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Jagdgenossenschaften sind in Deutschland Korperschaften des offentlichen Rechts Sie entstehen kraft Gesetzes ohne dass es eines Beschlusses oder eines anderen Aktes bedarf Gedenkstein der Jagdgenossenschaft Radensdorf einem Stadtteil von Lubben Spreewald Mitglieder einer Jagdgenossenschaft sogenannte Jagdgenossen sind die Eigentumer der Flachen einer Gemeinde die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehoren Zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehoren alle Grundflachen einer Gemeinde die nicht zu einem Eigenjagdbezirk gehoren d h im Zusammenhang eine bestimmte vom Landesrecht abhangige Mindestflache Mindestflache von 150 Hektar bzw in Bayern und in Niedersachsen 1 250 Hektar umfassen Bejagbare Flachen sind im Jagdkataster verzeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Umsetzung 2 Einfluss europaischer Gesetzgebung 3 Zur Geschichte 4 Folgen des Urteils des EGMR vom 26 Juni 2012 5 Literatur 6 EinzelnachweiseUmsetzung BearbeitenDie Jagdgenossenschaft jagt in Eigenregie oder verpachtet das Jagdausubungsrecht ihres gemeinschaftlichen Jagdbezirks an einen Jagdscheinbesitzer 11 BJagdG Im Jagdpachtvertrag wird die Beziehung zwischen Jagdgenossenschaft und Pachter geregelt So wird z B die Haftung der Jagdgenossenschaft fur Wildschaden in der Regel auf den Pachter ubertragen Die Haftung der Jagdgenossenschaft ist dann nur noch subsidiar Entscheidungen trifft die Jagdgenossenschaft grundsatzlich nach dem Prinzip der doppelten Mehrheit es muss sowohl eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen als auch der hinter den Stimmen stehenden Flache bestehen Der Ertrag aus der Pacht wird entsprechend der jeweiligen Grundstucksflache auf die Jagdgenossen umgelegt man spricht von einem Auskehranspruch der Jagdgenossen gegen die Jagdgenossenschaft Einfluss europaischer Gesetzgebung BearbeitenAm 13 Dezember 2006 entschied das Bundesverfassungsgericht dass Zwangsmitgliedschaften in Jagdgenossenschaften verfassungsmassig sind 2 Am 26 Juni 2012 relativierte der Europaische Gerichtshof fur Menschenrechte diese Entscheidung Der EGMR befand dass die Verpflichtung zur Duldung der Jagd auf dem eigenen Grundstuck fur Grundstucksbesitzer die die Jagd aus ethischen Grunden ablehnen eine unverhaltnismassige Belastung darstellt Bei Beibehaltung des Reviersystems muss jeder Antrag auf Befriedung individuell gerichtlich entschieden werden 3 In Reaktion auf das Urteil wurde 6 BJagdG zum 6 Dezember 2013 entsprechend geandert 4 Die Bedingungen zur Befriedung von Flachen werden darin sehr hoch gelegt 5 Zur Geschichte BearbeitenBis 1848 stand das Jagdrecht dem jeweiligen Landesherrn als Jagdregal zu Mit Ausnahme von Mecklenburg Schwerin und Mecklenburg Strelitz hoben die deutschen Staaten diese Rechte im Gefolge der Revolution von 1848 49 auf Jagd war nur noch auf eigenem Grund und Boden moglich Aufgrund der ungeregelten Jagdausubung die nun jedem auf seinem Besitz moglich war wurde jedoch befurchtet dass es zu einer schnellen Abnahme der Wildbestande kommen wurde da weder Mindestgrossen noch Schonzeiten die Jagdausubung regelten So schrieb Ernst Schlotfeldt in der Deutschen Jagerzeitung von 1884 dass die freie Jagd in kurzer Zeit eine vollstandige Vernichtung des Wildstandes nach sich ziehen muss bedarf es keines Beweises 6 Wie stark diese Reduktion tatsachlich war ist aus heutiger Sicht schwer nachzuvollziehen Sicher ist dass die vermutlich uberhohten Wildbestande der feudalen Jagd reduziert wurden und auch daruber hinaus eine Bestandsabnahme von nicht festlegbarem Ausmass stattfand Die deutschen Staaten erliessen daher in den funfziger Jahren des 19 Jahrhunderts Gesetze die das dem Grundeigentumer zustehende Jagdrecht und das Jagdausubungsrecht trennten und das Jagdausubungsrecht entweder