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Die Rheinwiesenlager offizielle amerikanische Bezeichnung Prisoner of War Temporary Enclosure PWTE waren Gefangenenlager der USA Grossbritanniens und Frankreichs im Rheinland am Ende des Zweiten Weltkriegs In ihnen wurden unterschiedliche Gruppen von Gefangenen vorubergehend inhaftiert Sie existierten von April bis September 1945 und unterschieden sich wahrend dieser Zeit massgeblich in Grosse Ausstattung und Lage Karte der Rheinwiesenlager Inhaltsverzeichnis 1 Standorte der Rheinwiesenlager 2 Geschichte 3 Lagerbedingungen 4 Gefangenengruppen 5 Kontroverse um die Anzahl der Todesfalle 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseStandorte der Rheinwiesenlager BearbeitenVon Nord nach Sud in Klammern die offizielle amerikanische Bezeichnung 1 Buderich Kriegsgefangenenlager Buderich PWTE A4 Rheinberg Kriegsgefangenenlager Rheinberg PWTE A1 Wickrathberg PWTE A9 Remagen Goldene Meile PWTE A2 Sinzig Goldene Meile PWTE A5 Siershahn PWTE A18 Andernach PWTE A11 Urmitz PWTE A13 Plaidt Miesenheim PWTE A14 Diez PWTE A19 Koblenz PWTE A10 Heidesheim am Rhein PWTE A12 Hechtsheim PWTE A17 Bingen Dietersheim PWTE A8 Mainz Zahlbach PWTE A16 Winzenheim Bretzenheim Feld des Jammers PWTE A6 Biebelsheim PWTE A7 Bad Kreuznach Lager Galgenberg PWTE A 3 2 3 Planig PWTE A15 Ludwigshafen Rheingonheim PWTE C2 Bohl Iggelheim PWTE C1 Heilbronn Lager Heilbronn PWTE C3 Heilbronn Lager Heilbronn PWTE C4 Geschichte Bearbeiten nbsp Gedenkstein fur das Lager in Ludwigshafen RheingonheimNach dem Scheitern der Ardennenoffensive und der Zerschlagung des Ruhrkessels waren hunderttausende Wehrmachtsoldaten in Kriegsgefangenschaft geraten Im Anschluss an die deutsche Kapitulation befanden sich 3 4 Millionen Menschen in US Gewahrsam Ursprunglich planten die Alliierten ihre Haftlinge bis Kriegsende nach England zu schaffen um sie dort zu versorgen Aufgrund der schieren Anzahl der Inhaftierten erschien es aber geeigneter die Gefangenen in Deutschland festzusetzen Dafur wurden entlang des Rheins 23 Kriegsgefangenenlager errichtet Die Moglichkeit zuruck ins Reich zu fliehen und im Untergrund Widerstand zu leisten erschwerte man durch Anlage der Haftanstalten am westlichen Flussufer Obwohl die meisten Lager am linken Ufer des Rheins lagen was auch ihren Namen pragte trifft das z B auf die Lager bei Diez oder Siershahn nicht zu Die offizielle Bezeichnung lautete Prisoner of War Temporary Enclosures PWTE Die Lager entstanden von April bis Juni 1945 und wurden nach einem einheitlichen Schema errichtet Am Rande eines Ortes der in der Regel einen Bahnanschluss hatte wurde eine offene Ackerflache abgegrenzt Dieses Areal unterteilten die Verantwortlichen mit Masten und Stacheldraht in zehn bis zwanzig Camps die Platz fur funf bis zehntausend Haftlinge boten Feldwege wurden zu Lagerstrassen umfunktioniert und angrenzende Gebaude dienten der Verwaltung als Kuchen und Krankenstationen Die Kriegsgefangenen mussten ihre soldatische Feldausrustung auch Zelte und Decken abgeben und waren darum gezwungen sich Erdlocher als Schlafstatten zu graben Mit der Bewachung der Lager war die 106 Infanterie Division 106th Infantry Division des amerikanischen Heers beauftragt die auf 40 000 Mann aufgestockt worden war und zusatzliche