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Marktstrasse 13 auch Marktstrasse 13 15 bezeichnet ein um 1860 erbautes Fachwerkhaus in Warburg Strassenansicht Till Eulenspiegel Figur uber dem Kaffehauseingang Wappen derer von Geismar mit Reichsadler und Mainzer Rad 1 Inhaltsverzeichnis 1 Gebaude 2 Geschichte 2 1 1311 1803 Familie von Geismar 2 2 1803 1860 Konigreich Preussen 2 3 1860 1919 Mobelmagazin Wittgenstein 2 4 1919 2017 Cafe Eulenspiegel 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGebaude BearbeitenDas ca 23 m lange Gebaude befindet sich in zentraler Lage in der Warburger Neustadt Es handelt sich um einen schlichten zweigeschossigen Fachwerkbau mit Kniestock und geneigtem Pfettendach mit grossem Dachuberstand Die linke Seite hat uber einem hohen Natursteinsockel zwei Wohnraum Fenster und eine fast ebenerdig angeordnete Eingangstur mit hohem Oberlicht Die bis 2017 als Cafe genutzte rechte Seite hat zwei grosse Schaufenster mit einer eingezogenen Ladentur dazwischen und links davon zwei Fenster die offenbar spater niedriger gesetzt wurden Dieser Teil ist in den 1970er Jahren durch weisse Kunststoffplatten in Aluminiumrahmenkonstruktionen modernisiert worden Das Obergeschoss weist insgesamt neun Fensterachsen mit mehrflugeligen Holzfenstern auf Uber dem Eingang befindet sich eine geschnitzte Figur des Till Eulenspiegel Geschichte Bearbeiten nbsp Lageplan 1831 34 mit Freiflache an der Sternstrasse 1311 1803 Familie von Geismar Bearbeiten Gemass der Stadtchronik des Burgermeisters Heinrich Fischer hatte der Vorgangerbau des heutigen Hauses die Nummer 147 und wurde 1311 durch die in Warburg und Umgebung beguterten Patrizierfamilie von Geismar erbaut 2 In der Mitte auf dem Frontispice stand eine Statue welche die eine Hand im Munde die andere ad posteria hielt Daher der Name Eulenspiegel Rings um dem Dache herum standen andere Figuren 3 Ob das Haus bereits damals den Namen Eulenspiegel gehabt hat ist fraglich denn die literarische Figur erschien erst im 16 Jahrhundert Die Erwahnung von Figuren auf dem Dach verweist ebenfalls eher in die Renaissancezeit An anderer Stelle heisst es bei Fischer uber der Eingangstur vor der Wendeltreppe liest man Anno Domini 1343 feria tertia post vigiliam pentecostes Bertoldus de Geismar me fieri curavit Uber dem grossen Eingangstore stand 1560 renovatum rechts befand sich das von Geismar sche links das von Schlicker sche Wappen 4 1560 wurde also das grosse immer noch in Familienbesitz befindliche Haus renoviert Wahrscheinlich wurde dabei die Fassade im Stil der Renaissance mit der erwahnten Wendeltreppe und den Figuren auf dem Dach ausgestattet Im 17 Jahrhundert verliess die Familie von Geismar Warburg 1796 liess der damaligen Warburger Kommissionsrat Anton Josef Alexander Rosenmeyer ein Sohn Balthasar Rosenmeyers das Gebaude aufmessen Die Grundflache betrug 74 Fuss 10 Zoll mal 45 Fuss 2 5 Zoll also ca 22 86 m 13 77 m und entsprach damit dem Lageplan des spater erstellten Urkatasters von 1831 In Auswirkung der Sakularisationsbeschlusse von 1803 wurde das Grundstuck herrenloses Gut 5 und fiel an das Konigreich Preussen 1803 1860 Konigreich Preussen Bearbeiten nbsp Das Mobelmagazin Wittgenstein um 1900 nbsp Louis amp Lina Wittgenstein nbsp Die neun Kinder Wittgenstein Nachdem die beabsichtigten Beschlusse der Reichsdeputation bekannt geworden waren besetzten preussische Truppen unter Fuhrung von Major von Charriot bereits am 3 August 1802 die Stadt Warburg 1803 ubernahm Major Joachim August