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Als rheinische Scharfung und Schleifton werden in den ripuarischen und limburgischen Sprachen die beiden fur diese Dialekte typischen Tonakzente bezeichnet Der Akzent wird im ubrigen deutschen und im niederlandisch flamischen Sprachraum als rheinischer Singsang wahrgenommen Als Bezeichnungen fur die beiden Tonakzente werden in der Sprachwissenschaft verwendet Tonakzent 1 und Tonakzent 2 Altere Bezeichnungen sind Tonakzent 1 Scharfung gescharft Stosston und Tonakzent 2 ungescharft SchleiftonTonakzent 1 ist gekennzeichnet durch einen rapiden Intensitatsabfall der betonten Silbe mit abschliessender Glottalisierung Dieser Tonakzent der Ripuarischen und Limburgischen Sprachen ist der Stosston auch Niederlandisch stoottoon genannt 1 Der Schleifton Tonakzent 2 ist charakterisiert durch einen Tonhohenverlauf und Druckverlauf der oft bei einem hohen Ton mit hohen Druck beginnt die beide schnell abfallen und danach etwas langsamer wieder ungefahr auf das Normalniveau steigen Allerdings gibt es eine unubersehbar grosse Zahl voneinander abweichender individueller Auspragungen des Schleiftons die neben dem jeweiligen Dialekt von einigen unterschiedlichen Einflussfaktoren bestimmt werden Im niederlandischen und flamischen Schrifttum wird dieser Tonakzent als sleeptoon im deutschen auch als Tonakzent 2 bezeichnet 1 Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Auspragungen der rheinischen Akzentuierung die vom jeweiligen Dialekt vom Ton und Modulationsverlauf im Satz sowie dem Satztyp abhangen Inhaltsverzeichnis 1 Einbettung und Position 2 Verbreitung 2 1 Geografisch 2 2 Nach Sprachengruppen 3 Darstellung in der Schrift 3 1 Lautschriften 4 Beispiele 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseEinbettung und Position BearbeitenDer Tonakzent kann sowohl auf Silben und Silbenteile als auch Vokale oder Liquida l m n ng r fallen Die entsprechenden Silben sind immer betont und tragen einen Druckakzent Zugleich verandert sich die Tonhohe des gescharften Segments oder der gescharften Segmente wahrenddessen sie erklingen Der Umfang und Verlauf der Tonhohenanderung ist regional unterschiedlich und wird zudem stark vom jeweiligen Satzmuster beeinflusst wie Aussage Frage implizite Verneinung und so fort Auch von der Position der Silbe im Satz wird der Verlauf beeinflusst Bei gescharften Silbe sackt der Stimmton sehr schnell ab mitunter so stark dass er fur einen Sekundenbruchteil unhorbar wird wahrend er also ohne Scharfung nur andeutungsweise nach unten geht und sofort wider nach oben zuruckkehrt Auf einen kurzen Vokal folgende Liquide l m n ng r werden in den Tonverlauf der Akzentuierung einbezogen und bilden eine Art tonalen Diphthong 10 etwa in Jeld Geld und Jold Gold Hungk Hund Orjel geschlossenes O Orgel usw Verbreitung BearbeitenGeografisch Bearbeiten Der limburgische Schleifton kommt vor in der Provinz Limburg der Niederlande in der Provinz Limburg in Belgien in einem Teil der belgischen Provinzen Luxemburg und Luttich darunter der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Grossherzogtum Luxemburg und in den zusammenfassend als Rheinland bezeichneten Teilen der deutschen Bundeslander Rheinland Pfalz und Nordrhein Westfalen Das umfasst einige grosse oder bekannte Stadte unter anderem Aachen Bitburg Bonn Dusseldorf Eupen Hasselt Heerlen Heinsberg Julich Kerkrade Koln Koblenz Krefeld Leverkusen Luxemburg Maastricht Monchengladbach Prum Roermond Siegburg Tongern Trier Venlo Weert und einen kleinen Teil Wuppertals Bis Anfang des 20 Jahrhunderts war die rheinische Akzentuierung auch Kennzeichen der Dialekte in Teilen des westlichen Ruhrgebiets so in den heutigen sudlichen Stadtteilen von Essen im Molmschen Mulheim an der Ruhr und im Duisburger Platt Die nordliche Grenze zur so genannten kleverlandischen Akzentuierung verlief