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Das Buch Korper von Gewicht Die diskursiven Grenzen des Geschlechts 1993 erschienen unter dem englischsprachigen Titel Bodies that matter on the discursive limits of sex ist ein zentrales Werk der US amerikanischen feministischen Philosophin Judith Butler 1956 Es gilt als Weiterentwicklung der Thesen in ihrer Schrift Das Unbehagen der Geschlechter Gender Trouble aus dem Jahr 1990 mit denen sie ihre Ablehnung der trennenden Sichtweise auf das biologische Geschlecht sex und das Identitatsgeschlecht gender vertieft Die deutsche Ubersetzung von Karin Wordemann erschien 1995 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 1 1 Materialitat des Geschlechts 1 2 Naturlichkeit 2 Ausgaben 3 Literatur 4 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenButler reagiert in Korper von Gewicht Die diskursiven Grenzen des Geschlechts auf die Kritik die ihr in den Kontroversen um ihr 1990 veroffentlichtes Buch Das Unbehagen der Geschlechter vielfach entgegengebracht wurde Kritiken warfen ihr unter anderem vor sie bediene ein Konstrukt in dem die sexuelle Identitat von einem Subjekt frei wahlbar sei indem es sich aus den Moglichkeiten performativer Geschlechts Zuschreibungen bedient wie aus einem Kleiderschrank 1 oder dass sie die Materialitat des biologischen Geschlechtskorpers auflose die Frau entkorpere und reinen Text zur Grundlage der Korper mache 2 Butler beschreibt in dem Vorwort von Korper von Gewicht dass ihre Thesen Verwirrung gestiftet haben und dieses neue Buch nach nochmaligem Uberdenken dazu anregen soll uber die Wirkungsweise der heterosexuellen Hegemonie im Gestalten sexueller und politischer Gegenstande weiter nachzudenken B 1 In den einzelnen Kapiteln setzt sich Butler mit den aus der Kritik entstehenden Fragestellungen auseinander indem sie sich verschiedenen Autoren Themen und Konzepten zuwendet z B Jacques Lacan Freuds Psychoanalyse Slavoj Zizek und sie im Kontext von Geschlecht analysiert und dabei ihre eigenen Ideen und Konzepte erweitert und neu denkt Materialitat des Geschlechts Bearbeiten Fur Butler ist Materie immer etwas zu Materie Gewordenes Der Anschein von Festigkeit Oberflache und Dauer sowie von Irreduzibilitat eine nicht auf tiefer liegende Einheiten zuruckfuhrbare Grosse ist ein Effekt von Macht Indem der Diskurs bestimmte regulierende Normen bestandig wiederholt und zitiert erzeugt er das was er scheinbar nur benennt Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Begriff der Performativitat Diese wird nicht als der Akt verstanden durch den ein Subjekt dem Existenz verschafft was sie er benennt sondern vielmehr als jene standig wiederholende Macht des Diskurses diejenigen Phanomene hervorzubringen welche sie reguliert und restringiert B 2 Materialitat muss also als materielle Wirkung einer Machtdynamik verstanden werden die sie historisch spezifisch immer wieder neu konstituiert Macht darf nicht als eine ausserliche Beziehung verstanden werden sie ist von den Subjekten nicht zu trennen Ausdrucklich betont Butler den Korper als konstruiert zu denken habe nichts mit Beliebigkeit oder Freiwilligkeit zu tun Korper entstehen immer innerhalb bestimmter Zwange Einschrankungen und Verwerfungen innerhalb einer geschlechtliche Matrix und als solche selbst Der Prozess ihrer Materialisierung geschehe auf verschiedenen Ebenen Butler betrachtet insbesondere die Verschrankung von Sprache und Materie die psychische Dimension der korperlichen Gestalt bei Individuationsprozessen und die Wirkungsweise von Diskursen zur korperlichen Geschlechterdifferenz In Bezug auf die Materialitat des Geschlechtskorpers oder biologischen Geschlechts sex wendet sie sich gegen die Annahme eines faktischen materiellen korperlichen Geschlechts das mit einem sozialen Konstrukt gender uberschrieben wird Sie geht davon aus dass der Begriff biologisches Geschlecht und der damit zusammenhangende Rekurs auf Naturalitat selbst eine kulturelle Norm die die Materialisierung von Korpern regiert ist B 3 Butler beschreibt dass es ihr nicht darum gehe den Korper aufzulosen sondern vielmehr darum eine Ruckkehr zum Korper zu schaffen Korper als einem gelebten Ort der Moglichkeit dem Korper als einem Ort fur eine Reihe sich kulturell erweiternder Moglichkeiten B 4 Das Geschlecht sex ist ein normatives Phantasma B 3 zugleich sozial konstruiert kulturell erlernt und gefestigt und damit zur Doxa gehorig es ist als Konstrukt Verschiebungen und Umwertungen unterworfen