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Dieser Artikel beschreibt das Jazzalbum Noon in Tunisia Fur den gleichnamigen Film von Peter Lilienthal siehe Noon in Tunisia Film Noon in Tunesia ist ein 1967 entstandenes Jazzalbum von George Gruntz fur das deutsche SABA Label das eine erste Begegnung von Avantgarde Jazz und tunesischer Musik dokumentiert Noon in TunisiaStudioalbum von George GruntzVeroffent lichung en 1967Aufnahme 1967Label s SABA MPS Universal Japan CD Edition Format e LP CDGenre s Ethno JazzTitel Anzahl 3Lange 38 minBesetzung George Gruntz Piano E PianoJean Luc Ponty ViolineSahib Shihab Sopransaxophon Flote TamburinEberhard Weber KontrabassDaniel Humair SchlagzeugSalah El Mahdi Ney Darbouka BendireJelloul Osman Mezoued Tabla BendirMoktar Slama Zoukra BendirHattab Jouini Tabla Darbouka BendirProduktion Joachim Ernst BerendtStudio s MPS Studio Villingen Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte des Albums 2 Aufnahme und Album 3 Titelliste 4 Rezeption 5 Weitere Wirkung 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseVorgeschichte des Albums BearbeitenJoachim Ernst Berendt organisierte seit 1962 Begegnungen von Jazzmusikern mit der Folklore ausgewahlter Lander die eine wichtige Basis fur das waren was sich spater zur Weltmusik entwickelte Er hatte dafur zwei Instrumente eine Serie beim SABA bzw dem sich daraus entwickelnden MPS Label Jazz Meets the World und eine gleichnamige Konzertreihe im Rahmen der von ihm geleiteten Berliner Jazztage 1 Die Produktion Noon in Tunisia war das sechste Album der Serie Gruntz hatte 1964 auf Einladung der Cembalistin Antoinette Vischer einen Urlaub in Hammamet Tunesien gemacht Im Hotel spielte an einem Folkloreabend eine Gruppe einheimischer Musiker und traf sich am folgenden Tag mit den Musikern 2 Er erkannte Ahnlichkeiten zwischen der Musik die er dort horte und dem modalen Jazz und hatte sofort die Idee Jazzmusiker und tunesische Musiker zusammenbringen 3 Nach sorgfaltiger Vorbereitung suchte Gruntz nach Moglichkeiten eine Begegnung von Jazz und tunesischen Musikern zu ermoglichen Zunachst stiess er auf Ablehnung etwa bei Hans Gertberg der damals als Redakteur den NDR Jazzworkshop organisierte Schliesslich nahm er Kontakt zu Berendt auf der das Potenzial der Idee erkannte und im Fruhjahr 1967 gemeinsam mit seiner Verlobten Gigi nach Tunesien reiste um Musiker fur das Projekt zu finden Er kontaktierte den Komponisten und Musikwissenschaftler Salah El Mahdi Beauftragter fur Musik und Volkskunst bei der tunesischen Regierung und Direktor des Rashidiyya Instituts der von der Idee begeistert war tunesische und Jazzmusik zusammenzubringen er nannte Berendt ausser sich selbst drei weitere geeignete Musiker 4 Aufnahme und Album BearbeitenDa damals in Tunesien keine geeigneten Tonstudios existierten wurde das Album in Deutschland aufgenommen Am 2 und 3 Juni 1967 fanden die Aufnahmen in Villingen statt Tonmeister war Willi Fruth Saxophonist Sahib Shihab ein Black Muslim identifizierte sich mit dem Projekt auch aussermusikalisch und begrusste die tunesischen Musiker mit Passagen aus dem Koran Allerdings fuhlten sich die Tunesier im Schwarzwald nicht nur aufgrund des kalten Wetters unwohl und gingen angespannt ins Studio Sie fuhlten sich unsicher im Umfeld von Jazz und westlicher Musik Die anfangliche Nervositat verflog aber rasch 5 