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Das Nizza Modell englisch Nice model Aussprache ˈniːs nach der Stadt Nizza wo es am Observatoire de la Cote d Azur entwickelt wurde ist ein Modell fur eine spate Migration der Planeten im Sonnensystem das 2005 von R Gomes H F Levison A Morbidelli und K Tsiganis in alphabetischer Reihenfolge in drei Nature Artikeln vorgeschlagen wurde Das Modell kann etliche Eigenschaften des Sonnensystems vorhersagen Eine Simulation nach dem Nizza Modell die die ausseren Planeten und den Kuipergurtel zeigt a vor der Jupiter Saturn 2 1 Resonanz b Zerstreuung der Objekte des Kuipergurtels in das Sonnensystem nachdem sich die Umlaufbahn Neptuns verschoben hatte c nach dem Ausstoss von Objekten des Kuipergurtels durch Jupiter Inhaltsverzeichnis 1 Das Modell 2 Kritik und Erweiterung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseDas Modell Bearbeiten nbsp Position der Riesenplaneten in Abhangigkeit von der Zeit Man erkennt die Instabilitatsphase ausgelost durch die 2 1 MMR gestrichelte Linie und das Vertauschen von Uranus und Neptun Das Modell beschreibt eine Migration der Planeten nachdem sich die protoplanetare Gasscheibe aufgelost hat Es ist also kein Migrationsmodell im engeren Sinne wie etwa das Grand Tack Modell Das Nizza Modell nimmt an dass die Planeten ursprunglich auf nahezu kreisformigen kompakten Bahnorbits liefen Ausserdem nimmt es an dass bei der Planetenentstehung eine Scheibe von Planetesimalen entstand die von ausserhalb der Planetenorbits bis hinaus zu einer Entfernung von 35 AU reichte und eine Gesamtmasse von etwa 35 Erdmassen hatte Die Riesenplaneten des Sonnensystems streuen nun zunachst vereinzelt Planetesimale aus der Scheibe Dabei wird Drehimpuls ubertragen und die Bahnen der Planeten andern sich leicht Mit numerischen Simulationen kann gezeigt werden dass dadurch Saturn Uranus und Neptun langsam nach aussen wandern und Jupiter nach innen Nach ein paar hundert Millionen Jahren 500 800 Mio Jahre nach Entstehung der Sonne kommt es zu einer 2 1 Resonanz englisch mean motion resonance MMR zwischen Jupiter und Saturn Dadurch steigen die Exzentrizitaten und das System destabilisiert sich Die Planeten Saturn Uranus und Neptun kommen einander und der Scheibe aus Planetesimalen nahe Dadurch werden die Planetesimale praktisch schlagartig zerstreut ein Teil der Planetesimale fliegt in das innere Planetensystem und lost dort das Grosse Bombardement aus In etwa 50 Prozent der simulierten Modelle kommt es dabei auch zu einem Platzwechsel zwischen den zwei aussersten Gasplaneten Uranus und Neptun siehe die Grafik rechts 1 Nach etwa hundert Millionen Jahren erreichen die Planeten schliesslich ihre heutigen Entfernungen ihre Exzentrizitaten werden gedampft und das System stabilisiert sich wieder Neben den Positionen Exzentrizitaten und Inklinationen der Riesenplaneten und dem grossen Bombardement erklart das Modell noch eine Reihe weitere Eigenschaften des heutigen Sonnensystems Wahrend der globalen Instabilitat sind die Co Orbit Regionen von Jupiter gravitativ offen Die gestreuten Planetesimale konnen in dieser Zeit in diese Regionen beliebig hinein und wieder heraus fliegen Am Ende der Instabilitatsphase sind die Regionen vergleichsweise plotzlich wieder gravitativ geschlossen und die Objekte die zu diesem Zeitpunkt dort waren sind gefangen Dies erklart die Jupiter Trojaner und Hilda Asteroiden Analoges gilt auch fur die Trojaner von Neptun Das Modell stimmt in allen wesentlichen Eigenschaften der Trojaner bis auf deren grosse Inklinationen uberein Saturn Uranus und Neptun kamen einander und den Planetesimalen wahrend der globalen Instabilitat nahe daher sind Dreifachstosse zwischen zwei Planeten und einem Planetesimal vergleichsweise wahrscheinlich Bei solchen Begegnungen wird der Planetesimal von einem der beiden Planeten eingefangen und umkreist diesen fortan als Mond Da es keine Notwendigkeit gibt dass der Mond den Planeten in der Aquatorialebene umkreisen sollte erhalt man einen bei den ausseren Planeten haufig vorkommenden irregularen Mond Dadurch konnen prinzipiell die irregularen Monde der Riesenplaneten bis auf die des Jupiters erklart werden Die Voraussagen stimmen bezuglich Inklination Exzentrizitat und grosser Halbachse mit den Beobachtungen uberein Die zunachst vorhergesagte Massenverteilung der Planeten entspricht nicht der gemessenen dies lasst sich jedoch erklaren wenn man annimmt dass es zu Kollisionen zwischen den irregularen Monden gekommen ist 99 der Masse der Planetesimalscheibe geht durch die Stosse verloren die verbleibenden Korper hingegen bilden den Kuipergurtel Dabei ist das Modell in der Lage alle wichtigen Eigenschaften des Kuipergurtels zu erklaren was davor noch keinem Modell gleichzeitig gelungen ist die Koexistenz resonanter und