www.wikidata.de-de.nina.az
Das Kaiser Wilhelm Institut fur Kohlenforschung war eine Forschungseinrichtung zur Entwicklung von Kohlen Sekundarstoffen in Mulheim an der Ruhr Das 1912 gegrundete Institut war eine der Einrichtungen fur Grundlagenforschung der 1911 gegrundeten Kaiser Wilhelm Gesellschaft und das erste Kaiser Wilhelm Institut ausserhalb Berlin Dahlems Originare Aufgabe war die Erforschung von Prozessen die auf okonomische Weise flussige Brennstoffe aus Kohle herstellen 1 Das heutige Max Planck Institut fur Kohlenforschung in Mulheim Im Gebaudefries steht noch der ursprungliche Name Kaiser Wilhelm Institut fur Kohlenforschung Dem Institut gelang es in der Epoche des Wilhelminismus und in der Weimarer Republik ebenso wie in der Zeit des Nationalsozialismus in einer Wissenschaftsnische seine Unabhangigkeit zu bewahren obwohl hier auch Forschungen von nationalem Interesse betrieben wurden 2 312 1939 wurde das Institut in eine rechtsfahige Stiftung umgewandelt 1949 wurde es in Max Planck Institut fur Kohlenforschung umbenannt 3 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Grundung 1 2 Gebaude 1 3 Forschungsschwerpunkte 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenGrundung Bearbeiten Die Eroffnung der Einrichtung am 27 Juli 1914 erfolgte bereits zwei Jahre nach ihrer Grundung und einen Tag vor Beginn des Ersten Weltkriegs Ausgangspunkt war die komplexe bis heute nicht geloste Aufgabe der direkten verbrennungslosen Verstromung von Kohle Initiator war namentlich Hugo Stinnes der dafur nicht das Rheinisch Westfalische Elektrizitatswerk RWE beauftragen wollte Eine Gemeinschaftsaufgabe aller Beteiligten im Ruhrbergbau hielt er fur zielfuhrender 4 Stinnes konnte sogar den mit seinem Gasgeschaft zu ihm in Konkurrenz stehenden August Thyssen uberzeugen sich finanziell an dem Institut zu beteiligen 5 Die Finanzierung wurde mit einem neuen Modell von der rheinisch westfalischen Montanindustrie sichergestellt Fur Hugo Stinnes war klar dass die Errichtung der Immobilie samt technischer Einrichtung gegeben sein musste damit die Arbeit darin finanzierbar ware Geldgeber dafur waren zu finden Nach seinen Vorstellung brauchte man kein angehauftes Vermogen sondern sichergestellte Jahresbeitrage fur den laufenden Haushalt Dieses Modell war von Erfolg beschieden Spater ergab sich sogar die Moglichkeit Rucklagen zu bilden Ferner gelang es Stinnes Emil Fischer den ersten deutschen Nobelpreistrager fur Chemie fur dieses Projekt zu gewinnen der als graue Eminenz der Kaiser Wilhelm Gesellschaft galt 6 Ein Vortrag Fischers vor Industrievertretern Reprasentanten der Stadt Mulheim Vertretern des KWI und des preussischen Kulturministeriums uber mogliche Aufgaben des Instituts insbesondere der direkten Kohleverstromung gilt noch heute als vielbeachtet und wegweisend 1 Mulheim an der Ruhr war zu dieser Zeit erster Standort der Kaiser Wilhelm Gesellschaft ausserhalb von Berlin Die bereits genannten Befurworter der neuen Gesellschaft wollten diese Einrichtung die mit einer praktizierten Wirtschaftsforderung verglichen werden 2 S 23 kann in unmittelbarer Nahe zu ihren Produktionsstatten haben um sich an der Ausrichtung der Arbeiten im Institut beteiligen und mit deren Ergebnissen beschaftigen zu konnen Neben einer Garnisonsstadt war Mulheim bereits Standort einer hochschulahnlichen Forschungseinrichtung der rheinisch westfalischen Industrieregion 2 1 2 nbsp Grundstock der Finanzierung waren Gelder der Leonhard Stinnes Stiftung Die Ehefrau Johann Hermann Leonhards Margarete Stinnes war im Oktober 1911 gestorben Damit wurde das Stiftungskapital das auf eine Hohe von vier bis funf Millionen Mark geschatzt wurde frei Die recht weit gefasste Auslegung