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Die Nordische Kunsthochschule NKH in Bremen war wahrend der Zeit des Nationalsozialismus die einzige Neugrundung einer Kunsthochschule Sie sollte schopfend aus dem Urgrunde deutsch nordischen Volkstums mitarbeiten am Aufbau arteigener Kultur im Sinne Adolf Hitlers 1 so das Eingangszitat aus einer Broschure die die Aufgaben und Programmatik der NKH hier noch unter der fruhen Bezeichnung Nordische Hochschule fur bildende Kunst im Nationalsozialismus umreisst Die Kunsthochschule sollte demnach dem Versuch dienen die NS Rassenideologie auch auf dem Bereich der Kunst umzusetzen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Direktoren Lehrkorper und Studierende 2 1 Direktoren 2 2 Dozenten an der Nordischen Kunsthochschule 2 3 Studierende der Nordischen Kunsthochschule 3 Politische Vorfalle an der Nordischen Kunsthochschule 4 Nachgeschichte 5 Quellen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Wurzeln der Nordischen Kunsthochschule reichen bis ins 19 Jahrhundert zuruck 2 Eine Wurzel kann in der Zeichenschule fur Kunstler und Handwerker gegrundet 1823 gesehen werden eine weitere in der Gewerbeschule die aber nur von 1853 bis 1857 bestand Im Februar 1870 wurde eine technische Hilfsanstalt fur Handwerk und Gewerbe gegrundet die im Mai 1873 ihre Arbeit aufnahm Ziel war es eine Mustersammlung anzulegen ebenso eine Zeichenanstalt spater kamen eine Bibliothek und die Schule hinzu 3 Waren anfangs die Schulerzahlen noch gering so gab es ab 1904 eingefuhrt durch Emil Hogg Nachfolger von August Topfer einen Lehrplan Vier Jahre nachdem Erich Kleinhempel die Einrichtung ubernommen hatte trennte sich 1916 die Kunstgewerbeschule vom Gewerbemuseum mit dem es bis dahin eine organisatorische Einheit gebildet hatte 1922 zog die Staatliche Kunstgewerbeschule in die Gebaude Am Wandrahm 23 wo sie bis 2003 verblieb 1929 umfasste die Schule zehn Fachabteilungen Neben einer allgemeinen Abteilung die als Orientierungsstufe gedacht war gab es Fachabteilungen fur Architektur Dekorationsmalerei Bildhauerei Keramik Metallbearbeitungen Gebrauchsgrafik Mode Textilien und Handarbeiten sowie einen Dekorateurkursus Die NKH wurde am 9 April 1934 gegrundet Die Grundung galt als der auffalligste n Akt bremischer Kunstpolitik 4 Sie umfasste neun Abteilungen Allgemeine Abteilung fur Malerei Gebrauchsgrafik Grafik dekorative Malerei Zirkelzeichnen darstellende Geometrie und Schrift Leiter Wilhelm Tegtmeier 5 Abteilungen fur bildende Kunste Malerei Carl Horn Wilhelm Tegtmeier Theodor Schultz Walbaum 6 Gebrauchsgrafik Ottomar Anton Grafik Ottomar Anton Theodor Schultz Walbaum und Bildhauerei Ernst Gorsemann Abteilungen fur Baukunst Baukunst Eduard Scotland Innenarchitektur Ferdinand Sckopp Bildhauerei Ernst Gorsemann Baukeramik Dekorative Malerei Hans Gross Handwerkliche Fachklassen Entwurfsklassen fur Baumalerei Ad Scharffschwerdt Raumgestaltung Ferdinand Sckopp Metallbearbeitung A Berger Keramik und Topferei Mode und Modezeichnen Frau Lindemann Weben Frau Kruger Werkstatten fur bildende und handwerkliche Kunste Baumalerei Metallbearbeitung Raumgestaltung Bildhauerei Keramik Buchdruckerei Buchbinderei Kupferdruckerei Steindruckerei Mode und Trachten Weben Erganzungsunterricht als Pflichtunterricht fur alle Studenten mussten die Facher Nationalpolitische Erziehung Anatomie Stilkunde und Kunstgeschichte Geometrisches und Zirkelzeichnen und Perspektive belegt werden Abendakt Theodor Schultz Walbaum Offentliche Bucherei und Schulerbucherei Abendunterricht fur BerufstatigeBis 1940 hatte sich die Struktur erneut