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Das Mineralolwerk Lutzkendorf in Krumpa im Geiseltal im heutigen Sachsen Anhalt war vom 12 Mai 1944 bis 8 9 April 1945 Ziel massiver Luftangriffe der Westalliierten bis es total zerstort war Die Angriffe waren Teil der Alliierten Luftoffensive auf die deutsche Treibstoffindustrie In 14 Angriffen warfen 1 715 schwere Bombenflugzeuge der 8th Air Force und des Bomber Command der britischen Royal Air Force uber dem Werk und seiner Umgebung etwa 23 800 Bomben 5 400 Tonnen ab Funf Tage vor der Besetzung durch US Truppen wurde die Vernichtung auch unter Einsatz bunkerbrechender Minenbomben Tallboys vollendet Schwer getroffen wurden auch die Ortschaften und Siedlungen im Geiseltal und seiner Umgebung Inhaltsverzeichnis 1 Das Werk 2 Die einzelnen Luftangriffe 2 1 Die Angriffe der USAAF 2 2 Die Angriffe der RAF 2 3 Abschliessende Betrachtung 3 Literatur 4 Einzelnachweise 5 WeblinksDas Werk Bearbeiten Hauptartikel Mineralolwerk Lutzkendorf Das Mineralolwerk Lutzkendorf entstand im Zuge der nationalsozialistischen Autarkiebestrebungen Es wurde zwischen 1936 und 1939 von der Wintershall AG erbaut und produzierte synthetische sowie konventionelle Kraftstoffe aus Braunkohle und Erdol Im April 1944 arbeiteten in dem Unternehmen rund 5000 Menschen darunter 1000 Montagearbeiter anderer Firmen und zahlreiche Fremdarbeiter aus verschiedenen Landern 1 Das Werk wurde wie die gesamte mitteldeutsche Chemie Region von der starken Konzentration schwerer Flak Batterien des Mitteldeutschen Flakgurtels verteidigt Die einzelnen Luftangriffe BearbeitenDiese Zusammenstellung orientiert sich vorwiegend an Matthias Koch 2 und an der Arbeit von Heinz Rehmann Bomben auf die Chemieregion Die Angaben aus beiden Publikationen zur Zahl der Angriffe bei Rehmann nicht alle angefuhrt der Anzahl der beteiligten Flugzeuge und zur bei Einzelangriffen abgeworfenen Bombentonnage decken sich nicht immer Gesamttonnage aber gleich Sowohl die 8th Air Force als auch die beteiligten RAF Verbande waren in Sudengland stationiert Die elf US amerikanischen Luftangriffe wurden zur Tageszeit und alle drei folgenden britischen Angriffe nachts ausgefuhrt Die USAAF setzten ihre viermotorigen Bomber B 17 Flying Fortress und B 24 Liberator ein die RAF ihre viermotorigen Avro Lancaster angefuhrt durch Mosquito Schnellbomber Der Begleitschutz erfolgte durch zahlreiche Langstrecken Jagdflugzeuge die sich auch als Tiefflieger betatigten Es wurden Sprengbomben aller Kaliber bis hin zu den britischen bunkerbrechenden Tallboys eingesetzt Die Flughohe der Maschinen lag bei etwa 3 500 bis 7 000 Meter Die Angriffe der USAAF Bearbeiten nbsp Amerikanische B 17 Flying Fortress nbsp Britischer Avro Lancaster Bomber nbsp Britische bunkerbrechende Tallboy Bombe nbsp Bombendenkmal in Krumpa Spitze eines Tallboy nbsp 8 8 cm Flak in Feuerstellung nbsp Reihengrab deutscher und italienischer Flaksoldaten April 1945 Am 12 Mai 1944 begann die mit massiven Luftangriffen gefuhrte angloamerikanische Ol Offensive gegen das Deutsche Reich Bereits am Eroffnungstag war Lutzkendorf dabei 12 Mai 1944 89 B 17 Flying Fortress warfen von 13 57 bis 14 01 Uhr nach guter Sicht und bei Fuhrung