rechtsrheinisch nordlich der Duisburger Altstadt und dem heutigen Mulheimer Stadtteil Styrum 2 und ist heute nur noch in ausserst abgeschwachter Form im Regiolekt dieser Gegend vorzufinden nbsp Verbreitung der rheinischen Scharfung in den ripuarischen und limburgischen Dialekten in Abgrenzung zur kleverlandischen AkzentuierungNach Sprachengruppen Bearbeiten Im Ripuarischen und Limburgischen Sprachraum ist die rheinische Scharfung allgegenwartig Es gibt kaum einen Satz in dem sie nicht wenigstens einmal vorkommt Im westlichen Moselfrankischen einschliesslich des Luxemburgischen ist sie seltener Dieses Intonationsphanomen teilt das Kolsche mit mehreren anderen West Sprachen wie Eifeler Platt Luxemburgisch Sudniederrheinisch und Limburgisch letzteres in den Niederlanden Belgien und im Selfkant In geringem Umfang taucht der Schleifton noch im Luxemburgischen im angrenzenden Pfalzischen und Moselfrankischen auf sowie im Rheinischen Regiolekt Er ist ansonsten im europaischen Sprachraum unbekannt Selbst Sprecher aus angrenzenden Regionen wie dem Niederrhein nordlich der Uerdinger Linie sind in der Regel nicht in der Lage ihn in der gesprochenen Sprache zu identifizieren oder richtig auszusprechen Darstellung in der Schrift BearbeitenIn der gewohnlichen Schreibung der jeweiligen Sprachen wird die Scharfung nicht erfasst Da in der Mehrzahl der Falle die Scharfung mit einem langen Vokal oder einer langen Silbe zusammentrifft neigen Autoren im Einflussbereich der niederlandischen Standardsprache und ihrer Schreibregeln dazu bei gescharften Vokalen oder Silben Doppelvokale oder ie zu verwenden Ganz analog dazu findet man dies auch im Einflussbereich der deutschen Standardsprache und ihrer Schreibung und zusatzlich haufig Vokale denen ein h folgt Lautschriften Bearbeiten In der Lautschrift nach IPA gibt es eigene Zeichen fur den Tonverlauf Sie werden jedoch bestenfalls bei einer engen phonetischen Transkription eingesetzt Ansonsten dominiert die reine Langenangabe mit dem Zeichen ˑ die in der grossen Mehrzahl der Falle phonologisch aquivalent ist 3 Abweichend davon wird auch gelegentlich benutzt 4 In der rheinischen Dialektologie vor dem Zweiten Weltkrieg war es ublich Beginn und Ende der Scharfung in phonetischen Umschriften mit ˑ zu markieren also zum Beispiel vaˑl fur das deutsche Wort Falle im Aachener Dialekt 5 eine Notation die auf den Bonner Professor Frings zuruckgeht Die Rheinische Dokumenta von 1983 fuhrt ursprunglich keine Kennzeichnung der rheinischen Scharfung ein und ihre Autoren raten von einer Markierung ab 6 Die Teuthonista 7 definiert ebenfalls keine Markierungen fur die verschiedenen Auspragungen der rheinischen Scharfung wiewohl solche durchaus moglich waren Das Rheinland und Limburg zahlen nicht zum ublichen Anwendungsgebiet der Teuthonista Beispiele BearbeitenDie beiden Worter mit der identischen Schreibung zie kommen in vielen westlichen limburgischen Sprachen vor Bei gleicher Lautfolge auf zwei unterschiedliche Weisen intoniert ist die Bedeutung Frau mit Stosston und Seite mit Schleifton Im Mestreechs kennt man bij bɛi das bedeutet auf Deutsch bei ohne oder Biene mit Scharfung und sehr ahnlich gesprochen im Kolschen die Worter bei ohne Scharfung und Bei mit Scharfung mit jeweils derselben Bedeutung Das Wort kieske im Dialekt des belgischen Stadt Hasselt bedeutet auf Deutsch Kaslein ohne oder Strumpfchen mit Scharfung des Doppelvokals 8 Man schreibt kaal im Jomelejer Plat und das bedeutet Gerede mit Schleifton oder kahl ohne die Scharfung 9 Beide Vokale sind lang Es gibt im Gemmernicher Platt aber auch Kurzvokale mit Scharfung zum Beispiel bei dem Minimalpaar bokske das mit Scharfung Buchlein und ohne Scharfung Hoschen bedeutet 4 Auch wenn die Tonakzente mit dem Oberbegriff Lexikalischer Ton belegt sind dienen sie vielfach dazu grammatische syntaktische oder Fokus Unterschiede