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Das Altenberger Altarretabel ist ein um 1320 30 fur den Hochaltar der Stiftskirche St Maria und St Michael des Pramonstratenserinnenkloster Altenberg bei Wetzlar geschaffenes hochgotisches Flugelretabel eines rheinischen Meisters Flugel Schrein und eines Kolner Meisters Skulptur Das im zusammengeklappten Zustand etwa 155 243 44 cm grosse Altarretabel in Mischtechnik auf Tannen Eichen Fichten und Nussbaumholz wurde im 19 und fruhen 20 Jahrhundert in mehrere Teile zerlegt und befindet sich daher bis heute in verschiedenen Sammlungen Die Flugel sind in Besitz des Stadelschen Kunstinstitutes wahrend der Schrein dem Museum Schloss Braunfels gehort Die Madonnenskulptur ist als Dauerleihgabe aus Privatbesitz Teil der Sammlung des Bayerischen Nationalmuseums Der Altarschrein enthielt wohl ursprunglich Reliquien der Heiligen Elisabeth von Thuringen und ihrer Tochter Gertrud sowie weiterer Heiliger Ansicht in ganz geoffnetem Zustand Seit 2013 sind der Schrein und seit 2015 die Madonnenfigur als Leihgaben im Stadel ausgestellt sodass das komplette Altarretabel ohne die Reliquien wieder an einem Ort aufbewahrt wird Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 1 1 Aussenseite der Flugel 1 2 Innenseite der Flugel 1 3 Altarschrein 1 4 Madonnenfigur 1 5 Reliquien 2 Geschichte und Provenienz 2 1 Geschichte 2 2 Provenienz 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseBeschreibung Bearbeiten nbsp nbsp nbsp nbsp Ansicht in geschlossenem Zustand Das Flugelretabel besteht aus einem Altarschrein in dessen Zentrum eine thronende Madonnenfigur steht Die zwei Flugel Stadelsches Kunstinstitut linker Flugel 153 7 118 8 cm SG 358 SG 359 rechter Flugel 153 3 119 3 cm SG 360 SG 361 waren ursprunglich von beiden Seiten bemalt sodass insgesamt drei Zustande der Prasentation des Altars moglich waren Der Altar konnte zugeklappt die Passionsgeschichte zeigen siehe Abbildung oder einmal geoffnet werden sodass nur die ausseren breiteren Innenseiten der Flugel sichtbar waren sowie die mittleren drei geschnitzten Felder Zudem konnte er ganz geoffnet werden wie auf der Abbildung oben 1 Aussenseite der Flugel Bearbeiten nbsp Szenen auf der Aussenseite des Altenberger Altarretabels Die Aussenseite des Altars ist stark beschadigt die Malerei wurde fast vollstandig abgetragen und ist nur noch umrisshaft erkennbar Sie zeigt die Passion in zehn Szenen sowie die Standfiguren von vier Heiligen Die Leserichtung ist von links oben nach rechts unten flugelubergreifend Die insgesamt vierzehn Bilder sind auf drei horizontale Streifen verteilt wobei auf den beiden oberen Streifen je vier Szenen zu sehen sind und auf dem untersten Streifen insgesamt sechs Bilder wovon die mittleren vier die Heiligen zeigen Der heute eher schwarz erscheinende Grund der Szenen ist ursprunglich blau gewesen 1 In der Szene 1 links oben ist Christi Gebet am Olberg dargestellt Nach rechts gewandt zur nimbierten Hand Gottes kniet er in einem grunen Gewand und einem braunen Mantel Rechts im Vordergrund sind moglicherweise die schlafenden Junger dargestellt Szene 2 zeigt die Gefangennahme Jesus wird von Judas umarmt und gekusst ein Soldat legt ihm die Hand auf die Schulter um ihn festzunehmen Ganz links steckt Petrus sein Schwert in die Scheide wahrend ganz rechts im Bild weitere Soldaten zu sehen sind Vorne hockt der verwundete Malchus am Boden der von Christus sein Ohr wieder angesetzt bekommt In Szene 3 wird Jesus mit verbundenen Handen von Soldaten Pontius Pilatus vorgefuhrt Pilatus wascht seine Hande in einem von einem Diener gehaltenen Becken In der nachsten Szene 4 wird die Geisselung Christi dargestellt Zwei Figuren schlagen auf den an einem Pfosten oder einer Saule gebundenen Christus ein In der ersten Szene der zweiten Zeile 5 ist die Kreuztragung dargestellt Ein Soldat fuhrt eine Gruppe von Personen an darunter Jesus und seine Freunde dieser