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36 219159 38 131635 Koordinaten 36 13 N 38 8 OMumbaqat Tall Munbaqa auch Ekalte Mumbaqat ist eine heute in Ruinen liegende 5000 Jahre alte Stadtanlage in Nordsyrien Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Stadtentstehung 3 Erforschung 4 Besiedlungsgeschichte 5 Stratigraphie und Datierung der Besiedlungsschichten 6 Ausgewahlte Funde 7 Tontafeln 8 Literatur 9 EinzelnachweiseLage BearbeitenDas Ruinenfeld liegt am Ostufer des Oberlaufs des Euphrat uber dem Steilhang des einstigen Flusstales Im 3 und 2 Jahrtausend v Chr war die Stadt ein bedeutender Stadtstaat der Region Durch die Errichtung der Tabqa Talsperre bei Ath Thawra 35 Kilometer westlich von Ar Raqqa ist die Stadtruine heute teilweise geflutet Die Situation im Staudammgebiet hat sich in den Jahren seit der Aufnahme der Grabungstatigkeit im Jahre 1969 grundlegend geandert Im Euphrattal dessen Bild durch das Grun der Baumwolle und den breiten Fluss gepragt wurde hat sich ein grosser Stausee gebildet der die Ruinenstadt teilweise uberschwemmt hat Am starksten betroffen ist das Westufer mit seinen flachen Flussterrassen die als erste uberschwemmt wurden Der hoch uber dem Steilabfall des Ostufers gelegene Tall Munbaqa ist noch erhalten Das bei der Grabung 1974 freigelegte Nordost Tor liegt auf 36 13 9 N 38 7 53 9 O 36 219159 38 131635 das Sudtor auf 36 13 1 4 N 38 7 44 1 O 36 217047 38 12891 Stadtentstehung BearbeitenDer Euphrat war eine der Fernstrassen die Asien mit dem Mittelmeer verbanden Der Verlauf einer der wichtigsten Handelsstrassen zwischen den sumerischen und spater babylonischen Machtzentren und den syrischen Kustenstadten und der unmittelbare Zugang zum schiffbaren Hauptfluss konnen als eines der Grundmotive fur diese Stadtgrundung angesehen werden Der Handel war Antrieb zum Stadtebau Stadtmacht und Stadtzerstorung kennzeichnen das Urbanisationsfieber des 3 und 2 Jahrtausends v Chr In Nordsyrien wo der Fluss aus dem armenischen Hochland nach Sudosten abbiegt 200 km vom Mittelmeer lagen wichtige Handelsplatze Von dort verlauft die Strasse uber das nordsyrische Plateau nach Aleppo Ab dem 4 Jahrtausend v Chr sind hier sumerische Handelsstatten nachweisbar Im 3 Jahrtausend dem Hohepunkt der kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung entstanden Furstensitze nach dem Vorbild sumerischer Stadte Das altsyrische Reich reichte im 2 Jahrtausend v Chr bis an den Euphratbogen Der Mittanistaat der Hurriter beherrschte wenige Jahrhunderte darauf den Nordosten Syriens mit dem Euphrattal Im 14 Jahrhundert v Chr beherrschten die Hethiter Nordsyrien und der Euphrat bildete die Grenze zwischen dem assyrischen Gebiet und dem hethitischen Grossreich Um 1200 v Chr siedelten die Aramaer am Euphrat Diese wechselvolle Geschichte erschliesst sich aus den zahlreichen Ruinenhugeln entlang des 90 km langen Stausees Eine der grossten ausgegrabenen Ruinen dieser alten Kulturlandschaft ist Tall Munbaqa Erforschung BearbeitenIm Jahre 1907 entdeckte die englische Forscherin Gertrude Bell die Ruine erstellte einen Plan und beschrieb die Wallanlage Munbayah wo meine Zelte aufgeschlagen waren der arabische Name bezeichnet nur einen hochgelegenen Platz war vermutlich das Bersiba in Ptolemaus Ortsnamenliste Es besteht aus einer doppelten Umwallung am Flussufer gelegen Gertrude Bell irrte in der Lokalisierung von Bersiba erkannte aber die Bedeutung des Ruinenhugels fur die Erforschung der orientalischen Stadt Die 400 500 m grosse rechteckige einst stark befestigte Stadtruine wurde 1964 anlasslich der Bereisung des geplanten Stauseegebietes dokumentiert und erforscht 1968 beantragte die Deutsche Orientgesellschaft