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Das Oltener Aktionskomitee OAK war 1918 ein Fuhrungsstab der Schweizer Arbeiterschaft In ihm waren die Spitzen der Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei unter der Fuhrung Robert Grimms vereinigt Inhaltsverzeichnis 1 Grundung 2 Entwicklung vom Februar bis November 1918 3 Verhaltnis des OAK zur bolschewistischen Revolution 4 Das OAK im Landesstreik 5 Ergebnisse und Folgen des Landesstreiks 6 Literatur 7 WeblinksGrundung BearbeitenAnlass zur Grundung des Oltener Aktionskomitees gaben die Plane des Bundesrates im Winter 1917 18 zur Einfuhrung einer allgemeinen Zivildienstpflicht Sie hatte die Regierung ermachtigt grosse Teile der Bevolkerung zu Hilfsleistungen im offentlichen Interesse aufzubieten Den Hintergrund dieser Vorlage bildete die schlechte Lebensmittelversorgung im vierten Kriegsjahr durch Massnahmen wie Bodenverbesserungs und Meliorationsarbeiten sollten die landwirtschaftlichen Ertrage optimiert werden Teile der Arbeiterschaft jedoch die als Folge des fortgesetzten Missbrauchs der bundesratlichen Generalvollmacht jegliches Vertrauen in die Regierung verloren hatten sahen in der Vorlage nichts anderes als eine Zwangsjacke fur das Proletariat die ganze Schweiz ein Witzwil Die Zurcher Arbeiterunion forderte deshalb den Schweizerischen Gewerkschaftsbund und die Geschaftsleitung der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz in der Parteipresse auf vom Bundesrat unter Androhung eines Landesgeneralstreiks die Rucknahme der Vorlage die Demobilisierung und die Aufhebung des Vollmachtenregimes zu verlangen Als der beunruhigte Bundesrat daraufhin fur Zurich ein Truppenaufgebot erliess waren die Fuhrer der Sozialdemokraten alarmiert schien doch diese Massnahme die gehegten Befurchtungen zu bestatigen Auf Betreiben Robert Grimms trafen sich am 4 Februar 1918 im Oltner Volkshaus Spitzenvertreter von Gewerkschaftsbund und Sozialdemokratie zu einer Konferenz auf der ein aus Vertretern beider Organisationen gebildeter Aktionsausschuss zur Bekampfung der Zivildienstvorlage bestimmt wurde Der siebenkopfige Ausschuss war mit Vertretern des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes SGB und der Sozialdemokratie besetzt Die fuhrende Personlichkeit war Robert Grimm Entwicklung vom Februar bis November 1918 BearbeitenVon Anfang an zeichnete sich das Komitee unter Grimms Fuhrung durch seinen konspirativen Charakter aus zum Missfallen der Parteileitung die sich ubergangen fuhlte Grimm verstand es das als vorbereitendes Organ gedachte Gremium binnen weniger Monate als einen schlagkraftigen Exekutivausschuss zu positionieren der die Aktionen von Partei und Gewerkschaften zu koordinieren vermochte Der Erfolg einer eigenmachtig ohne Rucksprache mit Partei und Gewerkschaftsbund erhobenen Streikdrohung im April 1918 die den Bundesrat zur Rucknahme einer Milchpreiserhohung zwang beforderte nicht nur die Reputation des Aktionskomitees unter den Arbeitern sondern etablierte auch den Massenstreik als Kampfmittel Im Sommer flammte die Diskussion um einen landesweiten Generalstreik erneut auf Nach Ausschreitungen in Basel bei denen es zu Tatlichkeiten und Sachschaden kam eroffnete der Bundesrat den Kantonen die Moglichkeit offentliche Versammlungen polizeilich zu kontrollieren Die Sozialdemokratie sah darin einen Versuch die Versammlungsfreiheit einzuschranken Der Erste Allgemeine Schweizerische Arbeiterkongress der am 27 28 Juli 1918 in Bern