der Stiftungsziele vom Testamentsvollstrecker dem langjahrigen Mulheimer Oberburgermeister Paul Lembke liess die Verwendung einer Unterstutzung und Ausbildung junger Leute des Bergbaus im Rahmen wohltatiger und guter Zwecke zu Schon vor 1905 hatte das Ehepaar grosszugige Zuwendungen an die Mulheimer Augenheilanstalt als auch fur den Spielplatz auf dem Kahlenberg getatigt Da von Industrieseite keine hohe Risikobereitschaft fur die Verwendung einer Anschubfinanzierung eines derartigen Forschungsinstituts vorhanden war Lembke aber auch aus Prestigegrunden fur die gerade zur Grossstadt erwachsene Stadt dringend derartige Einrichtungen benotigte kam die Gesellschaft in die noch zum Regierungsbezirk Dusseldorf gehorende Kohlerevierstadt Mulheim Die Kosten schatzte Emil Fischer zu dieser fruhen Planungsphase auf 600 000 Mark plus 80 000 Mark Unterhalt jahrlich 2 20 21 Das oben angesprochene Neue Modell der Finanzierung beabsichtigte bedeutende Spenden von mindestens 20 000 Mark namhafter Personlichkeiten zu sammeln und damit kontinuierlich Zinsertrage zu thesaurieren Daruber hinaus waren feste Jahresbeitrage von mindestens 1000 Mark veranschlagt die genauso zur Kostendeckung beitragen sollten Als dritte Finanzierungssaule waren Beitrage des Staates vorgesehen Ahnliche Konzepte hatte einige Jahrzehnte zuvor bereits der in Dusseldorf geborene Mathematiker Felix Klein aufgestellt der fur seine Georg August Universitat Gottingen den Bau der erforderlichen Gebaude der Wirtschaft auferlegte und die Besoldung der Professoren dem Staat 2 23 24 Die tatsachlichen Kosten einschliesslich Inneneinrichtung beliefen sich auf 700 356 77 Mark Die Kosten fur den Grunderwerb betrugen knapp 218 500 Mark Die Leonhard Stinnes Stiftung verausgabte somit knapp 919 000 Mark fur die Fertigstellung 2 56Erster Direktor der Einrichtung wurde der unter Emil Fischer arbeitende Franz Fischer Professor fur Elektrochemie an der Technischen Hochschule in Charlottenburg Dieser blieb bis zu seiner Emeritierung 1943 im Amt Er wurde von Karl Ziegler abgelost der fur weitere 25 Jahre Kontinuitat sorgte Die Schaffung einer solchen Einrichtung in diesem zu der Zeit noch wenig besiedelten Teil Mulheims fuhrte zu einer Verbesserung zahlreicher Infrastruktureinrichtungen Seit 1914 gab es hier Gas und Strom die Briefzustellung wurde mit viermal taglich auf innerstadtisches Niveau gehoben und zahlreiche Strassen erhielten Asphaltbelag 2 56 Gebaude Bearbeiten nbsp Gebaudelangsseite mit Laboratoriums und Bibliotheksvorbau nbsp Hauptgebaude und rechts die DirektorenvillaDie Stadt Mulheim stellte das vier Morgen ein Hektar grosse Grundstuck auf dem damals nur mit einigen Villen bebauten Kahlenberg sudlich der Innenstadt bereit Als Architekt wurde der Beigeordnete und Leiter des Mulheimer Hochbauamtes Karl Helbing 1877 1964 bestimmt Helbing hatte schon zahlreiche Bauwerke der Stadt beigesteuert wie einige Schulen das Solbad Raffelberg und das Stadtbad den Schlachthof und die Stadtsparkasse Die Entscheidung damit den bis dato fur alle Baumassnahmen der Kaiser Wilhelm Gesellschaft zustandigen Koniglichen Geheimen Oberhofbaurat Ernst Eberhard von Ihne zu umgehen bruskierte Kaiser Friedrich III 2 51 52Das Institut war von Anfang an in drei unabhangige mit uberdachten Gangen verbundene Baukorper geplant dem Hauptlaboratorium dem sogenannten Fabrikgebaude und der Direktorenvilla Das mit Abstand grosste Gebaude war das zweigeschossige Hauptlaboratorium dem im Erdgeschoss drei eingeschossige Vorbauten und eine Galerie angegliedert waren Dieses Haus besass einen grossen Keller zur Lagerung von Chemikalien zum Betrieb einer Werkstatt sowie weiteren technischen Einrichtungen wie einer hauseigenen Schmiede