durch Pathfinder Maschinen uber dem Werk und seiner Umgebung 2 941 Sprengbomben ab entsprechend 172 Tonnen Zehn Minuten vorher war Vollalarm gegeben worden Die Hauptlast der Bomben landete im westlichen Teil des Werks ein grosser Teil aber auch in der benachbarten Ortschaft Krumpa besonders betroffen war die Siedlung Wintershall Auch die Brikettfabrik Cecilie war in den Angriff einbezogen Die materiellen Schaden 16 Millionen Reichsmark und die Verluste an Menschen waren verheerend 159 Tote davon 81 im Werk und 35 in der Ortschaft Krumpa darunter Frauen und Kinder Uber 100 Verwundete mussten versorgt werden Das Uberraschungsmoment hat nach Einschatzung der Werkleitung eine grosse Rolle gespielt Die Belegschaft floh zum Teil in die Umgebung des Werks Luftschutzstollen und seit 1942 in vorhandene Gebaude eingebaute Schutzraume hatte es bereits gegeben bombensichere Bunker im Werk wurden jetzt unter grossem Aufwand gebaut Hochbunker und sieben Luftschutzbunker Salzgitter Baureihe 134a Dazu kamen zahlreiche Einmannbunker fur Wartungspersonal So hohe Verluste an Menschen wie am 12 Mai hat es bei den folgenden Angriffen nicht mehr gegeben Die Trauerfeier fand am 18 Mai statt unter Beteiligung der umliegenden Ortschaften Die Toten wurden auf einem eilig dafur neu angelegten zweiten Friedhof in Krumpa beigesetzt Heldenfriedhof der heute noch existiert Ein Teil der Grabsteine ist erhalten Der Flak Gurtel um die Chemie Industrie wurde nach der Erfahrung vom 12 Mai 1944 erheblich verstarkt 28 Mai 1944 Pfingstsonntag 64 B 24 Liberator warfen von 15 01 bis 15 04 Uhr auf Sicht 1 620 Sprengbomben 151 Tonnen Ein Grossteil der Bomben traf den ostlich des Werks liegenden Ort Neumark Im Werk wurde auch der grosse Europa Tank Bau 301 getroffen und brannte aus Der materielle Schaden wurde auf 9 Mio RM geschatzt Offiziell gab es nur zwei Tote doch berichteten Zeitzeugen von mehr Opfern in Kammeritz und Neumark Die alliierten Bombenangriffe auf die deutsche chemische Industrie fuhrten am 30 Mai 1944 zum Mineralolsicherungsplan von Edmund Geilenberg Er brachte auch den Einsatz von Zwangsarbeitern in Lutzkendorf mit sich Vom 14 Juli 1944 bis zum 21 Januar 1945 bestand in unmittelbarer Nahe zum Werk ein Aussenlager des KZ Buchenwald mit anfangs 924 Zwangsarbeitern Darunter befanden sich Belgier Deutsche Franzosen Polen und Russen Die Haftlinge waren bei Aufraumarbeiten und bei der Demontage von Anlageteilen fur die Untertage Verlagerung eingesetzt 3 4 7 Juli 1944 104 B 24 und 33 B 17 warfen auf Sicht von 9 23 bis 10 12 Uhr 2 987 Bomben 297 Tonnen 12 Mio RM Schaden Auch in der Muchelner Bergarbeitersiedlung Neubiendorf fielen 63 Bomben zwolf Hauser wurden zerstort oder stark beschadigt 76 mittel bis leicht Die Siedlung in Krumpa war wieder betroffen und auch das Lager fur die KZ Haftlinge 20 Juli 1944 53 B 17 warfen von 11 21 bis 11 25 Uhr 538 Bomben 132 Tonnen auf Sicht unter Pathfinder Fuhrung Uber die Schaden gibt es kaum Dokumente nur indirekt kann man auf Opfer unter polnischen und sowjetischen Gefangenen schliessen 11 September 1944 85 96 B 17 warfen von 11 56 bis 12 11 Uhr 1 042 Bomben 261 Tonnen auf Sicht Pathfinder Schwere Schaden wurden im Sudteil von Mucheln