stattfand ermachtigte deshalb das Oltener Aktionskomitee in dieser Frage mit dem Bundesrat zu verhandeln einen Landesgeneralstreik vorzubereiten und gegebenenfalls auszulosen Damit war das lange innerparteiliche Tauziehen um die Streikfrage entschieden War der landesweite Massenstreik bis dahin vor allem Rhetorik gewesen wurden nun erstmals konkrete organisatorische Vorbereitungen zu seiner Durchfuhrung getroffen Nur das unerwartete Einlenken des Bundesrates auf die Forderungen der Arbeiterschaft verhinderte dass es im Sommer zu einem grossen befristeten Generalstreik kam Trotz dieses Entgegenkommens der Landesregierung wurde beschlossen die Planung des Ernstfalls weiter voranzutreiben und in Kampfbereitschaft zu verbleiben Im Folgenden kam es erstmals in der Geschichte der Schweiz zu einer Art Sozialpartnerschaft einer konstruktiven Zusammenarbeit von Regierung und dem OAK zur Losung der drangendsten Probleme der Arbeiterschaft Dem OAK war es gelungen mit der Landesbehorde auf gleichberechtigter Ebene uber soziale und wirtschaftliche Fragen zu verhandeln Diese Entwicklung gefiel nicht allen besonders im radikalen Flugel der Arbeiterschaft regte sich Widerstand gegen die Hofgangerei begleitet wurde sie von einer massiven Hetze gegen das Komitee und seinen Prasidenten in einem Teil der Arbeiterpresse vor allem dem von Ernst Nobs redigierten Zurcher Volksrecht Die streikbereite Basis spurte noch nichts von den Fortschritten und war enttauscht dass es nicht endlich vorwartsging Diese Unrast in Zurich fuhrte zu Konflikten zwischen dem OAK und der radikaleren Zurcher Arbeiterunion die nach der militarischen Besetzung Zurichs am 7 November auf den Generalstreik drangte Verhaltnis des OAK zur bolschewistischen Revolution BearbeitenLange Zeit wurde gemutmasst das Oltener Aktionskomitee sei von der sowjetischen Mission unterwandert und finanziert gewesen Vom Oltener Sowjet war die Rede und sogar der Vorwurf des Landesverrats wurde erhoben Dieser Darstellung steht entgegen dass mit Robert Grimm ein Fuhrer an seiner Spitze stand der der leninistischen Zimmerwalder Linken ablehnend gegenuberstand Ebenso weiss man heute dass das OAK zu keiner Zeit einen Umsturz plante auch wenn in der Parteipresse gelegentlich laut daruber nachgedacht wurde So publizierten die sozialistischen Blatter im Oktober 1918 zum ersten Jahrestag der Russischen Revolution einen Aufruf zur Revolutionsfeier aus der Feder Fritz Plattens in dem folgende heiss umstrittene Passage vorkam Schon rotet die nahende Revolution den Himmel uber Zentraleuropa Der erlosende Brand wird das ganze morsche blutdurchtrankte Gebaude der kapitalistischen Welt erfassen Darin erblickten nicht wenige ein Zeichen fortgeschrittener revolutionarer Planung das mag die manifesten Angste vor einem revolutionaren Umsturz erklaren die mit dem Landesstreik einhergingen Das OAK im Landesstreik Bearbeiten nbsp Telegramm vom 10 November 1918 zum Streikaufruf des Personals der Bundesbetriebe nbsp Das OAK rief am 13 November zur Ausweitung des Landesstreiks auf siehe rechte Spalte in Bulletin des Freien Ratiers Flugblatt aus GraubundenDavon dass der Landesstreik in Moskau eingefadelt worden sei wie man in burgerlichen Kreisen lange Zeit glaubte kann also keine Rede sein Solche Eingriffe von aussen waren auch gar nicht notig Nach den Entbehrungen der vier Kriegsjahre brauchte es nicht viel um aus der sozialen Unrast in den Stadten eine massive Protestwelle zu machen Der Entscheid des Bundesrates