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Der Pilzanbau ist eine Fachsparte des Gartenbaus Er beschaftigt sich mit der Vermehrung und Kultivierung sowie der Ernte und Vermarktung von bestimmten Speisepilzen den sogenannten Kulturpilzen Im Vordergrund des europaischen Speisepilzanbaus steht die Kultur des Champignons Pilzanbau wird zuweilen auch nichtkommerziell im Hobbygartenbau betrieben und hier umgangssprachlich Pilzzucht genannt Verschiedene asiatische Speisepilze die teilweise auch in Europa angebaut werden Von links im Uhrzeigersinn Enoki Samtfussrubling Buna shimeji Buchenrasling und Bunapi shimeji Eryngi Krauterseitling und Shiitake Pasaniapilz Inhaltsverzeichnis 1 Geschichtlicher Hintergrund 2 Pilzanbau als Teil des Erwerbsgartenbaus 3 Anbau von Speisepilzen 4 Berufsstandische Vertretungen 5 Kultivierung von Pilzen als Hobby 6 Sortiment der Kulturpilze im deutschsprachigen Raum 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseGeschichtlicher Hintergrund Bearbeiten nbsp ChampignonsDer Pilzanbau geht auf den gezielten Anbau von Champignons am Hof Ludwigs XIV in der Mitte des 17 Jahrhunderts zuruck Man kultivierte Feld und Wiesenchampignons die am Hof des Konigs unter dem Namen Champignon de Paris als Delikatesse galten in dunklen Gewolben und Kellern Anfang des 20 Jahrhunderts begann man Champignons auf breiter Basis in eigenen Produktionsbetrieben und dort in abgedunkelten und klimatisierten Hallen spater in aufgelassenen Bergwerks oder Luftschutzstollen zu kultivieren Dies fuhrte dazu dass der Champignon fruher eine seltene Delikatesse heute in Europa der bedeutendste Speisepilz ist Im Zuge der Globalisierung des Produktionsgartenbaus kamen zu den Champignonarten und anderen in Europa heimischen und angebauten Pilzen wie beispielsweise der Samthaube auch asiatische Speisepilze in das Anbausortiment Bekanntestes Beispiel dafur ist der Shiitake der in der fernostlichen Volksheilkunde bereits eine lange Tradition aufweisen kann Pilzanbau als Teil des Erwerbsgartenbaus BearbeitenPilzproduktion in Deutschland 2008 1 Speisepilz Anbaumenge in tChampignon 57 000Austernseitling 500Shiitake 500Krauterseitling 200Sonstige 50Der kommerzielle Anbau von Speisepilzen durch Produktionsbetriebe stellt einen speziellen Teil des Erwerbsgartenbaus dar Berufsstandisch organisiert sind in Deutschland und in der Schweiz zurzeit je 12 grossere und kleinere Betriebe Unter den Pilzanbaubetrieben finden sich auch vermehrt Produktionsbetriebe die auf biologische Weise arbeiten Neben einer Vielzahl von speziellen Speisepilzkulturen werden mengenmassig vor allem Champignons angebaut An zweiter und dritter Stelle der erzeugten Speisepilzmenge folgen Shiitake und Seitlinge wie Austern oder Krauterseitling In Deutschland wird der kommerzielle Speisepilzanbau in zwei Bundeslandern durch eine Offizialberatung also eine vom Bundesland finanzierte Beratung der Gartner unterstutzt Bundesweit gibt es deshalb dazu zwei Pilzanbauberater In der Schweiz gibt es seit 2007 in Cernier ein eigenes Zentrum fur Pilzkunde 2 welches verschiedene Aspekte der Mykologie abdeckt unter anderem auch den Speisepilzanbau und deren Verarbeitung oder gesundheitliche Wirkung Laut FAO Statistik wurden 2005 weltweit fast 3 2 Millionen Tonnen Speisepilze angebaut 3 Weltweit wichtigstes Anbauland war in diesem Zeitraum China mit 1 41 Millionen Tonnen gefolgt von den USA 0 38 Millionen Tonnen Deutschland produzierte im angegebenen Jahr 65 000 Tonnen Speisepilze und stand auf Platz 11 der Liste der Anbaulander Zurzeit