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Der Montanismus auch phrygische Haresie bzw Neue Prophetie als Selbstbenennung war eine christliche prophetische Bewegung seit etwa 160 n Chr in Kleinasien Die Mitglieder glaubten Offenbarungen des Heiligen Geistes zu besitzen die ihrem Grunder Montanus angesichts des nahen Weltendes eingegeben worden seien Ihre strenge Ethik war auf eine Erneuerung und Vervollkommnung der kirchlichen Lebensordnung Martyrium Ehe Fasten Busse ausgerichtet Die Bewegung wurde spater als Haresie verurteilt Inhaltsverzeichnis 1 Historischer Uberblick 1 1 Geschichte der Bewegung 1 2 Reaktion auf die Grosskirche 1 3 Reaktionen der Grosskirche 2 Erhaltene Ausspruche von Montanisten 3 Quellen 4 Literatur 5 EinzelnachweiseHistorischer Uberblick BearbeitenGeschichte der Bewegung Bearbeiten Der Montanismus entstand 157 Epiphanius oder 172 n Chr Eusebius in Ardabau in Phrygien Kleinasien Dass es um 170 n Chr bereits mehrere Reaktionen auf ihn gab spricht fur das fruhere Datum Montanus war ein neugewonnener Christ und soll zuvor Beschnittener der Kybele oder Priester des Apollon gewesen sein Dies konnte aber auch diffamierende Haretikerpolemik gewesen sein Montanus erhob den Anspruch das eschatologische Sprachrohr des Parakleten zu sein der bereits im Evangelium nach Johannes 14 16 EU erwahnt wird Er verkundete das nahe Ende des gegenwartigen Zeitalters Parusieerwartung In der phrygischen Ortschaft Pepuza wurde das neue Jerusalem vom Himmel herabkommen und hier sollte man auch gemeinsam den Anbruch des Tausendjahrigen Reiches Chiliasmus erwarten Neben die Naherwartung trat eine rigoristische Ethik Montanus forderte eine strenge Askese verscharftes Fasten mit Schlafentzug die Auflosung der Ehe bzw Unterlassung des Geschlechtsverkehrs uberhaupt Virginitat und die Bereitschaft zum Martyrium das als direkter Weg zu Gott ersehnt wurde Montanus fand eine grosse Anhangerschaft Unter ihnen waren die beiden Frauen Priska auch Priscilla Priskilla und Maximilla die ebenfalls als Prophetinnen wirkten Nach dem Tod des Montanus und der Priska fuhrte Maximilla die Bewegung weiter Als diese 179 auch verstarb ohne dass das Weltende gekommen war mussten sich die Anhanger neu orientieren Die Naherwartung klang ab aber das Ausbleiben der Wiederkunft Christi wurde als Aufschub dank gottlicher Langmut gewertet Trotzdem wurde in der als Endzeit voller Drangsale verstandenen Frist um baldiges Kommen des gottlichen Reiches gebetet Der Montanismus verbreitete sich von Kleinasien nach Syrien und Thrakien Auch in Nordafrika wo die christliche Tradition von der Idee des Martyriums und der Betonung der Gaben des Geistes gepragt war fand die Neue Prophetie Zustimmung und breitete sich schliesslich ab circa 200 auch im Abendland aus Die romische Gemeinde war zeitweise nahe daran sich fur den Montanismus zu entscheiden 1 Der Kirchenvater Tertullian trat moglicherweise um 207 zum Montanismus uber jedenfalls setzte er sich in seinen letzten Schriften Gegen Praxeas Uber das Fasten Uber die Einehe und Uber die Keuschheit ca 211 217 fur die strenge montanistische Ethik ein und schrieb positiv uber Montanus selbst Der Montanismus in Nordafrika durfte nach dem Tod Tertullians erloschen sein wirkte aber hundert Jahre spater im Donatismus weiter Letzte Zeugnisse von Montanisten finden sich im 5 und 6 Jahrhundert in Kleinasien Auf das Jahr 714 datiert Theophanes noch einmal eine Selbstverbrennung von Montanisten Reaktion auf die Grosskirche Bearbeiten Der Montanismus gewann seine Stosskraft durch die zunehmende Verweltlichung der Kirche Die Erwartung der urchristlichen Gemeinde hatte sich nicht