den Gemeinden oder der Gemeinschaft der Grundeigentumer zuerkannten Ausserdem wurde mit dem Jagdpolizeigesetz von 1850 die Mindestgrosse fur die Ausubung der Jagd auf dem eigenen Grund und Boden auf 300 Morgen ca 75 Hektar festgelegt welche bis heute als Mindestgrosse erhalten geblieben ist 7 Durch diese Regelungen wurde die Jagd erstmals reichseinheitlich geregelt und spater in das Reichsjagdgesetz und in das heutige Bundesjagdgesetz ubernommen Diese landesrechtlichen Regelungen zum sogenannten Reviersystem wurden im Reichsjagdgesetz vom 3 Juli 1934 vereinheitlicht das die amerikanische Besatzungsmacht fur ihre Zone 1948 aufhob An dessen Stelle trat schliesslich in der BRD das Bundesjagdgesetz das am 1 April 1953 Geltung erlangte und welches das Reviersystem bis heute fur ganz Deutschland festschreibt 8 Folgen des Urteils des EGMR vom 26 Juni 2012 BearbeitenDas Urteil des Europaischen Gerichtshofs fur Menschenrechte EGMR besagt im Wesentlichen dass bei der Zwangsmitgliedschaft in der Jagdgenossenschaft die personliche Gewissensfreiheit des Grundbesitzers zu wenig Berucksichtigung findet Es stellt nicht das Reviersystem allgemein in Frage Dabei sind zahlreiche Fragen zu klaren etwa die nach dem Schadensersatz gegenuber den verbliebenen Jagdgenossen wenn das Wild man denke an eine Rotte Wildschweine in einem befriedeten und damit unbejagten Gebiet Schutz findet und von dort aus Schaden in den umliegenden Feldern verursacht Das Urteil bejaht zwar die Gewissensfreiheit des einzelnen Grundbesitzers schliesst aber keinesfalls dessen Haftung fur die Folgen einer personlichen Entscheidung aus Eine weitere zu klarende Frage ist die der durch das Tierschutzgesetz vorgeschriebenen Wildfolge d h der Verfolgung und Erlegung von krank geschossenem oder schwerkrankem Wild in ein fremdes Jagdrevier Das Urteil liegt in deutscher Sprache vor 9 Eine Anderung des BJagdG liegt seit 6 Dezember 2013 vor 10 Literatur BearbeitenPeter Scholz Jagdgenossenschaft und Jagdrecht in Deutschland und den Europaischen Nachbarlandern Verlag Shaker Aachen 1996 ISBN 3 8265 5439 6 zugl Dissertation Universitat Passau 1990 Gustav Mitzschke Karl Schafer Kommentar zum Bundesjagdgesetz 4 Aufl Parey Verlag Hamburg 1982 ISBN 3 490 12512 6 S Peck Bearb Jagdpolizei Gesetz vom 7 Marz 1850 Mit Bemerkungen und spezieller Berucksichtigung der wiederhergestellten Schonzeiten fur die Mark Berlin 1850 Hubertus Hiller Jager und Jagd Zur Entwicklung des Jagdwesens in Deutschland zwischen 1848 und 1914 Kieler Studien zur Volkskunde und Kulturgeschichte Bd 2 Waxmann Verlag Munster 2003 ISBN 3 8309 1196 3 zugl Dissertation Universitat Kiel 2000 Sailer in Zeitschrift fur Rechtspolitik 2005 88 ff ders in Natur und Recht 2006 271 ff Alleweldt in Peine Wolff Hrsg Nachdenken uber Eigentum 2011 S 107 ff Muller Schallenberg und Forster in Zeitschrift fur Rechtspolitik 2005 230 ff Ziebarth Jagdduldungsverweigerung aus Gewissensgrunden in Natur und Recht 2012 693 ff Einzelnachweise Bearbeiten Niedersachsisches Jagdgesetz NJagdG BVerfG Beschluss vom 13 Dezember 2006 Az 1 BvR 2084 05 Volltext EGMR vom 26 Juni 2012 Az 9300 07 Volltext Bundesjagdgesetz geandert Memento vom 4 Juni 2016 im Internet Archive BJagdG auf buzer de Ernst Schlotfeldt Zum Jagdrecht In Deutsche Jagerzeitung Bd 2 1884 S 302 ISSN 0012 0324 Jagdpolizei Gesetz vom 7 Marz 1850 3 vgl zum Ganzen ausfuhrlich Peter Scholz Jagdgenossenschaft und Jagdrecht in Deutschland und den Europaischen Nachbarlandern S 23 ff Gustav Mitzschke Karl Schafer Kommentar zum Bundesjagdgesetz Einleitung Rn 2 ff Mark G von Puckler Agrarrecht 2001 S 72 f EGMR vom 26 Juni 2012 Az 9300 07 deutscher Volltext 6 BJagdG bei buzer deBitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4027964 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Jagdgenossenschaft amp oldid 222098236