angerichtet Es werden jetzt noch grossere Betonbunker zentral im Werk fur die Massenaufnahme von Menschen gebaut 13 September 1944 69 98 B 17 warfen von 11 16 bis 11 36 Uhr 721 Bomben 194 Tonnen auf Sicht 5 Mio RM Schaden Der Bombenteppich traf besonders den westlichen Teil des Zielgebiets und das davor liegende Krumpa Es gab enorme Schaden an Wohngebauden besonders Siedlungshausern 7 Oktober 1944 88 B 17 warfen 836 Bomben 209 Tonnen von 12 20 bis 12 33 Uhr auf Sicht 25 Oktober 1944 2 B 17 warfen 24 Bomben 6 Tonnen unter Verwendung von H2X Radar 30 November 1944 148 B 17 warfen 2 894 Bomben 362 Tonnen von 12 34 bis 13 29 Uhr auf Sicht 6 Dezember 1944 13 B 17 warfen 200 Bomben 25 Tonnen um 12 16 Uhr unter H2X Fuhrung 9 Februar 1945 199 233 B 17 warfen in einem der bisher schwersten Angriffe 1 966 Bomben 492 Tonnen von 12 57 bis 13 05 Uhr auf Sicht Der Sachschaden wurde von der Wintershall Werksleitung auf 12 Mio RM geschatzt Getroffen wurden auch wieder Wohngebaude in Krumpa und den Muchelner Ortsteilen Mockerling und Neubiendorf Auch die Grube Cecilie und die Deutsche Grube zu den Leuna Werken gehorend wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen Insgesamt warfen die US Luftstreitkrafte somit bei elf Angriffen aus 947 Flugzeugen 15 769 Bomben 2 302 Tonnen auf das Werk und seine industrielle und Wohn Umgebung ab Die Angriffe der RAF Bearbeiten Die Navigation der britischen Bomberverbande erfolgte durch Pathfinder und Target Indicator 14 Marz 1945 235 Avro Lancaster der No 5 Bomber Group gefuhrt von zehn Mosquito Zielmarkierern warfen von 21 33 bis 22 15 Uhr aus einer Hohe von 3 500 bis 5 000 Metern uber dem Werk Lutzkendorf besonders dem Ostteil und seiner Umgebung 2 886 Bomben 1 003 Tonnen ab Darunter befanden sich 206 Minenbomben 4 000 lb HC Bomben Blockbuster und viele Zeitzunder Bomben Das Werk lag nach dem Angriff vorubergehend still Kurz nach den Bombenwurfen registrierte man bisher 21 Gefallene zahlreiche Verwundete und noch viele Verschuttete Auch die Orte in der Umgebung wurden schwer mitgenommen besonders Neumark Benndorf Kammeritz Geiselrohlitz Kulkwitz und Stobnitz Braunkohle Grubenbetriebe waren ebenfalls stark betroffen auch durch Minenbomben Der Grubenbetrieb Ostfeld verzeichnete nach Abwurf von 500 bis 600 Sprengbomben und Minen ein umgegrabenes Grubenfeld In der Werkskolonie gab es 13 Tote bei schweren Gebaudeschaden Auch ein Gemeinschaftslager und ein Gefangenenlager wurden zerstort 18 Lancaster fielen der deutschen Luftabwehr zum Opfer 4 April 1945 258 Lancaster und 14 Mosquitos der No 1 Bomber Group warfen nachts 2 656 Bomben 1 076 Tonnen uber dem Werk und seiner Umgebung ab Darunter waren 228 Stuck 4 000 lb HC Minenbomben Ein grosser Teil der Bomben ging auf Feldern zwischen Krumpa und Schortau nieder Es soll sich um Fehler bei der Zielmarkierung durch vorausfliegende Mosquitos gehandelt haben Der Angriff konnte das Werk nicht ausser Betrieb setzen daher wurde ein weiterer geplant Sechs Lancaster wurden abgeschossen In der Flak Grosskampfbatterie Schortau wurden durch Bomben 26 deutsche und italienische Soldaten getotet Sie wurden auf dem Friedhof Schortau beerdigt Die Grabanlage ist erhalten 8 April 1945 231 