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Der Rheinische Synodalbeschluss Zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden wurde am 11 Januar 1980 verabschiedet Die Evangelische Kirche im Rheinland machte darin Aussagen zum Staat Israel und zur Judenmission die uber Stellungnahmen der EKD und anderer christlicher Kirchen in Deutschland hinausgehen Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung des Dokuments 2 Beschlussfassung 3 Inhalt 3 1 Grundlegung 3 2 Bekenntnissatze 4 Theologische Akzente 4 1 Holocaust als Wendepunkt 4 2 Staat Israel Zeichen der Treue Gottes zu seinem Volk 4 3 Juden und Christen Zeugen Gottes vor der Welt und voreinander 5 Rezeption 5 1 Bonner Erwagungen 5 2 Anderungen der Kirchenordnung 5 3 Rezeption innerhalb der EKD 6 Weblinks 7 Literatur 8 EinzelnachweiseEntstehung des Dokuments BearbeitenNach Veroffentlichung der EKD Studie Christen und Juden 1975 beauftragte die Rheinische Landessynode die Kirchenleitung damit einen Ausschuss einzusetzen der eine Stellungnahme mit praktischen Konsequenzen der EKD Studie erarbeiten und in dem auch judische Mitglieder vertreten sein sollten Dieser Ausschuss konstituierte sich am 15 November 1976 in Dusseldorf Von den 22 Mitgliedern waren vier Juden darunter Yehuda Aschkenasy und Edna Brocke Seitens der judischen Teilnehmer wurde eine Absage an die Judenmission erwartet um uberhaupt eine Basis fur Gesprache herzustellen Heinz Kremers entwarf einen Text der am 13 Februar 1978 vom Ausschuss angenommen wurde die betreffende Passage ging dann auch in den Rheinischen Synodalbeschluss 1980 ein 1 Bertold Klappert hatte an der Entstehung des Proponendums massgeblichen Anteil Beschlussfassung BearbeitenIm Plenum der Landessynode in Bad Neuenahr fand am 11 Januar 1980 die Aussprache zum Proponendum Zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden statt Es wurde angenommen mit 241 Ja Stimmen bei drei Nein Stimmen und sechs Enthaltungen Inhalt BearbeitenGrundlegung Bearbeiten Dem Synodalbeschluss ist das biblische Motto Rom 11 18b LUT vorangestellt Vier Grunde veranlassen die Kirche ihr Verhaltnis zum Judentum neu zu bestimmen Die Erkenntnis christlicher Mitverantwortung und Schuld am Holocaust Ein verandertes Bibelverstandnis durch die Erfahrungen des Kirchenkampfes Die Einsicht dass die fortdauernde Existenz des judischen Volkes seine Heimkehr in das Land der Verheissung und auch die Errichtung des Staates Israel Zeichen der Treue Gottes gegenuber seinem Volk sind Die Bereitschaft von Juden zum Dialog trotz des Holocaust Die Landessynode rezipiert die EKD Studie Christen und Juden und die darauf aufbauenden Thesen zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden die der Ausschuss Christen und Juden der Rheinischen Landeskirche entwickelt hat Bekenntnissatze Bearbeiten Daraus folgen eine Reihe von Glaubensaussagen Bekenntnis zur Mitverantwortung und Schuld der Christenheit in Deutschland am Holocaust Bekenntnis zum Alten Testament als gemeinsamer Glaubensgrundlage von Juden und Christen Bekenntnis zu Jesus dem Juden Messias Israels und Retter der Welt Glaube an die bleibende Erwahlung des judischen Volkes die Kirche ist durch Christus in den Bund Gottes mit seinem Volk hineingenommen Gemeinsam mit den Juden glaubt die Kirche dass Gerechtigkeit und Liebe Gottes Handeln in der Geschichte kennzeichnen und Gottes Weisung fur die personliche Lebensfuhrung sind Wir glauben dass Juden und Christen je in ihrer Berufung Zeugen Gottes vor der Welt und voreinander sind Daraus folgt die Absage an die Judenmission Der neue Bund soll nicht