die Ausgrabungserlaubnis fur den Ruinenhugel 1969 1970 wurde von E Heinrich Universitat Berlin die Vermessung der oberirdisch sichtbaren Baureste vorgenommen und 1971 mit deren Freilegung begonnen Die Ausgrabung wurde 1973 und 1974 von Winfried Orthmann und ab 1979 von Dittmar Machule von der Technischen Universitat Hamburg Harburg weitergefuhrt Wahrend der Grabungskampagnen 1973 1974 und 1977 waren bis zu 16 Wissenschaftler und bis zu 90 einheimische Arbeiter an den Ausgrabungsarbeiten beteiligt Der antike Name der spatbronzezeitlichen Stadt wird aufgrund von 15 aufgefundenen Tontafeln mit der Nennung dieses Stadtnamens mit Ekalte angenommen Moglicherweise ist Tall Munbaqa zur Mittelbronzezeit mit dem bei Aplaḫanda von Karkemis und Samsi Adad I erwahnten Yakaltum gleichzusetzen 1 Besiedlungsgeschichte BearbeitenDer Siedlungshugel liegt direkt am linken Euphratufer und ist von einer gewaltigen Wallanlage umgeben welche zum Fluss hin einen Steilhang bildet und nach Osten zum Land hin flacher wird Die naturliche Topographie des Flusstales und der angrenzende Hugel bestimmen die Form der Stadtanlage Zunachst bestand nur die mit einem Befestigungsring umgebene Innenstadt die in mittelsyrischer Zeit um 1600 1400 v Chr durch eine zum Land gelegene Vorstadt nach Osten erweitert wurde Die ehemals ostliche Umwallung der Innenstadt trennt nun diese von der Stadterweiterung Die Fortifikation wurde in dieser Zeit erweitert und durch eine im Nordhang der Umwallung aus luftgetrockneten Lehmziegeln errichtete Toranlage mit zwei machtigen Turmen gesichert Das spatere Verschliessen des Tores mit vorgesetzten gewaltigen Kalksteinblocken schutzte dieses vor der Zerstorung Dieser Besiedlungsschicht gehort auch das Sudwest Tor an Die Vorstadt wurde nach Sudwesten uber ein weiteres Torgebaude Sudwest Tor angedient Der ostliche innerstadtische Wall weist zum sudostlichen Teil der Vorstadt nahe dem Sudwest Tor eine Einsenkung auf die darauf schliessen lasst dass hier ein Zugang zur Innenstadt bestanden hat In dem jungeren Abschnitt der Mittelsyrischen Zeit wurden die Stadtmauern teilweise erneuert und verstarkt Ausserhalb der Befestigungsanlage im Bereich der Uferzone wurde ein gut erhaltener Topferofen aus Lehmziegeln mit Lochtenne und Kuppel ausgegraben Etwa 250 m sudlich der Stadt wurden eine Reihe von Grabkammern entdeckt die in die zweite Halfte des 3 Jahrtausends v Chr datiert sind Die am Nordwestrand des Ruinenhugels zum Euphrat in der Innenstadt gelegenen Heiligtumer der Tempel I mit Nebengebauden und Tempel II sind der Altsyrischen Periode etwa 2000 1600 v Chr zuzuordnen Die beiden Kultbauten dienten der Verehrung der beiden Hauptgottheiten Der nordwestlich gelegene Tempel I hat die Aussenabmessungen von 12 60 26 80 m und 2 70 m dicke Steinmauern aus unbehauenen Steinen gesetzt Die Einteilung des Grundrisses bestand aus dem Gemach der Gottheit der Cella einem langlich viereckigen Raum mit einer Vorhalle die sich mit zwei Saulen zwischen zwei Anten nach Osten offnet Im Innenraum dieses Steinbaues wurden 1973 die Bauschichten 4 bis zum Fussboden 4c freigelegt 1974 fand man darunter die alteste zu den Mauern gehorende Begehungsschicht 4d Diese alteste Siedlungsschicht ein kleines Heiligtum eine Tempelcella aus Lehmziegeln unterhalb des nordlichen Tempel I gehort der fruhsyrischen Periode etwa 2600 2100 v Chr an Nordlich des Tempels fanden sich die Reste eines Steingebaudes 2 00 m vor der nordlichen Langswand des Tempels wurde ein Steingebaude freigelegt Ein langrechteckiger Raum von 8 5 m jungste Phase Schicht 2a Der Zugang zu dem Raum befindet sich auf der ostlichen Schmalseite In diesem Bereich wurden 13 Tonmodelle von