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Klaus Zieschank 10 Dezember 1951 in Buenos Aires Argentinien Mai 1976 mit spanischem Namen auch Claudio Manfredo Zieschank Gmoser wurde als deutsch argentinischer Student unter der argentinischen Militardiktatur entfuhrt und ermordet Klaus Zieschank Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Entfuhrung Gefangenschaft und Ermordung 2 Rolle der Bundesrepublik 3 Juristische Aufarbeitung 4 Hintergrund 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenZieschank wuchs als Sohn deutscher Einwanderer in Argentinien auf und hatte die deutsche und die argentinische Staatsangehorigkeit Von 1972 bis 1976 lebte er in Munchen und studierte an der Technischen Universitat Bereits wahrend dieser Zeit wirkte er aktiv in der Widerstandsbewegung gegen den chilenischen Diktator Augusto Pinochet mit und engagierte sich stark in Solidaritatsgruppen fur Lateinamerika 1 Im Marz April 1976 wollte er ein vierwochiges Industriepraktikum bei der Firma Buxton in der Provinz Buenos Aires absolvieren und flog deshalb uber Chile nach Argentinien In Chile uberbrachte er der Familie eines in Deutschland lebenden Fluchtlings finanzielle Unterstutzung wodurch wahrscheinlich der argentinische Geheimdienst auf ihn aufmerksam wurde 2 Entfuhrung Gefangenschaft und Ermordung Bearbeiten Zieschank begann sein Praktikum am 22 Marz 1976 2 Zwei Tage spater am 24 Marz putschte das Militar Am 26 Marz wurde der damals 24 Jahrige in Buenos Aires von argentinischen Militars entfuhrt Die Mutter Klaus Zieschanks Annemarie Zieschank Ana Maria Gmoser de Zieschank schilderte dass ihr Sohn am 26 Marz 1976 um 14 00 Uhr mit einem Arbeitskollegen die Firma Buxton verliess Vor der Fabrik warteten vier Autos vom Modell Ford Falcon aus denen Bewaffnete in Zivil stiegen die die beiden in ihre Autos zwangen Eines der Autos war mit einem weissen Dreieck versehen einem Zeichen fur Heereseinheiten in Zivil 2 Die Entfuhrung wurde von mehreren Arbeitern der Firma Buxton beobachtet 3 Anschliessend fuhren sie zum Haus von Zieschanks Mutter durchsuchten die Wohnung und nahmen Papiere und personliche Wertsachen mit Auf die Frage der Mutter was denn gegen ihren Sohn vorliege antworteten die Manner mit Etwas wird es schon sein span Por algo sera Gemass Zeugenaussagen die spater in Argentinien und Frankreich getatigt wurden befand Zieschank sich von April bis Anfang Mai 1976 in dem Folterlager SIDE 128 wo er der Deutsche genannt wurde Das Lager wurde vom argentinischen Geheimdienst Secretaria de Inteligencia de Estado SIDE betrieben Ein Insasse des Lagers kam durch die Intervention eines Militarangehorigen in seiner Familie frei und reiste auf Einladung von Amnesty International nach Bonn wo er in einer Pressekonferenz uber die Gefangenschaft Klaus Zieschanks berichtete 3 Am 27 Mai 1976 wurde die Leiche von Klaus Zieschank am Flussbett des Rio de la Plata bei Ezpeleta in der Provinz Buenos Aires gefunden Sie war mit Draht an eine andere Leiche spater identifiziert als Hector Rene Navarro 4 gefesselt an das Ufer getrieben worden Es gehorte zur Praxis der Militars Gefangene aus Flugzeugen uber dem Meer abzuwerfen um jegliche Spur zu verwischen Zieschank und Navarro wurden in anonymen Grabern beigesetzt 3 Im Rahmen der Aufarbeitung der Diktatur in den 1980er Jahren wurden diese Graber gefunden Laut Gutachten von Friedrich Wilhelm Rosing vom Institut fur Humangenetik und Anthropologie des Universitatsklinikums Ulm vom 21 Januar 1985 war die Leiche Klaus Zieschanks ca zwei Jahre zuvor geschandet und stark beschadigt worden Als Motiv fur diese Grabschandung wird die Verwischung von Spuren und die Verhinderung der Identifikation unterstellt Gleichwohl konnte die Identifikation zweifelsfrei durchgefuhrt werden Als Todesursache wurde Strangulation festgestellt Rolle der Bundesrepublik BearbeitenDie deutsche Bundesregierung war von der Folterhaft Klaus Zieschanks unterrichtet Die Franzosin Anita Larrea de Jaroslawsky die selbst in Militarhaft war durch Druck der franzosischen Regierung aber freigelassen wurde hatte sofort nach ihrer Freilassung in der