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Picatrix ist der lateinische Titel des wahrscheinlich um 1055 verfassten Buches Ġayat al ḥakim wa aḥaqq al natiǧatain bi l taqdim Das Ziel des Weisen und die des Vorrangs wurdigere der beiden Kunste einer arabischen Kompilation aus Texten zur Magie Astrologie und Talismankunde Der arabische Text entstand Mitte des 10 oder 11 Jahrhunderts in Al Andalus und wurde um 1256 im Auftrag Alfons des Weisen ins Spanische ubersetzt Von der spanischen Ubersetzung von der nur ein Fragment erhalten ist nahmen die spateren lateinischen Versionen den Ausgang in denen das Werk zum Teil schon im Mittelalter und besonders dann in der fruhen Neuzeit betrachtlichen Einfluss in der westlichen Welt ausubte Seite des Picatrix aus dem 14 Jahrhundert Inhaltsverzeichnis 1 Datierung und Autorschaft des Ġayat al ḥakim 2 Der Name und Titel Picatrix 3 Rezeption 4 Ausgaben 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseDatierung und Autorschaft des Ġayat al ḥakim BearbeitenDer arabische Verfasser des Ġayat al ḥakim nennt seinen Namen nicht gibt aber an auch der Verfasser des alchemistischen Buches Rutbat al ḥakim Rangstufe des Weisen zu sein und das Kitab Ġayat al ḥakim gleich nach Abschluss jenes anderen Werkes im Jahr 343 H d h 954 55 n Chr begonnen und 348 H 959 60 n Chr vollendet zu haben 1 Die Rutbat al ḥakim gibt ihrerseits an in den Jahren 439 442 H 1047 48 1050 51 n Chr entstanden zu sein was ein Jahrhundert spater ware Die Handschriften bieten zwar auch die abweichende Lesart 339 342 H d h 951 2 953 4 n Chr 2 die dieses Problem nicht bieten wurde jedoch von Ritter 1933 1962 verworfen wurde weil das Werk sich bereits auf die Zeit nach den Burgerkriegswirren von 1009 bis 1018 zu beziehen scheint Ritter zufolge waren deshalb fur die Rutbat al ḥakim die Entstehungszeit 439 442 H 1047 48 1050 51 n Chr vorzuziehen und im Ġayat al ḥakim die Jahresangaben um 100 heraufzusetzen 3 so dass dieses Werk im Ergebnis in der Zeit von 443 bis 448 H 1050 51 bis 1056 57 n Chr entstanden ware Beiden Werken ist uber den Autor ansonsten noch zu entnehmen dass er in Spanien lebte und ausserdem noch eine nicht weiter bekannte Geschichte der arabischen Philosophie verfasste 4 In der spateren arabischen Tradition unter anderem bei Ibn Chaldun wurden beide Werke dem Mathematiker und Astronomen Abu l Qasim Maslama Ibn Aḥmad al Maǧriṭi zugeschrieben der aus Madrid stammte al Maǧriṭi um 950 geboren wurde und zwischen 1005 und 1008 starb Aufgrund der Unvereinbarkeit dieser Lebensdaten mit den angenommenen spateren Entstehungsdaten der fraglichen Werke nahm man jedoch seit Ritter zumeist an dass beide Werke al Maǧriṭi lediglich nachtraglich untergeschoben worden seien 5 Der Verfasser galt seither als ein Pseudo Maǧriṭi der das Ġayat al ḥakim im Anschluss an die Rutbat al ḥakim um die Mitte des 11 Jahrhunderts verfasste In jungerer Zeit ist diese Auffassung von verschiedenen Seiten wieder infragegestellt worden Nach Sezgin 1971 sind zwar die spaten Entstehungsdaten im 11 Jahrhundert beizubehalten aber als Verfasser beider Werke ist statt des beruhmten Abu l Qasim Maslama Ibn Aḥmad al Maǧriṭi ein jungerer und mit diesem haufiger verwechselter Abu Maslama Muḥammad Ibn Ibrahim Ibn ʿAbdaddaʾim al Maǧriṭi anzusetzen der in der ersten Halfte des 11 Jahrhunderts gelebt habe 6 Fierro 1996 und Carusi 2000 wiederum nehmen als Verfasser nicht einen Maslama aus Madrid sondern einen Maslama aus Cordoba al Qurṭubi an namlich Maslama Ibn al Qasim Ibn Ibrahim Ibn ʿAbd Allah Ibn Ḥatim al Qurṭubi al Zayyat der 906 in Cordoba geboren wurde vor 932 langere Reisen begann die ihn unter anderem nach Syrien Mekka Bagdad und in den Jemen fuhrten nach Verlust seines Augenlichts dann wieder nach Spanien zuruckkehrte und dort 964 im Alter von 