und einem Feinmechanikerbetrieb Ferner war hier die Dienerwohnung Die leichte Hanglage erlaubte es auf einer Seite des Kellers vor den Werkstatten ebenerdig ins Freie zu gelangen was auch das Arbeiten im Freien ermoglichte Im Hauptgeschoss waren in der Nahe des Haupteingangs die Verwaltung Bibliothek Dienst und Sprechzimmer angeordnet sowie der Zugang zu den Laboratorien Die Bibliothek wurde eingerichtet weil Mulheim keine ahnliche wissenschaftliche Einrichtung besass Eine anonyme Spende in Hohe von 30 000 RM ermoglichte die Erstausstattung 2 53Eine Prasentation der Planung einschliesslich eines Modells von Oberburgermeister Lembke vor dem Kuratorium der Gesellschaft am 24 Februar 1913 wurde wenig wohlwollend aufgenommen Henry von Bottinger seit 1907 Aufsichtsratsvorsitzender der Elberfelder Farbenfabriken kritisierte die unzureichende Breite des Herren und Wohnzimmers in der Direktorenvilla Nach seinen Vorstellungen sollte diese wenigstens funf Meter betragen Grundsatzlichere Kritik kam von Emil Fischer der die Nord Sud Ausrichtung des Haupthauses bemangelte was zu stark schwankenden Beleuchtungs und Temperaturdifferenzen wahrend des Tages fuhren wurde Noch grundsatzlicher bedauerte man die wenig reprasentative Gesamterscheinung des Komplexes Auch wurde die nach Meinung Fischers zu geringe Anzahl von nur 24 Schornsteinen in Frage gestellt die fur die Beluftung der Laboratorien als unzureichend angesehen wurde Mehrere Anderungswunsche wurden so in die Planung aufgenommen Die Luftungen waren von Anfang an bereits elektrisch betrieben und wurden zum Teil durch die Dekorativvasen und figuren auf dem Laborvorbauten erganzt 2 53 55 Forschungsschwerpunkte Bearbeiten Gleich zu Beginn wurde die Arbeit erschwert weil viele Mitarbeiter zum Kriegsdienst einberufen worden waren Nach drei bis vier Monaten konnten die meisten wieder arbeiten weil ihre Forschung zur Gewinnung von Stickstoffverbindungen fur die Landwirtschaft als kriegswichtig eingestuft wurde Spater wahrend des Ersten Weltkriegs kamen Forschungsarbeiten zur Schwefelsauregewinnung und die Erzeugung flussiger Treib und Schmierstoffe hinzu 2 63 70Der eigentliche Zweck des Instituts die Erforschung der Kohleverstromung wurde erst nach dem Krieg und auch nur halbherzig wieder aufgenommen weil jetzt andere Aufgaben in den Fokus ruckten Als interessant erschienen nun Arbeiten zu Gassynthesen um dabei flussigen Kohlenwasserstoff zu gewinnen Zuvor waren wegen personeller Unterbesetzung nur Literaturstudien durchgefuhrt worden Nach dem verlorenen Krieg sah man diese Technik auch unter militarisch wirtschaftlichem Unabhangigkeitsbestreben weil zum einen durch den Versailler Vertrag Importe von Chemikalien stark eingeschrankt waren zum anderen weil damit eine bessere Auslastung des Ruhrkohlebergbaus hergestellt werden konnte Ab 1925 beschaftigte sich das Institut bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs vor allem mit der Fischer Tropsch Synthese die von Fischer und Abteilungsleiter Hans Tropsch sowie deren Forschungsleiter Otto Roelen entwickelt wurde Dazu wurde im Institut eine halb industrielle Versuchsanlage errichtet die der eigentlichen Produktion sehr nahekam Es galt der Konkurrenz bei Leuna mit ihrem Bergius Pier Hochdruckhydrierverfahren zu begegnen doch erst die nationalsozialistische Wirtschaftsautarkie fuhrte zu einer kleinen industriellen Produktion ausserhalb des Instituts Die Generallizenz dazu erwarb 1934 die 1926 gegrundete Ruhrchemie AG die damit im Wettbewerb zum von BASF betriebenen Leuna Werk stand 7 Eine andere Arbeit war die Uberprufung der Lignin Theorie und darin des Einflusses von Mikroorganismen die Franz Fischer und Hans Schrader entwickelt hatten