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Khatmiyya arabisch الختمية al Chatmiyya DMG al Ḫatmiya oder Mirghaniyya arabisch الميرغنية DMG al Mirġaniya ist ein islamischer Orden Tariqa innerhalb des Sufismus der besonders im Osten Sudans und in Teilen Eritreas verbreitet ist Ordensgrunder ist Muhammad Uthman al Mirghani 1793 1853 Das religiose Zentrum befindet sich nahe der Stadt Kassala Mausoleum und Moschee in Khatmiyya nahe Kassala am Fuss der Taka Berge Der Kuppelbau arabisch Qubba beinhaltet die verehrte Grabstatte Sidi Hasans Obwohl die Kuppel 1885 von Mahdisten zerschossen wurde und seither offen ist soll es nicht hineinregnen Zusammen mit einem parfumartigen Duft im Innern ist das ein Hinweis auf die Segenskraft des Verehrten Die Steinreihe rechts grenzt den Moscheebereich ab Inhaltsverzeichnis 1 Ordensgrunder 2 Ausbreitung 3 Religiose Doktrin 4 Politische Rolle 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseOrdensgrunder Bearbeiten nbsp Die Moschee wurde 1940 wahrend der Besetzung Kassalas durch italienische Truppen teilweise wiederhergestellt Als Mahnmal der Zerstorung durch die Mahdisten sollte das Dach offen bleiben Der in Marokko geborene Sufi Gelehrte Ahmad ibn Idris 1760 1837 grundete in Mekka durch wahhabitische Reformen beeinflusst den nach ihm benannten Orden der Idrisiyya Er war selbst nie im Sudan gewesen verfugte aber als Lehrer uber grossen Einfluss und bewirkte indirekt die Grundung mehrerer Sufi Orden Sein beruhmtester Schuler war Muhammad as Sanussi 1787 1859 Er begrundete den Sanussiya Orden der aber nur wenig Einfluss im Sudan gewann Die drei wichtigsten seiner Schuler was die Ausbreitung seiner Lehren im Sudan betrifft waren Muhammad al Majdhub as Sughayir 1796 1833 dessen Grabmal in ad Damir von den Majdhubiya Anhangern noch heute verehrt wird der algerische Scheich Ibrahim ar Rashidi 1813 1874 der den Idrisiyya Orden seines Meisters als Rashidiyya auch im Sudan verbreitete und Muhammad Uthman al Mirghani Ein Zweig von Rashidis Orden verbreitete sich ab Ende des 19 Jahrhunderts unter dem Namen Salihiyya in Somalia Al Mirghanis Familie zu der einige bekannte Sufis gehorten lebte in Mekka und fuhrte ihre Abstammung auf den Propheten zuruck Nachdem Muhammad Uthman al Mirghani der auch Al Khatim genannt wird die allgemeinen Islamstudien absolviert hatte wandte er sich dem Sufismus zu wurde nacheinander in verschiedene Sufi Orden eingefuhrt bis er spater begann seine eigene Lehre zu verkunden Anfangs wurde er von Ahmad ibn Idris ausgeschickt um fur die Idrisiyya Lehren zu missionieren Dabei kam al Mirghani uber Agypten erstmals nach Sudan wo er im Norden und in Sennar Anhanger gewann Durch ihn fanden 1817 im Osten die ersten Bedschas zum Islam Diese Reise begann in Sudarabien fuhrte uber Somalia auf dem Roten Meer nach Norden und beim Ruckweg durch Athiopien Nach Mekka zuruckgekehrt diente er dort weiter seinem Lehrer bis dieser 1837 starb Im Nachfolgestreit konnte sich al Mirghani gegen seinen Rivalen Muhammad ibn Ali as Sanussi durchsetzen der die Sanussiya Bruderschaft grundete wahrend al Mirghani aus den Idrisiyya Lehren seine eigene Doktrin machte die er als Siegel aller Tariqas Khatim at Turuq woraus sich der Namen der Bruderschaft ableitet bezeichnete und seine Sohne mit der Missionierung beauftragte 1 So wurde die neue Khamtiyya Bruderschaft im Westen und Suden