58 Jahren starb Ware er als Verfasser anzusehen so ware folglich nach Massgabe der Jahresangaben in den Texten selbst die Entstehung der Rutbat al ḥakim gemass der von Ritter verworfenen Variante auf 339 342 H d h 951 2 953 4 n Chr und die Entstehung des Ġayat al ḥakim gemass der ubereinstimmenden Lesart aller Handschriften auf 343 348 H d h 954 55 959 60 n Chr anzusetzen Der Name und Titel Picatrix BearbeitenWahrend der arabische Autor seinen Namen verschweigt wird er in den lateinischen Ubertragungen als sapientissimus philosophus Picatrix bezeichnet auch mit der Variante Picatris der das Buch aus zahlreichen anderen Buchern der Philosophie oder Magie zusammengefugt und ihm seinen Namen als Titel gegeben habe 7 In der spanischen und den lateinischen Versionen erscheint Picatrix auch als Ubertragung des arabischen Namens Buqraṭis oder Biqraṭis der im arabischen Text als Ubersetzer eines Buches uber Talismane angefuhrt wird 8 Ausgehend von dieser Stelle nahm Ritter zunachst an dass Picatrix Biqraṭis eine Verballhornung des Namens Hippokrates sei ruckte von dieser Vermutung spater jedoch wieder ab da der Name Hippokrates im arabischen Text ansonsten in der auch sonst ublichen Form Buqraṭ wiedergegeben ist 9 Alternativ wurde auch eine Herleitung aus Harpokration vorgeschlagen 10 Sezgin nimmt demgegenuber an dass der lateinische Name aus Bucasis entstanden sei der ublichen Latinisierung von Abu l Qasim 11 Nach L Thomann wiederum entstand Picatrix nicht als Transkription eines griechischen oder arabischen Namens sondern als Ubersetzung des ehrenden Beinamens Maslama indem dessen Wurzel s l m im Sinne von stechen beissen wie eine Schlange mit lateinisch romanisch picar e stechen wiedergegeben wurde so dass das Femininum Picatrix folglich als die Stechende Beissende zu verstehen ware 12 Rezeption BearbeitenDas Werk war in seiner lateinischen Version Picatrix latinus 13 im Mittelalter und in der Fruhen Neuzeit in vielen Manuskripten verbreitet und bis ins 18 Jh bekannt und eine wichtige Quelle fur Magier und Hermetiker wie Petrus von Abano Johannes Trithemius Agrippa von Nettesheim Johannes Hartlieb warnt in seinem puch aller verpotten kunst 1456 Kaiser Maximilian I vor dem Picatrix als dem vollkommensten und gefahrlichsten magischen Buch das schon vielen Lesern die ewige Verdammnis gebracht habe der Kaiser besass gleich zwei Handschriften davon 14 In Rabelais Gargantua und Pantagruel gibt Pantagruel an in Toledo beim Reverend Pere en Diable Piccatrix docteur de la faculte diabolique studiert zu haben 15 Ausgaben BearbeitenĠayat al ḥakimHellmut Ritter Ġayat al ḥakim wa aḥaqq al natiǧatain bi l taqdim Teubner Leipzig Berlin 1933 Studien der Bibliothek Warburg 12 Moderne Ubersetzungen des arabischen TextesHellmut Ritter Martin Plessner Picatrix Das Ziel des Weisen von Pseudo Magriți Ubersetzung aus dem Arabischen University of London London 1962 Studies of the Warburg Institute Band 27 Online PDF 47 MB Marcelino Villegas Picatrix el fin del sabio y el mejor de los 2 medios para avanzar Edicion Nacional Madrid 1982 Biblioteca de visionarios heterodoxos y marginados serie 2 20 Ubersetzung ohne wissenschaftlichen Anspruch Lateinische VersionenDavid Pingree Picatrix the Latin version of the Ghayat al Ḥakim University of London London 1986 Studies of the Warburg Institute 39 Moderne Ubersetzung auf der Grundlage der lateinischen VersionenPaolo A Rossi Hrsg Davide Arecco Ida Li Vigni Stefano Zuffi PICATRIX Gayat al hakim il fine del saggio dello pseudo Maslama al Magriti Edizione Mimesis Mailand 1999 Beatrice Bakhouche Frederic Fauquier Brigitte Perez Jean Picatrix un traite de magie medievale Brepols Turnhout 2003 Dan Attrell David Porreca Picatrix A Medieval Treatise on Astral Magic Pennsylvania State University Press University Park 