Lancaster und 20 Mosquitos der 5 Bomber Group warfen nachts 2 481 Bomben 1 033 Tonnen ab Darunter befanden sich neben 177 Stuck Minenbomben vom Typ 4 000 lb HC Blockbuster auch 17 bunkerbrechende Tallboys Grosse Jungs 12 000 lb DT auch Earthquake Bombs Erdbebenbomben genannt Letztere hatten eine Zeitzundereinstellung auf 30 bis 60 Minuten nach dem Einschlag was katastrophal fur die dann laufenden Bergungsarbeiten war Dieser Angriff brachte das Finale fur das Werk Lutzkendorf Sechs Lancaster gingen verloren Eine davon wurde nach Abwurf ihres Tallboys abgeschossen Nur ein Besatzungsmitglied der Heckschutze konnte sich vor dem Absturz bei Kapellendorf nahe Weimar mit dem Fallschirm retten Die RAF warf somit bei den drei Nachtangriffen aus 768 Flugzeugen 8 022 Bomben 3 112 Tonnen auf das Werk und seine Umgebung Sie verlor dabei durch die deutsche Flak 30 viermotorige Bomber Avro Lancaster also etwa 210 Mann fliegendes Personal das ums Leben kam oder gefangen genommen wurde Abschliessende Betrachtung Bearbeiten United States Army Air Forces und RAF zusammengenommen bei 14 Angriffen und Einsatz von 1 715 Flugzeugen erfolgte der Abwurf von 23 791 Bomben entsprechend 5 414 Tonnen auf das Werk Lutzkendorf und seine industrielle und Wohn Umgebung Nach dem 8 April 1945 bot sich im Werk ein Bild grauenhafter Zerstorung Wintershall Bericht Bis Marz 1945 waren bei den Instandsetzungsarbeiten mit zeitweise 8 000 Einsatzkraften und der Produktionswiederaufnahme trotz der vernichtenden Angriffe immer noch Teilerfolge erzielt worden Insgesamt 200 Tote waren im Werk und seiner Umgebung zu beklagen 5 Addiert man aber die einzelnen Berichte so sind deutlich mehr Opfer anzunehmen auch bei Berucksichtigung der Wucht der Angriffe und der abgeworfenen Bombenlast Literatur BearbeitenRoger A Freeman Mighty Eighth War Diary London New York Sydney 1981 ISBN 0 7106 0038 0 Olaf Groehler Bombenkrieg gegen Deutschland Akademie Verlag Berlin 1990 ISBN 3 05 000612 9 Heinz Rehmann Die Bombenangriffe auf das Mineralolwerk Lutzkendorf der Wintershall AG in Bomben auf die Chemieregion Die anglo amerikanischen Bombenangriffe wahrend des Zweiten Weltkrieges auf Ziele im Raum Merseburg und die deutschen Abwehrmassnahmen Heinz Rehmann Reinhart A O Roesch Forderverein Sachzeugen der chemischen Industrie e V Merseburg Hrsg Buna Sow Leuna Olifinverbund Merseburg 2002 S 27 33 Einzelnachweise Bearbeiten Heinz Rehmann Die Bombenangriffe auf das Mineralolwerk Lutzkendorf der Wintershall AG In Heinz Rehmann Reinhart A O Roesch Bomben auf die Chemieregion Die anglo amerikanischen Bombenangriffe wahrend des Zweiten Weltkrieges auf Ziele im Raum Merseburg und die deutschen Abwehrmassnahmen Verein Sachzeugen der chemischen Industrie SCI e V 2002 S 27 33 Das Geiseltal Angriffsziel Geiseltal 1 Zwangsarbeit Wintershall A G Werk Lutzkendorf Geiseltal abgerufen am 15 April 2021 Bauvorhaben Ofen IX X Muhlental bei Rubeland Harz Deutsche Digitale Bibliothek abgerufen am 15 April 2021 Rehmann S 32 Weblinks BearbeitenMatthias Koch Das Geiseltal Angriffsziel Geiseltal Angriffe 1940 1945 2 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Luftangriffe auf das Mineralolwerk Lutzkendorf amp oldid 236287581