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Ein Ohrring ist ein am Ohr getragenes Schmuckstuck Es wird entweder durch ein Ohrloch im Ohr oder als Ohrclip am Ohrlappchen befestigt Ohrringe wurden und werden in vielen Kulturen der Erde von allen Geschlechtern getragen Eine Massai mit OhrschmuckOhrringe u a im Musterbuch der Pragefabrik Stadt amp Heimbeck Osnabruck um 1860Neugeborenes Madchen mit drei Ohrlochern Costa Rica 2012 Ohrringe sind haufig aus Metall gefertigt aber auch Knochen Holz Kunststoff und andere harte Materialien werden verwendet Die Teile konnen aus nahezu beliebigem Material bestehen einschliesslich Glas Schmucksteinen und Perlen Die Formen der Ohrringe variieren von kleinen Ringen oder Steckern bis hin zu grossen Gehangen Die Belastbarkeit des Ohrlochs und des Ohres sowie der Durchmesser der Aufhangung beschranken Grosse und Gewicht Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Antike Kulturen 1 2 Mittelalter in Europa 1 3 Renaissance 1 4 Neuzeit in Mitteleuropa 1 5 Neuzeit in Mittelamerika 1 6 Der von Mannern getragene Ohrring 1 7 Amulettfunktion 2 Ohrloch 3 Arten von Ohrringen 4 Gefahren 5 Ohrringverschlusse 5 1 Brisur 5 2 Steckverschluss 5 3 Schraubverschluss 5 4 Klappverschluss 5 5 Schnappverschluss 5 6 Kreolenverschluss 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksGeschichte BearbeitenAntike Kulturen Bearbeiten Der bisher alteste Fund von Ohrringen datiert auf 7500 bis 8200 Jahre und wurde in der Stadt Chifeng in der Inneren Mongolei gemacht Es handelt sich um mehrere 2 5 bis 6 cm grosse Paare aus Jade In Ur wurden mondsichelformig verdickte Ohrringe von Frauen getragen In Agypten sind Ohrringe seit der 18 Dynastie nachweisbar Griechische Frauen trugen Ohrschmuck unterschiedlichster Art auch figurlich verzierte und vasenformige Gehange Byzantinische Ohrgehange hatten Einfluss auf den Schmuckstil im ganzen Mittelmeerraum und dem islamischen Orient Aus romischer Zeit kennt man ornamental durchbrochene mit Steinen besetzte Scheiben als weiblichen Ohrschmuck Mittelalter in Europa Bearbeiten Im Textnachlass von Oswald von Wolkenstein wird in dem Lied Es fuegt sich beschrieben wie er von einer spanischen Edeldame kunigin von Arragum die Ohren mit einer Messingnadel durchstochen und Ringe eingesetzt bekommt Von iren handeln ward ich in die oren mein gestochen durch mit ainem messen nadelein nach ir gewonet sloss si mir zwen ring dorein di treug ich lang und nennt man si raicades Oswald von Wolkenstein Es fuegt sich vor 1445 Aus den im Verlauf beschriebenen Reaktionen geht hervor dass solches in seinem Wirkungsraum nicht ublich war Renaissance Bearbeiten In der Renaissance mussten judische Frauen in Italien Ohrringe als Erkennungszeichen tragen eine Praxis die sie als Gruppe an Prostituierte anpasste und Bilder sexueller Unreinheit hervorrief Der Mythos der judischen Sinnlichkeit und des unersattlichen Verlangens erstreckte sich sowohl auf Manner als auch auf Frauen Aus mittelalterlichen judischen Quellen wird deutlich dass judische Frauen sich lange Zeit dafur entschieden hatten Ohrringe und anderen Schmuck zu tragen vermutlich nur aus modischen Grunden was zu einer Debatte daruber fuhrte ob dies zu einem Verstoss gegen die Sabbatgesetze fuhrte 1 nbsp Die Darbringung Christi im Tempel von Giovanni Bellini zeigt Maria mit einem Loch im Ohrlappchen was sie als Judin auszeichnetNeuzeit in Mitteleuropa Bearbeiten Aus dem 16 Jahrhundert gibt es nur vereinzelte Belege fur Ohrringe was auf Haartracht Hauben und Kleidermode der Zeit zuruckgefuhrt werden kann Auch im 17 und 18 Jahrhundert sind sie noch dem Adel und der