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Als Rangordnung bezeichnet man in der Verhaltensbiologie eine soziale Hierarchie durch die bestimmte Rechte und Pflichten innerhalb einer Gruppe geregelt und fur eine langere Zeitspanne festgelegt sind An der Spitze dieser Hierarchie stehen stets starke und erfahrene Tiere die haufig gewisse Vorrechte geniessen zum Beispiel Vortritt an der Futterstelle und an der Tranke Benutzung bevorzugter Schlafplatze oder Vorrechte beim Paarungsverhalten Das ranghochste Gruppenmitglied wird von Verhaltensbiologen Alpha Tier a Tier genannt das rangniedrigste Gruppenmitglied Omega Tier w Tier Ranghohe Individuen werden gegenuber rangniedrigeren als dominant bezeichnet 1 Inhaltsverzeichnis 1 Evolutionarer Nutzen 2 Herkunft der Bezeichnung Hackordnung 3 Beispiele 3 1 Wespen 3 2 Buntbarsche 3 3 Messerlippfische 3 4 Hauskatzen 3 5 Rhesusaffen 3 6 Paviane 4 Siehe auch 5 EinzelnachweiseEvolutionarer Nutzen BearbeitenDen evolutionaren Nutzen einer Ausbildung von Rangordnungen im Verlauf der Stammesgeschichte einer Art sehen die Evolutionsbiologen darin dass Rangordnungsverhaltnisse insofern zur Stabilisierung der Beziehungen in der Gruppe beitragen als Streitigkeiten im wesentlichen auf die Begrundung bzw die Anderung einer Rangordnung z B bei Eingliederung heranwachsender Jungtiere beschrankt bleiben wahrend die unterschiedlichen Rechte zu anderen Zeiten kampflos respektiert werden 1 Ranghohe Tiere sind zugleich in aller Regel besonders kraftig und haben oft grossere Fortpflanzungschancen als ihre rangniederen Artgenossen Auch dies ist langfristig ein Vorteil fur den Fortbestand der Gruppe Zugleich erfullen ranghohe Individuen oft als Leittiere bestimmte Pflichten beispielsweise bei der Beobachtung und der Abwehr von Gefahrenquellen beim Fuhren einer Gruppe zu Futterstellen und Tranken und gelegentlich selbst beim Schlichten von Streitigkeiten zwischen rangniederen Tieren Das Entstehen und die Veranderung einer Rangordnung setzen voraus dass die Tiere einer Gruppe einander personlich kennen und erkennen auch das dient letztlich dem langfristigen Fortbestand der Gruppe Herkunft der Bezeichnung Hackordnung BearbeitenDas Entstehen von Rangordnungen und die Verhaltensweisen der in ihnen eingebundenen Tiere wurde besonders intensiv beim Haushuhn untersucht weswegen sich der anschauliche Ausdruck Hackordnung als populares Synonym fur Rangordnung im Sprachgebrauch festgesetzt hat Die Bezeichnung Hackordnung ist bereits seit der Fruhzeit der Ethologie Anfang der 1920er Jahre durch den norwegischen Zoologen Thorleif Schjelderup Ebbe belegt 2 und bezog sich zunachst nur auf ranghohere Huhner die zum Beispiel beim Verteidigen ihrer Futterplatzanspruche rangniedrigere Tiere mit Schnabelhieben weghacken und so ihre Stellung festigen Man kann auf jedem Huhnerhof beobachten und fur jedes Tier in einem Verhaltensprotokoll exakt vermerken welches Huhn in einer Huhnergruppe welche anderen Huhner hackt und von welchen Huhnern dieses Huhn selbst gehackt wird Als Ergebnis wird man haufig feststellen dass ein einziges Huhn alle anderen Huhner hackt und kaum je selbst gehackt wird und dass wiederum ein einziges Huhn von allen anderen gehackt wird und nie oder nur selten nach anderen Huhnern hackt Diese Form der sozialen Interaktion wird dann als Ausdruck einer Rangordnung gedeutet in der eines der Huhner das ranghochste Huhn ist das Alpha Huhn und ein anderes das rangniedrigste das Omega Huhn Alle anderen Huhner konnen in