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Martha Mosse 29 Mai 1884 in Berlin 2 September 1977 ebenda war eine deutsche Juristin und der erste weibliche Polizeirat in Preussen Aufgrund ihrer judischen Herkunft wurde sie in der Zeit des Nationalsozialismus mit Berufsverbot belegt und 1943 in das Ghetto Theresienstadt deportiert Mosse uberlebte den Holocaust und war Zeugin in den Nurnberger Prozessen Martha Mosse am 26 Februar 1948 wahrend ihrer Zeugenaussage im Wilhelmstrassen Prozess Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Zeit des Nationalsozialismus 3 Nach Kriegsende 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenMosse war das alteste von den funf Kindern der Eheleute Lina und Albert Mosse sowie Nichte von Rudolf Mosse Im Februar 1886 ubersiedelte die Familie nach Japan da Albert Mosse auf Anfrage der japanischen Regierung beratend die Reorganisation der japanischen Verwaltung begleitete Nach der 1890 erfolgten Ruckkehr zog die Familie im darauf folgenden Jahr von Berlin nach Konigsberg Mosse wurde zunachst privat unterrichtet und kam dann auf eine Hohere Tochterschule Nach der 1902 beendeten Schulzeit unternahm Mosse mit ihrer Familie ausgedehnte Reisen Die Familie kehrte 1907 erneut nach Berlin zuruck wo Mosse im selben Jahr ein Gesangsstudium begann Mangels Begabung brach sie jedoch 1910 ihr Musikstudium ab 1 Anschliessend war sie bei der Deutschen Zentrale fur Jugendfursorge ehrenamtlich tatig und absolvierte einen Lehrgang an der Sozialen Frauenschule 2 Zuletzt fuhrte sie die Geschafte der Organisation zum Schutze der aufsichtslosen Kinder und erhielt dafur das Zivilverdienstkreuz verliehen 3 Sie schied 1916 aus der Deutschen Zentrale fur Jugendfursorge aus und besuchte zunachst als Gasthorerin juristische Vorlesungen in Heidelberg und Berlin Da sie jedoch kein Abitur abgelegt hatte konnte sie keinen regularen Studienabschluss erreichen Dennoch wurde ihr in Heidelberg gestattet mit der Dissertation Erziehungsanspruch des Kindes im August 1920 zum Dr jur zu promovieren Anschliessend konnte sie mit Sondergenehmigung in Funktion eines Rechtsreferendars fur sechs Monate am Amtsgericht Berlin Schoneberg hospitieren und war danach als juristische Hilfskraft im Preussischen Wohlfahrtsministerium beschaftigt 2 Im August 1922 erfolgte durch Carl Severing ihre Berufung in das Berliner Polizeiprasidium Dort war Mosse zunachst in der Theaterabteilung tatig wo sie fur die Uberwachung der Einhaltung der Kinderschutz Bestimmungen bei Theaterauffuhrungen Filmaufnahmen und sonstigen offentlichen Darbietungen verantwortlich war Aufgrund ihrer guten Leistungen erfolgte 1926 die Beforderung zur Polizeiratin Mosse war somit die erste Polizeibeamtin des Hoheren Dienstes Polizeirat in Preussen Diese Beforderung ging mit einem Kompetenzzuwachs einher so war Mosse nun zusatzlich mit der Aufsicht uber Stellenvermittler im Theater Schausteller Film und Zirkusgewerbe befasst und auch fur die Uberwachung der Einhaltung der Sonn und Feiertagsruhezeiten 2 Auch die Uberwachung der Einhaltung des Gesetzes zur Schund und Schmutzbekampfung und die Bekampfung anstossiger Auslagen oblagen nun Mosse Mosse lebte seit Mitte der 1920er Jahre mit ihrer nichtjudischen Partnerin Erna Sprenger gemeinsam in Berlin Halensee 4 Zeit des Nationalsozialismus BearbeitenBald nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde Mosse aufgrund ihrer judischen Herkunft durch das Berufsbeamtengesetz vom Polizeidienst suspendiert Sie erhielt keine Bezuge mehr und wurde zum 1 Januar 1934 entlassen Sie engagierte sich dann hauptberuflich in der Judischen Gemeinde zu Berlin JGB und war dort schliesslich mit der Beratung von Handlern betraut die sie uber Berufsbeschrankungen informieren musste sowie mit weiteren Aufgaben wie Rechtsberatung Ab 1939 leitete sie die Wohnungsberatungsstelle wo judischen Burgern die ihre Unterkunft verloren hatten ein neues Quartier oft Judenhauser vermittelt wurden Nach Beginn der Deportationen stellte Mosse vermehrt Ruckstellungsgesuche fur ihre Klienten und war bemuht grosseres Unheil abzuwenden 5 Anfang Oktober 1941 war Martha Mosse Moritz Henschel und Philipp Kozower seitens der Berliner Gestapo mitgeteilt worden dass die Umsiedlung der Berliner Juden nun beginnen wurde und die JGB dabei mitwirken musse Trotz schwerer Bedenken entschlossen sich die Funktionare der JGB bei den erzwungenen Umsiedlungsmassnahmen mitzuwirken da angedroht wurde ansonsten die Durchfuhrung dieser Massnahme von der SA und SS vornehmen zu lassen Die JGB musste ihre Mitglieder Fragebogen ausfullen lassen aus denen die Gestapo dann Deportationstransporte zusammenstellte Von Oktober 1942 bis Januar 1943 fuhrte Alois Brunner vom Eichmannreferat mit einem Einsatzkommando die