Leopold von Kleist 1756 1811 ein Vetter zweiten Grades des Schriftstellers Heinrich von Kleist aus dem Schmenziner Seitenzweig und Befehlshaber des neugebildeten Dragoner Regiments von Wobeser Nr 13 das Kommando Er galt als geschickter und tuchtiger Reiter 6 und plante das Grundstuck des Eulenspiegel als Reitbahn fur sich und seine Soldaten zu nutzen Hierzu beauftragte er den ihm allmahlich auch freundschaftlich verbundenen Anton Rosenmeyer mit den erforderlichen Arbeiten Die Baukosten sollten durch die Ubertragung des ebenfalls dem Fiskus gehorenden ehemaligen Hardehausener Monchehof an Rosenmeyer beglichen werden Der Bau zog sich allerdings in die Lange und musste mehrfach durch von Kleist der mit seinen Dragonern inzwischen zu anderen westfalischen Orten abkommandiert wurde angemahnt werden 7 Die Fertigstellung erlebte von Kleist nicht mehr da er im Oktober 1806 bei einem Einsatz wahrend der Schlacht von Jena und Auerstedt verwundet wurde und danach nicht mehr nach Warburg kam Ob die Reitbahn jemals fertig wurde wissen wir nicht Der Monchehof nebst Scheune ging jedenfalls in Eigentum der Familie Rosenmeyer uber 1857 brannte das Haus zusammen mit 16 weiteren Wohnhausern ab 8 1860 1919 Mobelmagazin Wittgenstein Bearbeiten Da das Haus wie die Nachbarhauser bei der Westfalischen Provinzial Feuersozietat versichert war konnte es schnell in der heute noch weitgehend vorhandenen Form wieder aufgebaut werden Danach befand sich in dem Hause das Mobelmagazin und die Wohnung von Louis Wittgenstein 1834 1919 und seiner Familie Er war das dritte Kind von Abraham Wittgenstein und gehorte daher moglicherweise zu der beruhmten Familie Wittgenstein die im 19 Jahrhundert einen beispiellosen sozialen Aufstieg in Wien erlebt hatte Um 1860 heiratete Louis Lina Berg 1837 1909 zweite Tochter des Textilkaufmanns Salomon Berg aus der Warburger Josef Kohlschein Strasse 28 Das Paar bekam 9 Kinder Julia Julchen 1862 1943 Selma 1865 1946 Dorina 1866 1939 Sophie 1869 1946 Emma 1876 1933 Rosa Rosalie 1867 1949 Iwan ca 1868 Harry 1870 und Alfred ca 1872 Wahrend Julia bei den Eltern in Warburg blieb verliessen die anderen Geschwister die Stadt Selma zog nach Rotterdam Dorina und Sophie nach Den Haag Emma nach Aachen Iwan nach Berlin spater Gollnow und schliesslich nach Lyon und Alfred ging ebenfalls nach Frankreich Uber das Schicksal Harrys ist nichts bekannt Besonderen Erfolg hatte Rosa Sie wurde Schneiderin bei ihrem Onkel Sally Berg in Amsterdam heiratete Josef Cohen begrundete mit ihrem Mann ab 1888 die international erfolgreiche Modekette Maison de Bonneterie und wurde schon 1901 Hoflieferantin des niederlandischen Konigshauses 1909 starb Lina 1919 folgte Louis und wurde neben seiner Frau auf dem judischen Friedhof bestattet ihr Grabmal besteht dort noch heute Das Haus Marktstrasse 13 erbte die inzwischen 57 jahrige Julia und verkaufte es noch im gleichen Jahr an die Warburger Familie Fischer wobei im Kaufvertrag zwischen den Familien fur sie ein Wohnrecht auf Lebenszeit vereinbart wurde 9 1937 wurde ihre inzwischen verwitwete jungere Schwester Rosa zum Ritter im Orden von Oranien Nassau ernannt Da Julia sich nach Verkundung der Nurnberger Gesetze in Warburg nicht mehr sicher fuhlte zog sie am 8 Juli 1938 unter Aufgabe ihres Wohnrechtes ebenfalls nach Amsterdam Nach dem Uberfall auf die Niederlande wurde der Cohen Familie und damit auch Rosa Cohen Wittgenstein im Januar 1942 ein freies Geleit nach Portugal zugesichert wenn sie ihr Amsterdamer Eigentum