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Eine Konzertina auch Concertina ist ein gleichtoniges oder wechseltoniges Handzuginstrument mit vier sechs oder achteckigem Gehause Im Gegensatz zum Akkordeon hat eine Konzertina keine fest verbauten Akkorde sondern durchgangig Einzeltone Lachenal English Concertina ca 1896 Inhaltsverzeichnis 1 Englische Konzertina 2 Aufbau 3 Stimmung 3 1 Schulen 3 2 Heute 4 Deutsche Konzertina 5 Anglo Concertina 6 Weitere Konzertinatypen 7 Verwendung im sudlichen Afrika 8 Literatur 9 Quellenangaben 10 WeblinksEnglische Konzertina BearbeitenIm Jahr 1844 patentierte Charles Wheatstone 1 seine gleichtonige Englische Konzertina nachdem ihm bereits am 19 Juni 1829 ein Patent fur den Vorlaufer der Konzertina das Symphonium erteilt worden war Die Englische Konzertina zeichnete sich durch eine durchgangige auf der linken und rechten Seite verteilte chromatische Tonfolge aus Aufgrund der Tastenverteilung eignete sie sich vor allem als Melodieinstrument meist mit Klavierbegleitung Die chromatische Tastenanordnung und die Anordnung der Stimmplatten waren die eigentliche Neuerung Charles Wheatstone war besonders an wissenschaftlicher Literatur in franzosischer Sprache interessiert somit waren ihm die damaligen wissenschaftlichen Veroffentlichungen uber Studien mit durchschlagenden Zungen bekannt oder zuganglich Im Londoner Musikgeschaft seines Onkels wurden alle Arten von Musikinstrumenten angeboten auch aus deutscher franzosischer und osterreichischer Produktion Wahrend seiner Lehre bei seinem Onkel hatte er die Moglichkeit moderne Durchschlagzungeninstrumente zu erforschen Er brach aber seine Lehre vorzeitig ab da ihm nach Aussage seines Onkels die notige handwerkliche Geschicklichkeit fehlte Nach dem fruhen Tod seines Onkels ubernahm er mit seinem Bruder dessen Musikgeschaft wie auch das Geschaft seines Vaters Spater liess sich Charles Wheatstone ein Sheng aus St Petersburg schicken In spateren Jahren verbesserte er auch die Sprachmaschine von Wolfgang von Kempelen Im Gegensatz zum Chemnitzer Carl Friedrich Uhlig oder anderen zeitgenossischen Instrumentbauern in Wien oder Paris galt Wheatstones Interesse der Konzertina in erster Linie deshalb weil sie die technische Moglichkeit zum Studium akustischer Phanomene bot Er hatte kurz vorher eine Schrift veroffentlicht die sich mit musiktheoretischen Gesetzmassigkeiten beschaftigte Dass seine Ideen letztlich auch vermarktet wurden hatte Charles Wheatstone seinem Bruder zu verdanken Auch die technische Weiterentwicklung hing nicht nur von Charles Wheatstone ab Man holte sich sehr fruh die notigen Fachkrafte fur die Produktion So wurden der Schweizer Uhrmacher Louis Lachenal und John Crabb eingestellt Lachenal war fur die technische Ausfuhrung und Crabb fur das Design zustandig Charles Wheatstone befasste sich aber wiederkehrend mit Berechnungen und Versuchen die direkt in Zusammenhang mit der Konzertina standen So suchte er nach Legierungen fur Stimmzungen die bessere Ergebnisse versprachen Er wollte Stimmzungen welche die Tonhohe exakt beibehielten Beim Symphonium waren die Stimmzungen zuerst aus Silber und spater aus Gold fur die Englische Konzertina kam letztlich doch der gebrauchliche Stahl zum Einsatz Die Englische Konzertina war in erster Linie ein Instrument fur das gehobene Publikum Dennoch erlebte sie sehr fruh einen Boom in England Bereits im Jahr 1850 existierten 100 Fabrikationsstatten fur die Englische Konzertina Die gefertigten Konzertinas wurden zum Teil luxurios ausgestattet und beispielsweise mit Gold oder Silberknopfen verziert Einer der fuhrenden Virtuosen des Wheatstoneschen Typus der Concertina war Giulio Regondi der ebenfalls der fuhrende Gitarrist seiner Zeit war Regondi konzertierte auf der Konzertina im Rahmen seiner Konzertreise 1840 41 in Wien Vermutlich hat er dort mit Johann Dubez auch Dubetz Kontakt aufgenommen der ebenfalls auf der Wheatstoneschen Konzertina konzertierte Regondi und auch die zeitgenossischen Quellen zu Johann Dubez sprechen meist vom Melophon das zwar synonym mit dem Begriff der Konzertina verwendet