nicht resonanter Objekte die relative Verteilung der grossen Halbachse und der Exzentrizitat des Kuipergurtels die Existenz einer Aussenkante in der Entfernung einer 2 1 Resonanz mit Neptun die bimodale Verteilung der Objekte und die dabei bestehende Korrelation zwischen der Inklination und den Eigenschaften des Objekts die orbitale Verteilung der Plutinos und der 2 5 Libratoren eine 1975 von Franklin et al beschrieben Klasse von Asteroiden 2 die Existenz der extended scattered disc das Massendefizit des Kuipergurtels Kritik und Erweiterung Bearbeiten nbsp Wie bei der Abbildung oben erkennt man die Destabilisierung nach der 2 1 MMR und wie Neptun dabei uber Uranus springt Jedoch ist hier der hypothetische funfte Planet berucksichtigt man erkennt wie er wahrend der Instabilitatsphase aus dem System geworfen wird Hauptartikel Amphitrite Planet Das Modell beschreibt nicht die Migration in der protoplanetaren Gasscheibe sondern setzt erst danach an Die Probleme und offenen Fragen der klassischen planetaren Migration werden dadurch also nicht gelost Bei der Entwicklung des Modells wurden nur die vier ausseren Riesenplaneten betrachtet die Auswirkung auf die Bahnen der terrestrischen Planeten wurden nicht berucksichtigt In der Instabilitatsphase wurden diese jedoch wahrscheinlich gestort werden Auch neigen derart instabile Systeme dazu Planeten zu verlieren Beides kann moglicherweise dadurch vermieden werden dass man dem System ursprunglich einen weiteren Riesenplaneten hinzufugt der das System stabilisiert und schliesslich selbst aus dem Sonnensystem geworfen wird David Nesvorny vom Southwest Research Institute zeigte 2011 dass die Wahrscheinlichkeit dafur wesentlich hoher ist als fur ein Modell ohne funften Riesenplaneten Dabei wurden eine Vielzahl von Simulationen mit unterschiedlichen Anfangsbedingungen Migrationsraten der Planeten Auflosungsgeschwindigkeiten der Gasscheibe Massen der Scheibe aus Planetesimalen und Massen des zusatzlichen Planeten zwischen 1 3 und 3 Uranusmassen gemacht und nach vier Kriterien ausgewertet Kriterium A Am Ende muss das System genau 4 Riesenplaneten haben Kriterium B Die Planeten mussen am Ende vergleichbare Umlaufbahnen zu den heute beobachtbaren haben z B max 20 Abweichung in der Grossen Halbachse Kriterium C Gewisse Parameter mussen so sein dass die Moglichkeit zum Einfang irregularer Monde besteht wie oben beschrieben Kriterium D Der Abstand zwischen Jupiter und Saturn muss so sein dass die inneren terrestrischen Planeten uberleben Bei der Auswertung stellte man fest dass das Kriterium A bei anfangs 4 Riesenplaneten in unter 13 der Simulationen erfullt ist wahrend es bei anfangs 5 Planeten bei 37 der Simulationen erfullt ist Kriterium B ist bei 4 Planeten in nur 2 5 der Fallen erfullt wahrend es bei Hinzunahme eines 5 Planeten in 23 der Falle erfullt ist Bei richtiger Wahl der Masse des funften Planeten von 1 2 Uranusmasse steigen die Wahrscheinlichkeiten fur Kriterium A und B sogar auf 50 bzw 20 30 Die inneren Planeten uberleben beim klassischen Modell nur in etwa 1 der Falle beim um einem Planeten erweiterten Modell steigt die Wahrscheinlichkeit jedoch auf etwa 10 Die Untersuchung zeigt jedoch auch dass das Kriterium C bei beiden Modellen nur sehr selten erfullt ist Da das Modell auch die irregularen Monde Jupiters nicht beschreiben kann ist es fragwurdig ob es zur Erklarung irregularer Monde herangezogen werden kann Literatur BearbeitenK Tsiganis R Gomes A Morbidelli H F Levison Origin of the orbital architecture of the giant planets of the Solar System In Nature Band 435 Nr 7041 26 Mai 2005 S 459 461 doi 10 1038 nature03539 englisch oca eu PDF A Morbidelli H F Levison K Tsiganis R Gomes Chaotic capture of Jupiter s Trojan asteroids in the early Solar System In Nature Band 435 Nr 7041 26 Mai 2005 S 462 465 doi 10 1038 nature03540 englisch oca eu PDF R Gomes H F Levison K Tsiganis A Morbidelli Origin of the cataclysmic Late Heavy Bombardment period of the terrestrial planets In Nature Band 435 Nr 7041 26 Mai 2005 S 466 469 doi 10 1038 nature03676 englisch Aurelien Crida Solar System formation In Earth and Planetary Astrophysics astro ph EP 17 Marz 2009 arxiv 0903 3008v1 englisch David Nesvorny Young Solar System s Fifth Giant Planet In Earth and Planetary Astrophysics astro ph EP 13 September 2011 arxiv 1109 2949 englisch Weblinks BearbeitenAnimation des Nizza ModellsEinzelnachweise Bearbeiten K Tsiganis R Gomes A Morbidelli H F Levison Origin of the orbital architecture of the giant planets of the Solar System In Nature Band 435 Nr 7041 26 Mai 2005 ISSN 0028 0836 S 459 461 doi 10 1038 nature03539 nature com Franklin et al Minor planets and comets in libration about the 2 1 resonance with Jupiter Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nizza Modell amp oldid 212629087