Lebern gefunden die fur Weissagungen vom Priester verwendet wurden In ihrer unmittelbaren Nahe wurden drei Bruchstucke verschiedener Tontafeln mit Keilschrift entdeckt Nordlich von diesem Gebaude durch eine schmale Gasse getrennt wurde ein Steinhaus mit einem Raum und einem Hof freigelegt Der grossere Tempel II hat die Aussenmasse von 33 75 15 00 m und 3 00 m dicke Steinmauern Man betrat die Tempel von Osten uber eine nach Osten offene Vorhalle welche durch die Anten der Langsmauer und von zwei Saulen gestutzt wurde Von der Vorhalle stieg man uber eine 2 m breite steinerne Treppenanlage in den ostlichen Teil des Hauptraumes und von dort uber eine zweite Treppe in das mit Altar und Banken ausgestattete Allerheiligste Stratigraphie und Datierung der Besiedlungsschichten BearbeitenDie aus ubereinandergeschichteten antiken Ruinen bzw ubereinander angehauftem Trummerschutt in den Grabungskampagnen 1973 1977 aufgefundenen Hauptbesiedlungsschichten dieses Furstensitzes des 2 Jahrtausends v Chr gliedern sich wie folgt Mumbaqat IV Fruhsyrische Periode etwa 2600 2100 v Chr Siedlungsschicht des altesten Heiligtums Kleiner Tempel der Schicht 4c datiert auf 2500 2300 v Chr im Bereich inner und unterhalb des grossen Tempels I Die rechteckige Tempelcella mit den Innenabmessungen des Raumes von 3 50 5 00 m bestand aus 1 m dicken verputzten Lehmziegelmauern Den Raum betrat man von Osten uber eine einflugelige Tur Zum Aufstellen von Opfergaben befanden sich vor der Westwand flache Lehmziegelbanke und in der Mitte ein stufenformig zum Raum hin abgestufter Altarblock Im Altarblock eingemauert ein Grundungsopfer bestehend aus Fritteperlen Schichten aus dieser Zeit wurden auch auf der Kuppe im Zentrum des Grabungshugels und unter dem Tempel II entdeckt Ein freigelegtes Kammergrab nordlich der Stadt sog Nordgrab erganzt den Siedlungsbefund und gibt Auskunft uber die Bestattungssitten der antiken Bevolkerung in dieser Zeit Mumbaqat III Altsyrische Zeit etwa 2000 1600 v Chr Siedlungsschicht der Vorlauferbauten von den Heiligtumern Tempel I und Tempel II und der inneren Stadtbefestigung Nordost Tor zur Vorstadt aus Lehmziegelkonstruktion mit Wehrgang und Vorhof flankiert von zwei Bastionen bzw Eckturme am Fusse des Innenstadtwalls gelegen Errichtung und Besiedlung der Vorstadt ca 1600 v Chr Sudwestlicher Zugang zur Vorstadt bestehend aus einem Torgebaude mit grosser Halle und Feuerstelle drei angebauten Nebenraumen und Vorraum welches zusammen mit der Befestigungsmauer errichtet wurde Mumbaqat II Mittelsyrische Periode etwa 1600 1200 v Chr Anlage der Vorstadt mit ausserer Fortifikation Erneuerung und Ausbau der Heiligtumer Tempel I und Tempel II Bestattung der Toten in Kammergrabern sog Sudgrab ausserhalb der Stadt Mumbaqat I Romisch byzantinische Tumuli und Kammergraber innerhalb der StadtAusgewahlte Funde BearbeitenTorso einer Statue aus Kalkstein Tempel I Schicht 3 altsyrisch 1 Halfte des 2 Jahrtausends v Chr Tonmodel fur Terrakottarelief Nackte Gottin Nordost Tor Schicht 4 5 mittelsyrisch um 1600 1200 v Chr Tontafelfragmente mit Keilschrifttexten neben Tempel I Schicht 2 mittelsyrisch um 1400 1200 v Chr Modelle von Schafslebern aus Ton neben Tempel II Schicht 2 mittelsyrisch um 1400 1200 v Chr Fragment eines Terrakottareliefs mannlicher Krieger Sudwest Tor Schicht3 mittelsyrisch um 1400 1200 v Chr Terrakottafigur eines Rindes aus dem Sudgrab mittelsyrisch um 1600 1200 v Chr Gefassscherbe mit Siegelabrollung Tempel I Schicht 2 fruhsyrisch Mitte des 3 Jahrtausends v Chr Agyptischer Skarabaus sog nr Typus aus Fayence aus dem Sudgrab nach H Stock in die jungere Hyksoszeit um 1600 v Chr datiert Tontafeln BearbeitenDrei Tontafelfragmente