Auch Gruntz begrusste die Musiker Ihre Gesichter offneten sich und ihre Augen begannen zu strahlen als ich nach ihrer Ankunft einige Rhythmen nannte Bunauara Gerbi Alagi usw die ihnen durch und durch vertraut waren 6 Gruntz hatte seit Mitte der 1960er Jahre vermehrt mit dem Komponieren begonnen In seiner Maghreb Suite Maghreb Cantata die im Zentrum des Albums Noon in Tunisia stehen sollte verwob er folkloristisches Material arabische Rhythmen und Jazzelemente 7 Diese Suite beinhaltet Satze benannt nach tunesischen Rhythmen jeder Satz mit einem von mir komponierten jazzmassigen Thema als freie Erfindung oder beduinische Melodiefloskeln zu Jazzriffs gemacht welches sich zu mischen hatte mit dem modalen Spiel der Beduinen respektive als Vorlage zu dienen hatte fur die Improvisationen der Jazzmusiker 6 Dabei verfolgte Gruntz die folgende Grundidee Verschiedenste Muster von Nebeneinander Ubereinander und Gegeneinander des Zusammenspiels waren so strukturiert dass eine weite Palette von moglichen Kombinationen ausprobiert werden konnte 8 Entsprechend waren die Improvisationen der Jazzmusiker in das von den tunesischen Musikern vorgestellte traditionelle Material dialogartig verwoben Insbesondere das Stuck Buanuara enthalt intensive Soli von Dudelsack Sopransaxophon Geige und Piano 9 Gruntz stellte im Ruckblick fest dass das Album keineswegs eine weltmusikalische Synthese darstelle Das Weltmusikalische meiner Erfahrungen in Nordafrika beschrankt sich darauf dass ein brauchbares Ergebnis nur deshalb erreicht wurde weil wir gar nicht erst versuchten zu glauben es musse in Tunesien zu einer neuen Akkulturation kommen 10 Jean Luc Ponty war sogar der Ansicht dass das Unternehmen eine unmogliche Melange und ein wenig unsauber sei 11 Gruntz selbst bedauerte in seiner Autobiographie dass seine ursprungliche Absicht eines langsamen Kennenlernens in der heimischen Umgebung der tunesischen Musiker nicht realisiert werden konnte Die Musiker trafen sich erst in der Aufnahmesession deren erste Session insgesamt nur vier Stunden dauerte 12 Die Platte war in einem einzigen Aufnahmetag im Kasten so dass wir am zweiten Tag nur noch freundschaftenschliessend im Studio herumsassen und immer wieder die Aufnahmen abhorten 6 Der Titel des Albums spielt auf Dizzy Gillespies Klassiker A Night in Tunisia an 13 Joachim Ernst Berendt meint dazu in seinen Liner Notes dass es 1967 nicht mehr Nacht in Tunesien sei wo das von Rommels Afrika Korps eroberte und von den Alliierten ruckeroberte Land weiterhin Kolonie sei dessen Freiheitskampfer in franzosische Gefangnisse gesteckt wurden Jetzt ist es Noon 14 Titelliste Bearbeiten1 Salhe 1 05 2 Maghreb Cantata Is Tikhbar 1 17 Ghitta 5 08 Alaji 4 26 Djerbi 3 36 M rabaa 4 11 Buanuara 8 52 Fazani 3 21 3 Nemeit 5 55 Rezeption BearbeitenDown Beat lobte die Platte 1968 15 als einen erfreulichen und vielversprechenden Beginn wies aber darauf hin dass der Gehalt an tunesischer Musik recht hoch sei und den Jazzgehalt eingeschrankt habe Das sah der franzosische Kritiker Michel Savy 16 anders keines der beiden Idiome habe seine Eigenheiten verloren Auch fur den Musikwissenschaftler Wolfgang Laade war das Album das interessanteste und lebensvollste Ergebnis einer organisierten Konfrontation wesensverschiedener Musikarten 8 17 Martin Pfleiderer weist darauf hin dass in dieser Produktion anders als auf vielen