Dazu konnte auf eine entsprechende Stellenausschreibung im Zentralblatt fur Bakteriologie Prof Rudolf Lieske 1886 1950 8 vom Biologischen Institut in Heidelberg gewonnen werden der Ende Oktober 1927 mit seinen Arbeiten begann 2 214 Nach Abschluss dieser Arbeiten widmete sich die Abteilung der Biologischen Veredlung von Brennstoffen wie Fischer es nannte Dazu gehorte beispielsweise die Leuchtgasentgiftung mit Klarschlamm die sich aber wegen ihrer Prozesslange als bedeutungslos herausstellte Diese Biologische Abteilung existierte nur in der Zeitspanne von 1927 bis 1934 Ihrem Leiter Rudolf Lieske gelang es am 1 November 1929 zusammen mit Franz Fischer ein Patent auf das Verfahren zur biologischen Umwandlung von Kohlenoxyd in Methan anzumelden In der Begrundung hiess es dass Kohlenoxyd oder kohlenoxydhaltige Gasgemische bei Gegenwart von Wasserstoff der Einwirkung vom Gram positiven sporenlosen Bakterien ausgesetzt werden In einer anderen anwendungsbezogenen Forschung konnte mit ammoniakgesattigter Braunkohle der sogenannten Ammonkohle sowohl im Labor als auch in Freilandversuchen der hauseigenen Gartnerei eine Ertragssteigerung bei Pflanzen von bis zu hundert Prozent erzielt werden Eine Patentanmeldung blieb jedoch erfolglos auch weil die Ergebnisse von Fachkollegen bezweifelt wurden Erhohter Sparzwang und dieser Misserfolg fuhrten zur Schliessung der Abteilung zum Jahresende 1934 2 243 245Literatur BearbeitenManfred Rasch Geschichte des Kaiser Wilhelms Instituts fur Kohlenforschung 1913 1943 Weinheim 1989 Eckart Henning Marion Kazemi Handbuch zur Institutsgeschichte der Kaiser Wilhelm Max Planck Gesellschaft zur Forderung der Wissenschaften 1911 2011 Daten und Quellen Berlin 2016 2 Teilbande Teilband 1 Institute und Forschungsstellen A L PDF 75 MB S 807 833 Kaiser Wilhelm Max Planck Institut fur Kohlenforschung Weblinks BearbeitenFruhe Dokumente und Zeitungsartikel zur Kaiser Wilhelm Institut fur Kohlenforschung in den Historischen Pressearchiven der ZBWEinzelnachweise Bearbeiten a b Emil Fischer Die Aufgaben des Kaiser Wilhelm Instituts fur Kohlenforschung In Stahl und Eisen 32 1912 S 1898 1903 a b c d e f g h i j k l m Manfred Rasch Geschichte des Kaiser Wilhelm Instituts fur Kohlenforschung 1913 1943 Max Planck Institut fur Kohlenforschung VCH Weinheim 1989 Eckart Henning Marion Kazemi Handbuch zur Institutsgeschichte der Kaiser Wilhelm Max Planck Gesellschaft zur Forderung der Wissenschaften 1911 2011 Daten und Quellen Berlin 2016 2 Teilbande Teilband 1 Institute und Forschungsstellen A L PDF 75 MB S 816 820 Manfred Rasch Kohlenforschung und elektrochemische Stromerzeugung Aus der Forschungsgeschichte des Kaiser Wilhelm Instituts fur Kohlenforschung in Mulheim an der Ruhr In Technikgeschichte Verein Deutscher Ingenieure 1991 Jahrgang 58 S 127 150 August Thyssen und Hugo Stinnes ein Briefwechsel 1898 1922 Hrsg Manfred Rasch Vera Schmidt Gerald D Feldman Verlag C H Beck 2003 ISBN 978 3 406 49637 0 S 70 Manfred Rasch Vorgeschichte und Grundung des Kaiser Wilhelm Instituts fur Kohlenforschung In Max Planck Institut fur Kohlenforschung Katalyse auf dem Kahlenberg 100 Jahre Max Planck Institut fur Kohlenforschung Essen 2015 S 9 26 Manfred Rasch Karl Ziegler und das Niederdruck Polyethylen In Ferrum Nachrichten aus der Eisenbibliothek Heft 89 2017 S 67 Hans Georg Mackel Georg Rudolf Lieske In Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft Band 76 Ausgabe 11 Januar 1963 S 163 169 51 416666666667 6 8851833333333 Koordinaten 51 25 0 N 6 53 7 O Normdaten Korperschaft GND 15008 3 lobid OGND AKS LCCN n88196296 VIAF 138485368 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kaiser Wilhelm Institut fur Kohlenforschung amp oldid 233178984