erfullt und war einer ruhigeren Betrachtung gewichen Zunehmend verfestigten sich kirchliche Strukturen bzw Amter und es wurden Kompromisse mit der Welt geschlossen In Bezug auf die sittlichen Forderungen machten sich laxere Massstabe bemerkbar So begrussten viele Christen den Montanismus als Reaktion auf diese Entwicklungen und als eine Besinnung auf urchristliche Wurzeln 1 Reaktionen der Grosskirche Bearbeiten Theologisch loste die Bewegung einen Reflexionsprozess in der Grosskirche aus insbesondere zu den Themen Prophetie Amt und Geist Synoden und Autoritat des Kanons Zwar war der Montanismus im Grunde rechtglaubig doch wurde er vor allem wegen seiner schwarmerisch endzeitlichen Verkundigung als Problem empfunden Man konnte aufgrund der biblischen Tradition zwar nicht die Prophetie generell diskreditieren aber die kirchlichen Schriftsteller argumentierten dass Prophetie in Ekstase unbiblisch sei verwiesen darauf dass seit dem Tod von Montanus und seiner Prophetinnen keine Prophetie mehr vorgekommen sei und stellten Montanus Lebensweise in Frage Das Verhaltnis von Amt und Geist wurde dahingehend geklart dass der Heilige Geist nicht in Einzelgestalten und wunderbaren Phanomenen wirke sondern der apostolischen Kirche als Institution gegeben sei Ausserdem forderte der Montanismus die erstmalige Einrichtung von Bischofssynoden zur Feststellung des kirchlichen Konsenses heraus Die Exklusivitat des biblischen Kanons wurde festgestellt und der Normativitatsanspruch anderer Offenbarungen wie der des Montanus abgelehnt Trotz der spateren Einordnung des Montanismus als Haresie war die Bewegung in der Grosskirche zunachst unterschiedlich beurteilt worden Wahrend Soterus gegen die Lehre schrieb und auch Gaius als Gegenstimme auftrat scheinen die romischen Bischofe Eleutherus und Viktor I einen Integrationsversuch unternommen zu haben der durch Praxeas dann verhindert wurde Erhaltene Ausspruche von Montanisten BearbeitenMontanistische Schriften sind nicht uberliefert In den Zitaten der kirchlichen Gegner und bei Tertullian finden sich jedoch vierzehn wohl echte Prophetenspruche vgl R E Heine Von Montanus 1 Siehe der Mensch ist wie eine Lyra und ich fliege hinzu wie ein Plektron Der Mensch schlaft und ich wecke ihn Siehe es ist der Herr der die Herzen der Menschen erregt und den Menschen ein neues Herz gibt Epiph Pan 48 4 1 2 Weder ein Engel noch ein Sendbote sondern ich der Herr Gott der Vater ist gekommen Epiph Pan 48 11 9 3 Ich bin der Herr Gott der Allmachtige wohnend in einem Menschen Epiph Pan 48 11 1 4 Warum nennst du den uber einen Menschen Hinausragenden gerettet Wird doch der Gerechte hundertfach mehr leuchten als die Sonne die Kleinen aber unter euch die gerettet werden hundertfach mehr als der Mond Epiph Pan 48 10 3 Von Maximilla 5 Hort nicht auf mich sondern hort auf Christus Epiph Pan 48 12 4 6 Der Herr hat mich gesandt als Anhanger Enthuller und Deuter dieser Muhsal dieses Bundes und dieser Verheissung der willens oder nicht gezwungen ist die Erkenntnis Gottes wahrzunehmen Epiph Pan 48 13 1 7 Ich werde verfolgt wie ein Wolf von den Schafen fort Ich bin kein Wolf Ich bin Wort und Geist und Kraft Orbanus bei Eus Kirchengeschichte 5 16 17 8 Nach mir wird kein Prophet mehr sein sondern die Vollendung Epiph Pan 48 2 4 Von Priska 9 Uber sie die Leugner der leiblichen Auferstehung hat auch der Paraklet durch die Prophetin Prisca treffend gesagt Sie sind Fleisch und hassen das Fleisch Tert Carn 11 2 10 Denn sooft das Herz Lauterung gibt schauen sie Gesichte und horen wenn sie ihr Antlitz nach unten wenden auch heilsame Worte die ebenso deutlich wie verborgen sind Tert Cast 10 5 Vielleicht