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Konstantin Nikolajewitsch Leontjew russisch Konstanti n Nikola evich Leo ntev wiss Transliteration Konstantin Nikolaevic Leont ev 13 Januarjul 25 Januar 1831greg in Kudinowo Gouvernement Kaluga 12 Novemberjul 24 November 1891greg im Dreifaltigkeitskloster in Sergijew Possad war ein russischer Religionsphilosoph und Schriftsteller Konstantin Leontjew Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Philosophie 3 Einfluss 4 Ubersetzung der Werke ins Deutsche 5 Werke Auswahl 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseLeben BearbeitenLeontjew wurde als siebtes Kind des armen Gutsbesitzers Nikolaj Leontjew auf dem Erbgut Kudinowo im Gouvernement Kaluga geboren 1841 trat er in das Gymnasium in Smolensk ein brach den Schulbesuch aber bald ab und wurde von seiner Mutter nach St Petersburg gebracht wo sie ihn im Herbst 1843 fur das Kadettenkorps anmeldete Wegen einer Krankheit musste er die Militarlaufbahn jedoch aufgeben und ging im Alter von 13 Jahren 1844 nach Kaluga wo er die dritte Klasse des Gymnasiums besuchte Im Fruhjahr 1849 absolvierte Leontjew das Gymnasium und durfte ohne Prufung auf die Universitat Im Herbst wurde er am Demidow Lyzeum in Jaroslawl immatrikuliert doch wechselte er bereits im Winter an die medizinische Fakultat in Moskau Als erstes literarisches Werk sollte 1852 das Schauspiel Heirat aus Liebe erscheinen das nicht fur die Buhne sondern zum Lesen bestimmt war Nach Leontjews eigenen Worten war es sehr lyrisch und gebaut auf eine scharfe Analyse krankhafter Gefuhle Iwan Turgenew an den sich Leontjew mit seinem Erstling gewandt hatte erkannte die kunstlerische Begabung des jungen Studenten und versprach sich fur eine Veroffentlichung einzusetzen Doch weder das Schauspiel noch der im gleichen Zeitraum angefertigte erste Roman Die Bulawinische Werkstatt wurden von der Zensur zur Publikation freigegeben Die Grunde hierfur mogen in dem hochst unmoralischen Inhalt besonders im erotischen Sinne gelegen haben vermutete Leontjew spater Fur den damaligen Krimkrieg wurden Arzte benotigt Die Regierung bot den Studenten die im achten Semester waren die Ernennung zum Arzt und das doppelte Gehalt an wenn sie sich auf den Kriegsschauplatz begaben Leontjew begrusste diese Moglichkeit und meldete sich freiwillig als Militararzt Am 1 August 1854 wurde er zum Assistenzarzt im Kriegslazarett auf der Festung Jenikale ernannt Nach dem Ende des Krieges 1855 verbrachte Leontjew eine relativ unbeschwerte Zeit auf der Krim bis er Ende August 1857 aus dem Militar entlassen wurde und im Fruhjahr 1858 eine Stellung als Hausarzt in der Familie des Barons Dimitrij von Rosen annahm Nach zwei angenehmen Jahren wandte sich Leontjew ganzlich von der Medizin ab und beschloss sich endgultig dem literarischen Schaffen zu widmen und auch davon zu leben Ende 1860 kam Leontjew nach St Petersburg wo er bei seinem Bruder wohnte Die Schriftstellerei brachte ihm jedoch keine sicheren Einnahmen sodass er sich gezwungen sah mit Unterricht und Ubersetzungen von Artikeln aus der deutschen Sprache seinen Unterhalt zu verdienen Zu dieser Zeit hatte Leontjew in den literarischen Kreisen in St Petersburg schon viele Bekannte So lernte er hier die Slawophilen und ihre Lehre naher kennen Von ihnen ubernahm Leontjew die Idee der kulturellen Einzigartigkeit Russlands die ganzlich seinen asthetischen Forderungen nach Mannigfaltigkeit entsprach Im Herbst 1861 brachte Leontjew der kurz zuvor die aus einfachen Verhaltnissen stammende Halbgriechin Julia Politof geheiratet hatte seinen ersten grossen Roman Die Lindenschosslinge heraus Da in ihm keine politische Tendenz war fand dieser jedoch nicht den Beifall seiner Zeit sondern blieb vollstandig unbeachtet Infolge einer schweren seelischen Krise vollzog Leontjew nun den endgultigen Bruch mit seiner liberalen Vergangenheit und bekannte sich vollends zum Konservatismus Nach neunmonatigem Dienst als Kanzleibeamter im Asiatischen Departement des Ministeriums des Ausseren wurde er im Herbst 1863 als Sekretar und Dolmetscher des russischen Konsulates auf der Insel Kreta angestellt Angekommen auf Kreta zeigte sich Leontjew uberaus fasziniert vom orientalischen Leben und der Kultur eine Faszination die sein Leben lang anhalten sollte Er unternahm viele Reisen doch nachdem seine Frau 1868 von einer Geisteskrankheit befallen wurde litt Leontjew unter schweren Depressionen da er sich wohl die Schuld an der Krankheit seiner Frau gab Sie selbst uberlebte