wurde jedoch ein Instrument anderer Bauart ist Dubez Konzertreisen u a auf den Balkan und nach Konstantinopel und sein Wirken in Wien verschafften der Konzertina bis Ende der 1880er Jahre Aufmerksamkeit ausserhalb Englands In der englischen Folkszene zahlt heute Rob Harbron zu den Meistern der englischen Konzertina Aufbau BearbeitenEine besonders ausfuhrliche Beschreibung verdanken wir einem Buch das Hector Berlioz im Jahr 1839 verfasste Grande Traite d instrumentation et d orchestration modernes 1844 deutsche Ubersetzung Peters 1905 Dieses Handbuch wurde von Erich Doflein ins Deutsche ubertragen und spater noch von Richard Strauss uberarbeitet Er schreibt Dies ist ein kleines Instrument mit Metallplattchen welche durch den Luftstrom in Schwingungen versetzt werden Aus dem Accordion welches einige Jahre als musikalisches Spielzeug diente entstand die Concertina Die Concertina ist eine Art elastisches kleines Kastchen welches man horizontal zwischen beide Hande halt man spielt sie vermittels Knopfchen die man mit den Fingerspitzen druckt und welche eine Klappe offnen die durch einen Blasbalg der zwischen den beiden Seitenwanden des Kastchens befindet zugefuhrte Luftsaule auf Blattchen oder Zungelchen aus Metall streichen lassen es gibt eine Bass Alt und Sopran Concertina Die Sopran Concertina ist fast die Einzige welche in gebrauch ist In ihren beiden chromatischen Tonleitern links und rechts bemerkt man dass der Verfertiger in den ersten drei Oktaven enharmonische Intervalle zwischen As und dem Gis und zwischen dem Es und dem Dis aufgestellt hat indem er dem As und dem Es einen etwas hoheren Klang als dem Gis und dem Dis zuteilwerden lasst gemass der Lehre der Akustiker Charles Wheatstone verfasste ja dazu eine Schrift welche ja so ganz der musikalischen Praxis widerspricht Das ist eine sonderliche Anomalie Es ist klar dass da die Concertina ein Instrument mit festbestimmten Tonen wie das Pianoforte die Orgel ist Sie auch gleich diesen nach dem Temperaturgesetz gestimmt sein sollte In Ihrem gegenwartigen Zustande erlauben es ihr die enharmonischen Tone aber nicht zusammen mit den eben erwahnten Instrumenten zu spielen ohne Dissonanzen hervorzubringen denn auf den Instrumenten mit temperierter Stimmung sind As und Gis sowohl Es und Dis identisch auf der Concertina dagegen nicht Hector Berlioz weitet dies Thema nun ausfuhrlich aus Uber 3 Seiten kann man daruber im Original nachlesen Nach dieser langen Abschweifung kehre ich jetzt wieder zur englischen Concertina zuruck deren barbarische Tonleiter in Beispiel 5 zu sehen ist Die Concertina wird ungeachtet der in diesem Beispiel aufgestellten Anordnung auf einer einzelnen Linie und im Violinenschlussel geschrieben Der Triller ist auf allen Stufen der Tonleiter ausfuhrbar immerhin schwieriger indes in der Tiefe Der Doppeltriller in Terzen ist leicht Diese Instrument gestattet die Ausfuhrung diatonischer chromatischer oder arpeggierter Stellen von ziemlicher Geschwindigkeit Es ist moglich der Hauptstimme wenn auch nicht mehrere andere komplizierte Stimmen wie beim Pianoforte und bei der Orgel so doch wenigstens eine zweite Stimme welche ungefahr parallel mit der Melodie geht und Accorde zu vier bis sechs und noch mehr Tonen hinzuzufugen Die deutsche in England gleichfalls sehr verbreitete Concertina ist nicht nach dem System der vorigen gebaut Ihre Tonleiter welche noch weiter in die Tiefe bis zu C und B hinabreicht enthalt keine einharmonischen Intervalle sie ist also nach dem Temperaturgesetz gebaut Der Umfang der Concertina richtet sich nach der Anzahl der Klappen Knopfe oder Tasten welche man ihm gibt und diese Zahl wechselt nach Laune des Verfertigers Stimmung BearbeitenWie aus den obigen Text hervorgeht war die Stimmung ursprunglich mitteltonig Heute sind die meisten Concertinas auf gleichstufige Stimmung umgestellt Die Tonhohe des Referenztones sind oft nicht die heute ublichen 440 Hz Die Concertinas welche die Heilsarmee verwendete waren meist um einiges hoher gestimmt English system Concertinas waren mit reinen Quinten und Terzen gestimmt Bei gleichstufiger Stimmung sind