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Das Legisaktionenverfahren lat legis actio von lege agere Vorgehen aus Recht Spruchformelklage stellte im fruhrepublikanischen Recht Roms die erste bekannte zivilprozessuale Verfahrensform dar Der Prozess umfasste ein Handeln im Ritual und nach festen Spruchformeln Inhaltsverzeichnis 1 Verfahrensgeschichte 2 Formen 3 Spatere Entwicklungen 4 Literatur 5 Einzelnachweise 6 WeblinksVerfahrensgeschichte BearbeitenIn seiner ursprunglichen vorrepublikanischen Form wurde das Prozessverfahren als einheitliches ausgetragen und fand unter Leitung eines Magistraten vor Geschworenen statt Spater in der Zeit des Zwolftafelgesetzes wurde es in zwei Verfahrensschritte aufgeteilt und der Begriff der legis actio eingefuhrt 1 Dem Gerichtsmagistraten oblag nunmehr nicht mehr der Prozess in Ganze sondern lediglich das Prozesseroffnungsverfahren in iure Der romische Prozesstyp wurde damit in zwei Verfahrensschritte aufgeteilt Fur das Eroffnungsverfahren formulierte der Magistrat den Prozessgegenstand die iudicii quaestio wobei er aus einem Bestand fertiger Begriffe schopfte 2 In Form eines Abgleichs uberprufte er inwieweit das Vorbringen der Parteien einem der gewunschten Angriffs beziehungsweise Verteidigungsmittel zugeordnet werden konnte Die Richtigkeit der behaupteten Tatsachen hatte in einem sich anschliessenden Verfahrensschritt der Richter iudex er war ein ehrenamtlich tatiger Laie im Prozess apud iudicem zu prufen Diesem oblag nunmehr die Ermittlung des Tatbestandes quaestio facti und die Entscheidung des Rechtsstreits Bestellt wurde der Prozessrichter vom Klager Ob die Verfahrenszweiteilung den Zweck hatte die Magistrate lediglich in ihrem Aufwand zu entlasten oder ob die Herkunft der in iure Prozesse aus dem archaischen Prinzip der privaten Schiedsgerichtsverfahren herzuleiten sind die spater einer staatlichen Kontrolle unterworfen wurden liegt im Dunklen und ist in der modernen Literatur lebhaft umstritten 3 Mit der organisatorischen Verfahrenstrennung nahm jedenfalls auch die Unterscheidung in Rechts und Tatsachenfragen ihren Anfang 4 Als Gerichtsmagistraten fungierten zunachst Konsuln ab 367 v Chr Pratoren Sie uberpruften welche Rechtsquellen fur die geltend gemachten Anspruche einschlagig waren Dafur kamen vornehmlich kodifiziertes Zwolftafelrecht und ungeschriebenes Gewohnheitsrecht in Betracht Rechtsquellen die dem ius civile unterlagen Nach modernem Verstandnis handelte es sich am ehesten um eine Art von Zulassigkeitsprufung denn der Magistrat konnte den Prozess entsprechend der befundenen Voraussetzungen sowohl verweigern actionem denegare als auch gewahren actionem dare Liess er den Prozess zu hatte sich der Beklagte auf ihn einzulassen und daran mitzuwirken Streitfestsetzung litis contestatio Fur das festgelegte Prozessprogramm wahlte der Magistrat sodann die Geschworenen aus und gab seinen Vorsitz bekannt im Rahmen der spateren zweigeteilten Verfahrensformen den des Richters aus der Richterliste Das Anforderungsprofil des Prozessprogramms soll bereits bei den pontifices entwickelt worden sein 3 5 Der ermachtigte Richter hatte strikt nach den vorgegebenen Prozessformeln iudicia stricta zu verhandeln Seine Kompetenz erschopfte sich im Abgleich des geltend gemachten Anspruchs mit der Prozessformel Diese musste sich wiederfinden oder zumindest umschrieben sein Um zu einem Urteil kommen zu konnen durfte er zur Plausibilisierung des klagerischen Vorbringens Beweiserhebungen veranstalten und fur Fragen der Zuordnung Schatzungen aestimationes vornehmen Im letzteren Fall fungierte der Richter als Schiedsrichter arbiter 6 Uberliefert sind als klassische Spruchformelverfahren die Mancipation zur Frage der verbindlichen Regelung von Eigentumsubertragungen und die Stipulation die rechtsverbindliche formliche Erklarungen zum Gegenstand hatte Formen BearbeitenInsgesamt sind funf Formen des Legisaktionenverfahrens bekannt Drei bezogen sich auf das Erkenntnisverfahren zwei auf die Zwangsvollstreckung Die beiden im Folgenden erstgenannten Klagetypen sind bereits alter als die XII Tafeln 3 Die alteste Legisaktion war die vom hochklassischen Juristen Gaius noch als actio generalis bezeichnete legis actio sacramento In ihr war nicht der zu verhandelnde Streitgegenstand selbst abgebildet die Klage ordnete eher kultisch religiose Prozesswetten sacramenta an die im Laufe ihrer Weiterentwicklung dann zunehmend sakularisiert wurden Uber Streitgegenstand