ihn um mehrere Jahre und verstarb wahrend der Tage der russischen Revolution ohne dass ihr geistiger Zustand sich gebessert hatte 1871 besuchte Leontjew die Athoskloster von denen er sich tief beeindruckt zeigte Die Bitte um die geheime Monchsweihe wurde ihm durch den geistlichen Fuhrer abgelehnt Nach der Entlassung aus dem Dienst 1873 widmete sich Leontjew intensiv dem Problem Byzantinismus und Slawentum das 1875 als Aufsatz veroffentlicht die Grundsatze seiner Weltanschauung darlegt und als sein Hauptwerk zu betrachten ist Auch dieses Werk blieb wie die 1876 in drei Banden von dem Verleger Michael Katkof herausgegebenen Orientalischen Novellen ganzlich unbemerkt Die bedrangten finanziellen Verhaltnisse notigten Leontjew von 1880 bis 1887 der Tatigkeit des Zensors nachzugehen In dieser Zeit gelangte die religios asthetische Weltanschauung Leontjews zu immer grosserer Entwicklung Es gelangten neben einer Sammlung historisch politischer Aufsatze in zwei Banden unter dem allgemeinen Titel Orient Russland und das Slawentum auch die beiden Aufsatze Von der Gottesfurcht und der Liebe zur Menschheit und Von allgemeiner Liebe der anlasslich der beruhmten Rede Dostojewskis bei der Einweihung des Puschkin Denkmals in Moskau entstand zur Veroffentlichung Erstmals erntete Leontjew offentliche Reaktion auf seine Arbeit deren Kernfrage Was ist Christentum den Nerv der Zeit traf Der Aufsatz Von allgemeiner Liebe gibt Leontjews Grundansicht uber das Christentum wieder stutzt seine historisch philosophischen Gedanken von der Seite des Religiosen her und ist Ausdruck der immer starker werdenden Beschaftigung Leontjews mit dem Christentum So besuchte er mit Unterbrechungen das Einsiedler Kloster Optina Pustyn und machte dort Bekanntschaft mit Starez Amwrosij und spater mit dem Schriftsteller Wladimir Solowjow mit dem ihn eine enge Freundschaft verbinden sollte Bereits im Winter 1878 nach einer fur Leontjew sowohl geistig wie materiell schwierigen Zeit hatten die beiden sich in St Petersburg kennengelernt Solowjow war damals vierundzwanzig Jahre alt wahrend Leontjew gegen die funfzig ging Solowjow war Metaphysiker ausgesprochener Theologe Gnostiker Dichter und ein politisch kluger Schriftsteller der zum Humanismus und Liberalismus neigte Leontjew dagegen Naturalist der die naturwissenschaftliche Schule hinter sich hatte Kunstler Schongeist und Romantiker fern aller Gnostik und ebenso aller politischen Wendigkeit einfach ein Schriftsteller von sehr komplizierter und vertiefter Denkweise Sowohl Solowjow als auch Leontjew beeinflussten sich in der Folgezeit trotz ihrer Unterschiedlichkeit immer wieder gegenseitig in ihren Gedanken Nach seiner Zeit als Zensor kehrte Leontjew ins Kloster Optina zuruck wo er ein halb monchisches und halb gutsherrliches Leben fuhrte In dieser Zeit erhielt er nicht nur ofters Besuch von Solowjow sondern neben Studenten und Auslandern auch von Leo Tolstoi den er zwar fur den Gipfel der realistischen Richtung in der Literatur hielt als Religions und Moralprediger jedoch scharf kritisierte Allein mit seiner geisteskranken Frau und wenigen Dienern vereinsamte Leontjew immer mehr Nachdem er am 23 August 1891 schliesslich doch die geheime Monchsweihe in Optina erhalten hatte ging Leontjew auf Anraten des Starez Amworsij der ihm geistiger Fuhrer und zeitweise auch materieller Unterstutzer gewesen war in das Dreifaltigkeitskloster von Sergijew Possad Hier verbrachte er die letzten Monate seines Lebens bis er schliesslich am Morgen des 12 Novembers 1891 im Alter von 60 Jahren an den Folgen einer Lungenentzundung verstarb Sein Leichnam wurde in einer Monchskutte auf dem Friedhof des Klosters beerdigt Philosophie BearbeitenLeontjew war vor allem in der Jugend ein exzentrischer rucksichtsloser Geniesser dabei aber dennoch nicht unreligios Diese Einstellung verband sich mit einer ausgepragten elitaren Lebensanschauung bedingt durch seine aristokratischen Herkunft Aus diesen Elementen entstand bereits im Ansatz das was man die Asthetik der Unterwerfung nennen darf Die Parallele zu Nietzsche drangt sich auf es ware jedoch ungenau Leontjew als russischen Nietzsche zu verkaufen Hiergegen spricht vor allem die ausgepragte Religiositat Leontjews Leontjew betrachtet dabei die Asthetik als den besten Massstab fur die Geschichte und das Leben So wird aus der Selbstuberwindung der asketischen Leistung im Leben des einzelnen verbunden mit der Hingabe an die christliche Lehre eine asthetische Erscheinung die uber das Einerlei des