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Martin Fellenz 20 Oktober 1909 in Duisburg 1 Mai 2007 in Haddeby 1 2 war ein deutscher SS Fuhrer Tater des Holocaust Chorleiter Komponist und Kommunalpolitiker FDP Martin Fellenz nach seiner Verurteilung am 27 Januar 1966 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft Beruf und Hinwendung zum Nationalsozialismus 1 2 Zweiter Weltkrieg Mitwirkung am Holocaust in Polen 1 3 Nachkriegszeit 1 4 Gerichtsverfahren 1 5 Spates Leben 2 Kompositionen 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft Beruf und Hinwendung zum Nationalsozialismus Bearbeiten Martin Fellenz war der Sohn eines Drehers 3 Nach dem Ende seiner Schulzeit begann er eine Lehre zum Bankkaufmann die er nicht abschloss Danach wurde er Pianist bei der Duisburger Jagerkapelle Ab 1931 war er bei der Operettenbuhne in Duisburg Hamborn tatig als erster Kapellmeister und Dirigent bei Operettenauffuhrungen Anfang der 1930er Jahre heiratete er seine erste Ehefrau die Schauspielerin war 4 Die Ehe wurde spater geschieden Fellenz trat zum 1 August 1932 der NSDAP bei Mitgliedsnummer 1 289 093 5 und schloss sich auch der SS an SS Nummer 49 689 3 Nebenamtlich betatigte er sich als Schreiber bei der SS Standarte 75 Innerhalb der SS stieg er bis zum SS Sturmbannfuhrer auf In seiner Freizeit war er Turnierreiter und komponierte einen SS Treuemarsch 4 Zweiter Weltkrieg Mitwirkung am Holocaust in Polen Bearbeiten Nach dem Uberfall auf Polen zu Beginn des Zweiten Weltkrieges war Fellenz wahrend der deutschen Besetzung Polens ab Dezember 1939 Stabsfuhrer des SS und Selbstschutzfuhrers in Krakau Ab Marz 1940 war er Adjutant und von Juni 1941 bis Oktober 1942 Stabsfuhrer des SS und Polizeifuhrers SSPF in Krakau 6 In dieser Funktion war er im Distrikt Krakau des Generalgouvernements Mitorganisator von Judendeportationen aus den stadtischen Judenghettos in die Vernichtungslager In einer ersten Welle die am 1 Juni 1942 in Krakau begann und am 10 September 1942 endete und uber 100 000 Menschenleben kostete sollten als nicht arbeitsfahig klassifizierte Juden unter 16 jahrige und uber 35 jahrige selektiert und in Vernichtungslager deportiert werden Aufgrund der Grossenordnung der zur Ermordung bestimmten Menschen wurden neben Polizisten unterschiedlicher Dienststellen auch Angehorige der Waffen SS eingesetzt Daher oblag die Koordination dieser Massnahmen dem SSPF Krakau Julian Scherner Mit der praktischen Zusammenarbeit und Koordination der deutschen Instanzen vor Ort wurden Scherners Stabsfuhrer Fellenz und Adjutant Bartsch beauftragt Sie leiteten Einsatzbesprechungen unmittelbar vor den Deportationen an denen neben den Kreishauptleuten und Stadtkommandanten auch Vertreter der Sicherheits und Ordnungspolizei des Arbeitsamtes und manchmal auch der Wehrmacht teilnahmen Nach dem Interessenabgleich der deutschen Instanzen wurden die regionalen und zeitlich begrenzten Mordaktionen vereinbart geplant und umgesetzt 7 Im November 1942 meldete sich Fellenz zur Waffen SS und leistete Kriegsdienst Ab 1944 war er Adjutant des Hoheren SS und Polizeifuhrers HSSPF Ost Wilhelm Koppe 6 Nachkriegszeit Bearbeiten Bei Kriegsende setzte Fellenz sich nach Schleswig ab Dort lebte seine zweite Ehefrau die er 1944 geheiratet hatte In der Backerei seines Schwiegervaters ubernahm er die Geschaftsfuhrung Noch 1945 wurde er aufgrund seiner SS Zugehorigkeit verhaftet und fur zwei Jahre in ein Internierungslager verbracht Nach einem Spruchkammerverfahren wurde er 1947 als Mitlaufer entnazifiziert Nach der Entlassung nahm er wieder seine Tatigkeit als Geschaftsfuhrer auf Daneben war er seit 1947 Dirigent des Schleswiger Gesangvereins 1839 und des Gewerkschaftssangerchors Frohsinn 8 Fellenz wurde im Fruhjahr 1954 Mitglied der FDP Nach den schleswig holsteinischen Kommunalwahlen im Januar 1955 wurde der Freie Demokrat Ratsherr in Schleswig und blieb in dieser Funktion auch nach seiner Wiederwahl 1959 Er war in Ausschussen der Schleswiger Ratsversammlung tatig so im Ausschuss fur Schul und Kulturangelegenheiten sowie im Jugendpflegeausschuss Daruber hinaus war er Kreischorleiter