von Quintilla Nachfolgerin Maximillas 11 Christus kam zu mir unter dem Erscheinungsbild einer Frau in einem glanzenden Gewand und gab mir Weisheit ein und offenbarte mir dass dieser Ort namlich Pepuza heilig sei und hier das Jerusalem aus dem Himmel herabkommen werde Epiph Pan 49 1 3 Nicht zuzuordnen 12 der ich den Parakleten selbst in den Neuen Propheten habe der sagt Die Kirche kann Sunde vergeben aber ich will es nicht tun damit sie nicht noch andere Sunden begehen Tert Pud 21 7 13 Du wirst angeprangert das ist gut fur dich Wer namlich nicht vor den Menschen angeprangert wird der wird vor dem Herrn angeprangert Lass dich nicht verwirren Gerechtigkeit bringt dich vor die Offentlichkeit Was lasst du dich verwirren wenn du Lob davontragst Es bietet sich eine Gelegenheit wenn du von Menschen angestarrt wirst Tert Fug 9 4 14 Wunscht nicht in euren Betten noch bei Fehlgeburten noch an gelindem Fieber zu verscheiden sondern in Martyrien damit der verherrlicht werde der fur euch gelitten hat Tert Fug 9 4 Quellen BearbeitenGottlieb Nathanael Bonwetsch Hrsg Texte zur Geschichte des Montanismus Kleine Texte fur Vorlesungen und Ubungen 129 Marcus amp Weber Bonn 1914 Sammlung der griechischen und lateinischen Quellen Eusebius u a Eusebius v Casarea Kirchengeschichte Historia ecclesiastica hrsg v Heinrich Kraft Nachdruck der 3 Auflage Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1997 bes V 14 19 William Tabbernee Montanist Inscriptions and Testimonia Epigraphic Sources Illustrating the History of Montanism Patristic Monograph Series 16 Mercer Macon Ga 1997 Literatur BearbeitenGottlieb Nathanael Bonwetsch Die Geschichte des Montanismus Erlangen 1881 William H C Frend Montanismus In Theologische Realenzyklopadie TRE Band 23 de Gruyter Berlin New York 1994 ISBN 3 11 013852 2 S 271 279 Marco Frenschkowski Montanus In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 6 Bautz Herzberg 1993 ISBN 3 88309 044 1 Sp 77 81 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Wolf Dieter Hauschild Lehrbuch der Kirchen und Dogmengeschichte Band 1 Alte Kirche und Mittelalter 2 uberarb Aufl Gutersloh 2000 2 Nr 7 S 76 78 Ronald E Heine The Montanist Oracles and Testimonia Patristic Monograph Series 14 Mercer Macon Ga 1989 Vera Elisabeth Hirschmann Horrenda secta Untersuchungen zum fruhchristlichen Montanismus und seinen Verbindungen zur paganen Religion Phrygiens Steiner Stuttgart 2005 K A Heinrich Kellner Tertullian als Montanist Einl in die montanistischen Streitschriften Tertullians in BKV 24 1912 15 Bd 7 1 Heinrich Kraft Die altchristliche Prophetie und die Entstehung des Montanismus In Theologische Zeitschrift 11 1955 S 249 271 Hans Georg Opitz Montanus 17 In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band XVI 1 Stuttgart 1933 Sp 206 210 Henning Paulsen Die Bedeutung des Montanismus fur die Herausbildung des Kanons In VigChr 32 1978 S 19 52 August Strobel Das heilige Land der Montanisten Eine religionsgeographische Untersuchung de Gruyter Berlin 1980 Christiane Trevett Montanism Gender Authority and the New Prophecy Cambridge University Press 1996 Matthias Wunsche Der Ausgang der urchristlichen Prophetie in der fruhkatholischen Kirche Untersuchungen zu den Apostolischen Vatern den Apologeten Irenaus von Lyon und dem antimontanistischen Anonymus Calwer theologische Monographien B 14 Diss Kiel 1992 Calwer Stuttgart 1997Einzelnachweise Bearbeiten a b Walther von Loewenich Die Geschichte der Kirche I Altertum und Mittelalter Siebenstern Verlag Hamburg 4 Aufl 1971 S 48 Normdaten Sachbegriff GND 4170497 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Montanismus amp oldid 236126885