Deportation der Berliner Juden auf brutalste Weise durch Ab Januar 1943 war wieder die Berliner Gestapo fur die Deportationen zustandig 6 Am 17 Juni 1943 wurde Mosse in das Ghetto Theresienstadt deportiert Aufgrund einer Intervention der Witwe eines ehemaligen Botschafters in Japan konnte zuvor eine Deportation in das Vernichtungslager Auschwitz abgewendet werden In Theresienstadt war Mosse Untersuchungsrichterin in der Detektivabteilung ab Anfang 1945 im Gericht der judischen Selbstverwaltung und von Mai 1945 bis zu ihrer Entlassung am 1 Juli 1945 in der Leitung der Zentralevidenz der wichtigsten Verwaltungsstelle im Lager tatig Die zu ermittelnden Straftaten und verhandelten Delikte umfassten Diebstahle kleine Einbruche und Schlagereien 7 Nach Kriegsende BearbeitenNach der Befreiung trat Mosse in Berlin zweimal eine Arbeitsstelle an die sie aufgrund von Anschuldigungen bezuglich ihrer ehemaligen Tatigkeit in der Wohnungsberatungsstelle der JGB wieder verlor Mosse durch die alliierten Behorden bereits entlastet und als Opfer des Faschismus eingestuft stellte sich einem Ehrengerichtsverfahren der judischen Gemeinde Dort wurde sie der Kollaboration zwar nicht fur schuldig befunden aber auch nicht eindeutig entlastet Da Mosse nicht gemeinsam mit ihrer Lebensgefahrtin in die USA emigrieren konnte da diese kein Visum erhielt entschied sich das Paar weiter in Berlin zu leben 8 Mosse beriet vorbereitend die amerikanische Militarregierung bezuglich der Nurnberger Prozesse und arbeitete in diesem Rahmen als Ubersetzerin Sie sagte im Februar 1948 als Zeugin der Anklage gegen Gottlob Berger im Wilhelmstrassen Prozess aus Sie arbeitete von August 1948 bis zu ihrer Pensionierung 1953 bei der Berliner Kriminalpolizei und der Verkehrsabteilung im Polizeiprasidium Danach war sie noch bis in die 1970er Jahre beim Berliner Frauenbund engagiert und zeitweise stellvertretende Vorsitzende Sie widmete sich dort insbesondere dem Ausschuss Altershilfe der Frauenbewegung 9 Ihre Erinnerungen Anlage Die judische Gemeinde zu Berlin 1934 1943 erschienen im Juli 1958 10 Schriften BearbeitenErinnerungen 1884 1953 Berlin 1963 Manuskript OnlineLiteratur BearbeitenGudrun Maierhof Selbstbehauptung im Chaos Frauen in der judischen Selbsthilfe 1933 1943 Campus Verlag 2002 ISBN 9783593370422 Esriel Hildesheimer Judische Selbstverwaltung unter dem NS Regime Tubingen Mohr Siebeck 1994 ISBN 9783161461798 Elisabeth Kraus Die Familie Mosse deutsch judisches Burgertum im 19 und 20 Jahrhundert Munchen C H Beck 1999 ISBN 9783406446948 Peter Reinicke Erster Polizeirat in Preussen und Arbeit in der judischen Gemeinde unter Aufsicht der Gestapo Martha Mosse 1884 1977 In Sabine Hering Hrsg Judische Wohlfahrt im Spiegel von Biographien Schriften des Arbeitskreises Geschichte der judischen Wohlfahrt in Deutschland 2 ISBN 9783936065800 Javier Samper Vendrell The Case of a German Jewish Lesbian Woman Martha Mosse and the Danger of Standing out In German Studies Review Jg 41 2018 Heft 2 S 335 353 Peter Reinicke Mosse Martha in Hugo Maier Hrsg Who is who der Sozialen Arbeit Freiburg Lambertus 1998 ISBN 3 7841 1036 3 S 407f Weblinks BearbeitenMosse Martha Das Theresienstadt Lexikon mit Bild und Kurzbiografie im Prominentenlexikon Jens Dobler Biografie Martha Mosse 1884 1977 auf www lesbengeschichte deEinzelnachweise Bearbeiten Gudrun Maierhof Selbstbehauptung im Chaos Frauen in der judischen Selbsthilfe 1933 1943 S 269 f a b c Elisabeth Kraus Die Familie Mosse deutsch judisches Burgertum im 19 und 20 Jahrhundert S 572 f Mosse Martha Das Theresienstadt Lexikon Jens Dobler Biografie Martha Mosse 1884 1977 auf www lesbengeschichte de Gudrun Maierhof Selbstbehauptung im Chaos Frauen in der judischen Selbsthilfe 1933 1943 S 272 f Hans Gunther Adler Theresienstadt Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft 1941 1945 Nachwort Jeremy Adler Gottingen 2005 S 782 ff Elisabeth Kraus Die Familie Mosse deutsch judisches Burgertum im 19 und 20 Jahrhundert S 581 f Elisabeth Kraus Die Familie Mosse deutsch judisches Burgertum im 19 und 20 Jahrhundert S 584 f Gudrun Maierhof Selbstbehauptung im Chaos Frauen in der judischen Selbsthilfe 1933 1943 S 340 Christoph Dieckmann Birthe Kundrus Beate Meyer Die Deportation der Juden aus Deutschland Plane Praxis Reaktionen 1938 1945 Wallstein Verlag 2004 ISBN 9783892447924 S 67 Normdaten Person GND 137576064 lobid OGND AKS VIAF 81749758 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Mosse MarthaALTERNATIVNAMEN Mosse MartaKURZBESCHREIBUNG erste weibliche Polizeiratin in Preussen und Uberlebende des HolocaustGEBURTSDATUM 29 Mai 1884GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 2 September 1977STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Martha Mosse amp oldid 228575993