und Dirigent von drei Choren In Schleswig war er ein angesehener Burger 9 Am 20 Juni 1960 wurde Fellenz unmittelbar nach seiner Ruckkehr aus Hayes and Harlington in England Schleswigs Partnerstadt in der er sich mit einer Delegation von Ratsherren zu einem Freundschaftsbesuch aufgehalten hatte wegen des dringenden Verdachts der Mitwirkung am Mord an fast 40 000 Juden in Untersuchungshaft genommen Im Zuge der Ermittlungen gegen einen ehemaligen SS Unterscharfuhrer der 1942 Fellenz begleitet hatte und wegen des Mordes an 56 Juden zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt wurde war auch Fellenz ins Visier der Ermittlungsbehorden geraten 9 Gerichtsverfahren Bearbeiten Vor dem Schwurgericht am Landgericht Flensburg begann am 14 November 1962 der Prozess gegen Fellenz wegen der Mitwirkung an fast 40 000 fachem Judenmord Ihm wurde die Leitung und Organisation von funf Judenaussiedlungen vorgeworfen bei der im Sommer 1942 zigtausende Juden in die Vernichtungslager deportiert und hunderte Opfer bereits vor Ort erschossen wurden 9 Fellenz wurde beschuldigt Mordaktionen in Miechow Michalowice Tarnow Rzeszow unter deutscher Besatzung Reichshof und Przemysl organisiert zu haben 10 Im Zuge der Verhandlung wurden seitens der Staatsanwaltschaft 145 Zeugen u a aus den USA Kanada Belgien Frankreich und Grossbritannien vernommen 9 Unter anderem kamen auch Ereignisse der Judenverfolgung in Przemysl zur Sprache wo Juden sich vor ausgehobenen Gruben nackt ausziehen mussten und nach ihrer Erschiessung in die Gruben fielen Fellenz selbst beschrieb sich als kleines Radchen im Getriebe der Mordmaschinerie und erklarte er sei lediglich Beobachter und Berichterstatter gewesen Die ihm von Zeugen vorgeworfenen eigenhandigen Erschiessungen habe er nicht begangen und meinte es musse sich dabei um eine Verwechslung handeln 11 Ich bin mir keiner Schuld bewusst Mit den Judenaussiedlungen habe ich nichts zu tun Ich habe sie zwar gesehen Aber ich war nur als Beobachter dabei Nicht als Kontrolleur Erst recht nicht als Befehlsgeber Aussage von Martin Fellenz wahrend des Prozesses 1962 12 Die Staatsanwaltschaft beantragte eine lebenslange Zuchthausstrafe und die Aberkennung der burgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit Am 11 Januar 1963 wurde Fellenz wegen Beihilfe zum Mord in zwei Fallen zwei Aktionen nicht Einzeltaten die das Schwurgericht als erwiesen ansah zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt Bezuglich der weiteren Anklagepunkte wurde er freigesprochen Die burgerlichen Ehrenrechte wurden ihm nicht aberkannt Durch Anrechnung der uber zweijahrigen Untersuchungshaft und in Aussicht gestellter Strafaussetzung zur Bewahrung wurde der Haftbefehl aufgehoben und Fellenz konnte das Gericht als freier Mann verlassen 13 Das Urteil wurde durch den Bundesgerichtshof wieder aufgehoben und der Fall an das Landgericht Kiel verwiesen Aufgrund neuer Verdachtsmomente waren zuvor bereits die Ermittlungen gegen Fellenz wieder aufgenommen und Fellenz in Untersuchungshaft genommen worden Anfang September 1965 wurde der Prozess gegen ihn vor dem Schwurgericht am Landgericht Kiel neu aufgerollt 4 Wegen Beihilfe zum Mord in vier Fallen Aktionen wurde Fellenz am 27 Januar 1966 zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt Das Gericht stellte die Schuld des Angeklagten vollumfanglich fest da ihm Zweck und Ziel der Judenaussiedlungen bekannt gewesen seien und er diensteifrig dabei mitgewirkt habe Fur Fellenz Berufung auf Befehlsnotstand fand das Gericht keine Beweise Die ihm aufgrund von Zeugenaussagen zur Last gelegten Einzeltotungen wurden wegen unzureichender Beweislage bei der Urteilsfindung nicht berucksichtigt Da er sich seit Sommer 1960 fast durchgehend in Untersuchungshaft befunden hatte wurde der Haftbefehl gegen ihn aufgehoben auch weil mit einer Aussetzung der Reststrafe zur Bewahrung zu rechnen sei 14 15 Spates Leben Bearbeiten In der Zeit von 1981 bis 1989 war Fellenz Klavierlehrer an der Kreismusikschule in Flensburg Er betatigte sich weiterhin als Klavierbegleiter und wurde Leiter des Mannergesangvereins Eintracht Fleckeby Sein