Transporteinheiten erhalten hatte um Nahrung in die Lager zu schaffen Die Transportkapazitat reichte nicht aus mit der Organisation der Lager war die Division vollig uberfordert weshalb diese den deutschen Gefangenen uberlassen wurde 4 Die interne Verwaltung der Lager uberliessen die Amerikaner den deutschen Gefangenen Lagerleiter Lagerpolizei Arzte Koche Arbeitskommandos etc waren von Deutschen besetzte Posten Nach mehreren Wochen wurden diejenigen aus den Lagern entlassen die politisch unverdachtig waren vor allem Hitlerjungen und Frauen Danach wurden bestimmte Berufsgruppen entlassen die fur den Wiederaufbau wichtig waren landwirtschaftliche Arbeiter LKW Fahrer Bergleute Ende Juni 1945 wurden die Lager Remagen Bohl Iggelheim und Buderich bereits wieder aufgelost Diese erste Entlassungswelle wurde aber wieder gestoppt Im April und Anfang Mai 1945 war die Versorgung nur unregelmassig und reichte nicht danach besserte sie sich langsam Erst im Juni gab es ausreichende Essensportionen Im Verlaufe von Mai und Juni erhielten alle Lager Latrinen Kuchen und Krankenreviere Dreck Nasse Unterernahrung und unhygienische Umstande fuhrten zu Krankheiten Der Ausbruch von Seuchen wurde von den Amerikanern verhindert indem sie das Trinkwasser chlorten alle Gefangenen mit DDT entlausten und reichlich Seife und Toilettenpapier zur Verfugung stellten 5 Das Hauptquartier der alliierten Streitkrafte in Nordwesteuropa SHAEF bot Frankreich das an die USA mit der Forderung herangetreten war 1 75 Millionen Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter zu erhalten die Ubernahme der Rheinwiesenlager an Bis zum 10 Juli 1945 wurden die Lager an die Franzosen ubergeben die Briten hatten die Lager in ihrer Zone bereits bis zum 12 Juni ubernommen Die Kriegsgefangenen wurden nach Frankreich transferiert soweit sie nicht als arbeitsuntauglich an Ort und Stelle entlassen wurden Bis etwa Ende September 1945 waren sowohl die britischen als auch die franzosischen Lager aufgelost Lediglich das Feld des Jammers bei Bad Kreuznach diente noch bis Ende 1948 fur die aus Frankreich heimkehrenden Kriegsgefangenen als Durchgangslager Lagerbedingungen Bearbeiten nbsp Lager RemagenDie Ernahrung und die hygienischen Verhaltnisse in diesen Lagern eingezaunten verschlammten Wiesen unter freiem Himmel auf denen die Gefangenen mangels Baracken in offenen Erdlochern lebten waren schlecht bis katastrophal Regulare Soldaten waren durch den Kriegsdienst meist abgehartet und kamen mit den Bedingungen leichter zurecht Versuche des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz IKRK den Gefangenen zu helfen wurden von den Amerikanern abgewehrt dem IKRK wurde der Zutritt zu den Lagern verwehrt da es von der US amerikanischen Besatzungsmacht nicht erwunscht war Abgesandte des IKRK die Zustande in den Lagern sehen zu lassen 6 Der volkerrechtlich nicht definierte Status DEF entwaffnete feindliche Streitkrafte wurde auf die meisten deutschen Soldaten angewandt die von den US Streitkraften erst nach der bedingungslosen Kapitulation am 8 Mai 1945 gefangengesetzt wurden 7 SS Angehorige sowie verdachtige Personen wurden jedoch grundsatzlich nicht zu DEF erklart 8 Die Verpflegung der DEF war an der der ebenfalls durch die USA versorgten Displaced Persons ehemalige NS