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Die Reliquie D 840 ist das Fragment einer viersatzigen Klaviersonate von Franz Schubert Zwar sind die beiden letzten Satze unvollendet geblieben und ist die Sonate im Konzertsaal nur sehr selten zu horen sie gehort aber zu Schuberts grossen ratselhaften und abgrundigen Werken Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Aufbau 2 1 1 Satz 2 2 2 Satz 2 3 3 Satz Fragment 2 4 4 Satz Fragment 3 Exemplarische Einspielungen 4 Vervollstandigungen 5 Zitate 6 Weblinks 7 Einzelnachweise 8 AnmerkungenEntstehung BearbeitenNach einer zweijahrigen Pause komponierte Schubert im Fruhjahr 1825 drei Sonaten die C Dur D 840 die a moll D 845 und die D Dur D 850 Gasteiner Ein Jahr zuvor hatte er seinem Freund Leopold Kupelwieser geschrieben dass er sich mit Streichquartetten und anderer Kammermusik der grossen Sinfonie nahern wollte Die unvollendete Sinfonie in h Moll hatte 1822 am Anfang dieses Weges gestanden auf dem die Sonate C Dur D 840 zum grossen Schritt wurde Von Schubert selbst auf April 1825 datiert ist sie als Reliquie bekannt Ihr erster Verleger Friedrich Whistling in Leipzig veroffentlichte sie 1861 33 Jahre nach Schuberts Tod als Reliquie Letzte Sonate unvollendet fur das Pianoforte von Franz Schubert Schuberts letzte Sonate war sie aber nicht ihr folgten noch sechs vollendete Sonaten Von Schuberts unvollendeten Sonaten ist die Reliquie die bekannteste Der Bruder Ferdinand Schubert schenkte das Manuskript Robert Schumann der den Wert des Werks sofort erkannte 1 Aufbau BearbeitenDas Werk ist ausgesprochen orchestral angelegt Die einzelnen Abschnitte und Formteile nehmen bis dahin ungekannte sinfonische Ausmasse an Die Grosse Sinfonie in C Dur lasst sich ahnen 2 Pulsierender Rhythmus durchzieht fast die ganze Sonate Wie in Beethovens fruhen c Moll Sonaten 5 und 8 spielt As Dur die Subdominante der Paralleltonart Es Dur im 2 und 3 Satz eine grosse Rolle In den Ecksatzen bleibt C Dur die bestimmende Klangfarbe Dass sie sich auf der letzten unvollendeten Seite in das parallele a Moll wendet macht die Reliquie in der Sonatenwelt einmalig A 1 Siehe auch Satz musikalische Formenlehre und Sonatensatzform 1 Satz Bearbeiten Moderato C Dur 4 4 Takt 318 Takte 421 mit Wiederholung Der melancholischen Unisono Frage mit der fallenden Sexte folgt eine sanfte Antwort im Dominantseptakkord Sie ahnelt dem Eingangsthema der a Moll Sonate D 845 3 Mit gedoppelten und synkopierten Oktaven kehrt die fallende Sext zuruck Der variierten Wiederholung B Dur As Dur f Moll G Dur liegt ein rhythmisches synkopisches Ostinato zu Grunde Im G Dur fallt es vom fortissimo ins piano Uber dem unveranderten Bass leggiero pianissimo erscheint das unwirkliche Legato Seitenthema im fernen h Moll Uber c moll findet die Exposition zum dominanten G Dur zuruck Nach der Wiederholung beginnt die Durchfuhrung umstandslos in A Dur Sie offnet die harmonischen dynamischen und klanglichen Perspektiven in orchestraler Weise Das erste Thema lost sich in das rhythmische Ostinato auf In der Reprise erscheint das erste Thema nur einmal ohne die Wiederholung die das Ostinato eingeleitet hatte Das Legato Thema kehrt in a Moll wieder und findet uber den Bass Synkopen zur Tonika C Dur Der Satzschluss bringt das Eingangsthema noch einmal pianissimo in As Dur und c Moll 2 Satz Bearbeiten Andante c Moll 6 8 Takt 121 Takte 134 mit Wiederholung Der vierstimmige Sonatensatz ohne Durchfuhrung geht den gleichen Weg weiter Die dynamischen Kontraste sind weniger stark das harmonische Spektrum aber ebenso breit wie im 1 Satz Das fur viele spatere Werke charakteristische Gegenspiel von d moll und As Dur steht bereits an zentraler Stelle In beiden Satzen sind die Melodien nicht geschlossen sondern offen auch Melodienfragmente oder Erinnerungen an Melodien Ihre harmonischen Fundamente kontrastieren mit rhythmischen Ostinati Wie in den Liedern gewinnen rhythmische Zellen strukturierende Bedeutung 1 3 Satz Fragment Bearbeiten Menuetto Allegretto As Dur 3 4 Takt 121 TakteDas weiche As Dur wendet sich nach 16 Takten in ungewohnliches A Dur und nimmt vier Mal den sanften Tanzgedanken des 2 Satzes auf Nach 18 Takten und einem beginnenden Wiederholungszeichen beschleunigt accelerando und verdustert sich das Geschehen In typischer Schubert Manier forzando Viertel und vier Achtel erinnert es an die Durchfuhrung des 1 Satzes Ges Dur Des Dur As Dur und wieder A Dur