im Satz zu markieren Im Kolschen hat beispielsweise der Nominativ des Wortes Pferd dat Paad einen Schleifton wohingegen der Dativ damm Pahd immer mit Stosston gesprochen wird Ebenfalls im Kolschen wird der normale Aussagesatz Das ist schlecht Dat es schlaasch mit einem Stosston auf der letzten Silbe gesprochen Beschwert man sich jedoch lauthals und heftig Boh es dat schlaasch Meine Gute ist das schlecht so bekommt die letzte Silbe einen Schleifton Im Kolschen wird ein Unterschied als Ungerscheed oder Ongerscheid bezeichnet ohne Scharfung Die Betonung liegt auf der ersten Silbe Auch bei dem Verb ungerscheide kommt sie nicht vor jedoch wird hier das ei betont Jedoch im Wort Ongerscheidong oŋɐ ˈʃɜ iˑdʊŋ ist das ei gescharft und betont In der Kolschen Sprache Schlash je nach Intonation Schlage oder Schlecht Das Wort ou im Ocher Platt oder Volsj der Mundart in Vaals bedeutet alt bzw auch Literatur BearbeitenCarlos Gussenhoven Tone systems in Dutch Limburgian dialects In Shigeki Kaji Hrsg Proceedings of the Symposium on Cross Linguistic Studies of Tonal Phenomena Tonogenesis Typology and Related Topics Institute for Languages and Cultures of Asia and Africa Tokyo University of Foreign Languages Tokyo 1999 S 127 143 Weblinks BearbeitenDe tonen van het Limburgs Verbreitungsgebiet Zustandekommen und Beschreibung der Tonakzente auf Niederlandisch Germanic tone accents Proceedings of the First International Workshop on Franconian Tone Accents Leiden 2003 englisch Jean Frins Unsere einzigartige Dreilandersprache Memento vom 16 Februar 2008 im Internet Archive auf der Seite des Vereins Ocher Platt zur heutigen karolingisch frankischen Sprache im Bereich des mittelalterlichen Herzogtums Limburg Einzelnachweise Bearbeiten a b Jorg Peters The Cologne Word Accent Revisited In Michiel Arnoud Cor de Vaan Hrsg Germanic tone accents Franz Steiner Stuttgart 2006 ISBN 3 515 08877 6 S 107 abgerufen 30 Juni 2011 Studien zur niederrheinischen Dialektgeographie in den Kreisen Rees Dinslaken Hamborn Mulheim Duisburg Heinrich Neuse N G Elwert sche Verlagsbuchhandlung 1915 Vergleiche dazu die verschiedenen Publikation von Christa Bhatt Alice Herrwegen und Karl Heinz Rahmers sowie Georg Heike insbesondere Christa Bhatt Alice Herrwegen Das Kolsche Worterbuch 2 Auflage J P Bachem Verlag Koln 2005 ISBN 3 7616 1942 1 Alice Herrwegen Mer liehre Kolsch avver flock Intensivkurs der Kolschen Sprache J P Bachem Verlag Koln 2006 ISBN 3 7616 2032 2 Alice Herrwegen Mer liere Kolsch avver hoosch J P Bachem Verlag Koln 2008 ISBN 978 3 7616 2201 8 a b Jules Aldenhoff Jean Gerrekens Pierre Straat Diksjonaar van et Jomelejer Plat 1 Auflage GEV Grenz Echo Verlag Eupen 2003 ISBN 90 5433 182 8 S vi unten Adolf Steins Grammatik des Aachener Dialekts Diss 1921 herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Klaus Peter Lange Rheinisches Archiv Veroffentlichungen des Instituts fur geschichtliche Landeskunde der Rheinlande der Universitat Bonn Band 141 Bohlau Verlag Koln Weimar Wien 1998 ISBN 3 412 07698 8 S 19 Mitte Peter Honnen vorgestellt nach Vorarbeiten von Fritz Langensiepen Rheinische Dokumenta Lautschrift fur Rheinische Mundarten Mundartdokumentation im Rheinland 2 Auflage Rheinland Verlag Koln 1987 ISBN 3 7927 0947 3 S 24 letzter Abschnitt von Kapitel V 2 Siehe zum Beispiel Kurzbeschreibung Memento vom 24 Juli 2004 im Internet Archive PDF Siehe unter Inleiding In van Rachel Fournier Carlos Gussenhoven Jorg Peters Marc Swerts Jo Verhoeven De tonen van het Limburgs niederlandisch abgerufen am 4 August 2011 Jomelejer Platt Worterbuch auf joemelejerplat be am Ende des Abschnitts zur Rechtschreibung abgerufen 8 Dezember 2007 nbsp Wikipedia auf Ripuarischen Dialekten nbsp Wikipedia auf Luxemburgisch nbsp Wikipedia auf Limburgisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rheinische Scharfung amp oldid 236112886