reichen burgerlichen Oberschicht vorbehalten Sie haben meist die Gestalt von Gehangen in Birnen oder Tropfenform Zum allgemein verbreiteten auch im Alltag getragenen burgerlichen Frauenschmuck wurden sie erst im Biedermeier Ihre Ornamentik und ihr Material sollte moglichst mit dem ubrigen Schmuck Hals und Armband Brosche der Tragerin eine Einheit bilden Die Verwendung von dunnen Goldblechen oder vergoldeten Ersatzmaterialien hatte diese Demokratisierung des Luxus erst ermoglicht Auf dem Lande galten sie als Zeichen bauerlichen Wohlstands und auch die zum Schmuck mancher Volkstrachten gehorenden Ohrringe sind mit diesen erst im 19 Jahrhundert entstanden 2 In den 1880er Jahren ging die Ohrringmode tendenziell etwas zuruck bevorzugte auch kleinere Formate verschwand aber nie wieder vollig aus dem Kanon weiblicher Accessoires Im 20 Jahrhundert wurden Ohrringe von Frauen bis etwa Mitte der 1970er Jahre fast ausschliesslich paarweise getragen Anschliessend etablierte sich die Mode gelegentlich nur einen oder zwei unterschiedliche Ohrringe einzustecken Mit der Ubernahme von Punk Elementen in die Mainstream Kultur kam dann die Sitte auf die Ohrlappchen und andere Teile des Ohrs vielfach zu piercen Neuzeit in Mittelamerika Bearbeiten Seit einigen Jahren kommt es vermehrt zum Stechen von Doppelohrlochern schon bei neugeborenen Madchen in Mittelamerika insbesondere in Costa Rica Dieses Phanomen ist auch in Mexiko und unter lateinamerikanischen Immigranten in den USA zu beobachten Der von Mannern getragene Ohrring Bearbeiten nbsp Fruhes Bildbeispiel fur einen Mannerohrring Die Verdammten aus dem Weltgericht von Stefan Lochner Tafelbild um 1435 WRM Koln nbsp Franzosischer Revolutionsoffizier mit Ohrring Physionotrace von Chretien Paris 1793Bis zum Ende des Ancien Regime gibt es nur wenige vereinzelte Nachweise fur den Gebrauch des Mannerohrrings und zwar uberwiegend im Adelsmilieu Einige Beispiele finden sich auf Gemalden von Francois Clouet Man nimmt allerdings an dass Seeleute und Militars ihn haufiger getragen haben Zur stadtischen burgerlichen Mode gehorte er jedenfalls nicht Den Brauch der Seeleute hat man damit erklart dass die Kosten eines christlichen Begrabnisses fur einen unbekannten Ertrunkenen mit seinem goldenen Ohrring gedeckt werden sollten 3 Erst mit der franzosischen Revolution als das Burgertum Elemente der Sansculottenmode ubernahm scheint neben der Rohrenhose der Matrosen auch deren Ohrring als demonstratives Zeichen revolutionarer Gesinnung salonfahig geworden zu sein Bei Soldaten und Kleinburgern blieb er in Frankreich noch bis in die zweite Halfte des 19 Jahrhunderts verbreitet 4 Auf das franzosische Vorbild ist zuruckzufuhren dass auch in Deutschland bezeichnenderweise aber haufiger in suddeutschen Regionen etwa zwischen 1810 und 1850 in allen Standen Ohrringe getragen wurden Der erste bayerische Konig Maximilian I Joseph ist auf vielen Gemalden mit Ohrringen auf beiden Seiten dargestellt Auf dem Lande vor allem in Suddeutschland galten Ohrring und Ohrschraube als wirksame Abwehr gegen Krankheiten besonders der Augen Von Seeleuten Fischern Flossern Gauklern und Schaustellern wurde der Ohrring auch dann noch gern getragen als er selbst beim Kleinburger nach der Mitte des Jahrhunderts aus der Mode gekommen war Bei wandernden Bauhandwerkern hat sich diese Gewohnheit wohl uberhaupt erst danach herausgebildet und daher mit irgendwelchen Vorschriften der alten Zunfte die schon uberwiegend nicht mehr existierten nichts zu tun Auch die verbreitete Behauptung die Bezeichnung Schlitzohr sei aus dem Brauch abzuleiten unzunftiges Verhalten durch