franzosischen Botschaft berichtet dass sie am 6 Mai 1976 Klaus Zieschank getroffen habe Da er keine Maske trug war ihr klar dass er zum Tode bestimmt war Nur solchen Gefangenen war es erlaubt die Ortlichkeiten ihrer Gefangenschaft zu sehen Ihr Bericht wurde sofort an die deutsche Botschaft in Buenos Aires weitergegeben Am 12 Juli 1976 begann die Gruppe Initiative Freiheit fur Klaus Zieschank anlasslich des Besuches des argentinischen Wirtschaftsministers Jose Alfredo Martinez de Hoz einen Protesthungerstreik in Bonn an dem sich auch Zieschanks Mutter beteiligte 3 Dieser war Tage zuvor angekundigt worden Erst am 7 Juli 1976 zwei Monate nach dem Eingang der Information durch Larrea de Jaroslawsky schrieb Bundeskanzler Helmut Schmidt an den Juntachef General Jorge Rafael Videla einen Brief in welchem dringend um Aufklarung gebeten wurde Videla antwortete er konne nichts zur Aufklarung beitragen es gebe allerdings Geruchte denen zufolge Zieschank bei einem Autounfall in den Anden ums Leben gekommen sei 3 Die Bundesregierung war jedoch bereits vom Mord an Klaus Zieschank unterrichtet Gegenuber den Autoren des Films Todesursache Schweigen Elvira Ochoa und Frieder Wagner erklarte der 81 jahrige fruhere deutsche Botschafter in Buenos Aires Jorg Kastl Ich habe dann im Sommer 1976 uber einen anderen Weg den ich damals nicht bekannt geben konnte durch eine anonyme Nachricht gehort Zieschank ist tot Damals habe ich einen Geheimerlass bekommen von Genscher unterschrieben Wir wissen Er ist tot und diese Nachricht haben Sie bei sich zu behalten auch unter Androhung Ihrer sofortigen Abberufung Ich weiss bis zum heutigen Tag nicht woher er es hatte Wortlich zitiert aus dem Sendemanuskript des WDR Erstausstrahlung bei ARTE am 4 Juni 2003 um 20 45 Uhr Quelle Konstantin Thun Menschenrechte und Aussenpolitik Horlemann Bad Honnef 2006 S 23 Politisch wurde die Diktatur gedeckt Bei einem Staatsbesuch in Argentinien im Juli 1976 lobte der Staatsminister im Bonner Auswartigen Amt Karl Moersch zunachst die neue Wirtschaftspolitik der Militarregierung und sodann auch deren Massnahmen bei der Bekampfung des Terrorismus Nach seiner Ruckkehr nach Bonn verbreitete Moersch die Versionen der argentinischen Militars wonach Zieschank moglicherweise von einer regierungsfeindlichen Gruppe festgehalten oder in den Untergrund gegangen sei Der Regierung sei es jedoch nicht moglich gewesen etwas uber seinen Aufenthaltsort zu sagen Nach seiner Ansicht habe die argentinische Regierung in dieser Angelegenheit nichts verheimlicht Ministerialdirektor Lothar Lahn vom Auswartigen Amt sprach nach seiner Argentinien Reise mit Staatsminister Moersch in einem Rundfunkinterview davon die argentinische Regierung werfe Zieschank vor fur eine Untergrundorganisation gearbeitet zu haben Dienste geleistet und Schriften verteilt zu haben Der Ministerialdirektor unterstrich die argentinische Regierung habe glaubhaft versichert nicht zu wissen wo Zieschank sei Juristische Aufarbeitung Bearbeiten1985 im Gerichtsverfahren gegen die Mitglieder der Militarjunta bestatigte die argentinische Justiz in der Urteilsverkundung dass Zieschank von bewaffneten Heeresangehorigen seiner Freiheit beraubt gefangen gehalten und ermordet worden sei 5 1990 wurden die Juntamitglieder von Prasident Carlos Menem begnadigt Am 25 Februar 1999 erstattete Rechtsanwalt Konstantin Thun im Auftrag der Koalition gegen Straflosigkeit Strafanzeige in Deutschland gegen sieben argentinische Militars und Polizeiangehorige wegen Verdachts der Geiselnahme und des Mordes im Zusammenhang mit der Totung Klaus Zieschanks im Jahre 1976 in Argentinien 6 Drei Jahre spater am 28 November 2003 erliess das Amtsgericht Nurnberg auf Antrag der Staatsanwaltschaft Nurnberg Furth Haftbefehl gegen den fruheren argentinischen Staatsprasidenten und Chef der argentinischen Militarjunta Jorge Videla den fruheren Oberbefehlshaber der Marine und Junta Angehorigen Emilio Massera und den Chef des 1 Heerescorps der Zone 1 Guillermo Suarez Mason Gegen alle drei Beschuldigten besteht der dringende Tatverdacht des Mordes in mittelbarer Taterschaft an den deutschen