verandert Nunmehr umfasste die Hochschule vier Abteilungen Baukunst Nordischer Bauhof Freie Kunste Malerei Bildhauerei Gebrauchsgrafik und Grafik Angewandte Kunste Kunsterziehung Am 8 Dezember 1936 wurde die NKH als Hochschule Nordische Kunsthochschule und Handwerkerschule Bremen anerkannt In den Kriegsjahren musste der Unterricht immer mehr eingeschrankt werden bis die Hochschule 1945 ganz geschlossen wurde 1946 wurde sie unter der Bezeichnung Staatliche Kunstschule Meisterschule fur das gestaltende Handwerk neu eroffnet Erster Direktor war Willy Menz 1969 wechselte sie erneut ihren Namen in Akademie fur Gestaltung 1970 in Hochschule fur Gestaltung ab 1979 dann Hochschule fur gestaltende Kunst und Musik heute Hochschule fur Kunste Bremen mit den Studiengangen Musik Freie Kunst Integriertes Design und Digitale Medien Seit 2003 befindet sich der Fachbereich Kunst und Design im Speicher XI im ehemaligen Uberseehafen der Fachbereich Musik in der Dechanatstrasse in der Innenstadt 7 Direktoren Lehrkorper und Studierende BearbeitenDa die Erforschung der Geschichte der NKH noch in den Anfangen steckt ist sowohl uber die Direktoren den Lehrkorper als auch die Studentenschaft bislang nur Rudimentares bekannt Direktoren Bearbeiten Die Direktoren der NKH waren Fritz Mackensen als Grundungsdirektor vom 9 April 1934 bis November 1934 Ernst Gorsemann von November 1934 bis Februar 1935 vermutlich kommissarisch Carl Horn 8 vom 12 Februar 1935 bis Ende 1942 Hans Gross ab dem 12 Dezember 1942 kommissarisch Rudolf Hengstenberg ab Ende 1943 bis zur Schliessung der NKH Anfang 1945Dozenten an der Nordischen Kunsthochschule Bearbeiten Ottomar Anton Professor fur Gebrauchsgraphik und Kunstlerischer Berater des Reichsfuhrer SS A Berger Metallbearbeitung Frau Kruger Weben Frau Lindemann Keramik und Topferei Mode und Modezeichnen Adolf Scharfschwerdt Maler und Zeichner Theodor Schultz Walbaum Maler und Graphiker Ferdinand Sckopp 9 Innenarchitektur Eduard Scotland Professor fur Baukunst Wilhelm Tegtmeier Maler Emil Waldmann Direktor der Kunsthalle Bremen bis 1945Studierende der Nordischen Kunsthochschule Bearbeiten An der Nordischen Kunsthochschule studierten u a folgende Personen Kurt Claussen Finks Heinz Dodenhoff Kurt Elvers Hellmuth Gruttefien Karl Kothe Christian Modersohn Ulrich Modersohn Elisabeth Pluquet Otto Quirin Gerda Schmidt Panknin Willi Schwinghammer Karl FaulstichPolitische Vorfalle an der Nordischen Kunsthochschule BearbeitenEin Zitat des langjahrigen stellvertretenden Direktors der NKH Hans Gross gibt einen Hinweis auf zahlreiche Vorfalle an der NKH Die Zusammensetzung der Dozentenschaft an der Nordischen Kunsthochschule ergab ungeheure Schwierigkeiten Carl Horns Schwiegervater von Rudolf Hess enge Beziehungen zu obersten Parteistellen Prof Scotlands Einfluss als Gauarchitekt Gorsemanns freundschaftliche Beziehungen zum Gauleiter und Anton als kunstlerischer Berater im SS Hauptamt Berlin dazu meine sehr fragwurdige gefahrdete Situation alles das loste tausend Widerwartigkeiten und Gegensatze aus 10 Dass dies nicht nur eine Schutzbehauptung von Gross war um sich selber in einem anderen positiveren Licht erscheinen zu lassen sondern dass es in der Tat schwere Auseinandersetzungen und Fraktionierungen unter den Professoren gab zeigen die folgenden Beispiele Wilhelm Tegtmeier Leiter der Allgemeinen Abteilung fur Malerei usw gab am 20 Oktober 1942 zu Protokoll In unserer Hochschule spielen sich wiederholt Zwischenfalle ab wodurch ein ziemlich gespanntes Verhaltnis in der Lehrerschaft entsteht das jetzt Formen angenommen hat die ich