Uber den Dominantseptakkord E Dur kehrt wieder Ruhe ein Vor dem ausgebliebenen Wiederholungsstrich bricht die Notation in der rechten Hand ab Wie ein Schubertscher Walzer wirkt das auskomponierte Trio in gis Moll der enharmonischen Verwechslung der Paralleltonart as Moll Der zweite Teil des Trios beginnt in H Dur Harold Truscott 1914 1992 komponierte 1957 eine Vervollstandigung des Menuetts Siehe auch Deutscher Tanz 4 Satz Fragment Bearbeiten Rondo Allegro C Dur 2 4 Takt 273 Takte ohne Wiederholung Leggiero und leise mit Achteltriolen in der rechten Hand zitiert das Rondo den letzten Satz der Klaviersonate Nr 3 Beethoven Sextakkorde und etwas widerborstige Vorschlage verbreiten launige Heiterkeit Nach immerhin 120 Takten erscheint in der Dominante das 2 Thema straff und energisch mit kleiner Sekunde Weit gespannt und von Moll eingefarbt wird es im Bass wiederholt Nach 16 unbeschwerten Sechzehnteltakten immer noch in G Dur gewinnen die Paralleltonarten c Moll und g Moll die Oberhand Der Wiederholung der grandiosen Exposition folgen vier Takte die in vielen Aufnahmen uberspielt werden Dabei markieren sie eine tiefe Zasur den Aufbruch ins Uferlose Die Umkehrung der kleinen Sekunde fuhrt uber E Dur zu den letzten 30 Takten in a Moll Bei Richter klingen sie nicht wie ein drittes Thema sondern wie der leise Beginn einer damonischen Stretta eines furiosen Finales zu dem Schubert nicht gefunden hat Exemplarische Einspielungen BearbeitenFriedrich Wuhrer 1950er Jahre A 2 Swjatoslaw Richter 1961 1979 A 3 Wilhelm Kempff 1967 Alfred Brendel 1972 1988 Michel Dalberto 1989 Mitsuko Uchida 1997 Vervollstandigungen BearbeitenLudwig Stark 1877 Armin Knab 1920 Ernst Krenek 1923 4 A 4 Walter Rehberg 1927 Nikolai Sergejewitsch Schiljajew 1932 Paul Badura Skoda 1976 1997 Bart Berman 1978 1997 Ian Munro 1994 Martino Tirimo 2003 Anthony Goldstone 2003 Brian Newbould 2008 Zitate Bearbeiten Vielleicht ist aber die Reliquie nicht nur eine unvollendete Sonate sondern eher eine unvollendbare Mikhail Rudy beschreibt sie als Lehrpfad Sie ist tatsachlich eine Reise durch Strukturen die wie im Nebel erscheinen wo die thematischen und harmonischen Perspektiven verwischt sind wo der Horer sich buchstablich verliert Diese Erfahrung wird im Finale fortgefuhrt dessen Konturen genauso unscharf sind Es ist ein Rondo betitelter Sonatensatz wo jedes Element ein Rondo en miniature ist der sich auch in auf dem damaligen Flugel unerreichbaren Tiefen verliert die mit auffallig hellen Linien kontrastieren Der Wanderer hat sich diesmal endgultig verloren Eine Ruckkehr in die reale Welt vorzutauschen wurde eine der wohl experimentellsten Schopfungen Schuberts nur verraten Thierry Morice 1 Weblinks BearbeitenKlaviersonate C Dur D 840 Schubert Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project Friedrich Wuhrer mit Kreneks Vervollstandigungen YouTube Richter Paris 1961 YouTube Einzelnachweise Bearbeiten a b c Franz Schubert Klaviersonate C Dur D 840 Reliquie Capriccio Kulturforum Schuberts Klaviersonaten 1815 1825 naxos com Franz Peter Schubert Franz Schubert Sonata in C major D 840 Yamaguchi Makiko Die Erganzung der C Dur Sonate D 840 Schuberts durch Ernst Krenek 2014 Anmerkungen Bearbeiten Die meisten Moll Sonaten enden im helleren Dur Ganz unromantisch und kristallklar ist Wuhrers Auslegung Die ersten drei Satze spielt er zugig fast schnell den letzten Satz dagegen mit angezogener Handbremse Und er verzichtet auf die sechsseitige Wiederholung um Raum fur Kreneks lange Vervollstandigung zu gewinnen aber auch das sprengt die Proportionen der Sonate und beweist ihre Unvollendbarkeit und die Richtigkeit von Richters Codadeutung Im 3 und 4 Satz endet Richter bei Schuberts letzten Noten 1922 von Eduard Erdmann gebeten vervollstandigte Krenek beide Satze fur Alfred Einstein mit ausgezeichnetem Ergebnis Klaviersonaten von Franz Schubert 1815 E Dur D 157 1816 Funf Klavierstucke Sonate E Dur D 459 459 A 1817 As Dur D 557 e Moll D 556 fis Moll D 571 Des Dur Es Dur D 568 567 H Dur D 575 a Moll D 537 1819 A Dur D 664 1823 a Moll D 784 1825 C Dur Reliquie D 840 a Moll D 845 D Dur Gasteiner D 850 1826 G Dur D 894 1827 Sonate oubliee C Dur D 916 B 1828 c Moll D 958 A Dur D 959 B Dur D 960 Siehe auch Klaviersonaten Nr 19 bis 21 Schubert Normdaten Werk GND 300141866 lobid OGND AKS VIAF 185088889 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reliquie Schubert amp oldid 230347706