muss aber durch rituelle performative Praktiken als Phantasma gefestigt werden Naturlichkeit Bearbeiten Butlers Pramissen sind mit der Anstrengung verbunden auch Materialitat und Naturlichkeit als kulturelles Konstrukt sichtbar und damit rational fassbar zu machen und den symbolischen Formen dieser normativen Diskursformation nachzuspuren Dabei erweitert sie die Begriffe der Performativitat und der Konstruktion bewusst uber das gewohnliche Verstandnis hinaus Um die Konstruiertheit des biologischen Geschlechts begreifen zu konnen ohne einem Konstruktivismus im landlaufigen Sinne zu verfallen zeigt Butler als Moglichkeit auf ein phantasmatisches Feld dass das eigentliche Terrain kultureller Intelligibilitat konstituiert zu eroffnen als eine Fiktion in deren Notwendigkeiten wir leben und ohne die das Leben selbst undenkbar ware B 5 Damit besteht allerdings die Gefahr in das Feld eines radikalen linguistischen Konstruktivismus zu verfallen in dem das vordiskursive biologische Geschlecht vom sozialen Geschlecht als Fehlbezeichnung konstruiert wird In der Frage Wenn das Subjekt konstruiert ist wer konstruiert dann das Subjekt sieht Butler eine grammatikalische Fehlwahrnehmung auf die nur entweder eine deterministische oder eine voluntaristische Antwort gegeben werden kann Dem sozialen Geschlecht unterworfen durch das soziale Geschlecht aber auch zum Subjekt gemacht geht das Ich diesem Prozess der Entstehung von Geschlechtsidentitat weder voraus noch folgt es ihm nach sondern entsteht nur innerhalb einer Matrix geschlechtsspezifischer Beziehungen und als diese Matrix selbst B 6 Die soziale Performanz wird deutlicher konturiert etwa an der Geschlechtszuschreibung des vorgeburtlichen Kindes und der Zuschreibung Es ist ein Madchen Mit dieser Benennung als Sprechakt verstanden wird das Madchen madchenhaft gemacht es gelangt durch die Anrufung des sozialen Geschlechts in den Bereich von Sprache und Verwandtschaft erfahrt zum ersten aber nicht zum letzten Mal die normative Wirkkraft sprachlicher Zuschreibungen und damit eine erste Naturalisierung Das Benennen setzt zugleich eine Grenze und wiederholt einscharfend eine Norm B 7 Mit Begriffen Benennen und Wiederholen ruckt die Relevanz der Sprechakttheorie in den Blickpunkt Normen mussen durch rituelle Wiederholung gefestigt werden das gilt auch und vor allem fur sprachliche Rituale und schaffen damit zugleich die Eingrenzung des Benannten durch die sprachliche Identifikation des Eigenen bzw der konstitutiven Exklusion des jeweils Anderen Die Analyse dieser Form performativer sprachlicher Gewalt wird als Dekonstruktion bezeichnet Ausgaben BearbeitenBodies that matter on the discursive limits of sex Routledge New York 1993 ISBN 0 415 90365 3 deutsch Korper von Gewicht Die diskursiven Grenzen des Geschlechts Aus dem Amerikanischen von Karin Wordemann Berlin Verlag Berlin 1995 ISBN 3 8270 0152 8 deutsch Korper von Gewicht Die diskursiven Grenzen des Geschlechts Suhrkamp Frankfurt am Main 1997 Edition Suhrlamp Band 1737 ISBN 3 518 11737 8 Das Unbehagen der Geschlechter Aus dem Amerikanischen von Kathrina Menke Suhrkamp Frankfurt M 1991 ISBN 3 518 11722 X Literatur BearbeitenSeyla Benhabib Judith Butler Drucilla Cornell Nancy Fraser Hrsg Der Streit um Differenz Feminismus und Postmoderne in der Gegenwart Fischer Frankfurt M 1993 ISBN 3 596 11810 7 Hannelore Bublitz Judith Butler zur Einfuhrung 3 Auflage Junius Hamburg 2010 ISBN 978 3 88506 678 1 erstveroffentlicht 2002 Leseprobe in der Google Buchsuche Eva von Redecker Zur Aktualitat von Judith Butler Einleitung in ihr Werk Springer VS Wiesbaden 2011 ISBN 978 3 531 16433 5 Leseprobe in der Google Buchsuche Paula Irene Villa Judith Butler Eine Einfuhrung 2 Auflage Campus Frankfurt M 2012 ISBN 978 3 593 39432 9 Leseprobe in der Google Buchsuche Einzelnachweise Bearbeiten B Judith Butler Korper von Gewicht Die diskursiven Grenzen des Geschlechts Aus dem Amerikanischen von Karin Wordemann Berlin Verlag Berlin 1995 ISBN 3 8270 0152 8 Judith Butler 1995 S 15 Judith Butler 1995 S 22 a b Judith Butler 1995 S 23 Judith Butler 1995 S 11 Judith Butler 1995 S 27 Judith Butler 1995 S 28 Judith Butler 1995 S 29 Sonstige Belege Eva von Redecker Zur Aktualitat von Judith Butler Einleitung in ihr Werk Wiesbaden 2011 S 66 Barbara Duden Die Frau ohne Unterleib Zu Judith Butlers Entkorperung In Feministische Studien Band 11 1993 S 24 33 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Korper von Gewicht amp oldid 236273978