werden laufend neue Speisepilze in das Anbausortiment aufgenommen oder fur die Anbaueignung im mitteleuropaischen Raum getestet So beispielsweise auch verschiedene Arten der Shimeji Pilzgruppe Dieser wird in China und Japan in grosseren Mengen angebaut und gilt als der meistgegessene Speisepilz in China Anbau von Speisepilzen Bearbeiten nbsp Pilzzucht in Malaysia nbsp Champignonkultur auf Substrat nbsp Pilzzucht in Malaysia nbsp Pilzzucht in MalaysiaBeim Anbau von Speisepilzen unterscheidet man zwischen der Licht und Dunkelkultur Wahrend vor allem asiatische Pilze eher bei mehr oder weniger starkem Licht kultiviert werden wird der weiss oder braun gefarbte Champignon in Dunkelheit kultiviert Als Substrat dient ein auf die jeweilige Pilzart abgestimmtes Kultursubstrat Grundbestandteile konnen hier beispielsweise Stroh Sagespane Holzschnitzel oder andere organische Grundbestandteile sein die unter Umstanden auch geschmacksbeeinflussend sind Durch mehrere Tage andauernde Bewasserung werden primare Zersetzungsprozesse aktiviert und der mikrobielle Aufschluss des Substrates gefordert Danach schliesst sich ein Pasteurisierungsprozess an der das mikrobiologisch aufgeschlossene und homogenisierte Substrat desinfiziert So wird eine Besiedlung des Substrates mit unerwunschten Fremdorganismen vermieden Das fertige Substrat wird nun unter sterilen Bedingungen mit dem Pilzmyzel beimpft Beim Champignon kultiviert man das Myzel vorab auf Weizenkorner und fugt die vom Myzel durchwachsene Masse als sogenannte Champignonbrut hinzu Wahrend des Myzelwachstums und der Fruchtifizierungsphase mussen spezielle klimatische Bedingungen eingehalten werden Klimaparameter wie Temperatur relative Luftfeuchte CO2 Gehalt oder Lichtmenge werden in den Wachstumsraumen mit Klimacomputern genauestens eingehalten und gesteuert Mit Hilfe der Klimasteuerung kann der Anbauer sicherstellen dass zu bestimmten Ernteterminen eine gewisse Anzahl von erntbaren Pilzen vorhanden ist Je nach Pilzart dauert das Durchwachsen des Substrates und die anschliessende Fruktifizierungsphase unterschiedlich lange Champignonmyzel durchwachst in circa 15 Tagen das Substrat nach circa 3 Wochen konnen die ersten Pilze geerntet werden Das Myzel des Shiitake braucht dafur 15 bis 20 Wochen und dann nochmal bis zu einer Woche bis erntefahige Pilze vorhanden sind Die Pilze werden in der Regel von Hand geerntet Die Ernte selbst erstreckt sich oft uber mehrere voneinander getrennte Zeitraume Berufsstandische Vertretungen BearbeitenDen Berufsstand der Speisepilzerzeuger fur den Erwerbsanbau vertreten nationale Verbande die auf europaischer Ebene zusammenarbeiten In Deutschland ist dies der Bund Deutscher Champignon und Kulturpilzanbauer e V BDC Hervorgegangen ist der Berufsverband der auch Mitglied im Zentralverband Deutscher Gartenbau ist aus den deutschen Champignonzuchtern die sich 1948 zu einem eigenen Verband zusammenschlossen Die Interessen der Schweizer Speisepilzanbauer vertritt der Verband Schweizer Pilzproduzenten e V VSP der sich bereits 1938 grundete Auf europaischer Ebene fungiert die Groupement Europeen des Producteurs de Champignons GEPC als berufsstandische Vertretung Sie vertritt beispielsweise auch die ubergeordneten Belange des BDC Kultivierung von Pilzen als Hobby BearbeitenDer Anbau von Speisepilzen fur den privaten Gebrauch kann in zwei unterschiedlichen Stufen betrieben werden Indem entweder vorgefertigtes Myzel von Fachbetrieben gekauft und Substrat frische Laubholz Stammstucke oder Strohballen beimpft wird wobei auch schon