langer als Entwertung des alten Bundes verstanden werden das neue Gottesvolk nicht an die Stelle des alten treten Indem wir umkehren beginnen wir zu entdecken was Christen und Juden gemeinsam bekennen die Welt als Schopfung Gottes wahrzunehmen und als gesegnete Menschen im Alltag der Welt zu leben in der Hoffnung auf einen neuen Himmel und eine neue Erde fur Gerechtigkeit und Frieden in der Welt einzutreten Der Synodalbeschluss schliesst mit einer Reihe praktischer Konsequenzen beispielsweise der Unterstutzung von Nes Ammim und der Verankerung des Themas Christen und Juden in Lehre und Forschung Theologische Akzente Bearbeiten nbsp Prases Nikolaus Schneider auf einer Kundgebung gegen Antisemitismus 2014 nbsp Barths Kirchliche Dogmatik Barth hatte die Geschichte der Juden als Zeichen und Zeugen dafur benannt dass auch das allgemeine Weltgeschehen tatsachlich von dem regiert wird der Gott heisst KD III 3 S 231 238 225 Holocaust als Wendepunkt Bearbeiten Zweimal nimmt der Rheinische Synodalbeschluss an herausgehobener Stelle Bezug auf den Holocaust und benennt die christliche Mitverantwortung und Schuld daran Dies war ein besonderes Anliegen Eberhard Bethges unter dem Eindruck eines langeren USA Aufenthalts bei dem er Holocaust Uberlebenden begegnet war 2 Es ging ihm darum dass die christliche Theologie nach Auschwitz nicht mehr dieselbe sein konne wobei aber Auschwitz ein Wort aus Hitlers Sprachwelt ersetzt werden sollte durch Elie Wiesels Begriff Holocaust 3 Staat Israel Zeichen der Treue Gottes zu seinem Volk Bearbeiten Der Rheinische Synodalbeschluss enthalt die erste theologische Qualifizierung des Staates Israel durch ein offizielles kirchliches Gremium in Deutschland Kritiker meinten hier werde ein bestimmtes historisch politisches Zeitgeschehen theologisch uberhoht und damit rationaler Betrachtung entzogen was gerade in Deutschland eine schlechte Tradition habe 4 Besonders umstritten war die Formulierung des Synodalbeschlusses die Errichtung des Staates Israel sei ein Zeichen der Treue Gottes zu seinem Volk Sie baut auf der Theologie Karl Barths auf und benutzt dessen Kategorie des Zeichens zur Beschreibung des geschichtlich politischen Phanomens der Staatsgrundung Israels 5 Es wird nicht behauptet dass dem Lauf der Weltgeschichte religiose Offenbarungen entnommen werden konnten sondern die biblische Tradition wird von Christen zur Deutung der Weltgeschichte herangezogen 6 Der Synodalbeschluss macht keine Aussage dazu ob der Staat Israel eine Erfullung biblischer Verheissungen ist 6 Nach Ansicht von Nikolaus Schneider ist dies eine Frage die Judinnen und Juden fur sich beantworten mussen 6 Die Rheinische Landeskirche hat 2005 offiziell prazisiert dass ein Zeichen erst im Zusammenhang in dem es erscheint seine Aussagekraft gewinnt Den Zusammenhang bilden die folgenden theologischen Aussagen der Erklarung 7 Volker Haarmann erlauterte wenn ein Patient seine Genesung als Zeichen der Treue Gottes interpretiere sei das im Kontext seiner Lebensgeschichte und im Kontext der Gebetssprache als Doxologie angemessen und bedeute nicht dass die ausbleibende Heilung bei einem anderen Patienten ein Zeichen der Untreue Gottes sei 8 Juden und Christen Zeugen Gottes vor der Welt und voreinander Bearbeiten Der Rheinische Synodalbeschluss erteilt der Judenmission eine Absage Heinz Kremers verwies zur Erklarung dieses Passus im Synodalbeschluss auf Impulse durch Hans Joachim Kraus 9 Inhaltlich seien Christen Juden gegenuber Zeugen nicht mit der Christusbotschaft sondern mit einem ganzheitlichen Lebenszeugnis Euer Nein zu unserem Messias