anderen Alben der Serie Jazz Meets the World tatsachlich hier ubrigens vorwiegend europaische Jazzmusiker mit traditionellen Musikern einer fremden Kultur zusammen treffen 18 Auch er charakterisiert aber das Album als eine Gegenuberstellung von Jazzmusikern und Beduinenmusik und noch keine wirkliche Synthese 19 Allmusic hat das Album mit viereinhalb von funf moglichen Sternen bewertet Noon in Tunisia entwickelte sich zum kommerziell erfolgreichsten Album der Serie Jazz Meets the World 1 moglicherweise mit Ausnahme von Tristeza on Guitar von Baden Powell de Aquino von 1966 20 1969 erhielt das Album einen Preis des franzosischen Club des Disques Weitere Wirkung BearbeitenBei Salah El Mahdi wurde durch das Projekt sein Interesse fur Jazz angefacht er sah in dem gemeinsamen Spiel sogar eine Art Hochzeit der beiden musikalischen Sprachen Allerdings war die offentliche Reaktion in Tunesien auf die spatere Auffuhrung anlasslich des fur den Sudwestfunk entstandenen Dokumentarfilms Noon in Tunisia von Peter Lilienthal 1969 21 und einer Tournee des Goethe Instituts viel verhaltener Mit der Musik liess sich zwar ein jungeres auch an Jazz interessiertes Publikum erreichen aber bei alteren Tunesiern stiess die Auffuhrung eher auf Unverstandnis 22 Gruntz bemerkte sogar resigniert Bei Besuchen in Tunesien sollte spater klarwerden dass das Publikum allerdings mit genau der Musik wie wir sie auf Noon in Tunisia aufnahmen nichts anzufangen wusste 6 Der spatere Eindruck von Salah El Mahdi war positiver und sah Vorteile fur beide Seiten einerseits ein Forum fur tunesische Musik in Europa andererseits wurde auch in Tunesien ein Interesse fur Jazz geweckt 23 Sahib Shihab wurde durch das Projekt zu intensiverer Beschaftigung mit nordafrikanischer Musik gebracht Er reiste nach Tunesien und nahm auch 1969 an dem Filmprojekt von Lilienthal in Tunesien teil 24 Das Album war im Gegensatz zu den anderen Projekten der Serie Jazz Meets the World nicht unmittelbar mit einem Live Konzert der beteiligten Musiker verbunden Gruntz prasentierte sein Projekt aber spater immer wieder auf europaischen Buhnen 1969 1971 1974 1996 25 teilweise mit Berendt teilweise ohne ihn woruber dieser nicht sehr erfreut war 26 Die aus Perspektive Gruntz schonste Plattenaufnahme 6 seiner Maghreb Suite entstand 1971 auf dem von Friedrich Gulda veranstalteten Festival am Ossiacher See mit den tunesischen Musikern Ponty und dem Trio John Surman Barre Phillips und Stu Martin sowie Limpe Fuchs 27 Gruntz hob in seiner Autobiografie die mazenatische Rolle des Labelchefs Hans Georg Brunner Schwer hervor Noon in Tunisia war gewissermassen der Startschuss fur eine Folge von einem guten Dutzend LPs die mir dieser weitsichtige offenherzige und kluge Mann ermoglicht hatte 28 Bereits zwanzig Tage spater nahm Gruntz fur Brunner Schwer als nachstes Album From Sticksland with Love Drums and Folklore auf wiederum ein von Berendt produziertes Ethno Jazz Album das sich aber auf die Guggenmusik aus seiner Heimatstadt Basel bezieht Literatur BearbeitenAndrew W Hurley But Did the World Meet Jazz Ein Blick hinter Joachim Ernst Berendts Plattenreihe Jazz Meets the World Darmstadter Beitrage zur Jazzforschung Bd 10 Hofheim am Taunus 2008 S 17 44 derselbe The return of Jazz Berghahn Books 2009 Kapitel 14 The 1967 World Jazz Encounters George Gruntz Jazz ist Weltmusik in Burghard