das Kreuz uber die Schulter tragend In der nachsten Szene 6 ist die Kreuzigung zu sehen Zentral ist das Kreuz mit Christus in der Bildmitte links sind Johannes und Maria zu sehen rechts eine nicht mehr erkennbare Figur in grunem Gewand Das nachste Bildfeld 7 zeigt die Beweinung Christi In der Bildmitte ragt das Kreuz mit der Inschrift INRI herauf Maria liegt auf dem Boden mit dem Leichnam ihres Sohnes auf dem Schoss Weitere trauende Figuren sind in der Szene zu sehen moglicherweise Maria Magdalena und Johannes Im nachsten Bild 8 wird Jesus von Josef von Arimathaa und Nikodemus in einen aufgestellten Sarg gelegt In der 9 Szene ist die Auferstehung dargestellt Bildmittig steigt Jesus mit einem rotbraunen Mantel aus dem Sarg Seine rechte Hand ist erhoben zur Segensgeste und in seiner Linken halt er einen Kreuzstab Der Sarg wird von zwei kleinen Wachtern gerahmt Die letzte Szene 10 ist vollig zerstort und ihr Inhalt kann nur gemutmasst werden Moglicherweise handelte es sich um die Himmelfahrt 1 In der unteren Reihe mittig sind vier Heiligenfiguren dargestellt Ganz links A ein Bischof mit Kasel Pallium und Kreuzesstab wohl der heilige Nikolaus Im Feld B ist die heilige Katharina dargestellt mit einem kleinen Rad in ihrer linken Hand Die Bilder C und D zeigen auch jeweils eine Heiligenfigur sind aber so zerstort dass diese nicht mehr identifiziert werden konnen 1 Innenseite der Flugel Bearbeiten nbsp nbsp Ansicht der Innenseiten des linken und rechten Flugels Die Innenseite der Flugel zeigen Szenen aus dem Leben Marias sowie zwei unabhangige Darstellungen vom Erzengel Michael und der heiligen Elisabeth Die auf Goldgrund gemalten Szenen sind durch rote breite Streifen teilweise mit Blumendekor voneinander abgegrenzt Die Leserichtung ist dabei flugelgebunden Auf dem linken Flugel von links oben nach rechts unten Die zwei Szenen aus Marias Leben auf dem rechten Flugel sind von unten nach oben zu lesen 1 nbsp Szenen auf den Innenseiten des linken und rechten Flugels Die Szene 1 links oben auf dem linken Flugel zeigt die Verkundigung des Herrn an Maria Der Erzengel Gabriel tritt in seinem grunen Gewand zu Maria und zeigt auf sein Spruchband mit der Inschrift AVE MARIA GRACIA PLENA D OMI N U S TECU M deutsch Sei gegrusst du Begnadete der Herr ist mit dir Lk 1 28 EU Maria halt ein Buch in der linken Hand und erhebt die rechte Hand Uber ihrem nimbierten Kopf fliegt ihr eine Taube zu das Symbol der Empfangnis Zwischen Gabriel und Maria steht eine graue Vase mit drei Blumen Symbol der Reinheit Marias In der nachsten Szene 2 ist die Heimsuchung dargestellt Maria und ihre Cousine Elisabeth letztere mit Haube umarmen sich Elisabeth halt ein Spruchband in der rechten Hand mit der Aufschrift EXQ U o F A C T A E ST S A L UT AC I O EX U LTAV IT I N FA N S I N UT ER O MEO deutsch Denn siehe in dem Augenblick als ich deinen Gruss horte hupfte das Kind vor Freude in meinem Leib Lk 1 44 EU Die nachste Szene links unten auf dem linken Flugel zeigt Christi Geburt Maria sitzt auf einem Bett mit dem Jesuskind in der Hand Josef tragt einen Judenhut und steht neben dem Bett und betrachtet das Kind Im Hintergrund sind ein Ochse und ein Esel an einem Futtertrog zu sehen In den oberen Ecken der Szene ist je ein Engel dargestellt Der linke spielt Rebec und der rechte Engel Psalter In der Szene 4 sind die Heiligen Drei Konige zu sehen Ganz links der jungste der drei daneben der mittleren Alters der den jungeren auf den Stern von Betlehem aufmerksam macht Der Alteste kniet mit seinem Geschenk nieder In der Szene ist kein Christkind dargestellt und auch nicht der Stern von Bethlehem Stattdessen bezieht sich die Szene auf die Madonnenfigur in der Schreinmitte Die chronologisch nachste Szene 5 ist rechts unten dargestellt und zeigt Marias Tod Maria liegt auf einem Bett Hinter ihr steht Jesus mit ihrer Seele in der linken Hand und die rechte Hand zur Segensgeste erhoben Hinter und neben