Ausreissen des Ohrrings zu ahnden ist unbelegt und ganz unwahrscheinlich 5 Seit den 1970er Jahren nahm das Tragen von Ohrringen bei Jungen und Mannern zu Angeblich trugen heterosexuelle Manner ihren Ohrring links homosexuelle Manner dagegen rechts Spater etwa seit Ende der 1980er Jahre kamen auch bei Mannern Ohrringe in beiden Ohren auf Die Popularisierung dieser Sitte ist wesentlich der Jugendkultur zuzuschreiben Inzwischen sind Mannerohrringe nicht mehr ungewohnlich das links bzw rechtsseitige Tragen hat den fruheren Zeichencharakter verloren 6 Amulettfunktion Bearbeiten Im 17 Jahrhundert wurden zur Behandlung von Augenleiden die Ohrlappchen durchstochen insbesondere die Haarseilmethode genoss in der Schulmedizin grosse Wertschatzung Handbucher uber Volksheilkunde des 18 und 19 Jahrhunderts empfahlen auch mit Seide ubersponnene Darmsaite oder goldene Ohrringe gegen Augenleiden zu tragen Die medizinische Verwendung von Ohrringen bei Augenleiden wurde in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts weitgehend aufgegeben blieb aber als Hausmittel der Volksmedizin weiterhin in Anwendung Auch bei der Popularisierung des Kinderohrrings als einfacher Golddraht mit Koralle zum Ende des 19 Jahrhunderts mag latent die alte Vorstellung der Schutzfunktion immer noch vorhanden gewesen sein so erhielten im burgerlichen Milieu Madchen vor ihrer Einschulung ein Paar Kinderohrringe 7 nbsp Verschiedene Ohrringe am Schmuckboard nbsp OhrringOhrloch Bearbeiten Hauptartikel Ohrloch Ohrringe und Ohrstecker nicht Ohrclips sind in Ohrlochern befestigt die entweder gestochen oder geschossen werden In einigen Kulturen vergrossert man die Ohrlocher durch grossere und schwerere Ohrringe immer weiter Die sogenannten Fleshtunnel das Weiten von Piercings erfreuen sich inzwischen auch in Europa grosserer Beliebtheit Hier wird allerdings mittels Dehnsichel das Ohrloch allmahlich vergrossert oder ein grosses Loch ausgestanzt Dermal Punch um entsprechenden Schmuck einzusetzen In der Vergangenheit wurden die Ohrlappchen haufig mit Nadeln durchstochen und dann Blei oder Golddraht durchgezogen erst seit 1800 sind spezielle Gerate zum Stechen von Ohrlochern nachgewiesen Im 19 Jahrhundert waren Ohrlochzangen im Gebrauch erste Ohrlochpistolen kamen ab 1958 auf den Markt Die Nadel wurde per Federdruck durch das Ohrlappchen geschossen nach dem Durchstich musste jedoch der Ohrring in das Loch eingefuhrt werden 8 Beim heutigen Ohrringstechen durchsticht man meist das Ohrlappchen mit einem dafur geeigneten Ohrring aus chirurgischem Stahl Meist schiesst eine so genannte Ohrlochpistole den Ohrstecker durch das Ohr Der Stichkanal verheilt nach circa sieben bis acht Wochen Danach bleibt ein kleines Loch zuruck in dem sich ein Ohrring befestigen lasst Arten von Ohrringen BearbeitenIm westlichen Kulturkreis gibt es drei verschiedene Hauptarten von Ohrringen nbsp Kreolen Ringe die durch das Ohrloch gesteckt werden und verschlossen werden konnen echte Ohrringe nbsp Ohrhanger ein Schmuckstuck ist an einem Bugel befestigt welcher durch das Ohrloch gehangt wird Das Schmuckstuck hangt somit unter dem Ohr nbsp Ohrstecker ein Schmuckstuck welches durch einen durch das Ohrloch gesteckten und hinter dem Ohr gesicherten Stift am Ohr gehalten wird nbsp OhrsteckerGefahren BearbeitenZwischen 50 und 80 Prozent der Menschen reagieren auf Metallschmuck wenn es sich nicht um Edelmetalle handelt allergisch Insbesondere ist hier die sogenannte Nickelallergie zu erwahnen Des Weiteren konnen auch die haufig verwendeten Legierungen an der Oberflache oxidieren bis hin zu einer allmahlichen Auflosung des Materials In