Staatsburgern Elisabeth Kasemann und Klaus Zieschank 7 2004 stellte die deutsche Bundesregierung einen Auslieferungsantrag fur Videla Massera und Suarez Mason Der Antrag wurde 2007 vom obersten Gerichtshof Argentiniens abgewiesen 2010 wurde in Argentinien ein Prozess gegen Videla eroffnet in dem er zu lebenslanger Haft verurteilt wurde Die Bundesrepublik Deutschland trat dabei als Nebenklagerin auf Massera wurde wegen einer Demenzerkrankung nicht mehr gerichtlich belangt Suarez Mason war bereits 2005 verstorben Hintergrund BearbeitenDie Verschleppung und Ermordung Klaus Zieschanks steht im Kontext eines grosseren politischen Geschehens dessen Aufklarung und strafrechtliche Behandlung bis heute andauert In Sudamerika wurden in den 1970er und 1980er Jahren fast alle Lander langere Zeit von politisch rechtsgerichteten von den USA unterstutzten Militardiktaturen regiert Diese unterdruckten fast durchweg mit Gewalt die meist links stehende Opposition in so genannten Schmutzigen Kriegen Ein verbreitetes Mittel dazu war die heimliche Entfuhrung Verschwindenlassen von missliebigen Personen durch anonym bleibende Mitglieder von Sicherheitskraften Die Opfer wurden wahrend der Haft in Geheimgefangnissen meist grausam gefoltert erniedrigt und in sehr vielen Fallen anschliessend ermordet siehe Desaparecidos Dabei konnte es zur Verhaftung und Ermordung teilweise schon ausreichen wenn der Name in verdachtigem Zusammenhang auftauchte oder das Opfer zufallig einen bereits verhafteten Verdachtigen kannte der den Namen unter der Not der Folter genannt hatte Allein wahrend der Militardiktatur in Argentinien von 1976 bis 1983 verschwanden auf diese Weise bis zu 30 000 Menschen spurlos Nach dem Ubergang der Staaten zur Demokratie meist in den 1980er und 1990er Jahren wurde die Strafverfolgung solcher Verbrechen in vielen Landern durch generelle Amnestiegesetze fur die Tater jahrelang verhindert Diese wurden in den letzten Jahren jedoch in mehreren Landern ruckwirkend aufgehoben so dass zahlreiche ehemalige Diktatoren und Folterer mittlerweile bestraft wurden oder noch vor Gericht stehen Siehe auch BearbeitenDesaparecidos VerschwindenlassenLiteratur BearbeitenWilli Baer Karl Heinz Dellwo Hrsg Dass du zwei Tage schweigst unter der Folter Laika Verlag Hamburg 2010 ISBN 978 3 942281 77 5 Bibliothek des Widerstands Band 8 Willi Baer Karl Heinz Dellwo Hrsg Panteon Militar Kreuzzug gegen die Subversion Laika Verlag Hamburg 2010 ISBN 978 3 942281 78 2 Bibliothek des Widerstands Band 9 Weblinks BearbeitenAusstellung zum Thema Memento vom 9 Oktober 2007 im Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Recordatorio de Claus Zieschank In Equipo Federal del Trabajo Ausgabe 27 vom 4 August 2007 abgerufen am 9 Juni 2016 spanisch a b c Arturo Blatezky Zwischen Volkermord und Befreiungshoffnung Eine Chronologie der Menschenrechtsarbeit in der Evangelischen Kirche am La Plata In Die evangelische Diaspora 75 Jahrgang 2006 S 64 95 hier S 74 a b c d e Claudio Manfredo Zieschank auf der Website desaparecidos org Abgerufen am 7 Februar 2011 Hector Rene Navarro Memento des Originals vom 20 Februar 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot comisionporlamemoria chaco gov ar auf der Website comisionporlamemoria chaco gov ar Memento des Originals vom 20 Februar 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot comisionporlamemoria chaco gov ar Caso Nº 19 Zieschank Claudio Manfredo Text des Urteils auf der Website der Equipo Nizkor Abgerufen am 7 Februar 2011 Text der Strafanzeige Memento vom 27 September 2007 im Internet Archive Pressemitteilung Amtsgericht Nurnberg Memento vom 14 August 2007 im Internet Archive Normdaten Person GND 129886718 lobid OGND AKS LCCN no2011117209 VIAF 3565022 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Zieschank KlausALTERNATIVNAMEN Zieschank Gmoser Claudio Manfredo spanisch KURZBESCHREIBUNG deutsch argentinischer Student Opfer der argentinischen MilitardiktaturGEBURTSDATUM 10 Dezember 1951GEBURTSORT Buenos AiresSTERBEDATUM Mai 1976 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Klaus Zieschank amp oldid 237660317