ihm stehen die Apostel Petrus hat einen Stab in der Hand Paulus wird kann durch seine Stirnglatze identifiziert werden Johannes schwingt ein Weihrauchgefass und reicht Maria die Palmenschosslinge aus dem Paradies Die Szene daruber 6 zeigt die Kronung Marias Christus als Weltenherrscher setzt ihr die Krone auf in den oberen Ecken blasen Engel Posaunen Links neben der Kronung A ist der Erzengel Michael dargestellt wie er den Teufel in Gestalt eines Drachen mit seiner Lanze besiegt Darunter B ist die heilige Elisabeth zu sehen wie sie einem Bedurftigen einen Mantel reicht wahrend ihr ein Engel aus der rechten oberen Bildecke einen identischen neuen Mantel reicht Links oben setzt ein weiterer Engel ihr eine Krone als Symbol ihrer Heiligkeit auf Links unten im Bildfeld ist eine betende Pramonstratenserin dargestellt 1 Altarschrein Bearbeiten nbsp Der Altarschrein Ansicht ohne Madonnenfigur nbsp Szenen auf den Seitenwangen und der Ruckseite des Schreins Der Schrein ist aus Eichen und Fichtenholz geschnitzt und mit Mischtechnik bemalt 155 243 37 cm Schloss Braunfels Dauerleihgabe seit 2013 an das Stadelsche Kunstinstitut dort unter Inventarnummer LG 124 Er ist funfachsig und mit feinem gotischen Masswerk verziert Die originale farbliche Fassung betont die mittlere grossere Aussparung die Platz fur die Madonnenfigur bietet 1 Die Schreinruckwand sowie die Seiten des Schreines waren ebenfalls bemalt wurden jedoch 1609 ubermalt sodass von ihnen nichts mehr zu erkennen ist Wie durch eine 2017 publizierte Rontgenfluoreszenzanalyse bekannt wurde waren hier je drei Bildfelder auf den beiden Seiten und neun Bildfelder auf der Ruckseite zu sehen Alle 15 Bildfelder waren vermutlich mit Ganzfiguren von Heiligen bemalt Die Schreinruckseite und seitenwangen zeigen keinen Bildzyklus wie auf den Flugeln sondern vielmehr eine Versammlung von Heiligen Zentral ist der heilige Christophorus zu sehen um ihn herum vier Heilige davon kann die heilige Barbara sicher und die Heiligen Klara und Agnes mit einiger Unsicherheit bestimmt werden Auch die anderen Felder durften mit Heiligen bemalt gewesen sein An der linken Seitenwange des Schreins beim Blick von vorne sind Petrus und Paulus auf den oberen beiden der drei Bildfelder zu sehen Auf der rechten Seitenwange war mittig wohl der heilige Laurentius dargestellt 2 Madonnenfigur Bearbeiten Die Skulptur ist in Mischtechnik auf Nussbaumholz gefertigt und hat uberwiegend ihre historische Fassung behalten Sie ist 132 cm hoch und 60 cm breit Sie ist in der Sammlung des Bayerischen Nationalmuseums als Leihgabe von Julius Bohler Seit 2015 wird sie vom Bayerischen Nationalmuseum an das Stadelsche Kunstinstitut verliehen Maria sitzt auf einem gotischen Thron mit Jesus im linken Arm Dieser steht aufrecht und halt mit seiner linken Hand einen Vogel wahrend er mit der rechten Hand nach dem Zepter greift welches seine Mutter ursprunglich in der Rechten hielt 1 Reliquien Bearbeiten Die Reliquien die sich hinter den Masswerkfenstern links und rechts der Madonnenfigur befanden werden das erste Mal im 17 Jahrhundert beschrieben Es ist aber durchaus moglich dass diese von Anfang an Teil des Altars waren Sie wurden durch die Ruckwand des Schreines hineingelegt diese Turen konnen heute aufgrund von Umbauten nicht mehr geoffnet werden Winckelmann zahlte neun Objekte im Schrein auf Primar und Sekundarreliquien der Heiligen Elisabeth von Thuringen und ihrer Tochter Gertrud 1 Geschichte und Provenienz BearbeitenGeschichte Bearbeiten nbsp Hochaltar des Pramonstratenserinnenklosters Altenberg ursprunglicher Aufstellungsort des Altenberger Altarretabels Die Madonnenfigur wird in der Forschung als Arbeit eines Kolner Meister angesehen stilistisch wird sie auf 1320 30 datiert Der Schrein und die Flugel stammen aus der gleichen Tischlerwerkstatt und werden einem Rheinischen Meister zugeschrieben Durch stilkritische Vergleiche konnen die Flugelmalereien