fertig beimpfte Substratblocke kauflich zu erwerben sind oder es wird der komplette Zyklus von der Spore bis zum Pilz abgearbeitet Die letztere Methode ist wesentlich aufwendiger und benotigt zudem ein wenn auch kleines Labor bzw einen eigenen sauber und weitgehend steril gehaltenen Raum Zum Unterschied von auf Pilzanbau spezialisierten Betrieben werden nicht ganze Strohballen verwendet sondern nur Teile davon Wird namlich ein ganzer Strohballen gewassert oder eingeweicht so ist er aufgrund des Nassgewichts kaum manuell handhabbar Die gewasserten Strohballen werden ohne vorherige Pasteurisierung direkt beimpft Sortiment der Kulturpilze im deutschsprachigen Raum Bearbeiten nbsp Pilzzucht in Osttimor Sortierreihenfolge lateinischer Name Anischampignon Agaricus arvensis Champignon Agaricus bisporus Samthaube Agrocybe aegerita Judasohr Mu Err Auricularia auricula judae Schopf Tintling Coprinus comatus Samtfussrubling Enoki Flammulina velutipes Klapperschwamm Maitake Grifola frondosa Igel Stachelbart Hericium erinaceus Graublattriger Schwefelkopf Hypholoma capnoides Holzraslinge Hypsizygus Shimeji Pilze Buchenrasling bzw Buchenpilz Buna Shimeji Hypsizygus tessulatus Shiitake Lentinula edodes Violetter Rotelritterling Lepista nuda Parasol Macrolepiota procera Goldkappchen Toskanapilz Pholiota nameko Limonenseitling Pleurotus citrinopileatus Taubenblauer Seitling Pleurotus columbinus Krauterseitling Pleurotus eryngii Austern Seitling Pleurotus ostreatus Sommer Austernseitling Pleurotus ostreatus fm florida Riesen oder Kulturtrauschling Braunkappe Stropharia rugosoannulataEine Vielzahl weiterer Pilzgattungen und arten wird derzeit auf ihre Anbaueignung getestet Bei Waldpilzen ist eine kommerzielle Zuchtung bisher nicht gelungen weshalb Pfifferlinge Steinpilze Birkenpilze Rotkappen und Morcheln bis auf Ausnahmefalle mit Sondergenehmigung nur in geringen Mengen fur den Eigenbedarf gesammelt werden durfen 4 Literatur BearbeitenBund Deutscher Champignon und Kulturpilzanbauer BDC e V Hrsg Der Champignon Fachzeitschrift fur den Speisepilzanbau Eigenverlag Bonn 1961 2011 ISSN 0009 1308 Wolfgang Franke Nutzpflanzenkunde Neu bearbeitete von Reinhard Lieberei und Christoph Reisdorff 7 vollstandig uberarbeitete und erweiterte Auflage Thieme Stuttgart u a 2007 ISBN 978 3 13 530 407 6 Jan Lelley Pilzanbau Biotechnologie der Kulturspeisepilze Handbuch des Erwerbsgartners 2 vollig neubearbeitete und erweiterte Auflage Ulmer Stuttgart 1991 ISBN 3 8001 5131 6 Wernhard Einar Schmidt Anbau von Speisepilzen Kulturverfahren fur den Haupt und Nebenerwerb Ulmer Stuttgart Hohenheim 2009 ISBN 978 3 8001 4628 4 Jolanda Englbrecht Pilzanbau in Haus und Garten Ulmer Taschenbuch Bd 29 4 Auflage Ulmer Stuttgart Hohenheim 2004 ISBN 3 8001 4636 3 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Pilzanbau Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikibooks Pilzanbau Lern und Lehrmaterialien Bund Deutscher Champignon und Kulturpilzanbauer e V BDC Verband Schweizer Pilzproduzenten VSP Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen Pilzanbau mushroombusiness com Internationales Portal fur AnbauerEinzelnachweise Bearbeiten Quelle Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen BDC mycorama Abgerufen am 20 September 2023 zitiert nach Reinhard Lieberei Christoph Reisdorff Nutzpflanzenkunde 7 Auflage Stuttgart 2007 Darum gibt es keine deutschen Pilze im Supermarkt Frankfurter Rundschau abgerufen am 18 September 2017 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pilzanbau amp oldid 237481445