einschliesslich ihrer Gemaldesammlung aufgaben Rosa emigrierte mit ihrer Familie in die USA Julia wurde jedoch deportiert und am 9 April 1943 mit 81 Jahren im Sobibor ermordet 1944 verloren zudem mindestens vier Enkel der Louis Wittgenstein Familie ihr Leben in Auschwitz Rosa kehrte nach Amsterdam zuruck und verstarb dort 1949 mit 81 Jahren 1919 2017 Cafe Eulenspiegel Bearbeiten nbsp Cafe Eulenspiegel Innenraum um 2000 Die Familie Fischer liess nach dem Erwerb des Hauses den Bereich des ehemaligen Mobelgeschaft zu einem Cafe umbauen das 1920 unter dem Namen Cafe Eulenspiegel offnete und durch den Konditormeister Heinrich Fischer betrieben wurde Dieser war ein Sohn des Landwirtes Karl Fischer und stammte aus dem sogenannten Kalten Hof in Warburg Paderborner Tor 123 Nahe Schutzenplatz 10 Das Cafe entwickelte sich uber drei Generationen zu einem der fuhrenden Kaffeehauser der Stadt und warb unter anderem damit dass dort auch Nederlands gesproken wurde In den 1950er Jahren wurde die zehn Stufen hohe zweilaufige Freitreppe vor der Wohnhaustur entfernt und der Aufgang nach innen in den Flur gelegt In den 1970er Jahren erfolgten zeittypische Modernisierungsmassnahmen Dabei wurde u a die rechts von der Wohnhaustur gelegene Backstube mit den zugehorigen Fenstern auf das niedrigere Niveau des Gastraumes heruntergesetzt der zugehorige Teil des Gebaudesockels entfernt und Fassadenverkleidungen im Cafebereich angebracht Anfang 2017 wurde das Cafe vom letzten Betreiber Heinrich Wilhelm Fischer jun und seiner Frau Gundula geborene Konerding geschlossen Die in einem schlichten Stil der 1920er Jahre mit leichten Anklangen an die Rokokozeit gehaltene Inneneinrichtung ist noch erhalten Literatur BearbeitenVivian Colland Mariette Koster Herz Maison de Bonneterie Een Terugblik Amsterdam 2016 online abgerufen am 14 Dezember 2021 Friedrich Josef Liborius Heidenreich Geschichte der Familie von Geismar In Die Stadt Warburg 1036 1986 Bd 1 Herman Hermes Verlag Warburg 1986 ISBN 3 922032 06 0 Hermann Hermes Deportationsziel Riga Schicksale Warburger Juden Hermes Verlag Warburg 1982 ISBN 3 922032 03 6 Peter Kohlschein Warburger Bauern Familien und Hofe hrsg vom Heimat und Verkehrsverein Warburg e V Warburg 2011 Sigurd von Kleist Geschichte des Geschlechts von Kleist Dritter Teil Biographien bis 1880 auf Grundlage des Textes von H Kypke 1885 und von Erganzungen von Hans Watjen 1979 Hamm 2021 ISBN 3 741153 01 X online Franz Murmann Die geschichtliche Entwicklung der Stadt Warburg von der ersten preussischen Inbesitznahme im Jahre 1802 bis zur Konstituierung der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949 In Die Stadt Warburg 1036 1986 Bd 1 Herman Hermes Verlag Warburg 1986 ISBN 3 922032 06 0 Walter Strumper Die Chroniken der Stadt Warburg von Heinrich Fischer Fritz Quick Wilhelm Marre Eigenverlag Walter Strumper Warburg 2002 ISBN 3 932121 07 4 Westfalen Blatt Das Leben der Mode gewidmet Warburg 4 Dezember 2021Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Marktstrasse 13 in Warburg Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Max von Spiessen Adolf Matthias Hildebrandt Wappenbuch des Westfalischen Adels Band 2 Tafel 139 2 1901 1903 Strumper S 57 Strumper S 57 WZ 23 173 zit nach Heidenreich 1986 S 175 Murmann S 306 v Kleist 2021 S 58 Murmann 1986 S 306 ff Strumper S 111 Hermes 1982 S 85 Kohlschein S 29 51 488204 9 147607 Koordinaten 51 29 17 5 N 9 8 51 4 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marktstrasse 13 Warburg amp oldid 244865022