Zwangsarbeiter bemessen und entsprach etwa 1500 kcal pro Tag 9 Die Lebensmittelrationen der deutschen Zivilbevolkerung im Fruhjahr 1945 lagen im Vergleich bei ungefahr 1000 kcal 10 Der grosste Teil der Gefangenen so etwa Angehorige des Volkssturms und der Hitlerjugend wurde bereits nach kurzer Zeit entlassen andere als DEF deklarierte deutsche Einheiten sollten organisatorisch intakt gehalten und als Arbeitskrafte fur die amerikanische Armee eingesetzt oder an andere Alliierte uberstellt werden 11 12 13 1943 hatten die USA und Grossbritannien beschlossen jeweils die Halfte der Gefangenen zu ubernehmen Diese Rahmenbedingungen bestanden auch noch 1945 Als aber die Alliierten den Rhein uberschritten hatten stieg die Zahl der Gefangenen in einem solchen Masse an dass die Briten sich straubten ihren Anteil zu ubernehmen Die USA ubernahmen zunachst alle Gefangenen und legten die amerikanischen Rheinwiesenlager an Von revisionistischen Autoren wird die anfangs ausserst mangelhafte Versorgung der Lager mit Nahrungsmitteln als Plan der Amerikaner angesehen der mit dem Status der DEF in Zusammenhang stehe Der Status DEF wurde von der amerikanischen Armeefuhrung im Fruhjahr 1946 wieder abgeschafft und durch Kriegsgefangener prisoner of war POW ersetzt Auffassungen die katastrophale Situation in den Rheinwiesenlagern habe als wesentliche Voraussetzung den DEF Status wurden von Wissenschaftlern in der Auseinandersetzung mit den Thesen von James Bacque zuruckgewiesen Die meisten Gefangenen in den Rheinwiesenlagern waren ursprunglich keine DEF sondern als Kriegsgefangene eingestuft 8 Gefangenengruppen BearbeitenIm Lager wurden unterschiedliche Gruppen von Gefangenen zeitweilig interniert Regulare deutsche Kriegsgefangene Prisoners of War POW die vor der Kapitulation am 8 Mai 1945 gefangen genommen wurden Disarmed Enemy Forces DEF bzw in britischer Gefangenschaft Surrendered Enemy Personnel SEP gefangen genommene deutsche Soldaten ohne den Status Kriegsgefangener Angehorige der Waffen SS die zentral im Lager Bretzenheim inhaftiert wurden Angehorige des Volkssturms Verdachtige Zivilpersonen Jugendliche Frauen Kriegsversehrte und verwundete Soldaten die meist nach wenigen Tagen wieder entlassen wurdenKontroverse um die Anzahl der Todesfalle BearbeitenVon den umliegenden deutschen Gemeindeverwaltungen wurden 4537 Tote gemeldet die US Stellen gaben 3053 Tote an 14 Die grundlichste Untersuchung uber die Todeszahlen wurde von der nach ihrem Leiter Erich Maschke benannten Maschke Kommission veroffentlicht die im Auftrag des Bundesministeriums fur Vertriebene Fluchtlinge und Kriegsgeschadigte die Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen wissenschaftlich untersuchte 15 Die Lager mit der hochsten Sterblichkeit waren Bad Kreuznach Lager Galgenberg und Lager Bretzenheim Sinzig bei Remagen Rheinberg Heidesheim am Rhein Wickrathberg und Buderich In diesen sechs Lagern kamen ca 5 000 von 500 000 Insassen ums Leben Rechnet man diese Zahlen auf die ca 1 000 000 Gefangenen hoch ergibt sich eine obere Grenze von 10 000 Toten Eine neuere Untersuchung fur die beiden Remagener Lager in denen ein Drittel aller Gefangenen war bestatigt dieses Ergebnis und schliesst hohere Todeszahlen fur diese Region aus 16 Als jeweils niedrigste und hochste Schatzung der