Konig Herausgeber Jazzrock Tendenzen einer modernen Musik Reinbek rororo 1983 S 188 197 derselbe Als weisser Neger geboren ein Leben fur den Jazz Berneck Corvus Verlag 2002Weblinks BearbeitenNoon in Tunisia bei AllMusic englisch Noon in Tunisia in der Internet Movie Database englisch Einzelnachweise Bearbeiten a b Vgl A W Hurley But Did the World Meet Jazz S 17 Vgl George Gruntz Jazz ist Weltmusik In Burkhard Konig Jazzrock Reinbek 1983 S 188 197 zit n Hurley But Did the World Meet Jazz S 29 Dagegen schrieb Berendt in den Linernotes zum Album Es waren die besten Musiker des Landes die wir nach wochenlangem Auswahlen von immer neuen Musikern in allen Teilen des Landes ausgewahlt haben El Mahdi schrieb hingegen spater dass die Vorarbeiten nicht langer als eine Woche dauerten und er Berendt geraten habe nun zum Urlauben mit Gigi nach Djerba zu fahren Vgl Hurley But Did the World Meet Jazz S 30f Hurley The return of Jazz S 188 Hurley beruft sich auf einen Brief von El Mahdi 2004 Hurley But Did the World Meet Jazz S 31 a b c d e Zit n G Gruntz Jazz ist Weltmusik In Burghard Konig Jazzrock Reinbek 1987 S 191 Vgl W Royal Stokes The Jazz Scene An Informal History from New Orleans to 1990 Oxford Oxford University Press 1993 S 195 a b zit n Hurley But Did the World Meet Jazz S 32 Vgl Ilse Storb Jazz meets the world the world meets Jazz Munster Lit Verlag 2000 S S 187 zit n Bert Noglik Arabian Aspects Zur Orientalisierung des Jazz Jazzzeitung 10 2006 zit n Andrew W Hurley The Return of Jazz Joachim Ernst Berendt and West German Cultural Change New York Berghahn Books 2009 S 190 Ponty aussert sich so in Jazz Hot Mai Juli 1968 S 25 26 Ausserdem kritisiert er in Jazz Podium April 1969 S 122 dass die tunesischen Musiker sich nicht dem Spiel im Jazz anpassen konnten Hurley Return of Jazz S 188 Vgl Hans Kumpf Ein nordafrikanisches Land fasziniert die Musiker In Tunesien vermischen sich arabische und westliche Rhythmen Memento des Originals vom 4 Januar 2012 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www jazzpages com zit n Hurley But Did the World Meet Jazz S 30 Larry Kart Down Beat 31 Oktober 1968 S 21 Savy Jazz Hot Mai 1971 S 32 Wolfgang Laade Globe Unity Jazz meets the world Jazzforschung Jazz Research Band 2 1970 S 138 146 M Pfleiderer Zwischen Exotismus und Weltmusik zur Rezeption asiatischer und afrikanischer Musik im Jazz der 60er und 70er Jahre Karben Coda 1998 S 76 M Pfleiderer Zwischen Exotismus und Weltmusik S 78 Hurley Return of Jazz S 189 Beim Film wirkten anstelle von Ponty Don Cherry und statt Eberhard Weber Henri Texier mit Vgl auch 1 Vgl Hurley But Did the World Meet Jazz S 33ff Er beruft sich auf Salah El Mahdi Auffuhrungen fanden 1969 und 1978 in Tunesien statt Auch Gruntz bedauerte dass keine Beduinen die ursprungliche das Projekt inspirierten in Tunesien die Konzerte besuchten Hurley Return of Jazz S 191f Hurley Return of Jazz S 191 Don Cherry aussert sich zu diesem Tunesien Aufenthalt in Berendt Photo Story des Jazz Kruger Verlag 1978 Vgl Hurley But Did the World Meet Jazz S 32 Gruntz an Hurley 2004 Hurley Return of Jazz S 190 Vgl die Triple LP Ossiach Live BASF 4921119 3 1 3 George Gruntz Als weisser Neger geboren Ein Leben fur den Jazz Autobiographie Corvus Berneck 2002 ISBN 3 9522460 1 8 S 64 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Noon in Tunisia amp oldid 231879584