nicht mehr um in Ruhe arbeiten zu konnen ertragen und erdulden kann So habe Direktor Horn Mitte April mehrere Witze im Parteilokal der Ortsgruppe Neustadt erzahlt Einen gab Tegtmeier wieder Anschliessend erzahlte er einen weiteren politischen Witz legte 4 Streichholzer auf den Tisch und gab dazu folgende Erklarung Das 1 Streichholz sei die deutsche Armee das 2 Die franzosische Kuste der Zwischenraum sei der Kanal das 3 Streichholz die englische Steilkuste und das 4 Die englische Armee Er stellte dabei die Frage wie kommt die deutsche Armee zu der englischen Armee Da Niemand recht antworten konnte buckte er sich und nahm mit dem Mund das 1 Streichholz und legte es ruber zu dem 4 Mit der Bemerkung Nur mit dem Maul Tegtmeier war der Auffassung dass ich diesen Vorfall der Partei berichten musse da es nicht angangig ist dass ein hoherer Beamter und Leiter eines Kunsthochschule der somit Erzieher der deutschen Jugend ist derartige herabsetzende Witze uber die deutsche Armee in der Offentlichkeit bekanntgibt Ich wollte mich durch ein Verschweigen nicht mitschuldig machen 11 Tegtmeier meldete die Begebenheit seinem Ortsgruppenleiter Ulbrich dann dem stellvertretenden Direktor Gross Zusammen gehen sie zu Kreisleiter Blanke der uber diese Sache sehr emport war Die Folge war ein Parteigerichtsverfahren fur Horn das er zwar unbeschadet uberstand da Horn aber wenige Monate spater als Direktor ausschied muss davon ausgegangen werden dass er als nicht mehr tragbar erschien 12 Direktor Carl Horn seinerseits bat das Personalamt Ermittlungen uber Ernst Gorsemann dem Leiter der Abteilung fur Bildhauerei anzustellen da er in ihm einen Freimaurer vermutete Gorsemann sah sich zu einer besonderen Erklarung genotigt die er am 1 April 1938 abgab Nach meinem ganzen Lebensweg und meiner Lebenseinstellung bin ich geborener Nationalsozialist Und weiter Seit Jahren diene ich mit meinen kunstlerischen Werken dem Nationalsozialismus 13 Die Ermittlungen verliefen im Sande Carl Horn wiederum war es der einen Studenten denunzierte weil er nicht den Hitler Gruss entbieten wollte Dieser Vorfall ereignete sich bereits 1935 Der betroffene Student wurde in ein KZ eingeliefert und erst 1942 entlassen Nachdem Hans Gross fur ihn burgte konnte der Student sein Studium fortsetzen was die Gestapo zuvor abgelehnt hatte 14 Der bisher schwerwiegendste Fall betrifft den Studenten Kurt Elvers 15 Er studierte im Sommer 1944 an der NKH Als er von dem Stauffenberg Attentat auf Hitler am 20 Juli horte soll er Mitstudenten gegenuber gesagt haben Schade dass es nicht geklappt hat sonst hatten wir jetzt Frieden Die Kommilitonen denunzierten Elvers bei der Gestapo mit der Folge dass Elvers am 20 Februar 1945 in Hamburg Holtigbaum hingerichtet wurde Nachgeschichte BearbeitenNach 1945 wurde die Kunsthochschule als Staatliche Kunstschule 1946 neu gegrundet Erster Direktor war Willy Menz der bereits dem Lehrkorper der Vorlaufereinrichtung angehorte und aus politischen Grunden 1934 entlassen wurde Die heutige Hochschule fur Kunste Bremen hat im Fruhjahr 2011 begonnen ihre NS Geschichte aufzuarbeiten Quellen BearbeitenStaatsarchiv Bremen Bestand 4 114Literatur BearbeitenSusen Kruger Sass Die Nordische Kunsthochschule und Handwerkerschule in Bremen Nationalsozialistische Kultur und Hochschulpolitik Hochschule fur Kunste Bremen 2014 Jutta Muller Hans Gross 1892 1981 Aspekte eines umstrittenen Kunstlers Katalog zur Ausstellung im Dithmarscher Landesmuseum Meldorf vom 27 September bis 6 Dezember 1992 Meldorf 1992 Jorn Barfod Der Maler Rudolf Hengstenberg 1874 1974 Husum 1994 Klaus P Lucke