Jesus hebt nicht auf dass Ihr mit Eurem Glauben und mit Eurer Tora Frommigkeit unsere alteren Bruder und Schwestern im Glauben seid Wir bitten Euch Nehmt uns als Eure jungeren Bruder und Schwestern im Glauben an und lasst uns von Euch lernen 9 Erich Grasser kritisierte die Rheinische Landeskirche befinde sich im Widerspruch zu ihrer eigenen Kirchenordnung die programmatisch formuliert die Kirche habe den Auftrag das Evangelium aller Welt zu verkundigen Im Synodalbeschluss werde es so dargestellt als hatten Juden und Christen von Gott den gleichen Auftrag gegenuber der Welt erhalten aber Zeugen des auferstandenen Christus zu sein wie es fur Christen im Mittelpunkt stehe sei fur Juden per se unmoglich 10 Rezeption BearbeitenBonner Erwagungen Bearbeiten Von Seiten der akademischen Theologie erfuhr der Rheinische Synodalbeschluss Widerspruch und zwar in den Erwagungen zur kirchlichen Handreichung zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden epd Dokumentation 42 1980 S 14 17 Dieses Dokument wurde von dreizehn Professoren der Evangelisch theologischen Fakultat der Universitat Bonn unterschrieben Heiner Faulenbach Kirchengeschichte J F Gerhard Goeters Kirchengeschichte Erich Grasser Neues Testament Antonius H J Gunneweg Altes Testament Hans Jurgen Hermisson Altes Testament Martin Honecker Systematik Heinrich Karpp Kirchengeschichte Gerhard Krause Praktische Theologie Otto Ploger Altes Testament Hans Joachim Rothert Systematik Knut Schaferdiek Kirchengeschichte Wilhelm Schneemelcher Kirchengeschichte und Wolfgang Schrage Neues Testament Spater schlossen sich auch elf Theologen der Universitat Munster durch ihre Unterschrift den Erwagungen an Barbara Aland Kurt Aland Franz Hesse Ulrich Kellermann Franz Heinrich Kettler Helmuth Kittel Gunter Klein Willi Marxsen Friedemann Merkel Robert Stupperich und Heinz Dietrich Wendland Anderungen der Kirchenordnung Bearbeiten Die Evangelische Kirche im Rheinland hat zweimal ihre Kirchenordnung im Sinne des Synodalbeschlusses geandert 1987 wurde an drei Stellen der Hinweis auf das notwendige Gesprach zwischen Christen und Juden eingefugt 1996 hat die Evangelische Kirche im Rheinland dem Grundartikel I einen abschliessenden Satz hinzugefugt Sie bezeugt die Treue Gottes der an der Erwahlung seines Volkes Israel festhalt Mit Israel hofft sie auf einen neuen Himmel und eine neue Erde Rezeption innerhalb der EKD Bearbeiten Die Evangelische Kirche in Deutschland hat sich nach Einschatzung von Gerhard Gronauer den in der Rheinischen Landeskirche beschrittenen Weg nicht zu eigen gemacht sondern mit den beiden EKD Studien von 1991 und 2000 am sakularen Charakter des Staates Israel festgehalten 11 2012 veroffentlichte die EKD eine Orientierungshilfe die aus dem Rheinischen Synodalbeschluss die Formulierung Zeichen der Treue Gottes zu seinem Volk aufnimmt die Staatsgrundung Israels konne so gedeutet werden wenn damit gemeint sei dass sie ein Mittel sei um unter den Bedingungen der unerlosten Welt und angesichts der realen Konflikte im Nahen Osten Judinnen und Juden ein Leben im Land Israel in Recht und Frieden zu ermoglichen 12 11 Weblinks BearbeitenSynode der Evangelischen Kirche im Rheinland Landessynode 1980 Zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden EKiR de Tobias Kriener Christlich judischer Dialog und deutsch israelische Beziehungen Nikolaus Schneider Ein schwieriges Verhaltnis Die evangelische Kirche und der Staat Israel Klaus Wengst Was geht Christinnen und Christen der Staat Israel an Theologische Annaherungen an ein schwieriges ThemaLiteratur BearbeitenSynode der