Arabiens und in Nordsudan verbreitet Nach dem Tod al Mirghanis 1853 kam es unter den Sohnen wiederum zum Streit um die Nachfolge Der Orden brach auseinander Zum wichtigsten regionalen Fuhrer wurde im Sudan al Hasan 1819 1869 Sohn aus der Ehe mit einer Frau aus dem nordsudanesischen Dongola Mit 14 Jahren war al Hasan von Sudan nach Mekka gereist und dort von seinem Vater erzogen worden Er hatte einige Visionen gehabt auf Reisen durch Arabien das Prophetengrab in Medina besucht und war nach Mekka zuruckgekehrt wo ihn der Vater beauftragt hatte die Lehre im Sudan zu verbreiten 2 Al Hasan al Mirghani kam vermutlich 1840 in die Nahe der heutigen Stadt Kassala wo er am Fuss der Taka Berge den Ort Khatmiyya grundete der zum Hauptquartier des Ordens wurde Seit seinem Tod wird Sidi Hasan in einem Mausoleum an dieser Stelle mehr verehrt als der eigentliche Grunder der Khatmiyya Seine beiden Sohne Ahmad und Ali bauten nach der Niederschlagung des Mahdi Aufstandes 1899 den Orden in Kassala wieder auf eine zentrale Fuhrung der innerhalb der Familie aufgeteilten regionalen Gruppen gab es danach nicht mehr 3 Nur Mitglieder der Mirghani Familie durfen dem Orden vorstehen Ausbreitung BearbeitenDurch Initiation von lokalen religiosen Fuhrern wurde trotz der arabischen Herkunft der Mirghani Familie die Bruderschaft in die gesellschaftlichen Strukturen Sudans eingebunden Al Mirghani propagierte seine Tariqa anfangs in den letzten Jahren des Funj Reiches das durch Kriege und Unruhen gepragt war Als kurz darauf al Hasan als Reprasentant seines Vaters im Land reiste wurde unter der turkisch agyptischen Herrschaft 1821 1885 die traditionelle Ordnung Sudans zerstort Die strenge Ordnung des Khatmiyya Ordens in Verbindung mit ihrem charismatischen Prediger kam als Ersatz fur die verlorenen traditionellen Institutionen und die teilweise dubiosen Praktiken einzelner Walis zur rechten Zeit 4 So hatten die agyptischen Truppen bei ihrem Vormarsch entlang des Nil im Kampf gegen die Shaqiyya einer Bruderschaft aus Nordsudan gesiegt Einige der Shayqiyya aus der Khojalab Familie liefen daraufhin zum Khatmiyya Orden uber weil al Mirghani Verbindungen zu den Agyptern unterhielt 1840 kam al Hasan gleichzeitig mit einer agyptischen militarischen Expedition 5 unter Generalgouverneur Ahmad Pasha Abu Widan nach Taka Das Ziel einer vollstandigen Unterwerfung der dort siedelnden Hadendoa wurde zwar verfehlt dennoch wurde die Stadt Kassala als Verwaltungszentrum in Ostsudan etabliert Zeitgenossische Quellen berichteten dass der Gouverneur einen heiligen Mann gebeten habe den Clanchef der Hadendoa zur Unterwerfung zu uberreden Der heilige Mann war wohl al Hasan Die Geschichte zeigt seinen damaligen Einfluss 6 Al Hasan unternahm in den Jahren nach 1840 einige Missionstouren durch Sudan In Berber wurde er herzlich aufgenommen und heiratete eine Frau aus einer einflussreichen Familie mit der er nach Shendi zog Insgesamt profitierten die Khatmiyya vom befriedeten Zustand unter der agyptischen Herrschaft Die Khatmiyya Bruderschaft wurde innerhalb Sudans zum Hauptgegner der Mahdiya des Muhammad Ahmad und seines Nachfolgers Im Ostsudan konkurrierten sie mit den Majdhubiya von ad Damir die auf Seiten des Mahdi kampften und auch das Grabmal al Hasans zerstorten Die Anfuhrer der Khatmiyya flohen nach Agypten und kehrten erst nach der Niederschlagung des Mahdi Aufstandes