dieser Rangordnung zwischen den beiden Extremen eingeordnet werden Das Beta Huhn unterjocht zum Beispiel alle anderen mit Ausnahme des Alpha Huhns 3 Die Reihung der Tiere Alpha a Beta b Gamma g Omega w folgt der Buchstabenreihung im griechischen Alphabet Beispiele BearbeitenNeben linearen Reihungen a b g w kann es auch kompliziertere Rangordnungen geben wenn sich wie zum Beispiel bei Pavianen und Schimpansen zwei oder drei Mannchen manchmal zu einer Gruppe zusammenschliessen und dann uber ein Tier dominieren dem jeder einzelne von ihnen unterlegen ware Belegt sind ferner Dreiecksverhaltnisse in der Form a b g a In manchen Tiergemeinschaften stellen Mannchen und Weibchen getrennte Rangordnungen auf Bilden sie eine gemeinsame Hierarchie dominieren meistens die Mannchen doch es gibt Ausnahmen In der Zwergmangusten Gruppe steht an der Spitze das alteste Weibchen gefolgt vom altesten Mannchen 4 Wespen Bearbeiten Elizabeth Tibbets von der University of Arizona in den USA und ihr Kollege James Dale von der Simon Fraser University in Kanada betaubten durch eine Kalteruhigstellung im Kuhlschrank Gallische Feldwespen und zeichneten mit einem Zahnstocherstift den so beruhigten Wespen anschliessend ein neues Gesichtsmuster Einige Wespen erhielten starker fleckige Gesichter bei anderen wurden die Flecken abgedeckt Die so veranderten Wespen wurden einzeln jeweils mit einer anderen naturbelassenen Wespe gleicher Gewichtsklasse in einen Glasbehalter gesetzt Dort kampften sie gegeneinander um die Machtverhaltnisse zu klaren 5 Die Auswertung der inszenierten Machtkampfe das Muster der Flecken beeinflusst die soziale Stellung der Tiere ergab dass es noch weitere unerforschte Informationen geben muss etwa Verhaltensmuster oder chemische Signale Wenn eine Wespe diese Informationen mischt etwa wenn sie einen anderen Rang vortauscht wird sie drakonisch bestraft Selbst wenn die Machtverhaltnisse langst geklart sind leidet eine Vortauscherin weiterhin unter den Aggressionen der dominanten Wespen Buntbarsche Bearbeiten nbsp Astatotilapia burtoniKommunikationsforscher der Stanford University haben bei einer afrikanischen Buntbarsch Art eine als Vorstufe von Rangordnungen interpretierbares Verhalten nachgewiesen 6 Die Buntbarsch Mannchen von Astatotilapia burtoni Burtons Maulbruter aus dem Tanganjikasee verteidigen ihr kleines Revier gegen benachbarte Artgenossen was eine kraftezehrende Angelegenheit ist Den US amerikanischen Verhaltensforschern war aufgefallen dass die Fische vor einer Attacke gewissermassen beobachten wie stark ihre Nachbarn sind wie erfolgreich ein Nachbar Angriffe abwehrt oder gar gewinnt Im Laborexperiment konnte man dann tatsachlich nachweisen Die Fischmannchen beobachten einander zunachst und greifen dann just jene Nachbarn an die zuvor bereits in diversen Revierkampfen nicht allzu gut abgeschnitten hatten In den Experimenten waren Fische unterschiedlicher Kampfstarke zusammengesetzt worden Die daraus resultierenden Kampfe konnten jeweils von anderen Fischen die durch Glasscheiben vom Kampfgeschehen getrennt waren beobachtet werden Auf diese Weise wurde im Experiment eine kunstliche Rangordnung herbeigefuhrt und das Kampfverhalten der Beobachter Fische signifikant vorhergesagt wenn diese nach der Kampfbeobachtung ihrerseits mit einem der beobachteten Fische zusammengesetzt wurden Messerlippfische Bearbeiten In den Tropen lebende Messerlippfische der Gattung Xyrichtys verteidigen ihr Revier gegenuber Konkurrenten ihrer Art wobei ihr Rang im