manche Tone dann doppelt vorhanden Dis Es und Gis As Aber die traditionelle mitteltonige Stimmung war mit reinen Quinten und Terzen dies fuhrte dazu dass diese Tone sich geringfugig in der Tonhohe unterschieden Bei den Tonen Dis und Es akkumulieren sich die Unterschiede auf 21 5 Cent siehe Syntonisches Komma Tonvorrat D G C F Dis Gis Cis Fis H E A B Es As Wesentlich ist dass nicht alle Akkorde bei dieser Stimmpraxis gleich gut klingen Rein klingende Akkorde F Dur C Dur G Dur A Dur E Dur As Dur Es Dur Fis Moll Cis Moll Gis Moll A Moll E Moll F Moll C Moll G MollUnrein klingende Akkorde B Dur D Dur H Dur Dis Dur Gis Dur Cis Dur Fis Dur D Moll H Moll Dis Moll As Moll Es Moll B MollSchulen Bearbeiten Die erste Schule fur Concertina entstand um 1845 Joseph Warren Complete Instructions for the Concertina London 3 Auflage 1855 9 Auflage 1905 1848 schrieb Alfred B Sedgwick eine Schule Complete System for the Concertina Levesque Edmeades and Co London 1852 E Chesney seine New Instructions for the Concertina E Chesney London ebenfalls 1852 brachte J Haskins sein Tegg s Concertina Pre Ceptor in London heraus 1877 erschien eine Methode zum Lernen ohne Lehrer Ch Roylance How to learn the English Concertina Without a Master London 1848 lernte Frederic Chopin das Instrument auf einer Reise nach Schottland kennen Er empfand den Klang und die Art zu spielen nicht besonders positiv Es scheint so als ob jedes dieser Geschopfe schottische Ladys welche die Concertina spielten losgeschraubt ware Welch seltsames Los Gott behute sie Heute Bearbeiten Concertinas wurden sehr lange von den Firmen Lachenal und Wheatstone in traditioneller Weise gefertigt Sehr viele historische Instrumente sind nach wie vor gut erhalten und werden zu relativ hohen Preisen gehandelt Anders als die billigeren Akkordeonarten im restlichen Europa sind die Instrumente gut dokumentiert Meist ist auch eine Notiz uber das exakte Produktionsdatum in den online verfugbaren originalen Produktionsaufzeichnungen vorhanden Es gibt einige Museen die sich speziell mit der Concertina beschaftigen Kaum ein Instrument ist derart gut belegt und verfolgbar Heute gibt es immer noch einige traditionelle Concertinabauer zum Beispiel in England Colin Dipper Deutschland Jurgen Suttner und in den USA Wim Wakker Auch in den USA werden heute Concertinas nachgebaut meist aber mit Standard Akkordeonstimmplatten aus Italien Auch billige Nachbauten aus China und Italien sind im Handel Da aber die Konstruktion wesentlich von der traditionellen Ausfuhrung abweicht sind sie klanglich kaum vergleichbar Es werden heute Stimmstocke eingebaut ahnlich wie beim Akkordeon Deutsche Konzertina BearbeitenDer Chemnitzer Klarinettist und Instrumentenbauer Carl Friedrich Uhlig 1789 1874 machte auf einer Reise nach Wien mit einem Akkordeon aus der Fabrikation Cyrill Demians Bekanntschaft veranderte es hielt aber an der diatonischen und wechseltonigen Tastenbelegung fest Bereits Demian hatte vorweggenommen dass sein Instrument auch aus zwei spiegelgleichen Kasten bestehen kann was zur Verdoppelung der Tone fuhrt ob derartige Instrumente damals in Wien auch verkauft wurden ist nicht klar 1834 konstruierte Carl Friedrich Uhlig praktisch ohne von der englischen Konzertina zu wissen da diese auch noch nicht produziert wurde eine kleine wechseltonige Konzertina die schliesslich 1924 auf bis 64 Tasten 128 Tonen erweitert wurde Er hatte mit diesem Instrument gute Geschaftserfolge 1854 stellte er auf der Industrieausstellung in Munchen aus und bekam eine Ehrenmunze Auf beiden Seiten befinden sich nur einzelne Tone und keine Akkord oder Bassmechanik wie sie das Akkordeon bietet Diese Instrumente sind ahnlich gross wie das Bandoneon und haben in der Regel ein quadratisches Gehause Zusatzlich zu dieser Chemnitzer Konzertina gibt es die Carlsfelder Konzertina welche sich hauptsachlich in der Anordnung der Tone unterscheidet Das ursprungliche eher kleine Instrument mit rechteckigem Gehause spater mit sechseckigem Gehause die Deutsche Konzertina hat parallel auch uberlebt und findet heute ebenso wie die Englische Konzertina rege