diesem Fall fuhrt dies haufig zu Entzundungen und der Schmuck sollte entfernt werden um etwaige Geschwulstbildungen zu vermeiden Hinzu kommt wie bei anderem Piercingschmuck auch die Gefahr dass die Ohrlocher ausreissen wenn man mit den Schmuckteilen an anderen Gegenstanden etwa grobmaschiger Kleidung hangen bleibt Ohrringverschlusse BearbeitenBrisur Bearbeiten Der Vorderverschluss auch Kinderbrisur genannt wird vor allem bei Ohrringen fur junge Madchen verwendet von der Geburt bis zum Schulalter Steckverschluss Bearbeiten Bei Ohrsteckern sind Steckverschlusse am gebrauchlichsten Der Stecker wird durch das Ohrloch gestochen und mit einem Stecker von der anderen Seite gesichert Der Verschluss kann mit einem Silikonstecker noch zusatzlich gesichert werden Schraubverschluss Bearbeiten Eine weitere Option fur Ohrstecker sind Schraubverschlusse Der Stecker hat bei diesem Verschluss ein Gewinde auf welches das Gegenstuck wie eine Mutter aufgeschraubt wird Das macht diesen Verschluss sehr sicher Klappverschluss Bearbeiten Dieser Verschluss gehort zu den bekanntesten und beliebtesten Verschlussarten Der Haken wird dabei in eine Brisur eingeklappt was das Herausfallen des Ohrrings verhindert Schnappverschluss Bearbeiten Der Schnappverschluss wird manchmal auch als Russischer Griechischer oder Franzosischer Verschluss bezeichnet und ist eine Variante des Damenverschlusses Der gesamte Verschluss ist hierbei entweder im Ohrloch oder hinter dem Ohrlappchen versteckt Kreolenverschluss Bearbeiten Bei dieser Verschlussart wird der Stift durch das Ohr gestochen und anschliessend in das gegenuberliegende Rohrchen geschoben 9 Literatur BearbeitenAntike Welt Zeitschrift fur Archaologie und Kulturgeschichte Philipp von Zabern Mainz 2004 5 4 ISSN 0003 570X Auf s Ohr geschaut Ohrringe aus Stadt und Land vom Klassizismus bis zur neuen Jugendkultur Museum fur Deutsche Volkskunde SMPK Berlin 1989 1990 Schriften des Museums fur Deutsche Volkskunde Band 16 Ostermaier Barbara Der Ohrring unter besonderer Berucksichtigung des Mannerohrrings Studienarbeit Universitat Passau WS 2003 04Einzelnachweise Bearbeiten Irven M Resnick Marks of Distinctions Christian Perceptions of Jews in the High Middle Ages Catholic University of America Press 2012 ISBN 978 0 8132 1969 1 S 87 88 google de abgerufen am 19 Juli 2020 Auf s Ohr geschaut Berlin 1989 S 93 102 S 124 135 Auf s Ohr geschaut Berlin 1989 S 115 Anm 33 bringt dazu einen einzelnen Beleg fur eine solche Verwendung der aber noch keine generelle Motivation fur diesen Brauch beweist Fur Handwerker in der Zunftzeit kann die Erklarung noch weniger zutreffen S 123 Anm 17 Siehe dazu den materialreichen Artikel in der franzosischen Wikipedia So urteilt auch das DWDS Das Thema Mannerohrring ist umfassend behandelt in Auf s Ohr geschaut Ohrringe aus Stadt und Land vom Klassizismus bis zur neuen Jugendkultur Museum fur Deutsche Volkskunde SMPK Berlin 1989 1990 Schriften des Museums fur Deutsche Volkskunde Band 16 Auf diese Publikation stutzt sich der ganze Abschnitt uber den Mannerohrring Kapitel Das Ohrlochstechen S 26 f Der Kinderohrring S 30 f In Auf s Ohr geschaut Ausstellungskatalog Berlin 1990 Das Ohrlochstechen S 21 f In Auf s Ohr geschaut Ausstellungskatalog Berlin 1990 Types of earring fastenings In klenota de Abgerufen am 11 November 2019 englisch Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Ohrring Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Commons Ohrringe Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Normdaten Sachbegriff GND 4172524 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ohrring amp oldid 233765988