im Blick auf die bevorstehenden Feiern zum Jahrestag der Oktoberrevolution in Zurich vorsorglich Truppen zu stationieren reichte aus um den lange aufgestauten Konflikt explodieren zu lassen Der Beschluss der Zurcher Arbeiterunion den gegen das Truppenaufgebot gerichteten Proteststreik vom Samstag 9 November am darauf folgenden Montag fortzufuhren zwangen das Aktionskomitee den Generalstreik auszurufen wenn es seinen Fuhrungsanspruch behaupten wollte Man war durch die Initiative der Zurcher Arbeiter wie es ein St Galler Grossrat ausdruckte in der fatalen Lage eines Generalstabes dessen Truppen ohne Befehl angegriffen haben Gautschi S 278 Fur Einzelheiten zum Landesstreik siehe da Die Forderungen die das OAK anlasslich des Landesstreiks im November 1918 in ihrem sog Neun Punkte Programm erhob waren sofortige Neuwahl des Nationalrates nach dem Proporzsystem das aktive und passive Frauenwahlrecht Schaffung einer Alters und Invalidenversicherung Einfuhrung einer allgemeinen Arbeitspflicht 48 Stunden Woche Reorganisation der Schweizer Armee im Sinne eines Volksheeres Ausbau der Lebensmittelversorgung Staatsmonopole fur Import und Export und Tilgung aller Staatsschulden durch die Besitzenden Ergebnisse und Folgen des Landesstreiks BearbeitenDer Landesstreik war auf den ersten Blick ein Debakel Die erhofften Ergebnisse blieben zur grossen Enttauschung der Arbeiterschaft aus Im Landesstreikprozess fand der Streik seinen juristischen Abschluss Die Streikfuhrer Grimm Schneider und Platten wurden zu je sechs Monaten und Nobs zu vier Wochen Gefangnis verurteilt daneben wurden im ganzen Land eine grosse Zahl von Nebenprozessen angestrengt insbesondere gegen Wehrmanner Eisenbahner und die Funktionare von Partei und Gewerkschaften Straffrei blieb wer lediglich die Arbeit niedergelegt hatte Das Oltener Aktionskomitee war durch die Niederlage diskreditiert und versank in der Bedeutungslosigkeit das konnte auch seine teilweise Neubesetzung und Umbenennung zum Zentralen Aktionskomitee auf dem Zweiten Allgemeinen Schweizerischen Arbeiterkongress 1919 nicht verhindern Es war in der folgenden Zeit hauptsachlich damit beschaftigt den entstandenen Schuldenberg in Hohe von uber 120 000 Franken abzutragen Formal aufgelost wurde es nie es trat einfach nicht mehr zusammen Als unmittelbare Auswirkung des Landesstreiks verscharften sich die Klassengegensatze in der Schweiz Rechtsaussenkreise hatten wahrend der Kampftage an verschiedenen Orten paramilitarische Burgerwehren gebildet um die drohende Revolution abzuwehren Im Folgenden organisierten sie sich im rechtsburgerlichen Vaterlandischen Verband Literatur BearbeitenWilli Gautschi Das Oltener Aktionskomitee und der Landes Generalstreik von 1918 Weiss Zurich 1955 Willi Gautschi Der Landesstreik 1918 Benziger Zurich Einsiedeln Koln 1968 Der Landesstreik Prozess gegen die Mitglieder des Oltener Aktionskomitees vor dem Militargericht III vom 12 Marz bis 9 April 1919 Mit Vorwort von Robert Grimm 2 Bande Bern Unionsdruckerei 1919 Friedrich Schneider Der Landesstreik in der Schweiz 11 bis 14 November 1918 Seine Vorbedingungen der Verlauf und seine Lehren Arbeiterbund Basel 1918 Weblinks BearbeitenBernard Degen Oltener Aktionskomitee In Historisches Lexikon der Schweiz Protokolle des Oltener Aktionskomitees Die Ausfuhrungen von Genossin Kascher am I Weltkongress der Internationalen zum Verrat des OAK Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Oltener Aktionskomitee amp oldid 232653097