Opfer nennt der US amerikanische Historiker Arthur L Smith die Zahlen 8 000 und 40 000 6 Literatur BearbeitenGunter Bischof Stephen E Ambrose Hrsg Eisenhower and the German POWs Facts against Falsehood Louisiana University 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Arthur Lee Smith Die vermisste Million Zum Schicksal deutscher Kriegsgefangener nach dem Zweiten Weltkrieg Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte Band 65 Oldenbourg Wissenschaftsverlag Munchen 1992 ISBN 3 486 64565 X Rudiger Gollnick Fremd im Feindesland Fremd im Heimatland DP Lager und Rheinwiesen Lager Spurensuche am Niederrhein Pagina Verlag GmbH Goch 2017 ISBN 978 3 946509 11 0 Weblinks BearbeitenRheinwiesenlager Kriegsgefangenschaft in den Rheinwiesenlagern 1945 bis 1948 Landeszentrale fur politische Bildung Rheinland Pfalz Blatter zum Land Nr 63 Kriegsgefangenschaft in den Rheinwiesenlagern 1945 bis 1948 Landeszentrale fur politische Bildung Rheinland Pfalz 2015 Mark Felton The Rhine Meadows Camps What Really Happened YouTube Sendung Einzelnachweise Bearbeiten Blatter zum Land Nr 63 Kriegsgefangenschaft in den Rheinwiesenlagern 1945 bis 1948 Landeszentrale fur politische Bildung Rheinland Pfalz 2015 Das Lager Bad Kreuznach PWTE A3 Abgerufen am 28 Juli 2023 Rheinwiesenlager im Nahetal Abgerufen am 28 Juli 2023 Kurt W Bohme Die deutschen Kriegsgefangenen in amerikanischer Hand Munchen 1972 S 105 Richard Ernest Dupuy St Vith Lion in the Way The 106 Infantry Division in World War II Nashville 1949 ISBN 0 89839 092 3 S 227 a b Arthur L Smith Die vermisste Million Zum Schicksal deutscher Kriegsgefangener nach dem Zweiten Weltkrieg Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte Band 65 Im Auftrag des Instituts fur Zeitgeschichte hrsg von Karl Dietrich Bracher Hans Peter Schwarz Horst Moller Oldenbourg Verlag Munchen 1992 ISBN 3 486 64565 X S 39 49 86 Arthur Lee Smith Die vermisste Million Oldenbourg Wissenschaftsverlag Munchen 1992 ISBN 978 3 486 64565 1 S 20 a b Rudiger Overmans Die Rheinwiesenlager 1945 S 290 Arthur Lee Smith Die vermisste Million Oldenbourg Wissenschaftsverlag Munchen 1992 ISBN 978 3 486 64565 1 S 21 Klaus Dietmar Henke Die amerikanische Besetzung Deutschlands De Gruyter Oldenburg Berlin Boston 2009 ISBN 978 3 486 59079 1 S 439 Arthur Lee Smith Die vermisste Million Oldenbourg Wissenschaftsverlag Munchen 1992 ISBN 978 3 486 64565 1 S 30 Brigitte Bailer Galanda Eisenhower und die deutschen Kriegsgefangenen Abschnitt Die Kriegsgefangenen online Memento vom 18 Januar 2016 im Internet Archive Ekkehard Zimmermann Internierungslager in der amerikanischen Besatzungszone In Franz W Seidler Alfred de Zayas Hrsg Kriegsverbrechen in Europa und im Nahen Osten im 20 Jahrhundert Mittler Hamburg 2002 ISBN 3 8132 0702 1 S 256 258 Deutsche O Kriegsgefangene im Westen nach 1945 In Gunnar Heinsohn Lexikon der Volkermorde Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1999 ISBN 3 499 22338 4 Kurt W Bohme Die deutschen Kriegsgefangenen in amerikanischer Hand Munchen 1972 S 204 Kurt Kleemann Die Kriegsgefangenenlager Remagen und Sinzig 1945 aus der Sicht kommunaler Aktenbestande In Jahrbuch fur Westdeutsche Landesgeschichte 20 1994 S 52 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rheinwiesenlager amp oldid 238419823