dem provinziellen Umfeld von Koln zugeordnet werden Die Einflusse der Kolner Malerei sind eindeutig die Unterschiede fur eine Lokalisierung des Rheinischen Meisters nach Koln aber zu gross Ob sie nun in Koblenz Mainz oder Wetzlar alle zur Zeit der Entstehung der Tafeln eng mit Koln in Beziehung stehenden Stadte entstanden sind lasst sich nicht ausmachen Aufgrund von Stilvergleichen und dendrochronologischen Untersuchungen sind die Tafeln und der Schrein vermutlich ebenfalls um 1320 30 entstanden 3 moglicherweise als Stiftung der 1332 verstorbenen Mechthild von Ziegenhain 1 Der Altar wurde bereits im Spatmittelalter durch einen Schnitzaltar des 15 oder 16 Jahrhunderts ersetzt Wohl seit dieser Zeit stand er bis zu seinem schrittweisen Abbau im 19 und 20 Jahrhundert auf der Nonnenempore der Kirche wo er bei einem Umbau der Nonnenempore 1609 renoviert wurde Dabei wurde die Aussenseiten der Flugel mit Leinwanden uberklebt und mit manieristischen Malereien bemalt die spater abgelost sich heute auf Schloss Braunfels befinden Ebenfalls wurden die Seitenwangen und die Ruckseite des Schreins ubermalt 1 Provenienz Bearbeiten um 1330 geschaffen fur den Hochaltar des Pramonstratenserinnenkloster Altenberg bei Wetzlar 1609 auf dem Altar der Nonnenempore in Altenberg 1841 57 Trennung der Flugel vom Schrein und Verbringung der Flugel in das Schloss Braunfels des Fursten Solms 1916 Verkauf der Madonnenfigur durch den Fursten von Solms Braunfels an den Kunsthandler A S Drey 1925 Versteigerung der Flugel von Schloss Braunfels an die Stadtische Galerie nach 1925 Verbringung von Altarschrein nach Schloss Braunfels vor 1929 Madonna im Besitz des Kunsthandlers Bohler in Munchen heute als Leihgabe von Julius Bohler an das Bayerische Nationalmuseum 1 Literatur BearbeitenDonald L Ehresmann Some Observations on the Role of Liturgy in the Early Winged Altarpiece In The Art Bulletin 64 1982 S 359 369 zum Altenberger Altar S 362 364 Sabine Oth Der Altenberger Altar ungedruckte Magisterarbeit Frankfurt 1997 Bodo Brinkmann Stephan Kemperdick Deutsche Gemalde im Stadel 1300 1500 Kataloge der Gemalde im Stadelschen Kunstinstitut Frankfurt am Main Bd 4 Philipp von Zabern Mainz 2002 ISBN 3 8053 2920 2 S 3 32 Iris Grotecke Retabel aus Altenberg In Klein Bruno Hrsg Gotik Geschichte der bildenden Kunst in Deutschland Bd 3 Munchen 2007 Nr 155 S 416f Seeberg Stefanie Textile Bildwerke im Kirchenraum Leinenstickereien im Kontext mittelalterlicher Raumausstattungen aus dem Pramonstratenserinnenkloster Altenberg Lahn Petersberg 2014 S 150 166 213 226 Jochen Sander u a Hrsg Aus der Nahe betrachtet Bilder am Hochaltar und ihre Funktionen im Mittelalter Tagungsband zum gleichnamigen Passavant Kolloquium Frankfurt am Main Stadel Museum 13 u 14 November 2015 Berlin 2016 Stefan Flege u a Schaufenster des Himmels Ergebnisse der Rontgenfluoreszenz Untersuchung des Altenberger Altarschreins Stadelsches Kunstinstitut Frankfurt 2017 doi 10 13140 RG 2 1 4407 7041Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Altenburger Altarretabel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Altenberger Altarretabel auf der Website des Stadelschen KunstinstitutsEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i j k l Bodo Brinkmann Stephan Kemperdick Deutsche Gemalde im Stadel 1300 1500 Kataloge der Gemalde im Stadelschen Kunstinstitut Frankfurt am Main Band 4 Philipp von Labern Mainz 2002 ISBN 3 8053 2920 2 S 13 Stefan Flege u a Schaufenster des Himmels Ergebnisse der Rontgenfluoreszenz Untersuchung des Altenberger Altarschreins Stadelsches Kunstinstitut Frankfurt 2017 doi 10 13140 RG 2 1 4407 7041 Seeberg Stefanie Textile Bildwerke im Kirchenraum Leinenstickereien im Kontext mittelalterlicher Raumausstattungen aus dem Pramonstratenserinnenkloster Altenberg Lahn Petersberg 2014 S 150 166 213 226 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Altenberger Altarretabel amp oldid 234877659