zum Tode des sozialdemokratischen Journalisten Rudolf Kustermeier In Sozialdemokratischer Pressedienst 232 1977 5 Dezember 1977 PDF Datei Markus A Weingardt Deutsche Israel und Nahostpolitik Die Geschichte einer Gratwanderung seit 1949 Frankfurt am Main 2002 S 81 Sven Felix 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