Rudolf Hengstenberg Maler im Nationalsozialismus Eschborn 1996 Hans Hesse Die Nordische Hochschule fur bildende Kunst soll schopfend aus dem Urgrunde deutsch nordischen Volkstums mitarbeiten am Aufbau arteigener Kultur im Sinne Adolf Hitlers Skizzen zur Geschichte der Nordischen Kunsthochschule NKH In Arbeiterbewegung und Sozialgeschichte Nr 23 24 2009 S 85 104 Weblinks BearbeitenHans Hesse Bis zur Narbe Eine Erzahlung Website der Hochschule fur Kunste BremenEinzelnachweise Bearbeiten Staatsarchiv Bremen 3 4 a Nr 1075 12 Die Darstellung folgt im Wesentlichen der Schilderung von Brigitta Nimz im Findbuch zum Bestand 4 114 Staatsarchiv Bremen Hierin vergleichbaren Einrichtungen der damaligen Zeit im Deutschen Reich ahnlich Vgl Purpus Elke Die Kunst und Museumsbibliothek der Stadt Koln Die Geschichte der Bibliothek und des Fotoarchivs Essen 2007 Herbert Schwarzwalder Geschichte der Freien Hansestadt Bremen Bd IV S 208 Uber ihn vgl Hans Joachim Manske Birgit Neumann Dietzsch Hrsg entartet beschlagnahmt Bremer Kunstler im Nationalsozialismus Bremen 2009 S 132 135 S 255 Uber ihn vgl Hans Joachim Manske Birgit Neumann Dietzsch Hrsg entartet beschlagnahmt Bremer Kunstler im Nationalsozialismus Bremen 2009 S 124 127 S 255 Vgl a Arne Olsen Hg Die Hochschule fur Kunste in der Dechanatstrasse Bremen 2006 sowie Arne Olsen Hg Vom Warenspeicher zum Speicher der Kunste Bremen 2005 Vielfach ist uber ihn zu lesen er sei der Schwiegervater von Rudolf Hess gewesen was ihm u a den Posten an der NKH eingebracht habe so z B Herbert Schwarzwalder Geschichte der Freien Hansestadt Bremen Bd IV S 209 360 und 560 Tatsachlich war es kein direktes Verwandtschaftsverhaltnis Hess war mit der Tochter aus der ersten Ehe von Horns spaterer Ehefrau verheiratet Dennoch ist nicht ausgeschlossen dass ihm aus dieser verwandtschaftlichen Nahe zum Stellvertreter des Fuhrers gewisse Vorteile erwuchsen Ob sie allein jedoch ausschlaggebend fur die Berufung zum Direktor der NKH gewesen waren ist reine Spekulation Ferdinand Sckopp In archINFORM Staatsarchiv Bremen 4 66 I 3760 Antrag auf Rehabilitierung des Kunstmalers Hans Gross Staatsarchiv Bremen 3 4 a Nr 1075 45 Akte betr Verfahren gegen Professor Horn Nordische Kunsthochschule 1942 Oktbr 20 Herbert Schwarzwalder Geschichte der Freien Hansestadt Bremen Bd IV S 560 gibt als Entlassungsdatum den Dezember 1941 an und als Entlassungsgrund die Flucht von Hess nach England worunter Horns politisches Renommee gelitten habe Horn war jedoch im Oktober 1942 noch im Amt so dass eher ein Zusammenhang mit der Anzeige Tegtmeiers mit Unterstutzung von Gross unterstellt werden muss Gleichwohl zeigt der Vorgang dass Horn angreifbar geworden war Staatsarchiv Bremen 3 4 a Nr 1075 24 Akte betr Differenzen zwischen dem Direktor der Nordischen Kunsthochschule Professor Horn und Professor Gorsemann Die Erklarung Gorsemanns S 3 Staatsarchiv Bremen 4 66 I 3760 Eidesstattliche Erklarung von Albert Gercken 20 Januar 1946 Dieser Fall ist in der Entnazifizierungsakte von Hans Gross erwahnt und fuhrte ungewohnlicherweise immerhin gab das Opfer eine eidesstattliche Erklarung ab nicht zu weiteren Ermittlungen gegen Horn Daher bedarf der Fall noch einer genaueren Prufung Der Fall ist dokumentiert in Hans Hesse Bis zur Narbe herausgegeben von der Hochschule fur Kunste Bremen Bremen 2011 Auch Kurt Elvers soll wie Gross berichtet nicht mit dem Hitler Gruss gegrusst haben Staatsarchiv Bremen 4 66 I 3760 der Investigator in seinem Bericht v 9 November 1948 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nordische Kunsthochschule amp oldid 234418547