und Rechtsfolgen wurde mittelbar mitentschieden was Zuge eines Indizienprozesses in sich trug Allerdings geriet dieser archaische Klagetyp irgendwann ins Abseits da das Prinzip von Inzidentfeststellungen einer sich zunehmend imperialer gestaltenden romischen Wirtschaft kaum mehr gerecht wurde Parallel entwickelte sich die legis actio per iudicis arbitrive postulationem fur Streitigkeiten die sich aus feierlich versprochenen Gelobnissen sponsiones oder Darlehensgeschaften certae pecuniae ergaben Nach Auskunft Gaius war die Klage in den XII Tafeln geregelt Da neue gesetzliche Regelungen diese Entwicklung begleiteten wandelte sich auch die Funktion des Richters der nicht mehr nur iudex sondern auch arbiter war Ihm oblag alsbald die Hoheit neben seiner Richtertatigkeit als Schlichter und Schatzer aufzutreten Von besonderem Belang war diese Doppelfunktion insbesondere bei Teilungsanordnungen die bei der Auseinandersetzung von Eigentumsverhaltnissen erwuchsen In Abweichung zum vorbeschriebenen Klagetyp betraf das Urteil die Rechtsfolgen unmittelbar denn der Beklagte wurde hier zu einer Leistung verurteilt Ahnlichen Typs war die legis actio per condictionem die einen nicht weiter bekannten Anwendungsbereich hatte und durch jungere Gesetze ins Leben gerufen worden sein soll Fur das Vollstreckungsverfahren kamen die legis actio per manus iniectionem und die legis actio per pignoris capionem zum Einsatz Im ersteren Fall fand der Vollstreckungszugriff in iure durch manus iniectio Handanlegen an die Person des Beklagten statt Die Vollstreckungshandlung des Ergreifens des Beklagten beruhte auf vorangegangenem Urteil Einen ursprunglich sehr engen Anwendungsbereich hatte die legis actio per pignoris capionem denn mit ihr wurden Urteile vollstreckt die auf die Leistung des Wehrsolds abzielten Spater erweiterte sich ihr Anwendungsbereich auf alle sakralen oder offentlichen Forderungen gegen Dritte die einer Pfandsicherung bedurften Spatere Entwicklungen BearbeitenIm Laufe des 2 1 Jh v Chr wurde das Legisaktionenverfahren mit seinen festen Spruchformeln zunehmend vom Formularprozess verdrangt und von Augustus 17 v Chr mit wenigen Ausnahmen abgeschafft 7 In der weiteren Entwicklung der romischen Prozessgeschichte wurde dann auch der Formularprozess wieder abgelost denn ab dem 3 Jahrhundert trat sukzessive der Kognitionsprozess in Erscheinung 342 n Chr loste dieser Prozesstyp den Formularprozess dann endgultig ab 8 Literatur BearbeitenJan Dirk Harke Romisches Recht Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57405 4 Grundrisse des Rechts 1 Rnr 2 und 22 Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien 1981 9 Aufl 2001 Bohlau Studien Bucher ISBN 3 205 07171 9 S 368 374 368 Heinrich Honsell Romisches Recht 5 Auflage Springer Zurich 2001 ISBN 3 540 42455 5 S 84 86 85 Max Kaser Karl Hackl Bearb Das romische Zivilprozessrecht 2 vollst uberarb und erw Aufl neu bearb von Karl Hackl 2 Auflage Beck Munchen 1996 ISBN 3 406 40490 1 S 712 Max Kaser Rolf Knutel Bearb Romisches Privatrecht ein Studienbuch Fortgef von Rolf Knutel 19 Auflage Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57623 2 S 464 Einzelnachweise Bearbeiten Marie Theres Fogen Die Enteignung der Wahrsager Studien zum kaiserlichen Wissensmonopol in der Spatantike Suhrkamp Frankfurt am Main 1993 ISBN 3 518 58155 4 S 127 f Folker Siegert Charakteristika des romischen Rechts Aus dem Buch Band I Einleitung Arbeitsmittel und Voraussetzungen hrsg von Folker Siegert Berlin Boston De Gruyter 2023 S 56 a b c Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien 1981 9 Aufl 2001 Bohlau Studien Bucher ISBN 3 205 07171 9 S 368 374 368 Jan Dirk Harke Romisches Recht Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57405 4 Grundrisse des Rechts 1 Rnr 2 und 22 Gaius Institutiones 4 11 29 Heinrich Honsell Romisches Recht 5 Auflage Springer Zurich 2001 ISBN 3 540 42455 5 S 84 86 85 Max Kaser Karl Hackl Bearb Das romische Zivilprozessrecht 2 vollst uberarb und erw Aufl neu bearb von Karl Hackl 2 Auflage Beck Munchen 1996 ISBN 3 406 40490 1 Jan Dirk Harke Romisches Recht Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57405 4 Grundrisse des Rechts 1 Rnr 22 Herbert Hausmaninger Walter Selb Romisches Privatrecht Bohlau Wien 1981 9 Aufl 2001 Bohlau Studien Bucher ISBN 3 205 07171 9 S 386 388 Weblinks Bearbeiteneingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Legisaktionenverfahren 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