wieder zuruck 7 Die Sufi Bruderschaften die sich hier erbittert bekriegten waren aus derselben Lehrtradition des einflussreichen Ahmad ibn Idris entstanden Ob Uthman al Mirghani in Eritrea war ist ungewiss Die islamische Erneuerungsbewegung im 19 Jahrhundert kam durch die beiden Orden Qadiriyya und Khatmiyya nach Eritrea und verbreitete sich dort unter den zu den Bedscha gehorenden Beni Amer und unter den Tigray Die Khatmiyya wurde durch al Hasan um 1860 in Massaua eingefuhrt und war damals der dominante Orden in dem Gebiet 8 Uber die heutige Verbreitung der Khatmiyya in Eritrea ist wenig bekannt es gibt moglicherweise kleine Zentren in Massaua und Keren Eine Verbindung konnte Ibrahim al Mukhtar bin Umar 1909 1969 sein Er war der wichtigste Islamgelehrte und ab 1940 Mufti des Landes und genoss seine fruhe Ausbildung bei der Mirghani Familie in Kassala 9 Religiose Doktrin Bearbeiten nbsp Khatmiyya Anhanger tragen grune zeremonielle Kleidung Sufi Tanzauffuhrung in OmdurmanAlle von der Idrisiyya abgespaltenen Bruderschaften weisen die von sunnitischen Glaubensregeln geforderte Rechtsauslegung durch Nachahmung Taqlid zuruck und fordern das Tor des Idschtihad wieder zu offnen also die Moglichkeit der Interpretation zuzulassen Durch die Tradition und Abstammungslinie der al Mirghani Familie ist festgelegt dass alle ihre religiosen Fuhrer als heilig verehrt werden und uber dieselbe ihnen eigentumliche Baraka verfugen Khatmiyya Anhangern wurde verboten an Ritualen anderer Sufi Bruderschaften teilzunehmen Uthman al Mirghani zeigte in seinen Schriften mehr Einflusse eines ostlichen ekstatischen Sufismus und hatte sich damit weit von den strengen reformorientierten Zielen seines Lehrers entfernt Fur Sidi Hasan wurden an zahlreichen Orten in Nordsudan an denen sich der Heilige manifestierte d h wo er im Traum gesehen wurde Schreine errichtet Ein starker Glaube an die magische Kraft des Wortes kommt in Dhikr Zeremonien zum Ausdruck Die direkten Nachfolger des Grunders tragen den Titel Sirr al Khatim das Geheimnis des Siegels womit ihre mit der eigenen Abstammung begrundeten mystischen Krafte zum Ausdruck gebracht werden 10 Politische Rolle BearbeitenEnde des 19 Jahrhunderts standen sich im Sudan zwei politische Gruppierungen gegenuber die beide aus religiosen Reformbewegungen innerhalb des Sufismus entstanden waren Die messianischen Heilserwartungen des Mahdi vertrugen sich ideologisch nicht mit dem Status des Khatmiyya Grunders Uthman al Mirghani dessen Stammbaum darauf hinwies dass er aus dem Licht des Propheten erschaffen war Wahrend die Mahdiya von Scheichs und Anhangern verschiedener Sufi Orden Zulauf erhielt weil diese sich erhofften die Mahdi Milizen wurden das Land von den agyptischen Ulama befreien die meisten Rechtsgelehrten waren von der al Azhar Universitat geschickt waren von den Khatmiyya Anhangern viele Teil einer neuen mittelstandischen Gesellschaftsschicht deren Wirtschaftsinteressen mit denen der Agypter verknupft war Die Khatmiyya Fuhrer Muhammad Uthman II und Muhammad Sirr al Khatim betrieben zu dieser Zeit Propaganda gegen die Mahdi Herrschaft anfangs von ihrem Hauptquartier bei Kassala spater aus dem Exil in Agypten 11 Entgegen den Majdhubiya die politischen Widerstand leisteten arbeiteten die Khatmiyya mit dem agyptischen Regime und mit der englischen Kolonialmacht zusammen Alle anderen Tariqas verhielten