Wesentlichen mit ihrer Korpergrosse korreliert 7 Hauskatzen Bearbeiten Weibliche verwilderte Hauskatzen die in Rom in grosser Zahl offentliche Parks bewohnen vertreiben mannliche Katzen von den Futterplatzen solange sie selbst noch nicht satt sind Jedoch durfen Jungtiere die in anderen Situationen am unteren Ende der Rangordnung stehen noch vor den weiblichen Katzen fressen 8 Rhesusaffen Bearbeiten Bei Rhesusaffen gibt es Rangordnungsverhaltnisse in die sowohl die Mannchen als auch die Weibchen mit ihren Jungen einbezogen werden Fur Experimente von Jose Manuel Rodriguez Delgado wurden einem rangniedrigen Affen Elektroden ins Gehirn implantiert die dort u a das Nervenzentrum fur Drohverhalten stimulieren konnten 9 Das solcherart vom Versuchsleiter bei passenden Gelegenheiten gedopte Tier stieg in der Rangordnung unaufhaltsam auf bis es den Spitzenplatz einnahm und auch dann behielt als die Elektrostimulation beendet wurde Auf diese Weise konnte gezeigt werden dass bei Primaten nicht allein die Korperkraft fur den Rang in ihrer Gruppe verantwortlich ist sondern daruber hinaus auch gleichsam psychische Dispositionen wie Wagemut Paviane Bearbeiten Bei Pavianen variiert die Konzentration an Stresshormonen Glucocorticoiden im Blut stark mit dem sozialen Rang des Tiers In einer Studie hatten rangniedere Paviane durchweg hohere Stresshormon Konzentrationen als ranghohere ausser dass beim ranghochsten Mannchen wiederum deutlich hohere Konzentrationen vorlagen als beim zweitranghochsten 10 Siehe auch BearbeitenSozialer Status Platzhirsch Imponierverhalten Mobbing KampfhundEinzelnachweise Bearbeiten a b Eintrag Rangordnung in Klaus Immelmann Grzimeks Tierleben Sonderband Verhaltensforschung Kindler Verlag Zurich 1974 S 634 Thorleif Schjelderup Ebbe Beitrage zur Sozialpsychologie des Haushuhns In Zeitschrift fur Psychologie Band 88 1922 S 225 252 Neil A Campbell Jane B Reece Biologie Spektrum Verlag 2003 ISBN 3 8274 1352 4 S 1359 Heinz Ulrich Reyer Formen Ursachen und biologische Bedeutung innerartlicher Aggression bei Tieren Kapitel 25 in Klaus Immelmann Grzimeks Tierleben Sonderband Verhaltensforschung S 360 Elizabeth A Tibbets und James Dale A socially enforced signal of quality in a paper wasp In Nature Band 432 2004 S 218 222 doi 10 1038 nature02949 Rank crime and punishment Auf nature com vom 11 November 2004 Logan Grosenick u a Fish can infer social rank by observation alone In Nature Band 445 Nr 7126 2007 S 429 432 David C Shen und Eugenie Clark Territorial and reproductive behavior of the three Caribbean Razorfishes of the Genus Xyrichtys Labridae at Bonaire In Aqua International Journal of Ichthyology Band 22 Nr 1 2016 S 33 59 Zusammenfassung Roberto Bonanni et al Feeding order in an urban feral domestic cat colony relationship to dominance rank sex and age In Animal Behaviour Band 74 Nr 5 2007 S 1369 1379 doi 10 1016 j anbehav 2007 02 029 Jose Manuel Rodriguez Delgado Aggressive Behavior Evoked by Radio Stimulation in Monkey Colonies In American Zoologist Band 6 1966 S 669 681 doi 10 1093 icb 6 4 669 Jose Manuel Rodriguez Delgado Social rank and radio stimulated aggressiveness in monkeys In The Journal of Nervous and Mental Disease Band 144 Nr 5 1967 S 383 390 doi 10 1097 00005053 196705000 00006 Laurence R Gesquiere et al Life at the Top Rank and Stress in Wild Male Baboons In Science Band 333 Nr 6040 2011 S 357 360 DOI 10 1126 science 1207120 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rangordnung Biologie amp oldid 235389763