Verbreitung besonders in der Folk Szene der Britischen Inseln Wie das Bandoneon oder die steirische Harmonika ist auch sie wechseltonig d h es erklingt auf einem Knopf auf Zug ein anderer Ton als auf Druck Anglo Concertina BearbeitenDie Deutsch Englische Konzertina engl German Anglo concertina oder auch nur anglo wurde 1850 von George Jones entwickelt Er verband die Deutsche mit der Englischen Konzertina zu einer Deutsch Englischen Konzertina und ubernahm die pragnante sechseckige Form der Englischen Konzertina Zusatzlich erweiterte er das Instrument um eine Reihe weiterer Knopfe auf welchen hauptsachlich weitere Halbtone aber auch Grundtone liegen welche das Spiel erleichtern Dies ermoglichte im Gegensatz zur Deutschen Konzertina ein chromatisches Spielen in allen Tonarten wenn auch durch die Wechseltonigkeit dem Greifen von Akkorden gewisse Grenzen gesetzt sind da manche Tone nur auf Zug und manche nur auf Druck vorhanden sind sind nicht alle Tonkombinationen spielbar wie z B auf Akkordeons mit Piano Tastatur Weitere Konzertinatypen BearbeitenEine weitere bekannte Weiterentwicklung der Deutschen Konzertina ist das Bandoneon 2 das sich vor allem im sudamerikanischen Raum weit verbreitet hat und in Europa in den 1950er Jahren ein Revival mit dem Popularwerden der Tango Musik erlebte deren popularster Vertreter wohl Astor Piazzolla war und ist In England wurden weiters Duett Konzertinas entwickelt Diese haben wie die Uhlig sche Konzertina eine Melodie und eine Bassseite sind jedoch gleichtonig Eine besondere Stellung nimmt darunter die Hayden Duett Konzertina ein Durch ihre verschobene 6 plus 6 Tastatur hat sie fur alle Tonarten die gleiche Griffweise soweit der Umfang der Knopfe es zulasst Alle hier erwahnten Konzertinatypen wurden in Hunderten von Varianten gebaut da gegen Ende des 19 Jahrhunderts der Instrumentenbau insgesamt noch nicht so standardisiert und noch wesentlich experimenteller war als in der heutigen Zeit Verwendung im sudlichen Afrika BearbeitenDie Konzertina ist das vorherrschende Soloinstrument in der Boeremusiek die in Sudafrika und Namibia von Buren gepflegt wird Allein im Jahr 1902 wurden 97 315 Concertinas aus Deutschland in die Region eingefuhrt 3 Auch die Famo Musik die ihre Wurzeln in den Townships der Schwarzen hat nutzte ursprunglich die Konzertina als Soloinstrument Literatur BearbeitenAllan W Atlas The Wheatstone English Concertina in Victorian England Clarendon Press Oxford 1996 ISBN 0 19 816580 3 Volker Backer Konzertina Schule Alles uber Spielweise und Handhabung Voggenreiter Verlag Bonn 1995 ISBN 3 8024 0215 4 Ingeborg Degelmann Die Konzertina Harmonie zwischen Perlmutt und Perloid Oberfrankischer Schulanzeiger Bd 268 Regierung von Oberfranken Bayreuth 2000 Maria Dunkel Accordion Bandoneon Concertina im Kontext der Harmonikainstrumente Texte zur Geschichte und Gegenwart des Akkordeons Bd 6 Augenmus Musikverlag Bochum 1999 ISBN 3 924272 05 0 Maria Dunkel Accordion Bandoneon Harmonikainstrumente im Spiegel der Patente Europaisches Patentamt Berlin 1998 Maria Dunkel Bandonion und Konzertina Ein Beitrag zur Darstellung des Instrumententyps Berliner musikwissenschaftliche Arbeiten Bd 30 2 Aufl Musikverlag Katzbichler Salzburg 1996 ISBN 3 87397 070 8 Quellenangaben Bearbeiten Charles Wheatstone Patent vom Jahr 1844 PDF 2 2 MB Andreas Fasel Tango Quetsche aus dem Rheinland 28 September 2002 welt de abgerufen am 16 Juli 2019 Dan Michael Worrall The Anglo German Concertina A Social History Volume 2 Dan Michael Worrall Fulshear Texas 2009 ISBN 978 0 9825996 1 7 S 29 Auszuge als DigitalisatWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Concertinas Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien sehr gute Bilder englischer Text exakte Geschichte deutschsprachige Konzertinaseite die Deutsche Konzertina mit Geschichte Anleitung und Musikstucken nur noch Archiviert verfugbar englischsprachige sehr populare Website mit vielen aktuellen Informationen Concertina amp BandoneonNormdaten Sachbegriff GND 4197339 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konzertina amp oldid 236143848