Alltages hinaushebt Die Vermischung christlichen Gedankengutes mit liberal humanitaren Anschauungen ist insbesondere in der Gestalt eines von Dostojewski wie Leontjew meinte vertretenen Rosenwasser Christentums eine Gefahr fur das russische Volk Es kann dieser Gefahr nur entgehen durch eine Art Neubelebung des Byzantinismus und durch den Glauben an die Fruchtbarkeit des turanischen Zusatzes in unserem russischen Blut zum Teil auch an den Segen der Aneignung herrischen und starken deutschen Blutes Wolle man die Werte und Tradition und damit die Asthetik die sich in Leontjews Denken nur aus der aristokratischen Herrschaft entwickeln kann erhalten so ist es notig dass man Russland einfriere Alexander Zipko wies auf den schrecklichen Gedanken Leontjews hin dass niemand sagen konne wo der Mensch glucklicher sei in einem despotischen Staat oder in einem freiheitlichen 1 Die konservative Haltung Leontjew der nicht nur streng glaubiger Christ sondern auch ein grosser Verfechter der Aristokratie war wurde von der Mehrzahl der russischen Intelligenzija abgelehnt Einfluss BearbeitenLeontjew der wie viele seiner Zeitgenossen nach einer russischen Antwort auf die Aufklarung des Westens suchte wurde von der russischen Intelligenzija noch lange nach seinem Tode mit Nichtbeachtung gestraft Die radikalen und pro aristokratischen Gedanken Leontjews verbunden mit der bedingungslosen Hingabe zu Gott fanden wenig Verstandnis und Echo so dass Leontjew lange Zeit ausserhalb seiner kleinen Anhangerschaft weitgehend unbekannt blieb Erst gegen Ende des 20 Jahrhunderts begann die Slawistik und die Religionswissenschaft den russischen Religionsphilosophen wieder zu entdecken und seine Philosophie als interessanten Konterpunkt in der damaligen politisch philosophischen Stromung zu werten In den Reden Wladimir Putins wurde Leontjew zitiert im Zusammenhang mit dem Aufbau eines Konzepts einer ins Absolute erhobenen Souveranitat oder eines russischen Wegs sowie einem imperialen Verstandnis des russischen Staates 2 Der Philosoph Alexander Zipko kritisierte die vom Putinismus verbreitete verlogene Theorie von der besonderen russischen Zivilisation welche sich vor allem auf Leontjew grunde in welcher die individuelle Freiheit keine grosse Rolle spiele dafur umso mehr Gott Staat und Familie 1 Ubersetzung der Werke ins Deutsche BearbeitenAufgrund der weitgehenden Unbekanntheit von Leontjew ausserhalb Russlands gab es bislang vergleichsweise wenig Ubersetzungen seiner Werke Neben dem 2001 erschienenen Essay Der Durchschnittseuropaer existieren Ubersetzungen von zwei Aufsatzen in der Sammlung Ostliches Christentum Dokumente und Vier Briefe vom Berg Athos in Orient und Okzident beide um 1930 erschienen Werke Auswahl BearbeitenAgyptische Taube 1881 Aufzeichnungen eines Einsiedlers 1887 Autobiographie 1935 Byzantismus und Slawentum 1875 Der Durchschnittseuropaer 1913 Der Strom der Zeit 1869 Die Bulawinische Werkstatt 1852 Die Erinnerungen des Odysseus Polichroniades 1873 Die Lindenschosslinge 1861 Heirat aus Liebe 1852 Orientalische Novellen 1876 Orient Russland und das Slawentum 1885 Von allgemeiner Liebe 1882 Von der Gottesfurcht und der Liebe zur Menschheit 1882 Siehe auch BearbeitenPotschwennitschestwoLiteratur BearbeitenKonrad Onasch Konstantin Nikolajewitsch Leontjew In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 4 Bautz Herzberg 1992 ISBN 3 88309 038 7 Sp 1499 1501 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Iwan von Kologriwof Von Hellas zum Monchtum Leben und Denken Konstantin Leontjews 1831 1891 Edition Hagia Sophia Wachtendonk 2020 ISBN 978 3 96321 020 4 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Konstantin Nikolajewitsch Leontjew im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten a b SPIEGEL Ausgabe Nr 23 206 vom 4 Juni 2016 Notizen aus Moskau Was suchen wir in Putins Kopf Bundeszentrale fur politische Bildung 24 Mai 2016Normdaten Person GND 118727613 lobid OGND AKS LCCN n50052093 VIAF 19680377 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Leontjew Konstantin NikolajewitschALTERNATIVNAMEN Leo ntev Konstanti n Nikola evich russisch Leont ev Konstantin Nikolaevic wissenschaftliche Transliteration KURZBESCHREIBUNG russischer Religionsphilosoph und SchriftstellerGEBURTSDATUM 25 Januar 1831GEBURTSORT Kudinowo Gouvernement KalugaSTERBEDATUM 24 November 1891STERBEORT Dreifaltigkeitskloster von Sergijew Possad Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konstantin Nikolajewitsch Leontjew amp oldid 238330914