Wohnsitz war in Lurschau 8 Im Jahr 1996 zeichnete ihn der Deutsche Sangerbund zum 60 jahrigen Chorleiterjubilaum mit der goldenen Ehrennadel mit Schleife aus 8 Kompositionen BearbeitenAls Chorleiter schrieb Fellenz verschiedene Werke fur Chore wie Abendruh ein Chorwerk mit Baritonsolo Erinnerung an Schleswig Volksliedbearbeitungen sowie Marsche darunter einen Marsch anlasslich der Stadtepartnerschaft Schleswigs mit Mantes la Jolie Ein Weihnachtswiegenlied wurde mit dem Ersten Preis eines Quaker Wettbewerbs ausgezeichnet In der NS Zeit publizierte er 1935 einen SS Treuemarsch 16 Literatur BearbeitenWolfgang Curilla Der Judenmord in Polen und die deutsche Ordnungspolizei 1939 1945 Schoningh Paderborn 2011 ISBN 978 3 506 77043 1 Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 2 Auflage Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 596 16048 8 Fred K Prieberg Handbuch Deutsche Musiker 1933 1945 CD ROM Lexikon Kopf Kiel 2004 DNB 976582554 S 1542 1543 Justiz und NS Verbrechen Band 23 S 69 ff Melanie Hembera Die Shoah im Distrikt Krakau judisches Leben und deutsche Besatzung in Tarnow 1939 1945 Darmstadt WBG 2016 ISBN 978 3 534 26786 6Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Martin Fellenz Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Sterbejahr nach Klaus Peter Friedrich Bearb Die Verfolgung und Ermordung der europaischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 1945 Quellensammlung Band 9 Polen Generalgouvernement August 1941 1945 Oldenbourg Munchen 2014 ISBN 978 3 486 71530 9 S 348 Sterberegister des Standesamtes Haddeby Nr 23 2007 a b Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Frankfurt am Main 2007 S 147 f a b c H W Angeklagt Martin Fellenz Das Portrat eines guten Deutschen In Die Zeit Ausgabe 38 vom 17 September 1965 abgerufen am 26 Februar 2015 Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 8520742 a b Klaus Peter Friedrich Bearb Die Verfolgung und Ermordung der europaischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 1945 Quellensammlung Band 9 Polen Generalgouvernement August 1941 1945 Oldenbourg Munchen 2014 ISBN 978 3 486 71530 9 S 348 Klaus Michael Mallmann Mensch ich feiere heut den tausendsten Genickschuss Die Sicherheitspolizei und die Shoah in Westgalizien In Gerhard Paul Hrsg Die Tater der Shoah Fanatische Nationalsozialisten oder ganz normale Deutsche Wallstein Gottingen 2002 ISBN 3 89244 503 6 S 116 f a b c Fred K Prieberg Handbuch Deutsche Musiker 1933 1945 CD ROM Lexikon Kopf Kiel 2004 DNB 976582554 S 1542 a b c d H W Martin Fellenz war ein angesehener Burger Ein Ratsherr in Schleswig wurde des 40 000 fachen Mordes angeklagt In Die Zeit Ausgabe 47 vom 23 November 1962 abgerufen am 26 Februar 2015 Reinhard Henkys Verf Dietrich Goldschmidt Hrsg Die nationalsozialischen Gewaltverbrechen Geschichte und Gericht Kreuz Verlag Stuttgart u a 1964 S 101 H W Abgeschossen wie Hasen In Flensburg ging der Prozess gegen den ehemaligen SS Sturmbannfuhrer Martin Fellenz zu Ende In Die Zeit Ausgabe 2 vom 11 Januar 1963 abgerufen am 26 Februar 2015 Zitiert nach H W Martin Fellenz war ein angesehener Burger Ein Ratsherr in Schleswig wurde des 40 000 fachen Mordes angeklagt In Die Zeit Ausgabe 47 vom 23 November 1962 abgerufen am 26 Februar 2015 Hans Peter Bull Was heisst da Bewahrung Unverstandliche Milde im Fellenz Prozess In Die Zeit Ausgabe 3 vom 18 Januar 1963 abgerufen am 26 Februar 2015 H W Das zweite Urteil Sieben Jahre Zuchthaus fur Fellenz In Die Zeit Ausgabe 6 vom 4 Februar 1966 abgerufen am 26 Februar 2015 Urteil LG Kiel 2 Ks 6 63 vom 27 Januar 1966 in BArch B 162 1358 Bl 150 ff Fred K Prieberg Handbuch Deutsche Musiker 1933 1945 CD ROM Lexikon Kopf Kiel 2004 DNB 976582554 S 1542 1543 Normdaten Person LCCN no2012161177 VIAF 250164061 Wikipedia Personensuche Kein GND Personendatensatz Letzte Uberprufung 18 August 2018 PersonendatenNAME Fellenz MartinKURZBESCHREIBUNG deutscher SS Fuhrer und Tater des HolocaustGEBURTSDATUM 20 Oktober 1909GEBURTSORT DuisburgSTERBEDATUM 1 Mai 2007STERBEORT Haddeby Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Martin Fellenz amp oldid 238116792