wurden bereits bei den Grabungsarbeiten 1974 im Planquadrat 2737 entdeckt Diese Fragmente gehoren verschiedenen Textgattungen an Das grosste Fragment stammt von einer Urkunde dessen erhaltene Zeilenanfange sind Reste einer Zeugenliste auf der anderen Seite der Tafel war ein Siegel abgerollt Insgesamt wurden in Tall Munbaqa 89 spatbronzezeitliche Tontafeln gefunden sechs weitere gelangten durch den Kunsthandel in Privatsammlungen Fast alle Tafeln wurden in Privathausern aufgefunden und sind Familienarchiven zuzuordnen Die Urkunden dokumentieren Immobiliengeschafte Testamente und Adoptionsurkunden Der antike Name des Tall Munbaqa lautet Ekalte In den 15 Urkunden ist dieser Name 17 mal niedergeschrieben Sieben Tafeln tragen eine Datierung Abrollungen eines altakadischen Siegels befinden sich auf den Urkunden zu den Immobilien aus dem Besitz des Stadtgottes und der Stadt Literatur BearbeitenWinfried Orthmann Hartmut Kuhne Mumbaqat 1973 Vorlaufiger Bericht uber die von der Deutschen Orientgesellschaft mit Mitteln der Stiftung Volkswagenwerk unternommenen Ausgrabungen In Mitteilungen der Deutschen Orient Gesellschaft Bd 106 1974 S 53 97 Winfried Orthmann Mumbaqat 1974 Vorlaufiger Bericht uber die von der Deutschen Orientgesellschaft mit Mitteln der Stiftung Volkswagenwerk unternommenen Ausgrabungen In Mitteilungen der Deutschen Orient Gesellschaft Bd 108 1976 S 25 44 Winfried Orthmann Der Alte Orient In ders Propylaen Kunstgeschichte Bd 14 Der alte Orient Propylaen Verlag Berlin 1975 S 475 Johannes Boese Winfried Orthmann Mumbaqat Eine 5000 Jahre alte Stadt am Euphrat Saarbrucken 1976 Erich Kretz Ein Topferofen mit Lochtenne und Kuppel in Mumbaqat In Fachbereich Architektur Raum und Umweltplanung Bauingenieurwesen der Universitat Kaiserslautern Hrsg Festschrift fur Martin Grassnick aus Anlass der Vollendung seines 70 Geburtstages Kaiserslautern 1987 S 267 270 Peter Werner Tall Munbaqa Bronzezeit in Syrien Katalog zur Wanderausstellung Wachholtz Neumunster 1998 Veroffentlichungen des Hamburger Museums fur Archaologie und die Geschichte Harburgs Helms Museum 80 ISBN 3 529 02008 78 Ausgrabungen in Tall Munbaqa Ekalte Bd 1 Rainer Maria Czichon Die bronzezeitlichen Kleinfunde Saarbrucker Druck und Verlag Saarbrucken 1998 Wissenschaftliche Veroffentlichungen der Deutschen Orient Gesellschaft 97 ISBN 3 930843 35 8 Bd 2 Werner Mayer Die Texte Saarbrucker Druck und Verlag Saarbrucken 2001 Wissenschaftliche Veroffentlichungen der Deutschen Orient Gesellschaft 102 ISBN 3 930843 67 6 Bd 3 Peter Werner Die Glyptik Saarbrucker Druckerei und Verlag Saarbrucken 2004 Wissenschaftliche Veroffentlichungen der Deutschen Orient Gesellschaft 108 ISBN 3 930843 83 8 Bd 4 Rainer Maria Czichon Peter Werner Die bronzezeitliche Keramik Harrassowitz Wiesbaden 2008 Wissenschaftliche Veroffentlichungen der Deutschen Orient Gesellschaft 118 ISBN 978 3 447 05675 5 Felix Blocher Hans Christian Kara Dittmar Machule Bericht uber die Ausgrabungen in Tall Munbaqa Ekalte 2010 In Mitteilungen der Deutschen Orient Gesellschaft zu Berlin Nr 144 2012 S 31 74 Dittmar Machule Ekalte Tall Munbaqa 1999 2010 Ausgrabungen einer bronzezeitlichen Stadt in Syrien Der Grosse Platz am Nord Tor und der vierte Tempel In Dirk Wicke Joachim Marzahn Hrsg Zwischen Schwarzem Meer und Persischem Golf 125 Jahre Deutsche Orient Gesellschaft wbg Philipp von Zabern in Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2023 ISBN 978 3 8053 5367 0 S 129 136 Einzelnachweise Bearbeiten Wu Yuhong Yakaltum Ekalte Tell Munbaqa on the east bank of the Euphrates N A B U 2 1991 D Charpin N A B U 1 1993 26 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mumbaqat amp oldid 235277430