sich politisch neutral Aus den doktrinar islamischen Zielen der beiden verblieben als Erbe bis heute Machtkampfe im Staat Beide pragten den popularen Islam im Sudan im 20 Jahrhundert und kampften zugleich mit ihren jeweiligen politischen Parteien um die Macht Erst in den 1950er Jahren kamen die traditionalistischen Muslimbruder nach agyptischem Vorbild als dritte religiose Kraft und spater auch als Partei im Parlament hinzu Die Madhiya grundeten als politischen Flugel die Umma Partei die Mirghani Familie war durch die Democratic Unionist Party DUP vertreten Nur um nach einem halben Jahr Amtszeit den ersten Premierminister Ismail al Azhari des unabhangigen Sudan zu sturzen hoben sie ihre Differenzen auf und trafen eine Vereinbarung die 1956 zu einer Koalitionsregierung der beiden gegnerischen Parteien unter Abdullah Chalil fuhrte 12 Ab 1950 erhielt die Khatmiyya durch den sich rasch ausbreitenden Orden der Tijaniyya Niassiyya einer endzeitlichen Bewegung deren Fuhrung das Erscheinen des erwarteten Mahdi predigte eine religiose Konkurrenz 13 Nach der Machtubernahme des anfangs sozialistisch ausgerichteten Prasidenten Numairi 1969 floh der DUP Fuhrer Ahmad al Mirghani ins Exil und kehrte erst Mitte der 1970er Jahre wieder zuruck Beim Militarputsch 1989 gegen Sadiq al Mahdi der von Omar al Baschir ausgefuhrt wurde fanden sich die beiden Parteien in der Opposition zur National Democratic Alliance zusammen Ahmad al Mirghani war bis zu seinem Tod im November 2008 Leiter der Khatmiyya Literatur BearbeitenJohn Spencer Trimingham Islam in the Sudan London 1949 Nach der 2 Auflage 1965 bei Universal Library online Ali Salih Karrar The Sufi Brotherhoods in the Sudan C Hurst Verlag London 2002 Rex S O Fahey Ahmad Ibn Idris and the Idrisi Tradition Northwestern University Press Evanston USA 1990 S 130 153 Helen Chapin Metz Hrsg Sudan A Country Study Washington Library of Congress 1991 Kapitel Islamic Movements and Religious Orders OnlineWeblinks BearbeitenMartin Fitzenreiter Geschichte Religion und Denkmaler der islamischen Zeit im Nordsudan Teil II Der Islam im Sudan MittSAG 7 1997 Albrecht Hofheinz Heilige am Tropfenberg Kassala und die Khatmiyya 1988 1995 PDF Datei 107 kB Albrecht Hofheinz More on the Idrisi tradition in the Sudan Sudanic Africa 2 1991Einzelnachweise Bearbeiten Trimingham S 232f Karrer S 75 Trimingham S 234 Karrer S 76 History of the Sudan Sudan 1821 1882 World History at KLMA Karrer S 77 Fitzenreiter S 50 Lidwien Kapteijns Ethiopia and the Horn of Africa In Nehemia Levtzion und Randall L Pouwels Hrsg The History of Islam in Africa Ohio University Press Athens Ohio 2000 S 234 R S O Fahey Sudanese and some other Sources for Eritrean History A Bibliographical Note In Sudanic Africa A Journal of Historic Sources Bergen Norwegen Bd 11 2000 S 131 142 Online Memento des Originals vom 17 Januar 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www orientaliaparthenopea org Trimingham S 234f Gabriel Warburg Islam Sectarianism and Politics im Sudan Since the Mahdiyya C Hurst Verlag London 2003 S 34 Abdel Salam Sidahmed und Alsir Sidahmed Sudan Routledge Curzon London 2005 S 30f Knut S Vikor Sufi Brotherhoods in Africa In Nehemia Leftzion und Randall L Pouwels The History of Islam in Afrika Ohio University Press Athens Ohio 2000 S 458 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Khatmiyya amp oldid 197103950