2019 Literatur BearbeitenPaola Carusi Alchimia islamica e religione la legittimazione difficile di una scienza della natura In Oriente Moderno 19 3 2000 S 461 502 Mirabel Fierro Baṭinism in al Andalus Maslama b Qasim al Qurṭubi d 353 964 author of the Rutbat al Ḥakim and Ghayat al Ḥakim Picatrix In Studia Islamica 84 1996 S 87 112 1 R Ramon Guerrero Textos de al Farabi en una obra andalusi del siglo XI Gayat al hakim de Abu Maslama al Maŷrit In Al Qantara 12 1991 S 3 17 Willy Hartner Notes on Picatrix In Oriens Occidens Ausgewahlte Schriften zur Wissenschafts und Kulturgeschichte Festschrift zum 60 Geburtstag Hildesheim 1968 Collectanea Band 3 S 287 311 Wolf Dieter Muller Jahncke Picatrix In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte Walter de Gruyter Berlin und New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 1161 f Henry Kahane Renee Kahane Angelina Pietrangeli Picatrix and the Talisman In Romance Philology 19 1965 66 S 574 593 Vittoria Perrone Compagni Picatrix latinus Connezioni filosofico religiose e prassi magica In Medioevo 1 1975 S 237 337 David Pingree Some of the sources of the Ġayat al ḥakim In Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 43 1980 S 1 15 David Pingree Between the Ghaya and Picatrix I The Spanish Version In Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 44 1981 S 27 56 Martin Plessner A Medieval Definition of Scientific Experiment in the Hebrew Picatrix In Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 36 1973 S 358 359 Hellmut Ritter Picatrix ein arabisches Handbuch hellenistischer Magie In Fritz Saxl Hrsg Vortrage der Bibliothek Warburg Bd 1 Vortrage 1921 1922 Teubner Leipzig Berlin 1923 S 94 124 Fuat Sezgin Geschichte des arabischen Schrifttums Band IV Alchimie Chemie Botanik Agrikultur bis ca 430 H Brill Leiden 1971 S 294 298 Abu Maslama al Maǧriṭi Jean Seznec Das Fortleben der antiken Gotter Die mythologische Tradition im Humanismus und in der Kunst der Renaissance Fink Munchen 1990 J Thomann The name Picatrix transcription or translation In Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 53 1990 S 289 296Weblinks BearbeitenAusgabe von 1458 59 der Biblioteka Jagiellonska Krakau Editionsliste und Zusammenfassung der vier Bucher nach Plessner 1962 englisch Esoterikseite mit Ubersetzungen einzelner Passagen und Kommentar englisch Einzelnachweise Bearbeiten Ubs Ritter Plessner 1962 S 2 Ritter Plessner 1962 S xxii Anm 1 Ritter Plessner 1962 S xxi xxii Ritter Plessner 1962 S xxii Ritter Plessner 1962 S xxi xxii Sezgin 1971 S 294f dazu ablehnende I am not convinced Pingree 1986 S XV Anm 1 Pingree 1986 S 1 Sapiens enim philosophus nobilis et honoratus Picatrix hunc librum ex CC libris pluribus philosophie compilavit quem suo proprie nomine nominavit Incipit liber quem sapientissimus philosophus Picatrix in nigromanticis artibus ex quampluribus libris composuit Ritter Plessner 1962 S 115 vgl S xxii Ritter Plessner 1962 S xxii Kahane Kahane Pietrangeli 1965 66 zu beiden Herleitungen aus dem Griechischen ablehnend Pingree 1986 S XV Anm 3 Sezgin 1971 S 295 Thomann 1990 Vgl dazu etwa Vittoria Perrone Compagni Picatrix latinus Concezioni filosofico religiose e prassa magica In Medioevo Band 1 1975 S 237 337 Ritter 1962 S xx f Zu meiner Zeit als ich noch auf der hohen Schul in Toledo studirt da sagt zu uns der hochwurdige Pater im Teufel Picatrix damalen Rector der diabologischen Facultat dass sich die Teufel von Natur eben so sehr vor dem Glanz der Degen wir vor dem Licht der Sonnen scheuten Franz Rabelais Gargantua und Pantagruel Ubersetzt von Gottlob Regis 2 Bande Munchen Leipzig 1911 S 417Normdaten Werk GND 108799408X lobid OGND AKS LCCN no2020137133 VIAF 5051159477760627990000 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Picatrix amp oldid 237020850