Evangelischen Kirche im Rheinland Synodalbeschluss Zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden vom 11 Januar 1980 In Rolf Rendtorff Hans Hermann Henrix Hrsg Die Kirchen und das Judentum Dokumente von 1945 1985 2 Auflage Chr Kaiser Munchen 1989 ISBN 3 459 01712 0 S 593 596 Evangelische Kirche im Rheinland Zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden Wurdigung des Beschlusses und der Thesen der Landessynode von 1980 nach 25 Jahren Dusseldorf 2005 online EKD UEK VELKD Gelobtes Land Land und Staat Israel in der Diskussion Gutersloher Verlag Gutersloh 2012 ISBN 978 3 579 05966 2 online Bertold Klappert Helmut Starck Umkehr und Erneuerung Erlauterungen zum Synodalbeschluss der Rheinischen Landessynode 1980 Zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden Neukirchener Verlag Neukirchen Vluyn 1980 Heinz Kremers Juden und Christen sind Zeugen Gottes und voreinander In Thomas Kremers et al Hrsg Heinz Kremers Vom Judentum lernen Impulse fur eine Christologie im judischen Kontext Neukirchener Verlag Neukirchen Vluyn 2015 ISBN 978 3 7887 2938 7 S 115 123 Siegfried Kreuzer Frank Ueberschaer Hrsg Gemeinsame Bibel Gemeinsame Sendung 25 Jahre Rheinischer Synodalbeschluss zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden Veroffentlichungen der Kirchlichen Hochschule Wuppertal Neue Folge Band 9 Neukirchener Verlag Neukirchen Vluyn 2006 ISBN 9783788721886 Andreas Pangritz Eberhard Bethges Beitrag zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden In Evangelische Theologie 70 Jg 2010 Heft 5 S 342 358 online Volker Haarmann Doppelte Solidaritat Der Weg der Evangelischen Kirche im Rheinland angesichts des Konflikts in Israel und Palastina In Haus kirchlicher Dienste der evangelisch lutherischen Landeskirche Hannovers Hrsg bis Zions Gerechtigkeit aufgehe wie ein Glanz Jesaja 62 6 12 Eine Arbeitshilfe zum Israelsonntag 2018 Hermannsburg 2018 S 42 44 online Einzelnachweise Bearbeiten Andreas Pangritz Eberhard Bethges Beitrag zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden S 346 Andreas Pangritz Eberhard Bethges Beitrag zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden S 348 Andreas Pangritz Eberhard Bethges Beitrag zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden S 348 Klaus Wengst Was geht Christinnen und Christen der Staat Israel an 2008 abgerufen am 25 Oktober 2018 Tobias Kriener Christlich judischer Dialog und deutsch israelische Beziehungen In reformiert info Abgerufen am 25 Oktober 2018 a b c Nikolaus Schneider Ein schwieriges Verhaltnis Die evangelische Kirche und der Staat Israel In EKD 17 Januar 2012 abgerufen am 25 Oktober 2018 Evangelische Kirche im Rheinland Zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden Wurdigung des Beschlusses und der Thesen der Landessynode von 1980 nach 25 Jahren S 2 Volker Haarmann Doppelte Solidaritat Der Weg der Evangelischen Kirche im Rheinland angesichts des Konflikts in Israel und Palastina S 42 a b Heinz Kremers Juden und Christen sind Zeugen Gottes und voreinander S 117 Erich Grasser Der Alte Bund im Neuen exegetische Studien zur Israelfrage im Neuen Testament Mohr Siebeck Tubingen 1985 S 225 a b Gerhard Gronauer Der Staat Israel im westdeutschen Protestantismus Wahrnehmungen in Kirche und Publizistik von 1948 bis 1972 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2013 S 368 EKD UEK VELKD Hrsg Gelobtes Land Land und Staat Israel in der Diskussion S 107 108 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rheinischer Synodalbeschluss Zur Erneuerung des Verhaltnisses von Christen und Juden amp oldid 236621392